Carsten Maschmeyer

deutscher Finanzunternehmer
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Carsten Maschmeyer (* 8. Mai 1959 in Bremen) ist ein deutscher Finanzunternehmer. Er ist der Gründer und war bis zum 31. März 2009 auch langjähriger Co-Vorstandsvorsitzender der Finanzvertriebsgesellschaft AWD Holding AG. Maschmeyer ist Mitglied des Vorstands der MaschmeyerRürup AG, die er im Januar 2010 gemeinsam mit Bert Rürup gründete, und sitzt im ­Verwaltungsrat der Swiss Life. Sein Vermögen wurde Ende 2010 auf 650 Millionen Euro geschätzt.[1]

Veronica Ferres und Carsten Maschmeyer auf der Berlinale 2010

Leben

Maschmeyer lebte als Kleinkind mit seiner Mutter zunächst in Hildesheim in einem Mutter-Kind-Heim.[2][3] Sein späterer Stiefvater war Ingenieur bei Blaupunkt, seine Mutter als Sekretärin in einem Schulamt tätig. Er wurde in diesen Jahren Bezirksjugendmeister im Mittel- und Langstreckenlauf. Nach seinem Abitur 1978 wurde er zum Reserveoffizier bei der Bundeswehr ausgebildet. Danach begann er ein Studium der Medizin an der Universität Hannover, das er im Frühjahr 1982 aufgrund der Fehlzeiten abbrechen musste.[2]

Karriere

In einem Urlaub hatte Maschmeyer 1978 erstmals Kontakt mit einem Vertreter der OVB und wurde für das Unternehmen als nebenberuflicher Bausparvertrags-Verkäufer tätig. Die Verkaufstätigkeit verlief für ihn wirtschaftlich erfolgreich und er stieg bis 1983 zum Landesdirektor auf.

1988 kündigte Maschmeyer bei der OVB und erhielt eine Abfindung. Mit diesen finanziellen Mitteln gründete er 1988 den Allgemeinen Wirtschaftsdienst (AWD), einen Finanzvertrieb, der vorgeblich unabhängig von den einzelnen Versicherungsunternehmen und Banken agieren sollte. Ab 1991 begann Maschmeyer mit der Auslandsexpansion des AWD. Er gründete ein österreichisches Tochterunternehmen, den AWD Österreich mit Firmensitz in Wien. Es folgten Markteintritte in der Schweiz, Großbritannien sowie Mittel- und Osteuropa. 2000, als die Aktienkurse an den Börsen nach der Hausse bereits langsam nachgaben, brachte er den AWD an die Börse, wodurch bei einem Ausgabekurs von 54 € ein Emissionserlös von einer halben Milliarde Euro erzielt wurde.

Im Januar 2008 unterstützte Maschmeyer in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender die Übernahme des AWD durch den Schweizer Versicherungskonzern Swiss Life (früher Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt). Die Swiss Life bot den Aktionären einen Preis von 30 € je Aktie. Im Zuge des Übernahmeangebots veräußerte auch die Familie Maschmeyer ihren rund 30-prozentigen AWD-Anteil an Swiss Life, welche damit 97,71 % an AWD hält.[4] Im August 2008 verkaufte Maschmeyer der Swiss Life ein zuvor aufgebautes Aktienpaket von 26,75 % der AWD-Konkurrentin MLP AG.[4] Im Gegenzug soll er sich mit Aktien im Wert von 300 Mio. CHF an Swiss Life beteiligen, wodurch er größter privater Aktionär des Unternehmens würde.

Im Rahmen des weiteren Ausbaus des AWD wurde Maschmeyer ab dem 1. September 2008 Manfred Behrens, bisher CEO Deutschland von Swiss Life, als Co-CEO zur Seite gestellt und der AWD-Vorstand von bisher drei auf acht Mitglieder ausgebaut.[4] Im Mai 2009 schied Maschmeyer aus dem AWD-Vorstand aus und Manfred Behrens übernahm die alleinige Führung.[5]

Im Januar 2010 gründete Maschmeyer gemeinsam mit dem ehemaligen Wirtschaftsweisen und Ökonomen Bert Rürup die MaschmeyerRürup AG. Dieses Unternehmen berät Banken, Versicherungen wie auch Regierungen international ausgerichtet bei Fragen der Alters- und Gesundheitsvorsorge. Als Mitglied des Verwaltungsrates der Swiss Life Holding AG nimmt er seine Funktion weiterhin aktiv wahr.

Privatleben

Maschmeyer lernte seine spätere Frau Bettina bei der OVB kennen, die hier seine persönliche Assistentin war.[2] Die Ehe wurde Anfang 2009 nach 20 Jahren geschieden, beide haben zwei gemeinsame Söhne.[6]

Seit 2009 ist er mit der Schauspielerin Veronica Ferres liiert.[7]

Kontroversen

1998 geriet er in die Schlagzeilen, als er vor der Landtagswahl in Niedersachsen eine 650.000 DM teure Werbekampagne mit dem anonym in Tageszeitungen geschalteten Text „Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein“ finanzierte, womit er den Wahlkampf von Gerhard Schröder unterstützte.[8][9][10]

Ursprünglich waren AWD und Maschmeyer mit einem schlechten Image behaftet. Mit der Etablierung und Ausweitung des Geschäfts von AWD veränderten sich Medienberichterstattung und Image, zusammen mit seiner Frau Ferres ist er heute insbesondere in den Boulevardmedien beliebt. Die Financial Times Deutschland fasste im Jahr 2011 seine veränderte Außenwirkung wie folgt zusammen: „Nach der Gründung von AWD 1988 war Maschmeyer jahrelang der Aussätzige von der unbeliebten Drückerkolonne. Damals wollten selbst die Chefs jener Versicherer ungern mit ihm gesehen werden, deren Policen er verkaufte. Heute ist der Bundespräsident sein Freund.“[11]

In einigen Beiträgen wurde Maschmeyer als Unternehmensgründer und verantwortlicher Manager aber auch mit den umstrittenen Geschäftspraktiken des AWD in direkte Verbindung gebracht. Im September 2010 strahlte die ARD in der Sendung Panorama einen Beitrag über Maschmeyer mit dem Titel Abzocker Maschmeyer: Liebling der Politik, Freund des Bundespräsidenten aus. Darin wird über Tausende Kleinanleger berichtet, die ihr Geld mit beim AWD erworbenen Finanzprodukten verloren haben sollen.[12][13] Der NDR griff die Vorwürfe danach erneut auf und produzierte darüber die Dokumentation Der Drückerkönig und die Politik aus der Reihe ARD-exclusiv. Die Sendung wurde am 12. Januar 2011 ausgestrahlt.[14] Maschmeyers Anwalt hatte zuvor versucht, die Ausstrahlung der Sendung zu verhindern.[15][16]

Eine nach Ausstrahlung der Dokumentation erwirkte einstweilige Verfügung am Landgericht Berlin untersagt dem NDR, eine Szene weiterhin zu zeigen.[17][18] In der Folge ging Maschmeyer mit Unterstützung seines Anwalts nicht nur gegen den NDR, sondern auch gegen einige an den beiden ARD-Beiträgen beteiligte Journalisten vor. Diese erhielten Abmahnschreiben an ihre Privatadressen und wurden von Wirtschaftauskunfteien telefonisch detailliert über ihre Beschäftigungsverhältnisse befragt. Außerdem wurde ein Strafrechtler von Maschmeyer beauftragt, ein Gutachten über die Frage zu erstellen, ob sich Journalisten im Zusammenhang mit den NDR-Beiträgen strafbar gemacht hätten. Als mögliche Straftatbestände kämen Nötigung, politische Verdächtigung und die Verbreitung von Bildern ohne die Zustimmung der darauf Abgebildeten in Frage.[19]

Der FAZ-Journalist Michael Hanfeld schrieb in diesem Zusammenhang von einem Zurückschlagen „mit allen Mitteln“ und einem „veritablen Angriff auf die Pressefreiheit und den freien Journalismus“.[20] Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) stellte zu Maschmeyers Vorgehen fest, dass er „Pressefreiheit und Demokratie bedroht“' und verlangte von ihm, „sofort mit den presse- und strafrechtlichen Nachstellungen ... aufzuhören“.[21][22]

Auszeichnungen

Die Universität Hildesheim verlieh Maschmeyer an seinem 50. Geburtstag am 8. Mai 2009 den Titel eines Ehrendoktors. Zuvor hatte er eine dortige Professur am Institut für Psychologie mit einer Spende von 500.000 Euro gefördert.[23] Die Laudatio hielt Christian Wulff, bevor er dann in Maschmeyers Villa auf Mallorca zum Urlaub weilte.[24] Der Urlaubsaufenthalt Wulffs in Maschmeyers Anwesen führte zu erheblicher Kritik.

Literatur, Quellen

  • Andreas Matern; Maria Marschner-Martin: Deutschlands Milliarden Magier: Das Parallel-Universum des Finanz-Messias Carsten Maschmeyer. Hamburg: WWA, 1994. ISBN 3-928991-09-4.
  • Christoph Lütgert: ARD-exclusiv „Der Drückerkönig und die Politik“, ARD, 2011. Die Dokumentation ist abrufbar unter: http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=6239032.[25]
  • Christoph Lütgert: Abzocker Maschmeyer: Liebling der Politik, Freund des Bundespräsidenten, NDR, 2009[26]
  • Panorama: Korruptions-Netzwerk der Versicherungen und Politiker - Beispiel AWD / Carsten Maschmeyer, ARD
  • Robert von Lucius: Erbfreundschaften in Hannover, FAZ vom 11. August 2010, S.3 [27]

Einzelnachweise

  1. Carsten Maschmeyer - Schein und Sein Artikel in DIE ZEIT, 4. November 2010 Nr. 45 und in ZEIT-Online von Anne Marohn vom 9. November 2010
  2. a b c AWD: Carsten Maschmeyer, Wirtschaftswoche, 04. März 2004
  3. vgl. z.B. Porträt Mann von Geld, manager-magazin.de, 22. Februar 2002
  4. a b c Medienmitteilung Swiss Life, 14. August 2008.
  5. Financial Times Deutschland - Kopf des Tages: Manfred Behrens - Maschmeyers Erbprinz vom 18. März 2009.
  6. vgl. z.B. Maschmeyer, Ferres und die biederen Schweizer, manager magazin, 19. März 2009
  7. Thomas Schmitt: Doppelter Bruch im Leben eines Multi-Millionärs. In: Handelsblatt. 24. Februar 2009 (bei handelsblatt.com [abgerufen am 9. März 2009]).
  8. Spiegel-Online: Werbetrick mit Stoiber-Tick - Die mysteriöse Anzeige gegen den Äh-Kandidaten vom 18.09.2002 von Alexander Schwabe
  9. Robert von Lucius: "Erbfreundschaften in Hannover", FAZ vom 11. August 2010, S.3
  10. Jürgen Marks und Stefan Reker: Affäre - Peinlicher Spender. In: Focus-Magazin, Nr.14 vom 30.03.1998
  11. Umstrittener Finanzvertrieb: Drückerberger, Financial Times Deutschland, 12. Januar 2011
  12. [1]
  13. [2]
  14. [3]
  15. http://www.handelsblatt.com/unternehmen/koepfe/kritischer-tv-bericht-streit-zwischen-awd-gruender-maschmeyer-und-ard-eskaliert;2729167
  16. http://www.sueddeutsche.de/medien/maschmeyer-gegen-ard-doku-die-tsunami-taktik-1.1045276
  17. http://www.ftd.de/it-medien/it-telekommunikation/:umstrittener-awd-film-gericht-stoppt-szene-aus-maschmeyer-dokumentation/50215301.html
  18. Ralf Wiegand: ARD-Reportage über Carsten Maschmeyer - Szene geschwärzt Süddeutsche Zeitung vom 17.01.2011
  19. http://www.abendblatt.de/kultur-live/article1766932/Kleinkrieg-um-die-Maschmeyer-Reportage-eskaliert.html
  20. Michael Hanfeld: Maschmeyer schlägt zurück - Ein Großangriff auf die Pressefreiheit FAZ vom 21. Januar 2011
  21. http://www.djv.de/SingleNews.20+M5cc01b50f87.0.html vom 24. Januar 2011
  22. http://www.welt.de/kultur/article12334654/Carsten-Maschmeyer-startet-Kreuzzug-gegen-NDR.html vom 25. Januar 2011
  23. Pressemitteilung der Universität Hildesheim
  24. Handelsblatt: Heikle Verbindung - Wulff im Mallorca-Urlaub auf Maschmeyer-Villa vom 29. Juli 2010, abgerufen am 14. August 2010.
  25. "Streit über kritischen Bericht Maschmeyer-Anwalt bedrängt TV-Intendanten" spiegel.de, 11. Januar 2011, Ralf Wiegand: Maschmeyer gegen ARD-Doku Die Tsunami-Taktik, Süddeutsche.de, 11. Januar 2011
  26. Reportage verbieten: AWD-Gründer Maschmeyer legt sich mit der ARD an, Handelsblatt, 12. Januar 2011
  27. "Netzwerke in Hannover - Ein Nachmittag im Steintorviertel" FAZ-Artikel von Philip Eppelsheim vom 30. November 2010 mit Bezug auf den vorgenannten Artikel