Streitaxt

ein- oder zweihändig führbare, im Kampf eingesetzte Äxte und Beile
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Der Begriff Streitaxt ist eine verallgemeinernde Sammelbezeichnung für ein- oder zweihändig führbare, zu Pferd und im Fußkampf eingesetzte Äxte und Beile. Korrekt muss es Streitbeil heißen, da Äxte generell zweihändig bedient werden, was aber häufig nur bei Henkerwerkzeugen bekannt ist. Eigenartigerweise spricht man hier häufig von 'Henkerbeilen', so dass man in diesem Bereich von einer Definitionsverwirrung sprechen kann.

Streitaxt
Angaben
Waffenart: Axt
Verwendung: militärische Waffe
Entstehungszeit: ca. 11500 v. Chr.
Einsatzzeit: bis heute
Ursprungsregion/
Urheber:
Europa, Ägypten
Verbreitung: Weltweit
Gesamtlänge: ca. ab 40 cm
Griffstück: Holz, Knochen, Metall, Elfenbein,
Besonderheiten: Fast in allen Ländern vertreten. Vielfältigste Formen
Listen zum Thema
Eine dänische Streitaxt auf dem Teppich von Bayeux
Dänische Streitaxt

Erscheinungsformen

Die Streitaxt/das Streitbeil gab es als Reiterwaffe oder Fußsoldatenwaffe. Je nach Kultur hat sie verschiedene Längen, Klingenbreiten, Klingenformen (halbmondförmig, keilförmig, Doppel- und Einfachklinge, verschieden lange Bärte) und Stiellängen. Streitäxte gab es aus Stein, Obsidian (Südamerika), Bronze, Eisen und Stahl. Streitäxte sind in der Regel leichter als vergleichbar große Werkzeugäxte, um im Kampf den Träger nicht so schnell zu ermüden. Teilweise weisen sie Aussparungen in den Klingen zur Gewichtsersparnis auf. Bekanntestes außereuropäisches Streitbeil ist der Tomahawk, den es mit Steinklinge oder Eisenklinge gibt. In Indien ist die Tabar Zin bekannt. Dies war ein ganz aus Stahl gefertigtes Streitbeil. Es hatte gewöhnlicherweise eine halbmondförmige Schneide.

Geschichte

Anders als im Bereich der Waffen und Werkzeuge werden in der Archäologie Äxte von Beilen durch das Vorhandensein eines Schaftlochs abgegrenzt. Da im erweiterten Sinne bereits die Faustkeile (englisch: Handaxe) funktional zu den Hiebwerkzeugen gehören, kann der „Grundtyp Axt/Beil“ als älteste Waffe der Menschheit bezeichnet werden. Auch die so genannten Schuhleistenkeile der ältesten bäuerlichen Kultur (Bandkeramik) waren neben ihrer Funktion als Dechsel gleichzeitig Waffen. Das lässt sich aus Exemplaren mit vertikal verlaufender Schneide ableiten. Gleiches gilt für die späteren Tüllenbeile.

Streitäxte im Sinne der Archäologie (mit Schaftloch) kamen in Nord- und Osteuropa erst im Jungneolithikum auf, zunächst als Importe aus Südosteuropa. Streitäxte spielten auch in allen archäologischen Kulturen des nachfolgenden Spätneolithikums eine große Rolle (zum Beispiel Trichterbecherkultur, Salzmünder Kultur). Im Endneolithikum waren sie standardmäßige Grabbeigabe in Männergräbern, und daher kulturprägend für die Kultur der Schnurkeramik in Mitteleuropa, die daher früher auch „Streitaxtkultur“ genannt wurde. Bei den Kelten, den Germanen und anderen Völkern der Antike wurden Streitbeile vor allem von Kriegern, die sich kein Schwert leisten konnten, eingesetzt, waren aber zugleich häufig Statussymbole von Anführern. Die Franken des Frühmittelalters benutzten die Franziska, ein Wurfbeil. Im Hochmittelalter verwendeten manche Fußsoldaten (mit beiden Händen) große, enorm effektive Streitäxte. Diese wurden im Laufe der Zeit noch monströser, erhielten eine Spitze und hatten sich im Spätmittelalter zur Hellebarde entwickelt. Die Reiterei hingegen verwendete viel kleinere Streitbeile. Im Osten Europas wurde die Streitaxt teilweise bis tief in die Neuzeit eingesetzt.

Im Lauf des europäischen Mittelalters schien die Zeit der Streitäxte zunächst vorbei zu sein. Die Schmiede konnten nach der Entwicklung des Damaszenerstahls bereits seit der Eisenzeit immer bessere Schwerter herstellen. Durch bessere Verhüttung und Raffinierung wurde schon zu Begin des Mittelalters leistungsfähiger Monostahl hergestellt. Die Streitaxt geriet bei den Rittern aus der Mode, was nicht zuletzt am hohen Preis eines guten Schwerts lag: es war exklusiver, dem wohlhabenden Adel vorbehalten, während ein Beil oder eine Axt einem profanen Werkzeug eines Bauern ähnelte. Mit der Weiterentwicklung der Ritterrüstungen bis hin zum Plattenpanzer wuchs jedoch die Beliebtheit von vergleichsweise einfachen Hieb- und Wuchtwaffen wie Streithammer, Morgenstern, Streitflegel und der Streitaxt, da diesen wuchtigen Waffen auch ein massiver Panzer keinen wirksamen Schutz entgegensetzen konnte.

Verwendung im Kampf

Eine Streitaxt hat im Unterschied zu einem Schwert den Schwerpunkt im Bereich der Klinge. Dadurch sind die Schläge einer Axt wuchtiger als Schwerthiebe. Eine Axt richtet sowohl durch die Schärfe der Klinge als auch die aus dem Gewicht des Axtkopfes resultierende kinetische Energie massiven Schaden an. Eine Axt eignet sich hingegen nicht zum "Fechten", da die Richtung während des Schlages kaum noch zu korrigieren ist. Die Axt eignet sich zudem kaum zum Parieren, ein Axtkämpfer muss entsprechend den Hieben des Gegners entweder ausweichen oder einen Schild verwenden. Die größte Schwierigkeit bei der Verwendung von Streitäxten/-beilen ist dieselbe wie auch bei allen anderen schweren Hiebwaffen: das hohe Gewicht, das für den Schaden maßgeblich verantwortlich ist, führt zu einer schnelleren Ermüdung des Kämpfers. Die Vorteile einer Streitaxt im Vergleich zu einem Schwert sind die höhere Robustheit, niedrigere Kosten und höhere Verformungswirkung auf Rüstungen.

Siehe auch

Einzelnachweise


Literatur

  • Gustav Friedrich Klemm: Handbuch der germanischen Alterthumskunde. Dresden: Walthersche Hofbuchhdlg. 1836. (verfügbar unter [1])