Schuld (Ethik)

Begriff der Ethik
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Schuld als erlernte Angst in Ermangelung von Vernunftgründen

In seiner kulturkritischen Monographie Jenseits von Schuld und Gerechtigkeit führt der deutsch-amerikanische Philosoph Walter Arnold Kaufmann das Schuldgefühl ausschließlich auf die Angst vor Strafe zurück. Zu Veranschaulichung bezieht Kaufmann sich auf eine Passage aus Kafkas Brief an den Vater, in der beschrieben wird, wie der Vater alle Vorbereitungen trifft, um seinen Sohn körperlich zu züchtigen, es dann aber im letzten Moment unterlässt. Kafka vergleicht sein daraus resultierendes Gefühl mit dem eines um ein Haar Gehenkten, der im letzten Moment von seiner Begnadigung erfährt und "sein Leben lang daran zu leiden" hat; denn aus den "vielen Malen, wo ich Deiner deutlich gezeigten Meinung nach Prügel verdient hätte, ihnen aber aus Deiner Gnade noch knapp entgangen war" sammele sich, so Kafka, ein "großes Schuldbewußtsein" an.

Kaufmann entwickelt und belegt im Verlauf seiner weiteren Ausführungen die Theorie, dass Schuldgefühle in der Kindheit erlernt werden, wenn Eltern und vergleichbare Autoritäten, indem sie für Verbote keine vernünftigen Rechtfertigungen geben können, bei Nichtbefolgung mit Strafe drohen. Der Inhalt des Schuldgefühls ist dann für Kaufmann hauptsächlich die Angst vor Strafe angesichts der Verletzung eines zufälligen Gebots. Was unter anderem erkläre, wieso manche Menschen wegen unbedeutender Kleinigkeiten in Schuld vergehen, während andere die größten Verbrechen mit ruhigem Gewissen verüben. Schuldgefühle sind nach Kaufmann eine "ansteckende Krankheit, die die Befallenen schädigt und die in ihrer Nähe Lebenden gefährdet. Die Befreiung von der Schuld kündigt den Anbruch der Autonomie an."[1]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. W. Kaufmann Jenseits von Schuld und Gerechtigkeit Hamburg 1974 (Hoffmann und Campe / Kritische Wissenschaft) S. 97

Allgemein

  • Ludger Honnefelder: Was soll ich tun, wer will ich sein ?, Berlin University Press 2007, ISBN 978-3-940432-05-6
  • Rupert Lay: Die neue Redlichkeit. Werte für unsere Zukunft, Posé, Ulf [Co-Autor], Frankfurt am Main 2006, (Campus-Verl.) ISBN 3-593-37924-4
  • T. P. Schirrmacher: Scham- und Schuldkultur. In: Professorenforum – Journal. 2002, Vol. 3, No. 3
  • Wolfgang Trauth: Zentrale psychische Organisations- und Regulationsprinzipien und das psychoanalytische Verständnis von Abwehr und Regulation, Psychologische Grundlagenforschung, Zeitschrift für Psychoanalytische Psychotherapie, Sonder-Heft 1, 1997, Psychoanalytischer Verlag München, ISBN 3-931672-00-X
  • Rita Stiens: Krankheit als Waffe. Wie man sich gegen emotionale Erpressung wehrt. Econ & List, München 1999, ISBN 3-612-26574-1
  • Anita Eckstaedt: Nationalsozialismus in der „zweiten Generation“. Psychoanalyse von Hörigkeitsverhältnissen. 2. Auflage, Suhrkamp, 1996, ISBN 3-518-28626-9
  • Tillmann Moser: Literaturkritik als Hexenjagt. Ulla Berkéwicz und ihr Roman „Engel sind schwarz und weiß“. Eine Streitschrift, Piper, München 1994, ISBN 3-492-11918-2
  • Tillmann Moser: Vorsicht Berührung. Über Sexualisierung, Spaltung, NS-Erbe und Stasi-Angst. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-518-38644-1
  • Regine Lockot: Erinnern und Durcharbeiten. Zur Geschichte der Psychoanalyse und Psychotherapie im Nationalsozialismus. Fischer, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-596-23852-8
  • Michel Foucault: Wahnsinn und Gesellschaft, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1973, ISBN 3-518-27639-5
  • Michel Foucault: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-518-38771-5
  • Michel Foucault: Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit 1. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-518-28316-2
  • Irvin D. Yalom: Und Nietzsche weinte. 9. Auflage, btb, Gütersloh 1996, ISBN 3-442-72011-7 (Roman)
  • Peter Roos, Hitler lieben. Roman einer Krankheit. Reclam, Leipzig 2000, ISBN 3-379-01713-2,
  • Bernhard Schlink: Der Vorleser. Diogenes, 1995, ISBN 978-3-257-22953-0 (Roman)
  • Themenheft der Zeitschrift "Lebendige Seelsorge" (1/2007): Sünde - Schuld - Vergebung (siehe auch: http://www.lebendige-seelsorge.de/Archiv/2007_1i.asp)
  • Walter Kargl: Kritik des Schuldprinzips, Campus Verlag, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-593-33180-2
  • Mirko Schiefelbein: Schuld. Kategorie, Kompetenz und Prinzip, Jena 2009