Peter III. (Russland)

Kaiser von Russland, Herzog von Holstein-Gottorf
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Peter III. Fjodorowitsch (russisch Пётр III Фёдорович; * 21. Februar 1728 in Kiel; † 17. Juli 1762 in Ropscha bei Sankt Petersburg) war im Jahre 1762 sechs Monate lang Kaiser[1] von Russland (1801–1825), König von Polen (1815–1825) und erster russischer Großfürst von Finnland (1809–1825) [2] von Russland und von 1739 bis 1762 Herzog von Holstein-Gottorf. Er begründete die Linie Romanow-Holstein-Gottorp.

Kaiser Peter III., Gemälde von Alexei Petrowitsch Antropow
Kaiser Peter III., Gemälde von Lucas Conrad Pfandzelt, 1761
Kaiser Peter III., Gemälde von Alexei Petrowitsch Antropow, 1762
Kaiser Peter III., Gemälde von Alexei Petrowitsch Antropow
Kaiser Peter III. mit seiner Familie

Leben

Karl Peter Ulrich von Schleswig-Holstein-Gottorf war Sohn von Herzog Karl Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorf und dessen Gemahlin Anna Petrowna, einer Tochter Peters des Großen. Seine Mutter starb wenige Monate nach seiner Geburt. Nach dem frühen Tod des Vaters wurde er mit 11 Jahren sein Nachfolger.

Russischer Thronfolger

Da seine Tante, Kaiserin Elisabeth, keine eigenen Kinder hatte, ernannte sie Peter am 18. November 1742 zum Thronfolger. Er trat zum orthodoxen Glauben über, nahm den Namen Peter Fjodorowitsch an und wurde Großfürst. Zuvor, am 4. November 1742, hatten ihn Teile der schwedischen Stände zum schwedischen Thronfolger gewählt, was Peter abgelehnt hatte. Von Anton-Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel übernahm er ein Kürassier-Regiment in Riga.[3]

1745 wurde er mit seiner Cousine 2. Grades (also der Großnichte seines väterlichen Großvaters), Prinzessin Sophie Auguste von Anhalt-Zerbst-Dornburg, der späteren Kaiserin Katharina II., vermählt. Peter hatte Sophie bereits 1739 im Eutiner Schloss ihres Onkels Adolf Friedrich kennen gelernt.

Aus dieser Ehe gingen zwei gemeinsame Kinder hervor:

  • Paul (1754–1801)
  • Anna (1757–1759)

Heftig umstritten ist, ob die beiden wirklich von Peter selbst oder aus einer der Affären Katharinas mit Graf Saltykow bzw. Graf Poniatowski stammen.

Die Ehe der beiden verlief nicht glücklich. Während seine Frau sich problemlos in das Leben in Sankt Petersburg einfügte, hatte Peter damit große Probleme. Er war ein unausgeglichener, gehemmter junger Mann, der zudem von Pockennarben entstellt war. Außerdem fühlte er sich durch den Vergleich mit seinem berühmten Großvater, Kaiser Peter dem Großen, unter Druck gesetzt.

Mit seinen holsteinischen Freunden und Beamten wie Johann von Pechlin lebte er meist in Oranienbaum, heute Lomonossow, wo ihm die Zarin zur Hochzeit das Schloss von Menschikow geschenkt hatte. Peter führte einen intensiven Briefwechsel mit Friedrich II. von Preußen, den er glühend verehrte. Er baute sich eine eigene Garde auf, die aus 1.500 holsteinischen Offizieren und Soldaten bestand. Zudem trug er mit Vorliebe preußische Uniform. Damit zog er sich den Unwillen der Zarin zu, die eine tiefe Abneigung gegen Preußen hegte. Im Juni 1757 trat Russland auf der Seite von Österreich und Frankreich in den Siebenjährigen Krieg ein. In einem Brief an Wilhelm von Fermor, den Oberkommandierenden der russischen Truppen, versuchte Peter, ihn zum Einlenken gegen die Preußen zu bewegen.

Regierungsantritt

Am 5. Januar 1762 starb Elisabeth und Peter bestieg als Peter III. den Kaiserthron. Als erste Amtshandlung schloss er am 5. Mai 1762 mit Preußen einen Sonderfriedensvertrag in St. Petersburg und stellte Friedrich II. ein Hilfskorps von 15.000 Mann unter General Tschernyschew zur Verfügung. Lange wurde in der Geschichtsforschung angenommen, dass diese Wendung Preußen vor der sicheren Niederlage rettete, was mittlerweile unter Historikern umstritten ist. Klar ist heute jedoch, dass mit dem Begriff Mirakel des Hauses Brandenburg nicht diese Wendung Russlands gemeint ist, sondern die Nichtausnutzung der preußischen Niederlage in der Schlacht von Kunersdorf.

Für politische Häftlinge erließ er eine Amnestie und leitete ein umfangreiches Reformprogramm ein. Peter III. lockerte das Reiseverbot, belebte den Handel, schaffte die Folter ab und löste die „Geheime Kanzlei“ auf. Er schaffte die Salzsteuer ab und führte als Ersatz eine Luxussteuer für den Adel ein. Peter bereitete ein Gesetz vor, welches die Rechte der orthodoxen Kirche beschneiden sollte. Das unter Elisabeth vernachlässigte Staatswesen begann er nach preußischem Vorbild zu modernisieren.

Der schwedische Historiker Magnus Jacob von Crusenstolpe schrieb später:

… der Großfürst war als inkonsequent und bizarr bekannt, der Kaiser zeigte sich gerecht, geduldig, verträglich und aufgeklärt. Alle höheren Staatsbeamten behielten ihre Ämter. Seinen Feinden verzieh er, auch wenn sie sich gegen ihn höchst unwürdig benommen hatten …“

Es gab keinerlei politische Gründe für Peters Sturz. Die weit verbreitete Ansicht, dass der gesamte Adel sich gegen Peter erhob, ist unzutreffend. Die Gardeoffiziere wurden zwar als Grafen und Fürsten tituliert, waren aber tatsächlich verarmte Adelige ohne Macht und Besitz. Der Hofadel, Generalstab, die gesamte Regierung waren Peter bis zum Ende treu. Wider Erwarten war die kirchliche Propaganda gegen Peter zu schwach. Für das Volk war der Zar "Der Befreier", denn die Abschaffung der Leibeigenen der Kirche bedeutete die baldige Abschaffung des gesamten Leibeigentums. Später protestierte das Volk gegen Peters Ermordung mit 5 Aufständen (der blutigste vom September 1773 bis Januar 1775 unter Anführung von E. Pugatschow).

Der Sturz Peters III. war eine Familientragödie: Der Liebhaber tötete den Ehemann seiner Geliebten, wobei sie ihn schweigend unterstütze. Da Grigori Grigorjewitsch Orlow, der Liebhaber Katharinas, der Anführer der Garderegimenter war, sah das Geschehen wie ein Militärputsch aus. Am 11. April 1762 brachte Katharina einen Sohn von G.Orlow zur Welt. Dieses Kind könnte in der Zukunft Anspruch auf den Thron erheben und wurde zur Gefahr für Peters Sohn Paul. Peter musste etwas unternehmen. Die Rede war von einer möglichen Scheidung. In einem Brief an Friedrich II bat er um einen Rat diesbezüglich. Am 1. Juni 1762 wurde Orlow entlassen und über Katharinas Ausweisung zurück nach Deutschland gesprochen. Am 28. Juni 1762 war eine Feier anlässlich des Namenstags von Peter und Paul geplant, bei der Peter seine Entscheidung verkünden wollte. Nicht zufällig haben die Verschwörer diesen Tag gewählt. Die Brüder Orlow bereiteten den Sturz Peters III. vor. Nun waren die Mittel, mit denen sie die Gardisten gegen Peter aufhetzten, Wodka, Drohungen und Geldversprechungen. Sie bestachen die führenden Offiziere von zwei Garderegimentern. Peter hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Oranienbaum auf. Anstatt mit seiner holsteinischen Garde unter dem Kommando von David Reinhold von Sievers gegen die Aufrührer vorzugehen, zögerte er. So konnten ihn die Aufrührer gefangennehmen und zur Unterzeichnung einer Thronentsagungsakte zwingen.

„… in der kurzen Zeit meiner absoluten Regierung über das russische Reich habe ich erkannt, dass meine Kräfte einer solchen Last nicht gewachsen sind … Ich erkläre ohne Zwang und feierlich vor dem russischen Reich und der ganzen Welt, dass ich der Regierung auf Lebzeiten entsage … Peter, Herzog von Holstein“

Anschließend wurde der Gefangene in das Landhaus Ropscha bei Sankt Petersburg gebracht und am 6. Juli 1762 von Parteigängern der Zarin ermordet. Der Hauptanteil an der Tat wird Alexej Orlow zugeschrieben. Inwieweit Katharina II. in das Mordkomplott verstrickt war, lässt sich nicht eindeutig klären. Während einige Historiker annehmen, dass die Gebrüder Orlow auf eigene Faust handelten, bezichtigen andere Katharina der Mitwisserschaft und als mögliche Auftraggeberin des Mordes.

Am 19. Juli 1762 folgte die Aufbahrung im Alexander-Newski-Kloster. Tausende Russen aus allen Schichten zogen mehrere Tage am Sarg vorbei. Nach seinem Regierungsantritt 1796 ließ sein Sohn Paul den Leichnam exhumieren und mit allen Ehren in der Peter-und-Paul-Kathedrale beisetzen.

Katharina II. hatte ihren Mann gestürzt, um selbst auf den Thron zu gelangen, und zeichnete später in ihren Erinnerungen ein abstoßendes Porträt Peters III. Die Historiker haben das negative Bild übernommen. Dabei lässt sich nicht bestreiten, dass Peter III. wichtige Gesetze erlassen und Reformprojekte angestoßen hat. Dieser Widerspruch führt bei den Historikern noch heute zur Verwirrung. Je nachdem, wie man mit diesem Widerspruch umgeht, lassen sich zwei Gruppen von Historikern unterscheiden. Die eine Gruppe, darunter V. Klutschewskij und die meisten europäischen Historiker, ignoriert den Widerspruch und unterstützt die offizielle Version Katharinas. Die zweite Gruppe dagegen, darunter A. Mylnikow in Russland und E. Palmer in Deutschland, bezeichnet Peter III. als umsichtig regierenden Herrscher und fortschrittlichen Reformer und lehnt Katharinas Version als unglaubwürdig ab.

Literatur

Commons: Peter III. (Russland) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Im zeitgenössischen Sprachgebrauch als auch im Ausland blieb es bis 1917 üblich, weiter vom Zaren zu sprechen und hat sich im Bewusstsein der Nachwelt erhalten. Was man damit traf, war nicht der geltende Würdeanspruch des Kaiserreichs, sondern die Fortlebung der spezfisch russischen Wirklichkeit, in Form des Moskauer Zarenreiches, das als Grundlage des neuen Imperiums diente. Dies führte im 19. Jahrhundert zu einer nicht quellengerechten Begriffssprache in der Literatur und zu einem überkommenen Begriffsapparat in der deutschen Literatur. in: Hans-Joachim Torke: Die russischen Zaren, 1547-1917, S.8; Hans-Joachim Torke: Die staatsbedingte Gesellschaft im Moskauer Reich, Leiden, 1974, S. 2; ; Reinhard Wittram: Das russische Imperium und sein Gestaltwandel, in: Historische Zeitschrift Bd. 187, H. 3 (Jun., 1959), S. 568-593, S.569.
  2. Staatsoberhäupter Finnlands
  3. Vgl. Georg Tessin: Die Regimenter der europäischen Staaten im Ancien Régime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts; 3 Bände; Biblio Verlag: Osnabrück 1986-1995. ISBN 3-7648-1763-1. Bd. 1, S. 600. Im gleichen Regiment diente auch Münchhausen.
VorgängerAmtNachfolger
ElisabethKaiser von Russland
1762
Katharina II.
Karl FriedrichHerzog von Holstein-Gottorf
1739–1762
Paul I.

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