Sophie Henriette Gertrude Taeuber-Arp (* 19. Januar 1889 in Davos; † 13. Januar 1943 in Zürich) war eine Schweizer Malerin, Bildhauerin und Tänzerin. Als Vertreterin der konkreten, rhythmisch-geometrischen Kunst gehört sie zu den bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts.
Leben
Kindheit und Jugend
Sophie Taeuber wurde in Davos-Platz als fünftes Kind des aus Preußen stammenden Apothekers Emil Taeuber und seiner Frau Sophie, einer Appenzellerin aus Gais, als Deutsche geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters – er starb, als die Tochter zwei Jahre alt war, an Tuberkulose – nahm die Mutter für sich und die Tochter die Schweizer Staatsbürgerschaft an und zog mit ihr nach Trogen, wo sie in der von der Mutter eröffneten und betriebenen „Pension Taeuber“ aufwuchs.
Von 1906 bis 1910 studierte Taeuber an der Textilabteilung der École des arts décoratifs in St. Gallen sowie von 1911 bis 1913 Kunst und Design an der Debschitz-Schule in München und in Hamburg.[1] Im Jahr 1914 zog sie nach Zürich. Neben ihrer Tätigkeit als Kunsthandwerkerin begann sie darüber hinaus eine Tanzausbildung bei Rudolf von Laban und dessen Assistentin Mary Wigman in Zürich, und im Sommer schloss sie sich der Künstlerkolonie Monte Verità in Ascona an.[2]
Taeuber-Arp und der Dadaismus
Während der Zeit des Ersten Weltkriegs, in dem die Schweiz sich neutral verhielt, trat Sophie Taeuber im Jahr 1915 dem Schweizerischen Werkbund bei, dem sie bis 1932 angehörte. Auf einer Ausstellung in der Galerie Tanner lernte sie Hans Arp kennen und lieben. Beide lehnten die traditionellen Kunstformen ab und suchten nach Alternativen zu traditionellen Kunstformen und Materialien. Arp führte sie in den Kreis der Dadaisten ein. Am 5. Februar 1916 eröffnete die Künstlerkneipe Cabaret Voltaire in Zürich unter der Leitung von Hugo Ball und der Mitarbeit von Hans Arp, Tristan Tzara, Emmy Hennings und anderen gleichgesinnten Künstlern. In Gesprächen und Lebensart wurde dort „Dada“ vorbereitet. Sophie Taeuber trat im Cabaret als Tänzerin auf. Ab Mai des Jahres 1916 leitete sie die Textilklasse an der Zürcher Kunstgewerbeschule. [3] Zur Eröffnung der „Galerie Dada“ im März 1917 tanzte sie nach Versen von Ball und in einer schamanischen Maske von Marcel Janco. Sie tanzte auch, zusammen mit Mary Wigman, Katja Wulff und anderen, bei dem von Laban inszenierten grossen „Sonnenfest“ im August 1917 auf dem Monte Verità von Ascona. Ein Jahr später war sie Mitunterzeichnerin des „Dadaistischen Manifests“ in Zürich.[4]
Vom Anti-Rationalen des Dada blieb Sophie Taeuber relativ unberührt. Nach den Worten Max Bills „war sie bestrebt, ihren Schülerinnen einen Begriff von den Problemen der Zeit zu vermitteln, so dass diese nicht ins sinnlos Kunstgewerbliche abglitten.“ Über den Kubismus gelangte sie zu neuen Ausdrucksformen. 1918 erhielt sie den Auftrag, das Stück König Hirsch von Carlo Gozzi auszustatten. Zu ihren dabei entstandenen Bühnenbildern und Marionetten können die kubistischen Bühnenbilder und Kostüme Picassos für Cocteaus Libretto zum Ballett Parade 1917 und das Triadische Ballett von Oskar Schlemmer 1922 in Beziehung gesetzt werden.[5]
Ihr Kontakt und Austausch mit Künstlern und Literaten war in jener Zeit weiterhin rege. Im Sommer 1922 trafen sie sich beispielsweise mit Max Ernst, Paul und Gala Éluard und Tristan Tzara in Tirol. Am 20. Oktober 1922 heirateten Sophie Taeuber und Hans Arp im kleinen Tessiner Ort Pura. Den nächsten Sommerurlaub verbrachten sie mit Kurt Schwitters und Hannah Höch auf der Insel Rügen.
Die Jahre in Frankreich
1926 zogen die Arps nach Straßburg, wo beide die französische Staatsbürgerschaft annahmen. Bis 1928 arbeiteten die beiden Künstler unter anderem an einem Auftrag zur Innengestaltung der „Aubette“ auf dem Place Kléber in Straßburg, die zu einem Vergnügungszentrum mit Bar und Tanzlokal umgestaltet wurde. Der befreundete Künstler Theo van Doesburg war an den Arbeiten beteiligt.[6] [7] Das Pendeln zwischen Zürich, Paris und Straßburg belastete sie sehr, ein Kuraufenthalt wurde nötig. Sie verbrachte ihn, lungenkrank, mit Gala und Paul Éluard in Arosa. Mit dem Erlös aus dem Aubette-Auftrag bauten sich die Arps ein Haus in Meudon bei Paris.
Sophie Taeuber und Hans Arp waren Mitglieder der Pariser Künstlervereinigung „Cercle et Carré“ und der Folgevereinigung „Abstraction-Création“. In dieser Zeit festigte sich ihre langjährige Freundschaft zu dem Malerehepaar Sonia Terk und Robert Delaunay. Wassily Kandinsky, der mit seiner Frau Nina nach Frankreich emigrierte, freundete sich mit den Arps an, Joan Miró, Wolfgang Paalen und Marcel Duchamp gehörten ebenfalls zu ihrem Freundeskreis.[8]
Die Arps stellten nun vermehrt aus und schufen sich eine Basis innerhalb der abstrakt-konstruktivistischen Avantgarde. 1936–39 wurde Sophie Taeubers glücklichste und intensivste Arbeitsphase, sie schuf in dieser Zeit etwa 117 Werke.
Kriegsjahre und Flucht
Die Okkupation Frankreichs durch Nazideutschland 1940 zwang das Ehepaar wie viele andere, ihr Leben drastisch umzustellen. Auf der Flucht vor den Besatzern gewährte Peggy Guggenheim ihnen vorübergehend Obdach. Im südfranzösischen Grasse arbeitete das Paar zusammen mit Sonja Delaunay-Terk. Als die Nazis auch in Grasse einmarschierten, flohen die Arps in die Schweiz.
Ihr letztes Neujahrsfest 1942/43 verbrachte Sophie Taeuber-Arp im Haus Max Bills in Zürich-Höngg. Sie starb in der Nacht zum 13. Januar 1943 an Kohlenmonoxidvergiftung, wobei unklar ist, ob ihr Tod ein Unfall oder ein Suizid war.[9]
Werk und Rezeption
Die Bilder und Plastiken Taeuber-Arps und ihre Angewandten Werke (Bauskulptur, Teppiche und Ausstattung) brachten ihr erst postum Ruhm ein. Sie gehören zur Schule der konkreten, auch abstrakt genannten Kunst. Bewegte Linien, vertikal-horizontale Kompositionen aus Dreiecken, Rechtecken und Kreisen, wellenförmige und geometrische Spannungselemente bezeichnen ihre Stilgebung. Ihre bewusst stets einfacher werdenden Gestaltungsmittel erreichen ein Gleichgewicht von Farbe und Form. Im Unterschied zu Konstruktivisten wie Piet Mondrian und Georges Vantongerloo wird die zur Objektivierung tendierende Arbeitsweise bei ihr oft durch eine tiefe Intimität der Farbgebung aufgefangen.
„Es war Sophie Taeuber; die mir durch das Beispiel ihrer klaren Arbeiten und ihres klaren Lebens den rechten Weg, den Weg zur Schönheit, zeigte. In dieser Welt bestehen Oben und Unten, Helligkeit und Dunkelheit, Ewigkeit und Vergänglichkeit in vollendetem Gleichgewicht. So schloss sich der Kreis.[10]“
Im Bewusstsein der Öffentlichkeit trat Sophie Taeuber für lange Zeit hinter ihrem viel bekannteren Ehemann Hans (Jean) Arp wenig in Erscheinung. Ihre Werke konnte sie trotzdem gemeinsam mit denen der bedeutendsten Konstruktivisten ausstellen, meist als einzige Frau.
Sophie Taeuber ist erst nach dem Zweiten Weltkrieg berühmt geworden. Einige ihrer Werke waren an der documenta 1 im Jahr 1955 ausgestellt. Im Zuge der Renaissance der Klassischen Moderne ist ihre Arbeit heute allgemein anerkannt und wird in Museen und Ausstellungen gezeigt. Taeuber-Arp ist als einzige Frau auf der aktuellen Banknotenserie der Schweiz abgebildet: Die 50-Franken-Note zeigt ihr Porträt.[11]
Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck wurde am 29. September 2007 im Remagener Ortsteil Rolandseck eröffnet. Es präsentiert im Gebäude des Bahnhofs Rolandseck und in einem Neubau Werke von Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp.
Einzelnachweise
- ↑ Thomas Krens (Vorwort): Rendezvous. Masterpieces from the Centre Georges Pompidou and the Guggenheim Museums. Guggenheim Museum Publications, New York 1998, ISBN 0-89207-213-X, S. 694
- ↑ Sophie Taeuber-Arp, sophie-taeuber-arp.com, abgerufen am 5. Februar 2011
- ↑ Zitiert nach Arp-Museum
- ↑ Sophie Taeuber-Arp, sophie-taeuber-arp.com, abgerufen am 5. Februar 2011
- ↑ Sophie Täuber: The Masked Dada Dancer, oxfordjournals.org, abgerufen am 4. Februar 2011
- ↑ Zitiert nach Arp-Museum
- ↑ Wiedereröffnung der Aubette, art-is-art.com, abgerufen am 4. Februar 2011
- ↑ Isabelle Ewig,Thomas W. Gaehtgens,Matthias Noell: Das Bauhaus und Frankreich 1919-1940 / Le Bauhaus et la France. Akademie-Verlag, 2002, ISBN: 978-3050037202, S. 420
- ↑ http://www.g26.ch/art_taeuber.html Biografie von Sophie Taeuber-Arp auf g26.ch
- ↑ Reinhard Döhl: Eva Anna Sophie oder von der Muse des Experiments netzliteratur.net, abgerufen am 3. Februar 2011
- ↑ Schweizerische Nationalbank, abgerufen am 3. Februar 2011
Weblinks
- Literatur von und über Sophie Taeuber-Arp im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Vorlage:Documenta Archiv
- Klaus Minges: Staatsbildende Insekten. Sophie Taeubers Marionetten zu „König Hirsch“ im Museum Bellerive Zürich
- stiftung arp ev.: Sophie Taeuber-Arp, Biografie und weiterführende Links
- Biografie auf der Webseite des Arp-Museums (Word-Dokument)
- Die Arp-Stiftung in Meudon im ehemaligen Wohnhaus von Taeuber und Arp
- Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck
- Kunstaspekte Ausstellungen und weiterführende Links
Personendaten | |
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NAME | Taeuber-Arp, Sophie |
ALTERNATIVNAMEN | Taeuber-Arp, Sophie Henriette Gertrude (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Malerin und Bildhauerin |
GEBURTSDATUM | 19. Januar 1889 |
GEBURTSORT | Davos |
STERBEDATUM | 13. Januar 1943 |
STERBEORT | Zürich |