Der Zauberberg

Roman von Thomas Mann
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Der Zauberberg ist ein 1924 von Thomas Mann veröffentlichter Roman. Bereits im Jahre 1913 hatte er das Werk begonnen. Aufgrund des Ersten Weltkriegs unterbrach Thomas Mann 1915 seine Arbeit und setze sie erst 1920 fort.

Inhalt

Der Roman handelt von einem jungen Mann namens Hans Castorp, der seinen Vetter Joachim Ziemßen in einem Sanatorium in den Schweizer Alpen, nahe Davos, besucht. Im Sanatorium lernt Hans Castorp verschiedene Persönlichkeiten kennen, unter anderem den Pädagogen Settembrini, einen Humanisten, der ihn im Verlauf des Romans zu lehren und zu beeinflussen versucht. Des Weiteren verliebt er sich in die verheiratete Madame Chauchat. Da sich Castorp kurz vor seiner Heimreise erkältet, verzögert sich seine Abreise. Nach genaueren Untersuchungen erfährt Castorp, dass er an Tuberkulosesymptomen leidet. Aufgrund der Krankheit und der morbiden Atmosphäre im Sanatorium, die ihm gefällt, verweilt er dort sieben Jahre lang. Als der 1. Weltkrieg beginnt, wird Hans Castorp eingezogen. Der Erzähler deutet voraus, dass Castorp bald sterben wird.

Deutung

Der Zauberberg ist in gewissem Sinne eine Parodie auf den klassischen deutschen Bildungsroman. Viele Elemente sind vorhanden: Hans Castorp verlässt, wie die üblichen Helden des Bildungsromans sein Vaterhaus, und begegnet im Sanatorium Kunst, Politik und der Liebe. Besonders in den Gesprächen mit dem Humanisten Lodovico Settembrini und dem Jesuiten Leo Naphta lernt er auch alle möglichen Ideologien kennen. Außerdem soll die "Erziehung" auf dem Zauberberg Hans Castorp nicht zu einem tüchtigen Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft machen, sondern dient dazu, ihn zu entindividualisieren, so dass er am Ende als statistische Größe in den Schlachten des Ersten Weltkrieges „verheizt“ werden kann.

Der Titel

Wie bei vielen Ideen und Leitmotiven in den Werken von Thomas Mann ist der Titel mehrdeutig.

  • Rein räumlich: Davos liegt im Gebirge.
  • Der Berg stellt eine abgeschlossene Welt für sich dar.
  • Bei Goethe findet sich im ersten Teil von Faust eine Szene auf dem Blocksberg. Dort treffen sich die Hexen und Zauberer in der Walpurgisnacht zu einem obszönen höllischen Fest. Ein Kapitel des "Zauberbergs" heißt "Walpurgisnacht".
  • Der Zauberberg steht in Gegensatz zum nüchternen, geschäftlichen und (im Falle Joachim Ziemßens) tödlichen "Flachland".
  • In Richard Wagners Oper Tannhäuser findet sich der "Venus-" oder "Hörselberg". Dies ist eine Art "höllisches Paradies", Ort der Wollust und Zügellosigkeit. Bei Tannhäuser heißt es: "Hast Du im Venusberg geweilt: so bist auf ewig Du verdammt". Im Venusberg (oder: Zauberberg?) verläuft die Zeit anders: Wer dort ist, glaubt nur wenige Stunden dort verbracht zu haben. Doch wenn er wieder aus dem Berg herausfindet, sind sieben Jahre vergangen. Die Parallelen sind offensichtlich.

Motive und Symbolik

In dem Roman spielen der Tod und die Zeit eine bedeutende Rolle. Auf Grund des Ersten Weltkrieges nimmt der Tod in dem Werk eine wichtige Rolle ein. Das Motiv Tod kommt vor allem durch die morbide Atmosphäre, die in dem Sanatorium herrscht, zum Ausdruck. Der Leser wird durch die vielen Kranken, deren ständiges Leiden und die Diskussionen über den Tod zwischen Hans Castorp und Settembrini mit dieser Thematik konfrontiert.

Zum Tod und zur Krankheit in seinem Roman kommentiert Thomas Mann:

„Was er [gemeint ist Castorp] begreifen lernt, ist, daß alle höhere Gesundheit durch die tiefen Erfahrungen von Krankheit und Tod hindurchgegangen sein muß [...]. Zum Leben, sagt einmal Hans Castorp zu Madame Chauchat, zum Leben gibt es zwei Wege: der eine ist der gewöhnliche, direkte und brave. Der andere ist schlimm, er führt über den Tod, und das ist der geniale Weg. Diese Auffassung von Krankheit und Tod, als eines notwendigen Durchganges zum Wissen, zur Gesundheit und zum Leben, macht den Zauberberg zu einem Initiationsroman.“

In dem Roman, der chronologisch aufgebaut ist, wird anfangs zeitdehnend erzählt, da für Hans Castorp jeder Tag im Sanatorium mit Interessantem verbunden ist. Im Verlauf des Romans klafft das Verhältnis zwischen Erzählzeit und erzählter Zeit auseinander, sodass man von einer Zeitraffung sprechen kann, die durch die monotone Handlung in dem Sanatorium induziert wird. Auch philosophiert Hans Castorp öfters über die Zeit. Gleichzeitig aber stellt Thomas Mann seinen Humor unter Beweis: Eine Textstelle aus dem Kapitel „Walpurgisnacht“, als die „Berghof“-Gesellschaft mit geschlossenen Augen Schweinchen zeichnet, lautet: „[...] die Beinchen gerieten ins Innere des Wanstes [...] und das Schwänzchen ringelte sich irgendwo, ganz ohne organischen Bezug zur verworrenen Hauptgestalt [...]“.

Literatur

Ausgaben

Sekundärliteratur

  • Günther Schwarberg. Es war einmal ein Zauberberg. Göttingen: Steidl, 2001. ISBN 3-88243-775-8. Hinweis: Das Buch bietet keinen exakten Nachweis von Zitaten; Bibliographie, Register und Bildnachweis fehlen.

Verfilmung

Lesungen