Eine elektronische Fußfessel ist ein Gerät zur Überwachung, das am Fußgelenk eines zu dieser Maßnahme verurteilten Menschen angebracht wird. Ein Beispiel für die Anwendung ist ein hessisches Pilotprojekt, in dem die Fußfessel seit dem Jahr 2000 im Rahmen der Bewährungsweisung, zur Abwendung eines Bewährungswiderrufes, des Gnadenentscheides oder zur Untersuchungshaftvermeidung Anwendung findet. In der deutschsprachigen Literatur wurde die elektronische Fußfessel anfangs eher als elektronisch überwachter Hausarrest bezeichnet, wobei die Überwachten allerdings durchaus verpflichtet sind, ihre Wohnung zu verlassen, um entweder Lohnarbeit, den Auflagen von gemeinnütziger Arbeit oder anderer sinnvollen Beschäftigung nachzukommen. Baden-Württemberg plant als erstes Bundesland eine landesgesetzliche Regelung.[1] International wird die Maßnahme als Electronic Monitoring bezeichnet und von den Anbieterfirmen unter diesem Namen als Produkt vertrieben. 2006 wurden in den USA damit etwa 100.000 Personen überwacht. In Europa ist die elektronische Fußfessel in den Ländern Frankreich, Schweden, Niederlande und England landesweit im Einsatz.
Wirkung
Die elektronische Fußfessel ist mit einem Sender ausgestattet, der mit einem stationären Empfänger per Telefonnetz oder per Mobilfunknetz mit der zuständigen überwachenden Behörde (im hessischen Pilotprojekt ist dies die Bewährungshilfe) verbunden ist. Bei Verwendung einer mobilfunkangebundenen elektronischen Fußfessel kann der Standort des betroffenen Menschen rund um die Uhr überwacht und kontrolliert werden. [2] Der Tagesablauf des Straftäters wird vorher in einem Wochenplan genau festgelegt; falls es zu Fehlermeldungen kommt, wird der Überwachte kontaktiert, der sich dann rechtfertigen muss. Bei häufigen oder gravierenden Verstößen kann so die Bewährung widerrufen werden bzw. der Haftbefehl wird wieder in Vollzug gesetzt.
Oftmals wird die Anwendung der Fußfessel unzutreffenderweise als „Kuschelvollzug“ dargestellt. Tatsächlich hat Frankreich im Rahmen seines Pilotprojekts nun die Anwendung der Fußfessel auf sechs Monate beschränkt, weil nach dieser Zeit die ersten psychischen Ausfälle zu beobachten sind. Der Grund hierfür ist, dass kein direkter physisch wahrnehmbarer Druck von außen (durch Mauern, Gitter, Wachpersonal, usw.) auf den Träger ausgeübt wird. Stattdessen muss der Verurteilte sich selber disziplinieren. Für ihn gibt es nur die viel abstraktere Drohung, dass ihn die Polizei nach einem Verstoß wieder einfangen wird. Den physischen Druck muss der Verurteilte selber auf sich ausüben. Es gibt mittlerweile einschlägige Erfahrungen mit der Fußfessel aus den USA. Demnach kostet ein Gefängnisaufenthalt den US-Steuerzahler durchschnittlich 35 US$ pro Tag und Insasse, während die Fußfessel durchschnittlich 7 US$ pro Tag und Insasse kostet. Mit der Fußfessel werden dabei Rehabilitationsquoten von über 70% erreicht.
In den USA wird eine Variante der Fußfessel mittlerweile auch eingesetzt, um Unterlassungsbefehle durchzusetzen: Menschen, die sich dem Wohnort einer anderen Person nicht weiter als x Meter annähern dürfen, erhalten für einen bestimmten Zeitraum eine Fußfessel und eine passende Senderbox. Diese Verurteilten dürfen sich weiterhin frei bewegen. Wenn sich aber die Fußfessel von der Box weiter als einige Dutzend Meter entfernt oder der mit GPS ausgestattete Sender zu nah an den „Zielort“ gelangt, wird Alarm ausgelöst.
In den USA wird seit 2007 eine weitere Variante ausprobiert: Die Fußfessel enthält dabei einen Sensor mit Hautkontakt. Dieser prüft ununterbrochen, ob der Träger Alkohol im Blut hat. Mit diesem Mittel sollen Täter, die ihre Verbrechen unter Alkoholeinfluss begangen haben, zur Abstinenz verurteilt werden. Diese Herangehensweise scheitert in Deutschland jedoch an der Gesetzgebung, nach welcher der Konsum von Alkohol nicht strafbar ist. Sich selbst oder andere gefährdende Personen können jedoch zwangsweise in therapeutische Einrichtungen überstellt werden.
Diskutierte Ausweitung
Seit einigen Jahren wird die Anwendung von Fußfesseln bei Verurteilten diskutiert, weil die Gefängnisse überfüllt sind. Die elektronische Fußfessel wird dabei als Alternative zur Freiheitsstrafe von ihren Befürwortern propagiert. Überdies steht die Verwendung der elektronischen Fußfessel für solche Personen in der Diskussion, deren Sicherungsverwahrung durch die neuere Rechtsprechung des EGMR unzulässig geworden ist. In den meisten Anwenderländern haben sich aber durch die Maßnahme die Gefängnisse nicht geleert, vielmehr wurde durch Electronic Monitoring ein neuer Bereich zwischen Haft- und Bewährungsstrafe geschaffen. Die elektronische Fußfessel ermöglicht es, familiär eingebundene, berufstätige Ersttäter merklich zu bestrafen, ohne sie durch Gefängnisaufenthalt der Gefahr kriminogener Sozialisation auszusetzen. [3]
Österreich
Nach einer Gesetzesänderung kann ab September 2010 die Elektronische Aufsicht (EA) per Fessel angewendet werden. Geräte des israelischen Herstellers Elmo-Tech werden geleast. Überwacht wird per Funkverbindung zu einer Station, die wiederum per GSM oder Festnetzleitung an das Überwachungssystem andockt. Der Überwachte bezahlt mit 22 €/Tag die täglichen Kosten von 5 € für die Technik und unterstützt mit dem Rest den Freigänger betreuenden Verein Neustart. 500 Fesseln sind geplant, in wenigen Tagen gingen etwa 100 Anträge von Häftlingen ein. Die erste Person, der eine elektronische Fußfessel bewilligt wurde, ist eine 45-jährige Kärntnerin, deren Haftstrafe - wegen eines Eigentumsdelikts - im Juni 2011 endet und die schon Freigängerin zu einem Arbeitsplatz ist, den sie sich selbst aus der Haft heraus besorgt hat.[4]
Einzelnachweise
- ↑ Elektronischer Hausarrest im Strafvollzug - Landeskabinett Baden-Württemberg beschließt Gesetzentwurf. In: Internet-Homepage des Justizministeriums Baden-Württemberg. 18. November 2008, abgerufen am 19. November 2008.
- ↑ Christoph Wenzel, So funktionieren elektronische Fußfesseln, Berliner Morgenpost vom 7. August 2010, S.3
- ↑ Tatjana Bojic in Westfälischer Anzeiger vom 2. Oktober 2010, Seite 2
- ↑ http://orf.at/stories/2015661/2015648/ ORF online 20. September 2010
Literatur
- Michael Lindenberg: Ware Strafe. Elektronische Überwachung und die Kommerzialisierung strafrechtlicher Kontrolle. AG Spak, Bremen 1997, ISBN 3-930830-06-X.
- Markus Mayer: Modellprojekt Elektronische Fußfessel. Wissenschaftliche Befunde zur Modellphase des hessischen Projekts. Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, forschung aktuell – research in brief, Nr. 23 (http://www.iuscrim.mpg.de/verlag/Forschaktuell/Forschakt.html), Freiburg 2004.
- Matthias Niedzwicki: Elektronische Fußfesseln – Freiheitsbeschränkung nach Art. 2 II S. 2 GG oder Freiheitsentziehung nach Art. 104 GG?. In: Niedersächsische Verwaltungsblätter (10/2005), Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung, S. 257–260.