Fermersleben ist ein südlich gelegener Stadtteil der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt, Magdeburg. Der Stadtteil ist 3,4001 km² groß und hat 3.345 Einwohner (Stand 31. Dezember 2009).



Geografie
Im Osten bildet die Elbe die natürliche Grenze des Stadtteils; die Trennlinie zum nördlich gelegenen Stadtteil Buckau verläuft entlang des Schanzenweges. Hinter dem westlichsten Gleis des in Fermersleben ausgedehnten Schienennetzes des Rangierbahnhofs an der Bahnstrecke Magdeburg–Leipzig beginnt der Stadtteil Hopfengarten. Im Süden grenzt mit der Hermannstraße Salbke an. Während das Fermerslebener Elbufer Höhen um 45 Meter aufweist, steigt das Gelände nach Westen bis auf 58 Meter über dem Meeresspiegel an. Zwischen dem Elbufer und der Bebauungszone liegen die beiden Salbker Seen I und II. In der Vergangenheit lag in der Elbe vor Fermersleben die Insel Katzenwerder. Der Buckauer Friedhof mit einer Größe von etwa 7,6 Hektar liegt ebenfalls auf Fermerslebener Gebiet, an der Nordostgrenze zu Buckau. Das bebaute Gebiet bedeckt nur eine Fläche von etwa 0,6 km², also nur etwa 18 Prozent der Stadtteilfläche.
Es wird angenommen, dass sich in der Umgebung von Fermersleben die Dörfer Pretalize und Trumsitze befanden, die jedoch noch im Mittelalter zu Wüstungen wurden.
Infrastruktur
Fermersleben ist eine reine Wohnsiedlung ohne industrielle Ansiedlungen und mit nur wenigen Gewerbebetrieben, liegt aber im Einzugsbereich der westlich und südlich nahegelegenen Gewerbeparks. Dagegen sind mit dem Naherholungsgebiet Salbker Seen und dem Sportkomplex am nördlichen Ende der Straße Alt Fermersleben Freizeitangebote gegeben. Die Art der Wohnbebauung ist unterschiedlich und reicht vom alten Dorfkern um die Mansfelder Straße über die Siedlung Fermersleben aus den 1920/1930er Jahren bis zur 1998 entstandenen Wohnanlage Alt Fermersleben. Der Stadtteil ist über Straßenbahn- und Buslinien an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. An der Elbe befindet sich der Sportboothafen Fermersleben. Entlang des Elbufers führt der westelbische Elberadweg.
Geschichte
Vorzeit
Auf dem Gebiet des heutigen Fermersleben wurde bereits in der frühen Jungsteinzeit (um 2000 v. Chr.) gesiedelt, dies haben Ausgrabungsfunde im südlichen Bereich des Stadtteils bewiesen. Im Bereich der Hermannstraße wurden Siedlungsreste aus der frühjungsteinzeitlichen sogenannten Gaterslebener Gruppe festgestellt. In der Zinckestraße wurden Gräber aus der späten Eisenzeit (um 200 v. Chr.) gefunden. Nördlich des Unterhorstwegs fanden sich Scherben slawischen und frühdeutschen Ursprungs die auf die Zeit des 9. oder 10. Jahrhunderts datiert wurden.[1]
Mittelalter
Das Dorf Fermersleben, in der ersten urkundlichen Erwähnung, der Schenkungsurkunde von König Otto I. für das Magdeburger Moritzkloster von 937, noch Fridumaresleba[2] oder Fridumarsleve[3] genannt, ist seinem Namen nach von deutschen Siedlern gegründet worden. Sein Name bedeutet so viel wie Ort des Fridumar. Das Dorf gehörte zum Nordthüringgau. Im Zusammenhang mit der Gründung des Erzbistums Magdeburg kam Fermersleben 968 in den Besitz des Kloster Berge, das nachweislich 1105 eine Fähre im Ort betrieb. Der Ort dürfte damals direkt an der Elbe gelegen haben, die erst später ihr Bett weiter nach Osten verlagerte. Vermutlich bis in das 10. Jahrhundert war die heute durch die Kreuzhorst fließende alte Elbe der Hauptstrom. Dieser Elbarm führte dann im weiteren Verlauf direkt an Fermersleben vorbei. Noch bis in das 18. Jahrhundert führte dieser Elbarm Wasser, zuletzt jedoch nur noch bei Hochwasser. Dann nutzte die Sülze, die bis dahin bei Salbke in die Elbe mündete, das alte Flussbett, so dass sich deren Mündung nach Buckau verlagerte.
Zentrum der mittelalterlichen Besiedlung war der Bereich der heutigen Mansfelder Straße, wo auch eine Wehrkirche errichtet wurde. Das Dorf bestand wohl nur aus einer Gasse nördlich der Kirche. Erst der spätere Ausbau des Dorfes erfolgte dann entlang der Straße Magdeburg-Calbe (Saale)-Leipzig. Im Hochmittelalter gab es im Dorf zwei Sattelhöfe in Klosterbesitz. Durch Hungersnot und Pest in den Jahren 1316 und 1349 verlor Fermersleben ein Drittel seiner Einwohner.
Neuzeit
Während des Schmalkaldischen Krieges (1546 - 1551) schlugen die Belagerer der Stadt Magdeburg unter Kurfürst Moritz von Sachsen und Herzog Georg von Mecklenburg am 4. Oktober 1550 nahe von Fermersleben sein Feldlager auf und verschanzte sich. Während der anschließenden Kampfhandlungen wurden auch Teile von Fermersleben, so etwa die Kirche, zerstört. Es kam auch zu Plünderungen und Brandschatzungen. Am 17. November brachen die Belagerer ihr Feldlager ab und verlegten es auf das Harsdorfer Feld bei Diesdorf.[4] Fermersleben und die Ereignisse um das Lager fanden Erwähnung im Lied Ein Lied von der Stadt Magdeburg, was sich zur Zeit irer Belagerung zugetragen hat, welches nach der Melodie von Es gehet ein frischer Sommer daher gesungen wurde.[5]
Erst 1559 waren die Zerstörungen an den Höfen zumindest ausgebessert und die Zahl der Haushalte wieder auf 20 angestiegen. Der Abt des Kloster Berge entschied 1565 die Fermersleber Kirche nicht wieder aufzubauen, so dass die Fermersleber zum Gottesdienst zum Kloster Berge gehen mussten. Auch die kirchlichen Äcker in Fermersleben wurden direkt dem Kloster angegliedert. Bereits 1570 bauten sich die Fermersleber dann jedoch eine neue Kirche. Ende des 16. Jahrhunderts verlangten die Fermersleber vom Kloster Berge auch die Herausgabe der zuvor dem Kloster zugeschlagenen Ackerflächen. 1598/99 wurde auch Fermersleben erneut von der Pest heimgesucht. Ab dem 16. Jahrhundert unterstand das Dorf der Magdeburger Möllenvogtei.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Dorf wieder stark in Mitleidenschaft gezogen. Während der Belagerung Magdeburgs 1631 lagerten die kaiserlichen Truppen Tillys im südlichen Teil des Wolfswerders auf Fermersleber Gemarkung. Es bestand auch eine Schanze von der aus bei der Einnahme der magdeburgischen Schanze Trutz Tilly das Feuer auf die aus der Kreuzhorst fliehenden Magdeburger über die Elbe hinweg eröffnet wurde. Fermersleben wurde schwer geplündert und gebrandschatzt. Nach der Erstürmung Magdeburgs wurden Gefangene im Lager bei Fermersleben festgehalten, darunter auch der Baumeister Andreas Rudolph. In dieser Zeit spielt auch die 1814 von Karl Wilhelm Salice-Contessa verfasste Erzählung Vergib uns unsre Schuld in der Fermersleben als Begräbnisort handelnder Personen genannt wird.[6]
Während 1647 im südlich gelegenen Westerhüsen bereits wieder Landwirtschaft betrieben wurde, heißt es über Fermersleben, da stand weder Stumpf noch Stiel.[7] Auch die Kirche wurde erneut zerstört und 1657 wieder aufgebaut. 1682 trat wiederum die Pest auf, die viele Menschenleben kostete. Die Zahl der Haushalte hatte sich bis 1683 jedoch über das Vorkriegsniveau auf 25 erhöht.
Die Möllenvogtei berichtete am 22. September 1714 von einem ungewöhnlich großen Fund von Diebesware in einem Fermersleber Bauernhaus. In 100 Kornsäcken und 4 "Laden" wurden Geld, Gold, Silber sowie Kirchen- und Haushaltsgerätschaften gefunden.[8]
1780 wurden 242 Einwohner gezählt. Es wurde in der Hauptsache Landwirtschaft betrieben, wobei man der Magdeburger Möllenvogtei als Vertreterin des Domkapitels abgabenpflichtig war. Um 1800 war das Ortsbild des 269 Einwohner zählenden Ortes durch Vierseitenhöfe geprägt. Insgesamt gab es 36 Wohnhäuser, von denen 8 Vollspännern, 2 Halbspännern, 15 Kossaten und 11 Eigenhäuslern gehörten. Als katastrophal für Fermersleben erwies sich die Besetzung der Region durch französische Truppen im Jahr 1806. Die französischen Truppen waren am 22. Oktober 1806 bis Fermersleben vorgerückt und hatten hier ihr Lager aufgeschlagen. Am 4. November 1806 wurde der Ort durch auf Magdeburg ziehende napoleonische Soldaten weitgehend niedergebrannt. Die Kirche blieb jedoch erhalten und diente als Pferdestall. In der Schule wurde eine Kaserne eingerichtet.[9]Während der Zeit der französischen Besetzung gehörte Fermersleben zum Kanton Sudenburg des Distrikts Magdeburg des Elbedepartments im Königreich Westfalen. Im November 1813 mussten die französischen Truppen sich vor heranrückenden russisch/preußischen Einheiten in die von den Franzosen gehaltene Festung Magdeburg zurückziehen, wobei es immer wieder zu Ausfällen in die umliegenden Dörfer kam. Fermersleben blieb zunächst noch unter französischer Kontrolle. Der Ort wurde dann größtenteils von der einheimischen Bevölkerung verlassen, da über mehrere Wochen 600 französische Soldaten einquartiert waren und diese sämtliche Lebensmittel verbraucht hatten.[10] Im Zuge der Vorbereitungen zur Übergabe der Festung an Preußen kam es am 26. April, Paris war inzwischen bereits gefallen, zu einem Waffenstillstand. Die Preußen zogen sich vereinbarungsgemäß vorübergehend unter anderem aus Fermersleben wieder zurück, wobei es der französischen Seite untersagt war diesen entmilitarisierten Bereich im Umfeld der Festung zu betreten.[11]
Nach brandenburgischer (bis 1806) und französischer Herrschaft (bis 1814) wurde Fermersleben anlässlich der preußischen Gebietsreform 1818 in den Kreis Wanzleben eingegliedert und unterstand dem Amt Salbke. 1818 zählte Fermersleben 300 Bewohner. Bis 1840 war die Zahl bereits auf 452 angewachsen, wobei alle Einwohner evangelischer Konfession waren. In dieser Zeit gab es in Fermersleben vier Gasthöfe und eine Windmühle. Es wurden 1733 Morgen Äcker und Wiesen bestellt.[12]
Für das Jahr 1831 wurde ein Unglücksfall mitgeteilt. Die 1805 in Fermersleben geborene Marie Elisabeth Heinrich, geborene Schneidewind ertrank 1831 bei Fermersleben in der Elbe.[13]
Industrialisierung
Ein radikaler Wandel der Ortsstruktur trat mit dem Beginn der Industrialisierung im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts ein. Vom benachbarten Buckau aus dehnten sich Industrieanlagen immer weiter nach Süden aus und beeinflussten so auch den Fermerslebener Raum. Die Schaffung einer Vielzahl von neuen Arbeitsplätzen in der unmittelbaren Nähe verursachte auch in Fermersleben einen regen Wohnungsbau, zunächst längs der Hauptstraße, der heutigen Straße Alt Fermersleben. In dem Zeitraum von 1840 bis 1900 verzehnfachte sich nahezu die Bevölkerungszahl von 452 auf 4.245. In der in den 1850er Jahren vom Botaniker Paul Ascherson erarbeiteten Übersicht über die Flora der Region Magdeburg wird allerdings auch noch Fermersleben und insbesondere die heutige Hauptstraße als Standort von Pflanzen erwähnt. So wird das Vorkommen von Gelbem Wau an der Chaussee zwischen Buckau und Fermersleben, sowie Gefleckter und Stern-Flockenblume an der Chaussee nach Salbke aufgeführt. Darüber hinaus wird für Fermersleben das Vorkommen von Spießblättriges Tännelkraut aufgelistet.[14] Im April bzw dem 1866 wurde, für die Botaniker überraschend, am Schwalbenufer bzw dem Hohen Ufer zwischen Buckau und Fermersleben der als sehr selten bezeichnete Felsen-Gelbstern gefunden.[15] [16]
Von 1866 bis um 1920 bestand nördlich der Ortslage das zur Festung Magdeburg gehörende Fort I. Im Jahr 1882 gab es in Fermersleben noch zwei Windmühlen. An der Ecke Comeniusstraße/Ecke Reichweinstraße ist eine der Mühlen noch in Resten erhalten. Im westlichen Teil der Fermersleber Feldflur, die direkt an die Lemsdorfer Feldflur grenzte, entstand die neue Siedlung Hopfengarten, die heute einen eigenen Stadtteil Magdeburgs darstellt. Zu Fermersleben gehörte auch der weit westlich des Orts, direkt an der Straße nach Leipzig gelegene Gasthof Schwan.
Am 1. April 1910 erfolgte die Eingemeindung des zu diesem Zeitpunkts 6.271 Einwohner zählenden Ortes Fermersleben nach Magdeburg. Mit der Eingemeindung wurden diverse Straßen Fermerslebens umbenannt, um eine doppelte Benennung innerhalb Magdeburgs zu vermeiden. So wurde aus der Schönebecker Straße die Straße Alt Fermersleben, die Feldstraße zur Herbertstraße und später zur Herbartstraße. Die Kirchstraße wurde in Mansfelder Straße umbenannt, die Schulstraße in Ascherslebener Straße und die Weststraße in Puttkamerstraße und später in Comeniusstraße. Die Mühlenstraße wurde zur Friedrichsruher Straße und letztlich zur Reichweinstraße. Der Name des benachbarten Mühlenwegs wurde erst in Varziner Straße, später in Rousseaustraße geändert. Auch die Wilhelmstraße wurde umbenannt und heißt seit dem Mariannenstraße. Die Bezeichnung Otterslebener Weg wurde zunächst beibehalten. Später, vermutlich im Zusammenhang mit der Eingemeindung Diesdorfs nach Magdeburg, wurde sie in Am Hopfengarten und später in Friedrich-List-Straße verändert. Die teilweise erfolgten erneuten Umbenennungen wurden durchgeführt, da Benennung wie die nach dem preußischen Kultusminister Robert Viktor von Puttkamer oder dem ehemaligen bismarckschen Landgut Varzin in Hinterpommern in der Zeit der DDR politisch nicht mehr gewünscht waren. Ein Kuriosum stellt dabei die Neubenennung der zunächst nach dem preußischen Staatsminister Herbert von Bismarck benannten Herbertstraße dar, die durch den Austausch nur eines Buchstabens jetzt auf den Pädagogen Johann Friedrich Herbart verweist.
An der Adresse Alt Fermersleben 34 befand sich das prächtig gestaltete Rathaus Fermersleben, welches jedoch nicht erhalten ist. Auch noch nach der Eingemeindung waren hier Verwaltungsstellen wie ein Verwaltungsbüro, das Standesamt, die Biersteuer-Meldestelle, die Sparkasse und die Steuerkasse untergebracht.[17]
Die Maschinenfabrik Buckau R. Wolf dehnte ihr auf Salbker Gemarkung gegründetes Werk nach Fermersleben aus. Es entstanden viele Mietskasernen aber auch bürgerliche villenartige Wohnhäuser. Noch unmittelbar vor dem 1. Weltkrieg ließ eine Baugenossenschaft nördlichen des alten Ortskerns in der Faberstraße, auf dem sogenannten Eber eine erste Wohnsiedlung errichten, die 1914 fertiggestellt war. Nach dem 1. Weltkrieg wurden zunächst im Bereich der Felgeleber Straße Behelfswohnungen gebaut. Zwischen 1920 und 1938 entstand im Rahmen der Wohnungsbauprogramme der Weimarer Republik und des 3. Reichs die Siedlung Fermersleben, eine größere Wohnsiedlung nördlich und südlich der Felgeleber Straße, an der auch der bekannte Magdeburger Architekt Carl Krayl beteiligt war. Auf dem Gelände des ehemaligen Mahrenholzhofes richtete der damalige Eigentümer Heinrich Böwe 1916 ein Kino mit 347 Sitzen ein. Am 20. Oktober 1921 erhielt der Apotheker Ludwig Paull die Konzession zum Betrieb einer Apotheke.[18] Die Fermersleber Apotheke wurde dann am 1. Februar 1922 eröffnet.[19]
Seit dem 6. September 1926 verlief die Straßenbahnlinie Magdeburg - Schönebeck auch durch Fermersleben.
Auf dem Gelände des ehemaligen Fort I entstand 1926/27 eine Sportanlage mit zwei Sportplätzen und Sanitärgebäuden. Auf den Zuschauertribünen war Platz für 11.000 Zuschauer. Zu den die Anlage nutzenden Vereinen gehörte der Männerturnverein Fermersleben von 1888 der über Abteilungen für Handball, Faustball und Turnen verfügte. Auch die sich dem Handball widmenden Vereine Arbeitersportverein Vorwärts Fermersleben und Sportclub Fermersleben nutzten die Anlage. Der 1919 gegründete Verein Rasensport Buckau kam Anfang der 1930er Jahre hinzu. Sportlicher Höhepunkt war 1928 das Endspiel um die Deutsche Feldhandball-Bundesmeisterschaft des Arbeiter-Turn- und Sportbundes, in dem Vorwärts Fermersleben gegen Ottakring Wien 2 : 4 unterlag.[20] Auch in späteren Jahrzehnten wurde höherklassiger Handball in Fermersleben gespielt, was dem Ortsteil den Beinamen Handballdorf einbrachte.
Anfang April 1932 führte die NSDAP im politisch stark sozialdemokratisch und kommunistisch geprägten Arbeiterviertel eine Wahlkampfversammlung für den zweiten Wahlgang der Reichspräsidentenwahl 1932 durch, in deren Folge es zu einer Saalschlacht mit Angehörigen der antifaschistischen Eisernen Front kam, in der die Nationalsozialisten jedoch die Oberhand gewannen.[21]
Nationalsozialismus und 2. Weltkrieg
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde an einem 1. Mai von Reinhold Julius auf dem Fermersleber Sportplatz im Protest gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft eine rote Fahne gehisst. Bis 1933 war die Einwohnerzahl Fermerslebens auf 9008 angestiegen.[22] Mit dem Abschluss der Baumaßnahmen in der Siedlung Fermersleben erreichte der Stadtteil 1938 mit mehr als 10.000 Einwohnern seine höchste Einwohnerzahl. Zumindest ab Dezember 1932 bestand am Elbweg in Fermersleben ein Rastplatz für Sinti. Auf Beschluss der NS-Stadtverwaltung vom 4. März 1935 wurde das Lager im Mai 1935 in den Norden Magdeburgs verlegt, wobei sich die Lebensbedingungen der Bewohner erheblich verschlechterten.[23]
Kriegszerstörungen blieben im 2. Weltkrieg die Ausnahme. Auf dem Rangierbahnhof von Bomben getroffene und explodierende Güterzüge führten unter anderem an der Martin-Gallus-Kirche zu Schäden. Auch die Sportanlage war beschädigt. Am 17. April rückten US-amerikanische Streitkräfte in Fermersleben ein.[24]
Zeit der DDR
In der Nachkriegszeit wurde die Sportstätte wiederaufgebaut und in Platz der Freundschaft umbenannt. Die Nutzung erfolgte durch die BSG Motor Südost Magdeburg, dem späteren Fermersleber SV 1895.
Während der DDR-Ära gehörte Fermersleben zu den vernachlässigten Stadtteilen. Das bedeutete einerseits, dass das Fermerslebener Ortsbild nicht wie andernorts durch ungünstig platzierte Plattenbauten beeinträchtigt wurde, andererseits wurde die vorhandene Bausubstanz so vernachlässigt, dass der Verfall ganzer Straßenzüge drohte. Ein 1967 entworfener Generalbebauungsplan für Magdeburg sah dann auch unter anderem für Fermersleben den Abriss zahlreicher Wohnungen insbesondere des alten Ortskerns vor. Dieses Vorhaben kam jedoch wegen des andauernden Wohnraummangels nicht zur Ausführung. Positiv für Fermersleben wirkte sich der Ausbau der Salbker Seen zu einem Naherholungsgebiet aus. 1960 entstand hier auch der Sportboothafen Fermersleben.
Nach der Wende von 1989
Nach 1990 wurde die Bausubstanz Fermerslebens einer umfangreichen Sanierung unterzogen. Dies geschah bevorzugt in den Siedlungen, die zwischen den Jahren 1914 und 1938 errichtet wurden. Zu den wenigen Neubauten gehört eine Wohnanlage nahe dem alten Ortskern, die bestehend aus fünf Häusern mit insgesamt 112 Wohnungen ab 1998 errichtet wurde.
Der im Jahr 2000 gegründete Bürgerverein Salbke, Westerhüsen, Fermersleben e.V. setzt sich für die Belange des Stadtteils ein.
Bauwerke und Denkmäler
Am östlichen alten Ortskern steht in der Mansfelder Straße die 1657 errichtete Martin-Gallus-Kirche mit ihrem mittelalterlichen Turm. Sie ist die einzige im Fachwerkstil erbaute Kirche Magdeburgs. Ebenfalls in der Mansfelder Straße steht der Mahrenholzhof mit einem dreigeschossigen Wohnturm. Unter Denkmalschutz stehen auch Teile der zwischen 1920 und 1938 entstandenen Siedlung Fermersleben, die Grundschule Fermersleben sowie die Wohn- und Geschäftshäuser Alt Fermersleben 41 und 43. Aus dem Jahr 1934 stammt das monumentale Kriegerdenkmal Fermersleben.
Von 1866 bis etwa 1920 bestand in Fermersleben das Fort I der Festung Magdeburg.
Bedeutende Persönlichkeiten
In Fermersleben geboren wurden der deutsche Politiker Günter Frede (1901-1967) und der Diplomat und Politiker Karl Nohr (1905-1973).
Der Theologe Martin Gallus war 1563 erster evangelischer Prediger in Fermersleben. Otto Siebert, Theologe, Philosoph und Schriftsteller war etwa Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts ebenfalls Fermersleber Pfarrer. In der Zeit nach dem 1. Weltkrieg war der Pädagoge und Schulreformer Karl Linke Lehrer an der Fermerslebener Schule. Der Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus Franz Rekowski lebte zumindest Ende der 1930er Jahre in der Fermersleber Faberstraße. Mit Otto Schumann (SED) und Franz Weichsel (CDU) wohnten gleich zwei Mitglieder des 1946 gewählten ersten Landtags von Sachsen-Anhalt in Fermersleben. In Fermersleben wohnhaft ist auch der Großmeister im Fernschach Volker-Michael Anton.
Mit Fermersleben sind darüber hinaus die Namen vieler Sportler verbunden, die für den heutigen Fermersleber SV 1895 starteten. Neben Anton ist da als weiterer Schachspieler Peter Hesse (1944-2004) zu nennen. Bekannte Handballspieler sind Herbert Wahrendorf (1919-1993), Hans Haberhauffe, Michael Jahns und Ronny Liesche. Helmut Kurrat war als Handballtrainer tätig. Als Gewichtheber erlangte Frank Zielecke und als Kanuten Jürgen Eschert und Eckhard Leue Bekanntheit.
Literatur
- Magdeburg und seine Umgebung, Akademie-Verlag Berlin, 1973
- Handbuch der historischen Stätten - Provinz Sachsen Anhalt, Alfred Körner Verlag, 1993, ISBN 3-520-31402-9
- Magdeburg - Architektur und Städtebau, Verlag Janos Stekovics, 2001, ISBN 3-929330-33-4
- Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen-Anhalt I Regierungsbezirk Magdeburg, Deutscher Kunstverlag München Berlin 2002, ISBN 3-422-03069-7
- Puhle/Petsch, Magdeburg 805 - 2005, Verlag Janos Stekovics, 2005, ISBN 3-89923-105-8
- Ute Schmidt-Kraft, Siedlung Fermersleben, Landeshauptstadt Magdeburg 1995
- CD Sachsen-Anhalt - Amtliche Topografische Karten, Landesamt für Landesvermessung und Geoinformation, 2003
Einzelnachweise
- ↑ Herausgeber: Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Geographisches Institut, Arbeitsgruppe Heimatforschung, Band 19, Magdeburg und seine Umgebung, Akademie-Verlag Berlin 1972, Seite 114
- ↑ Herausgeber: Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Geographisches Institut, Arbeitsgruppe Heimatforschung, Band 19, Magdeburg und seine Umgebung, Akademie-Verlag Berlin 1972, Seite 114
- ↑ Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg, 2. Teil, Magdeburg 1842, Seite 79
- ↑ F.A.Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg, Magdeburg 1901, ISBN 3-89557-052-4, Seite 125
- ↑ R. von Liliencron, Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert, 4. Band, Verlag von F.C.W. Vogel Leipzig 1869, Seite 504 f.
- ↑ Karl Wilhelm Salice, C.W. Contessas Schriften, 5. Band, Leipzig 1826 bei Georg Joachim Göschen, Herausgeber Ernst von Houwald, Seite 158
- ↑ Friedrich Großhennig, Ortschronik von Westerhüsen im Stadtbezirk Magdeburg-SO, Manuskript im Stadtarchiv Magdeburg, Signatur 80/1035n, II. Teil, Seite 23
- ↑ Friedrich Christian Benedict Ave-Lallemant, Das Deutsche Gaunerthum, Erster Theil, F.A. Brockhaus Leipzig 1858, Seite 223
- ↑ Friedrich Großhennig, Ortschronik von Westerhüsen im Stadtbezirk Magdeburg-SO, Manuskript im Stadtarchiv Magdeburg, Signatur 80/1035n, II. Teil, Seite 29
- ↑ Johann Christian Gotthilf Liebecke, Magdeburg während der Blokade in den Jahren 1813 und 1814, Creutzsche Buchhandlung Magdeburg 1814, Seite 33
- ↑ Julius Laumann, Der Freiheitskrieg 1813/14 um Magdeburg, in Sachsen und Anhalt, Jahrbuch der Landesgeschichtlichen Forschungsstelle für die Provinz Sachsen und für Anhalt, Band 15, Magdeburg 1939, Seite 290
- ↑ Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg, 2. Teil, Magdeburg 1842, Seite 79
- ↑ Allgemeiner Anzeiger und Nationalzeitung der Deutschen, 2. Band, Beckersche Verlags-Buchhandlung Gotha 1844, Spalte 2398
- ↑ Paul Ascherson, Flora der Provinz Brandenburg, der Altmark und des Herzogthums Magdeburg, Dritte Abteilung, Specialflora von Magdeburg, Verlag von August von Hirschwald Berlin 1864
- ↑ Herausgeber Paul Ascherson und Th. Liebe, Verhandlungen des botanischen Vereins für die Provinz Brandenburg und die angrenzenden Länder, 8. Jahrgang, Kommissions-Verlag von Rudolph Gaertner, Berlin 1866, Seite 164
- ↑ Zeitschrift für die Gesammten Naturwissenschaften, Jahrgang 1866, 28. Band, Wiegandt und Hempel Berlin 1866, Seite 186
- ↑ Magdeburger Adreßbuch 1914, II. Teil, Seite 39
- ↑ Katharina Albrecht, Geschichte der Apotheken der Stadt Magdeburg, Drei Birken Verlag Freiberg (Sachsen) 2007, ISBN 978-3-936980-13-4, Seite 119
- ↑ Katharina Albrecht, Geschichte der Apotheken der Stadt Magdeburg, Drei Birken Verlag Freiberg (Sachsen) 2007, ISBN 978-3-936980-13-4, Seite 122
- ↑ Volkmar Laube, Sportstadt Magdeburg, MDsport Magdeburg 2009, ISBN 978-3-930794-07-2, Seite 96
- ↑ Magdeburger Volksstimme vom 4. April 1932, zitiert nach Maik Hattenhorst, Magdeburg 1933, Mitteldeutscher Verlag Halle (Saale) 2010, ISBN 978-3-89812-775-2, Seite 114
- ↑ Werner Burghardt, Die Flurnamen Magdeburgs und des Kreises Wanzleben, Böhlau Verlag Köln Graz 1967, Seite 42
- ↑ Lutz Miehe, "Unerwünschte Volksgenossen". Das Zigeunerlager am Rande der Stadt Magdeburg während der Zeit des Nationalsozialismus in Leben in der Stadt: Eine Kultur- und Geschlechtergeschichte Magdeburgs, Böhlau Verlag Köln Weimar 2004, ISBN 978-3412078041, Seite 321
- ↑ Hrsg.: Deutsche Bahn AG, 100 Jahre Ausbesserungswerk Magdeburg 1895 - 1995, Magdeburg 1995, Seite 44
Koordinaten: 52° 6′ N, 11° 39′ O