Christophorus Flugrettungsverein

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Der Christophorus Flugrettungsverein (CFV) ist der größte Anbieter für Flugrettung in Österreich und stellt in jedem der neun Bundesländer Notarzthubschrauber. Er wurde von den Landesvereinen des Automobilclubs ÖAMTC als gemeinnütziger Verein gegründet. Mit seinen 16 Stützpunkten sorgt er für zeitnahe Hilfe und ist ganzjährig mit seiner Hubschrauber- und Flugzeug-Flotte bei medizinischen Notfällen und für Überstellungsflüge einsatzbereit.

Christophorus Flugrettungsverein
(CFV)
Logo
Zweck: Schaffung von Einrichtungen zur optimalen notärztlichen Versorgung von Notfallpatienten mit Notarzthubschraubern[1]
Vorsitz: Alexander Wolff, Reinhard Kraxner
Gründungsdatum: 23. März 1993
Sitz: Wien, Osterreich Österreich
Website: www.oeamtc.at
Christophorus 12 beim Landeanflug

Geschichte

Der Christophorus Flugrettungsverein wurde 1983 vom ÖAMTC gegründet. Mit Christophorus 1 in Innsbruck und Christophorus 2 in Krems standen die ersten beiden Notarzthubschrauber (NAH) bereit. Im Jahr darauf wurde vom ÖAMTC und vom Bundesministerium für Inneres ein Vertrag unterzeichnet, der eine organisierte Flugrettung in Österreich ermöglichte. Einer der treibenden Mediziner war der Innsbrucker Chirurg Gerhard Flora. Der erste Hubschrauber, der in Innsbruck im Einsatz war, Christophorus 1 ist im Technischen Museum Wien ausgestellt.[2]

An der Luftrettung waren damals neben dem Christophorus Flugrettungsverein auch das Bundesministerium für Inneres, sowie das Bundesheer beteiligt. 2001 zog sich das Ministerium aus der Luftrettung zurück, der Christophorus Flugrettungsverein übernahm die Luftrettungszentren binnen weniger Monate (heute: Christophorus 6 bis 14). Bis 2006 kamen drei weitere Stützpunkte hinzu. Die Hubschrauberflotte wurde vollständig auf die modernen EC 135 von Eurocopter umgerüstet.

Der Verein heute

 
EC 135T1 am Heliport Klagenfurt

Der Christophorus Flugrettungsverein unterhält heute 16 Stützpunkte in ganz Österreich. In den Wintermonaten kommen sechs weitere Stützpunkte des HAT (Heli-Ambulance-Team) hinzu. Diese werden in Kooperation mit dem privaten RTH-Betreiber Wucher unterhalten. Damit reagiert der ÖAMTC auf die zunehmende Zahl privater Hubschrauber-Betreiber. Vor allem in den Wintermonaten gibt es in den touristisch erschlossenen Regionen des Landes, vor allem in Tirol, eine weltweit einmalige Hubschrauber-Dichte. Diese offensichtliche Überversorgung ist zunehmend in der Kritik und wird unter anderem auch vom Österreichischen Alpenverein kritisiert.

Der CFV arbeitet eng mit dem Österreichischen Roten Kreuz, der österreichischen Bergrettung und der Wiener Berufsrettung zusammen. 250 Notärzte arbeiten für die Organisation.

Die 16 Stützpunkte decken Österreich komplett ab. Im Schnitt treffen die Christophorus-Hubschrauber nach 14 Minuten am Notfallort ein. Die Anforderung des Notarzthubschraubers erfolgt über den üblichen österreichischen Rettungs-Notruf 144 und wird über die örtlich zuständige Leitstelle vermittelt. Über die Notwendigkeit eines RTH-Einsatzes entscheidet der Leitstellendisponent anhand der Angaben, die der Anrufer am Telefon macht. Wenn die zuständige Krankenkasse den Einsatz des Hubschraubers nicht finanziert trägt entweder der Verein die Kosten oder stellt sie dem Patienten in Rechnung.[3] So wurde im Jahr 2008 jeder dritte Einsatz nicht von den Sozialversicherungsträgern bezahlt, aufgrund dieser ungelösten Finanzierungssituation hat der Christophorus Flugrettungsverein den Vertrag zum Betrieb der Rettungshubschrauber an den mit dem Innenministerium betriebenen Standorten zum Jahresende 2010 gekündigt.[4] Bei den Neuausschreibungen der Verträge für die acht Standorte ist vom Innenministerium eine Eigenbeteiligung der Patienten vorgesehen,[5] die zusammen mit den Bundesländern Niederösterreich, Oberösterreich, Burgenland und Tirol betriebenen Standorte werden aus dem Landeshaushalt subventioniert.[4] Aus sozialen Gründen lehnt der ÖAMTC die Rechnungsstellung an Patienten ab und hat nach eigenen Angaben einen jährlichen Verlust von drei bis fünf Millionen Euro.[5]

Die Notarzthubschrauber-Crew

 
Das Heck der EC 135 mit Krankentrage und Alpinausrüstung

Neben dem Piloten besteht die Crew des Hubschraubers aus einem Notarzt, einem Notfallsanitäter des Roten Kreuzes / der Wiener Berufsrettung und je nach Einsatzart eventuell noch einem Flugretter der Bergrettung oder einem Alpinpolizisten. Die medizinischen Geräte und Sonderausstattungen an Bord der EC 135 entsprechen den aktuellen Standards und so ist die Maschine jederzeit für spezielle Einsätze gerüstet. Von den zwei Sitzen seitlich des Patienten, ist es dem behandelnden Notarzt bzw. Notfallsanitäter möglich, den Zustand des Patienten zu überwachen bzw. ihn weiter ärztlich im Hubschrauber zu versorgen. Zu den schwierigen und riskanten Einsätzen in der Luftrettung gehören Bergungen in hochalpinem Gelände. Flugretter und Pilot müssen dabei ein perfektes Team bilden. Deshalb werden etwa halbjährlich die jeweiligen Verfahren, wie Taubergungen, Kufenbergung (aus dem Eis) oder Sesselliftbergung, in extra dafür angelegten Schulungen geübt.

Die Crews befinden sich täglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in Einsatzbereitschaft (außer bei sehr zeitigem Sonnenaufgang im Hochsommer, hier ist erst um 6.00 Uhr bzw. 7.00 Uhr Dienstbeginn). Drei Minuten nach Alarmierung zu einem Notfalleinsatz erfolgt der Start des Hubschraubers.

Das Fluggerät

 
Das Cockpit einer EC 135

Die Flotte des Christophorus Flugrettungsvereins besteht mittlerweile ausschließlich aus der von Eurocopter (EADS-Tochter) hergestellten EC 135. Die erste dieser Maschinen wurde 1997 an den Christophorus Flugrettungsverein ausgeliefert (OE-XEA). Seitdem hat sich die Flotte auf einen Bestand von 24 Maschinen vergrößert (OE-XEA bis OE-XEX). Der Christophorus Flugrettungsverein war bis 2006 weltweit größter privater Betreiber einer EC-135-Flotte.

 
Flugretter am Tau

Für die verschiedenen Bergeverfahren ist die EC 135 ebenfalls gerüstet. Für eine Taubergung mit Bergesack zum Beispiel, wird an die Unterseite der Maschine ein Fixtau in jeweils angepasster Länge am - vom Christophorus Flugrettungsverein entwickelten - Doppelhakensystem fixiert. Dies ermöglicht eine Bergung des Patienten von Notfallorten, wo eine Landung nicht möglich ist. Der Patient wird dabei auf einer Vakuummatraze im Bergesack zusammen mit Flugretter und Sanitäter zu einem geeigneten Zwischenlandeplatz geflogen, wo er weiter medizinisch versorgt werden kann. Bei der variablen Taubergung seilt sich der Flugretter allein mit Hilfe eines speziellen Abseilgerätes vom 10-Meter-Tau aus bis zu 80m weiter ab und sichert den Patienten an diesem, während der Pilot die Maschine möglichst ruhig in der Luft hält. Die Versorgung des Verunfallten durch den Notarzt findet erst am Zwischenlandeplatz statt. Eine Kaperbergung wendet man an, wenn z. B. ein abgestürzter oder hilfebedürftiger Kletterer noch in einer steilen Felswand am Seil hängt. Dabei sichert ein Flugrettungssanitäter den Verunfallten an seinem (fixen oder variablen) Tau und kappt mit einer Kaperschere – nach Entlasten – dessen Seil. Weiters sind noch Seilbahnbergungen, Gletscherspaltenbergungen und die für den Flugretter sehr riskanten Kufenbergungen (für im Eis Eingebrochene) möglich.

Bezeichnung

Die Namen Christophorus 1 bis (2010) Christophorus 16 bezeichnen die Standorte, nicht das dort zeitweilig stationierte Fluggerät: Nach umfangreichen Servicearbeiten, während derer am jeweiligen Standort eine andere Maschine eingesetzt wird, kann es vorkommen dass das aus dem Service entlassene Luftfahrzeug einem neuen Standort zugewiesen und demgemäß vereinsintern umbenannt wird. Dabei können auch Logos lokaler Sponsoren wechseln. Auf das Luftfahrzeugkennzeichen hat dies jedoch keinen Einfluss. Als Christophorus 9 waren, beispielsweise, im Verlauf der Jahre die Helikopter OE-XEI, ~XEN, ~XEJ in Verwendung (seit ungefähr November 2010: ~XEG).

Technische Daten der EC 135

  • Triebwerke: 2 x Turboméca Arrius-2 B oder Pratt & Whitney PW 206B mit je 706 PS (Arrius) oder 743 PS (P&W)
  • Reichweite: ca. 640 km (620 km bei maximalen Abfluggewicht)
  • Reisegeschwindigkeit: 256 km/h
  • Dienstgipfelhöhe: ca. 6.095 m
  • Maximales Abfluggewicht: 2.835 kg
  • Länge über alles: 12,19 m
  • Höhe über alles: 3,62 m
  • Rotordurchmesser: 10,20 m

Die Standorte

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Standorte der Christophorus-Rettungshubschrauber
 
Stützpunkt 3 am Flugplatz Wiener Neustadt
 
Christophorus 8 im Einsatz
Funkrufname Standort ICAO-Code in Betrieb seit in Betrieb bis
Christophorus 1 Innsbruck LOJO 1. Juli 1983(LOWI) / Mai 2005(LOJO) -
Christophorus 2 Krems LOAK 1. September 1983 -
Christophorus 3 Wiener Neustadt LOAN 15. September 1984 -
Christophorus 4 Kitzbühel/St.Johann LOIA/LOIT 10. Dezember 1984 -
Christophorus 5 Landeck/Zams LOIL 1. Jänner 1993 -
Christophorus 6 Salzburg LOWS 1. April 2001 -
Christophorus 7 Lienz LOKL 1. Jänner 2001 -
Christophorus 8 *) Nenzing LOIG 1. Jänner 2001 -
Christophorus 9 **) Wien LOAJ 1. April 2001 -
Christophorus 10 Linz LOWL 1. April 2001 -
Christophorus 11 Klagenfurt LOWK 1. Juli 2001 -
Christophorus 12 Graz LOWG 1. Juli 2001 -
Christophorus 14 Niederöblarn LOGO 1. Juli 2001 -
Christophorus 15 Ybbsitz LOLY 26. Juni 2004 -
Christophorus 16 Oberwart LOGR 1. Mai 2005 -
Christophorus Europa 3 ***) Suben LOLS 23. Juli 2003 -
Christophorus ITH Wiener Neustadt LOAN 1. Juli 1999 -

*) Anmerkung für Stützpunkt Christophorus 8 in Nenzing: Für diesen Stützpunkt stellt der Christophorus Flugrettungsverein das Fluggerät und die Piloten zur Verfügung. Mit der Organisation und dem Betrieb der Flugrettung wurde vom Land Vorarlberg die Vorarlberger Bergrettung beauftragt.

**) Anmerkung für Stützpunkt Christophorus 9 in Wien: Für diesen Stützpunkt stellt der Christophorus Flugrettungsverein das Fluggerät und die Piloten zur Verfügung. Mit der Organisation und dem Betrieb der Flugrettung wurde vom Land Wien die Wiener Berufsrettung MA70 beauftragt.

***) Anmerkung für Stützpunkt Christophorus Europa 3 in Suben: Dieser Stützpunkt wird gemeinsam mit dem ADAC betrieben und ist das erste grenzüberschreitende und von zwei Ländern betriebene Notarzthubschrauberprojekt Europas. Die Besatzungen kommen je zur Hälfte aus Bayern (D) und Oberösterreich (A) und betreuen auch diese beiden Bundesländer. Für die Koordinierung der Hubschraubereinsätze sind die Rot-Kreuz-Leitstellen in Passau und Ried im Innkreis zuständig.

Unfälle

  • Am 14. Februar 1988 stürzte C1 (Alouette III) auf dem Rückflug eines Rettungseinsatz ab, bei dem die Patientin zuvor an die Bergrettung übergeben wurde. Die endgültige Ursache ist bis heute ungeklärt. Beim Absturz kamen der Notarzt und der Rettungssanitäter ums Leben. Der zweite Sanitäter und der Pilot erlitten schwere Verletzungen und wurden von C4 geborgen.
  • Am 5. Juni 1999 geriet der Helikopter C4 (Eurocopter AS350) in Ellmau während des Landeanfluges in eine Starkstromleitung der ÖBB, stürzte dabei auf das Dach eines Wohnhauses und brannte komplett aus. Der Notarzt wurde dabei schwer verletzt und starb 12 Tage später. Der Pilot und ein Sanitäter wurden nur leicht verletzt.
  • Am 1. Mai 2006 streifte der Helikopter C6 (Eurocopter EC135, OE-XEH) in Salzburg beim Anflug auf den Dachlandeplatz des Unfallkrankenhauses die äußere Randeinfassung der Dachlandefläche und stürzte auf den unterhalb befindlichen Kinderspielplatz am Gelände des Betriebskindergartens des UKH. Der Pilot wurde schwer, die übrigen drei Besatzungsmitglieder leicht verletzt, der Patient erlitt keine zusätzlichen Verletzungen. Der Spielplatz wurde zum Zeitpunkt des Unfalls nicht benutzt. In einer ersten öffentlichen Stellungnahme sagte der Pilot aus, er habe vor dem Absturz Probleme mit der Steuerung des Heckrotors bemerkt.[7] Drei Jahre nach dem Absturz veröffentlichte die Flugunfallkommission den vollständigen Bericht des Vorfalls in welchem eindeutig menschliches Versagen bei technisch einwandfreiem Hubschrauber als Ursache dokumentiert ist.[8]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Statuten des CFV abgerufen am 2. November 2010
  2. Auto Touring, Das ÖAMTC Magazin Ausgabe 7-8/2010 Seite 48
  3. Als Beispiel: Teurer Einsatz mit dem Rettungshubschrauber. In Kleine Zeitung vom 5. Oktober 2009, abgerufen am 13. August 2010.
  4. a b Turbulentes Jahr für ÖAMTC Flugrettung vom 6. Januar 2009 auf austrianwings.info, abgerufen am 5. November 2010
  5. a b Andreas Wetz: Flugrettung: Patienten sollen künftig zahlen vom 8. Oktober 2010 bei Die Presse, abgerufen am 5. November 2010
  6. Website Luftrettung: Chronik.
  7. Pilot: "Habe technisches Gebrechen bemerkt". Auf salzburg.orf.at vom 6. Juni 2006, abgerufen am 9. Februar 2010.
  8. Untersuchungsbericht des BMVIT (PDF), abgerufen am 30. März 2010.