Lesser Ury (* 7. November 1861 in Birnbaum, Provinz Posen; † 18. Oktober 1931 in Berlin) war ein deutscher Maler und Grafiker, der in seinen Landschaften, Grossstadtbildern und Stillleben dem Impressionismus nahe stand, in seiner Spätzeit schuf er daneben eindrucksvolle biblische Monumentalbilder.
Werdegang
Lesser Ury studierte in Düsseldorf und Brüssel Malerei, sammelte in Paris wertvolle Erfahrungen unter anderen bei Lefebvre, erkundete Flandern und München, wo er sich 1886 für kurze Zeit an der Akademie der Bildenden Künste immatrikulierte. Ury lebte seit 1887 in Berlin, von 1920 bis zu seinem Tode hatte er Atelier und Wohnung am Nollendorfplatz 1 in Berlin-Schöneberg.
Zu seinen bevorzugten Motiven gehörten die Straßen Berlins und die Landschaft der Mark Brandenburg. Vor allem für die Weltstadt Berlin empfindet Ury ab dem ersten Moment eine ganz besondere Sympathie. Dies schlägt sich so sehr in seiner Kunst nieder, dass er zu seinem 60. Geburtstag vom Oberbürgermeister Berlins als "künstlerischer Verherrlicher der Reichshauptstadt" geehrt wird.
Werk
Ebenso virtuos wie die Ölmalerei, die den Künstler Blumenbilder, Stillleben, sowie die so typischen Kaffeehaus- und Straßenszenen hervorbringen lässt, beherrscht Ury die Pastelltechnik, die ihm gestattet, Luft- und Lichtspiegelungen der Landschaften nuancenreich darzustellen. Ury, als Mensch eher ein Einzelgänger, beschreitet vor allem in der Kunst seinen eigenen Weg, während die Berliner Zeitgenossen Max Liebermann, Max Slevogt und Lovis Corinth gemeinsame künstlerische Intentionen verbinden. Wohl aus Konkurrenzgründen ist Max Liebermann, dem Präsidenten der Akademie und einflussreichen Wortführer der Kunstszene, der zunehmende Bekanntheitsgrad Urys, ein Dorn im Auge. Liebermann versucht mit allen Mitteln, dessen Künstlerkarriere zu blockieren. Ury kann erst regelmäßig und erfolgreich in der Berliner Secession ausstellen, als Corinth Nachfolger Liebermanns wird. Der Künstler wird 1921 Ehrenmitglied der Sesession. Ury begibt sich in diesem Jahrzehnt mehrmals auf Reisen nach London, Paris und in verschiedene deutsche Städte. Von jeder Reise bringt der Künstler jeweils eine Fülle neuer Bilder mit. Kurz nach einer Parisreise 1928 verschlechtert sich der Gesundheitszustand des Malers durch einen Herzanfall zunehmend. Nationalgalerie und Secession wollen das Lebenswerk Urys zu seinem 70. Geburtstag (1931) ehren. Drei Wochen vorher stirbt der Künstler jedoch in seinem Berliner Atelier.
Nachlass
Eine weit verbreitete Legende ist, dass die Hälfte seines Werkes durch die Nationalsozialisten und den Krieg zerstört wurde. Dies ist zum Glück nicht der Fall. Nach seinem Tod wurden in seinem Atelier eine Vielzahl von Bildern und 30.000 RM entdeckt. Die meisten Bilder des Nachlasses wurden im Oktober 1932 beim Auktionshaus Paul Cassirer von Privatleuten ersteigert. Viele seine Bilder befinden sich daher noch heute in Privatsammlungen. Die letzte größere Werkschau fand 1995 im Käthe-Kollwitz-Museum in Berlin statt. 2010 fand in dem Berliner Auktionshaus Villa Grisebach eine Versteigerung einer Hamburger Privatsammlung von Werken des Malers statt.
Das Grab von Lesser Ury befindet sich auf dem jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee.
Eine Anekdote zur Feindschaft Urys und Liebermanns lautet wie folgt: Ury soll eines Tages in Liebermanns Atelier gestanden und an einem dessen Bilder herumgekrittelt haben. Später verbreitete er, er habe Liebermanns letztes Bild fertiggestellt. „Det darf er“, soll Liebermann darauf geantwortet haben und setzte nach: „Wenn er allerdings behauptet, eines seiner Bilder sei von mir, dann verklag´ ich ihn.“
Berliner Motive (Auswahl)
- 1889, „Potsdamer Platz“
- 1897, „Blick auf den Grunewaldsee“
- 1902, „Blick über den Nollendorfplatz“
- 1900, „Berlin bei Nacht“
- 1904, „Kaffeehausszene“
- 1908, „Berliner Allee nach dem Regen mit Kutsche und Straßenbahn“
- 1909, "Sonnenuntergang über dem Grunewaldsee" (75x107cm, Privatsammlung)
- 1920, „Straße in Tiergarten“
- 1920, „Herbstlicher Tiergarten mit Reitern“
- 1925, „Unter den Linden mit Brandenburger Tor“
- 1926, „Brandenburger Tor, vom Potsdamer Platz aus gesehen“
Galerie
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Am Bahnhof Friedrichstraße, 1888
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Unter den Linden nach dem Regen, 1888
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Nachtbeleuchtung, 1889
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Leipziger Straße, 1889
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Im Café Bauer, 1895
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Abend im Café Bauer, 1898
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Damen, einer Droschke entsteigend, 1920
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Brücke über den Landwehrkanal, 1920
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Hochbahnhof Bülowstraße, 1922
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Unter den Linden, 1922
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Berliner Straße im Regen, 1925
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Tiergartenallee mit Siegessäule, 1925
Literatur
- Martin Buber: Lesser Ury. In: Ost und West, 2. Jg. 1901, Heft 2, Februar 1901 (Ditigalisat)
- A. Donath, Lesser Ury, 1921
- Hermann A. Schlögl, Karl Schwarz, Carl Hermann Ebbinghaus: Lesser Ury. Zauber des Lichts. Ausstellungskatalog, Käthe-Kollwitz-Museum Berlin. Gebr. Mann, Berlin 1995, ISBN 3-7861-1794-2
- Joachim Seyppel: Lesser Ury. Der Maler der alten City. Leben - Kunst - Wirkung. Eine Monographie. Gebr. Mann, Berlin 1987, ISBN 3-7861-1510-9
- Rosenbach, Detlev (Hg.): Lesser Ury. Das druckgraphische Werk. Berlin: Gebr. Mann Verlag 2002
Weblinks
- Literatur von und über Lesser Ury im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von Lesser Ury bei Zeno.org.
- Biografie und Werke von Lesser Ury
Personendaten | |
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NAME | Ury, Lesser |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Maler, der in seinem Stil dem Impressionismus nahe stand |
GEBURTSDATUM | 7. November 1861 |
GEBURTSORT | Birnbaum in der Provinz Posen |
STERBEDATUM | 18. Oktober 1931 |
STERBEORT | Berlin |