Villa Cassalette

ehemaliges Wohnhaus in Aachen
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Villa Cassalette (erbaut 18831888) ist ein Aachener Stadtpalast im historistischen Stil des Neumanierismus. Auf der Wilhelmstraße 18 präsentiert sich der fünfachsige Bau in drei Geschossen. Das ehemalige Stadtpalais und das heutige Suermondt-Ludwig-Museum steht unter Denkmalschutz.

Aachen Villa-Cassalette, heute Suermondt-Ludwig-Museum

Historie und Architektur

 
Quadri-Moretti, Piazza San Marco (1831), 13
 
Libreria, erbaut von Jacopo Sansovino. als Vorlage für die Villa Cassalette

Villa Cassalette war ein Gesamtkunstwerk in Architektur und Innenraumgestaltung, eine Ars Una. 1883 begann der Aachener Architekt Eduard Linse mit der Planung dieses Repräsentations-Bauwerks. Ein Jahr später erfolgte die Grundsteinlegung und weitere vier Jahre danach der Einzug. Das Privathaus wurde von Eduard Linse in einheitlicher Durchführung gestaltet. Sein Auftraggeber und der Bauherr war Eduard Cassalette, Enkel des Kratzenfabrikanten Peter Joseph Cassalette. Er ließ sich in den Jahren 1883 bis 1888 seine Villa in der Wilhelmstraße 18 erbauen. Für die Ausführung dieses Komplexes beauftragte er Eduard Linse. Cassalette wünschte sich einen Stadtpalast im Stil der italienischen Renaissance mit einem monumentalen Erscheinungsbild, einen Repräsentationsbau im Sil des Neomanierismus. Der Baustoff des Auftrags lautete Sandstein. Die Innenräume sollten einerseits behaglich einladend, andererseits für die Bewirtschaftung und den Empfang größerer Gesellschaften geeignet sein. Eduard Cassalette stimmte dem Grundriss- und Fassaden - Entwurf von Linse weitgehend zu. Bei der Fassadengestaltung wählte Linse Palastbauten aus Venedig als Vorbild, speziell die Außenfront der Biblioteca Marciana. [1] Das stark bossierte Erdgeschoss ist in Polsterquaderwerk gehalten. Dem Rustikageschoss, folgt die Bel Étage mit gemäß der Superposition ionischen und das zweite Geschoss mit korinthischen Kapitellen. "In den Obergeschossen fassen jeweils sechs hohe Säulenpaare als Großordnung die fünf Fenster mit Säulenkleinordnungen" [2] ein. Dieses architektonische Formenspiel entstammt ebenfalls der Markusbibliothek und der Kolossalordnung. Die große durchgehende venetianische Galerie wird reduziert auf einen drei Fenster umfassenden auf Konsolen gesetzten Balkon und Ballustraden. Girlanden tragende Putten abwechselnd einzeln und in dreier Gruppen sind die von der Libreria abgeleiteten Schmuckelemente des Gebälks, hinter dem sich das Mezzanin befindet, das zum Garten hin mit Fenstern ausgestattet ist. Zeitgemäß wurde die Attika ballustradenartig gestaltet. Auf Wunsch von Cassalette kam ein Mansardendach [3] als oberer Abschluss hinzu. Vermutlich eine Remineszenz an sein von Johann Joseph Couven erbautes Elternhaus/großelterliches Haus in der Peterstraße 44/46 Ecke Kurhausstraße. [4] Die Kreuzkappengwölbedecke der Toreinfahrt wurde von Säulen und Gurtbögen gegliedert. [5]

Bauausführung

Zu Beginn der Bauarbeiten stellte sich der Schwemmsand des Untergrundes als Hindernis in den Weg. Die Berechnungen ergaben einen Druck der Baulast von 1,5 Kilo pro Quadratzentimeter. Ein Verbund von umgekehrten Gewölben unter den Grundmauern verhinderte das ungleiche Setzen des Mauerwerks. Eduard Linse führte Villa Cassalette mit folgenden Personen und Firmen aus:

  • Architekturpläne: Architekt Wirth
  • Konstruktionsbearbeitung und Bauleitung: Ingenieur Winand Linse, Aachen Hochstraße 34 [6]
  • Bildhauerarbeiten der Fassade: W. Albermann, Köln
  • Bildhauerarbeiten der Innenräume: A. Fischer, Aachen
  • Bronzearbeiten: P. Stolz, Stuttgart
  • Malerarbeiten: J. M. Keuffel, Frankfurt
  • Kunsttischlerarbeiten: Actien-Gesellschaft "Mechanische Bautischlerei Oeyenhausen" und R. Reimann, Aachen
  • Kunstschmiedearbeiten: Eduard Puls, Berlin
  • Gobelins und Kunstmöbel: F. W. Rottmann, Aachen
  • Marmorarbeiten: P. Kessel, Aachen

Innenraum

Pro Geschoss standen circa 350 qm Wohnfläche zur Verfügung. Das Foyer ist geschossdurchgehend und ähnlich einem antiken Lichthof mit Glas überwölbt. Zu der reichen Innenausstattung gehörten klassisch-manieristische Einrichtungsgegenstände wie ein Silberschrank und ein Springbrunnen, entsprechende Wanddekorationen beispielsweise Goldtapeten sowie äquivalenter Deckenschmuck. Das Erdgeschoss bestand aus der seitlichen Kutscheneinfahrt mit Durchfahrt [7] - einer Vorhalle - dem Ansprach-Zimmer - dem Empfangszimmer - dem Wohnzimmer - einer Garderobe – einem Personenaufzug – einem Lichthof - dem Speisezimmer - der Terrasse - einem Anrichtezimmer - der Küche - einem Dienerzimmer und dem Speiseaufzug.

Zu der ersten Etage und dem zweiten Obergeschoss gehörten eine Vorhalle - das Herrenzimmer - der kleine Salon – der große Salon - der Orchesterraum - der Festsaal - der Wintergarten - das Schlafzimmer - ein Vorzimmer – ein Lichthof - eine Garderobe - ein Personenaufzug - eine Anrichte - ein Speiseaufzug - das Schlafzimmer - ein Fremdenzimmer - das Badezimmer - das Kinderzimmer und ein Bügelzimmer.

Museum

 
Suermondt-Ludwig-Museum, lks. dritter Erweiterungsbau (1992–94)

Vor dem Einzug des Museums wurde der Linse-Bau außer kleineren innerbaulichen Veränderungen mit einem rückwärtigen zweigeschossigen fünfachsigen Gebäudeteil inklusive Oberlichtsälen von Joseph Laurent [8] 1900/1901 erweitert. Ein U-förmiger zweiter Erweiterungsbau um das rückwärtige Treppenhaus mit drei Seitenlichtsälen im Erdgeschoss und fünf Oberlichtsälen im Obergeschoss erfolgte um 1930 und war seit 1907 in Planung. Die ehemalige Kutschenein- und Durchfahrt von 11 × 90 m wurde 1992 bis 1994 von dem 1972 gegründeten Architekturbüro Busmann + Haberer mit einem dritten Erweiterungsbau im Stil der Spätmoderne ausgestaltet.

Die Villa Cassalette ist eine Sehenswürdigkeit der Route Charlemagne.

Literatur

  • Eduard Linse: "Aus meiner Praxis." Sammlung ausgeführter Bauten von Eduard Linse Architekt. Band I. Ein Wohnhaus in Aachen. Selbstverlag des Herausgebers, 1892.
  • "Made in Aachen" hrsg. v. Peter Johannes Droste und Michael Käding. Erdtmann, Herzogenrath Aachen, 2000. S.35ff. Frdl. Hinweis v. Wikipedia Autor ArthurMcGill.
  • Albrecht Mann: "Unser Aachen heute. Aachens Architektur im Stilwandel des 20. Jahrhunderts." Helios, Aachen/Belgien, 1998.

Einzelnachweise

  1. Nachweis der einzelnen Vorbilder s. Reinhard Dauber: "Aachener Villenarchitektur. Die Villa als Bauaufgabe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts." Bongers, Recklinghausen, 1985.
  2. Mann, S.12.
  3. http://bar.wikipedia.org/wiki/Datei:Mansardendach.png%7Cmansardendach]
  4. Buchkremer betont besonders das Schmiedeeisen|schmiedeeiserne]] Balkongitter. Joseph Buchkremer: „Die Architekten Johann Joseph Couven und Jakob Couven.“ in ZAGV, Bd.17, 1895, S.131, 194, Nr.47.
  5. HIS, S.37.
  6. Adressbuch Aachen. 1887.
  7. Anleihen der Kölner Ringstraßenpalais Suermondt-Ludwig-Museum Baugeschichte
  8. Joseph Laurent (1853–1923), Stadtbaumeister in Aachen, Sohn des Archivars und Bibliothekars der Stadtbibliothek Aachen Josef Laurent (1808–1867).