Die Talayot-Kultur auf den Balearen ist vor allem durch die Reste der namengebenden Gebäude, der Talayots bekannt. Auf Mallorca werden ihre Siedlungen auch clapers de gegants (Steingelände der Riesen) genannt. Auf Menorca sind typische Talayots relativ selten oder stark zerfallen.
Geschichte
Um 1300 v. Chr. entstanden auf Mallorca und Menorca (Isla Baleares) nach Ansicht mancher Forscher mit der Ankunft anderer Menschen Völker aus dem östlichen Mittelmeer neue Bauformnen, die zusammen mit einem neuen Sozial- und Wirtschaftssystem den letzten Abschnitt der Vorgeschichte der Balearen einleiten - die Talayot-Kultur. Der Name Talayot, der volkstümlichen Ursprungs ist und dem katalanischen Wort talia für Wach- oder Beobachtungsturm entsprach, ist zum wissenschaftlichen Begriff geworden.
Bauarten und Entwicklung
Das charakteristische Element dieses Zeitabschnittes ist der Talayot, eine Bauart in Form eines Turms mit zentraler Kammer, wobei, und dies widerspricht einer Fremdbeeinflussung durch eine Hochkultur, die Zyklopen-Technik als archaischste aller Architekturformen benutzt wurde. Vorläufer des Talayot ist die besonders auf Menorca erhalte Naveta (navetes) in Form eines umgestülpten Schiffes. Ihr ging die Cueva, eine aus dem Fels gearbeitete artifizielle Höhle voraus.
Der Grundriss des Talayot war zunächst rund und wurde dann viereckig, stets mit einem Zugang in der Mauer. Die Kammern wurden oben durch Steinblöcke geschlossen oder mit Steinplatten bedeckt, die auf den Seitenwänden und einer aus Blöcken gestapelten Mittelsäule ruhten. Besonders die Talayots mit viereckigem Grundriss, hatten Etagen deren endgültige Höhe unbekannt ist. Da sie zudem hochgelegen errichtet wurden, waren sie als Beobachtungstürme nutzbar. Innerhalb der baulichen Einheit gab es einige Varianten.
Um das erste Jahrtausend v. Chr. kamen rundovale Einfriedungen aus Steinquadern auf. Der Wall wurde um vorhandene Talayots angelegt (Capocorb Vell, im Gebiet von Llucmajor, S`Illot, bei Sant Lorenç), Ses Païsses bei Artà und Es Rossels, im Gebiet von Felanitx).
Bis heute ist nicht völlig geklärt welchem Zweck die Talayots dienten. Die größere Komplexe könnten regionale Oberzentren (z.B. in Art eines Tempels/Klosters) gewesen sein, die über die Siedlung hinaus wirkten.
Die Waffe der späten Talayot-Zeit war die Steinschleuder Els Foners Balears deren Geschosse der Inselgruppe in frühgeschichtlicher Zeit den heutigen Namen gaben.
Die Bautechnik auf den Mittelmeer-Inseln Korsika, Torre und Sardinien Nuraghe sind zum Teil älter aber vergleichbar mit denen der Balearen.
Zeitabschnitte und Kultur
- um 3500 v. Chr: Aus dieser Zeit stammen erste prähistorische Funde.
- um 2000 v. Chr: Vor-Talayotikum: artifizielle Höhlen als Kult- und Grabstätten.
- um 1800 v. Chr: Höhepunkt Vor-Talayotikum: künstliche Höhlen (Cuevas).
- um 1500 v. Chr: Ende des Vor-Talayotikum: Naveta (Bauten in Form von umgedrehten Schiffsrümpfen.
- um 1300 v. Chr: Talayotikum I. Einzelstehende Talayot (Türme), Grabstätten unterirdisch.
- um 1000 v. Chr: Talayotikum II: ummauerte Einfriedungen entstehen.
- um 800 v. Chr: Talayotikum III: angebaute Räume mit rechteckigem Grundriss, Hypostylos-Säle, Stieranbetung, Feuerbestattung, Handel mit den Karthagern. Hallstatt-Zeit (Ältere Eisenzeit), (660) Gründung Ibizas).
- um 500 v. Chr. Talayotikum IV: Beerdigung in Fötus-Position (in Kalk), Nachbildung punisch-ibizenkischer und römischen keramischen Formen, Sanktuarien, die offensive Bewaffnung (Schwerter, Messer, Lanzenspitzen) sowie die Vielfalt der Werkzeuge nahm an Bedeutung zu. Als Konsequenz dessen führte der Einfluss der mittelmeerländischen Zivilisation zu einer allmählichen Veränderung der einheimischen Kultur, was nicht nur an den Ausgrabungen der Haushaltsgeräte, sondern auch bei den spirituellen Lehren zutage tritt, wie beispielsweise bei Helden- und Krieger-Ikonen (kleine Statuen, bekannt unter dem Namen "Mars Balearicus") deutlich wird.
Gut erhaltene Fundorte auf Mallorca
Die Fundorte sind aufgelistet nach den traditionellen Landschaften, die aber keine politischen Grenzen darstellen:
Palma y Calvia
Son Sunyer, Es Rafal, Navetiforme Alamany, Son Ferrer, Sa Mesquida, Son Miralles, Es Fornets, Santa Ponça 6, Turó de ses Beies,
Sud, Migjorn
Son Noguera, Es Pedregar, Capocorb Vell, Ets Antigors,
El Pla
Son Fornés, Es Rossels,
Llevant
Hospitalet Vell, S´Illot
Costa Nordeste
Cala Sant Vincenç, Bóquer, Son Bauló, Son Real, Son Serra de Marina, Son Cnova de Morell, Ses Païsses Plan sh. oben, Canyamel.
Serra de Tramuntana
Son Oleza, Almallutx, Cometa des Morts,
Fundorte der Talayotiker auf Menorca
Talati de Dalt, Rafal Rubi, Torralba dén Salord, Torre d´en Gaumes, Binicodrell, Santa Mónica, Agusti Vell, Son Catlar, Naveta des Tudons, Torretrecada, Torrellafuda,
Literaturhinweis
Zwischen 1869 und 1891 erschien in Leipzig ein neunbändiges Monumental Werk des berühmten Reisenden Erzherzog Lluis Salvador, es ist heute noch ein zuverlässiges und genaues Zeugnis jener Epoche.
- Titel: Die Balearen in Wort und Bild.
- Auf spanisch zu empfehlen ist J. Aramburu, C. Garrido und V. Sastre: 1995 Guia arqueologica de Mallorca