Gottfried Küssel

österreichischer Rechtsextremist
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Gottfried Heinrich Küssel (* 10. September 1958 in Wien) ist ein österreichischer Neonazi und Revisionist.

Leben

Er ist seit 1977 Mitglied in Gary Laucks NSDAP-Aufbauorganisation und bezeichnete sich selber in einem Interview mit Michael Schmidt in dem preisgekrönten Dokumentarfilm Heute gehört uns die Straße… als Nationalsozialist: „Ich bin kein Faschist. Ich bin Sozialist, aber kein internationaler Sozialist, ich bin Nationalsozialist.[1]

Von 1981 bis 1983 war Küssel in der Fußballhooligan-Szene in Wien aktiv, 1982 wurde er Einsatzleiter der Volksbewegung. 1983/84 kam es schließlich zu seiner ersten bedingten Verurteilung wegen NS-Wiederbetätigung, 1984 wurde er Mitglied der „Nationalen Front“.

Gottfried Küssel gründete 1986 die Volkstreue außerparlamentarische Opposition (VAPO).[2] Die VAPO organisierte Kundgebungen und Wehrsportübungen. Sie war eine der radikalsten und somit auch, auf spätere Gruppierungen, einflussreichsten Neonazigruppierungen in Österreich.

Ebenfalls 1986 verteilte er in Wien, anlässlich der Ausstellung Die Welt der Anne Frank, Flugblätter, in denen das Tagebuch der Anne Frank als von Juden erfundene „Lüge“ und „Fälschung“ bezeichnet wurde.[3]

Nachdem Michael Kühnen 1990 festgenommen wurde, übernahm Küssel die Leitung seines Neonazi-Netzwerkes.[2] Er nahm an verschiedenen Revisionistentreffen im Ausland teil bzw. hielt dort Vorträge. 1991 wurde gegen Küssel ein Einreiseverbot nach Deutschland verhängt, was ihn aber nicht abhielt, noch im selben Jahr an einer Neonazi-Demonstration in Dresden teilzunehmen.

1990 wurde gegen ihn wegen Sachbeschädigung neuerlich eine bedingte Haftstrafe ausgesprochen. 1993 wurde er zu zehn Jahren Haft wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt. Diverse Neonazi-Gruppen formierten „Solidaritätskomitees“ und forderten seine Freilassung. Im Sommer 1999 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen und schien sich zunächst an die Bewährungsauflagen zu halten. Jedoch wurde er bei einem Routineeinsatz der Polizei im Fritz-Stüber-Heim der Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP) anlässlich eines Treffens von 50 Rechtsextremisten überrascht. Die Polizei traf auf Küssel und auch seinen vormaligen Stellvertreter (aus Vapo-Zeiten) Gerd Endres. Bei der anschließenden Durchsuchung wurde einschlägiges rechtsextremistisches Propagandamaterial sichergestellt. Heute betreibt Küssel unter dem Namen Naturnah einen „nationalen Bioladen“ im 2. Wiener Gemeindebezirk.

Im Jahr 2002 wurden Informationen publik, dass sich die international agierende rechtsextreme Gruppierung Blood and Honour an Küssel gewendet haben soll, um eine „Niederlassung“ in der österreichischen Bundeshauptstadt aufzubauen.

Am 16. Februar 2005 wurde Gottfried Küssel vom Berufungssenat im Wiener Landesgericht wegen illegalen Waffenbesitzes zu einer Geldstrafe von 360 Euro verurteilt. Die von ihm eingelegten Rechtsmittel wurden verworfen und die erstinstanzliche Strafe (120 Euro) erhöht. Der Staatsanwalt forderte für die in Küssels Wohnung im September 2002 bei einer Durchsuchung vorgefundene Waffen (zwei indische Dolche, drei Bajonette) und auch in Anbetracht der Vorstrafen von Küssel und wiederholter Übertretung seiner Auflagen eine Freiheitsstrafe. Bei der Durchsuchung war auch ein SS-Ehrendolch mit der Aufschrift „Meine Ehre heißt Treue“, dem Leitspruch der SS, gefunden worden, der jedoch im Verfahren als Ziergegenstand und nicht als Waffe eingestuft wurde. Da seit 1982 ein Waffenverbot über Küssel ausgesprochen wurde, kam es zur Verurteilung. Küssel gehörte der deutschnationalen Studentenverbindung Danubo Markomannia zu Wien an (Vertretertag akademischer Korporationen).[4]

Seit 2007 ist Gottfried Küssel zudem Teilnehmer und/oder Redner bei rechtsextremen Veranstaltungen und Aufmärschen, darunter dem europaweiten Neonazi-Treffen Fest der Völker am 8. September 2007 in Jena,[5] dem neonazistischen sogenannten „Antikriegstag 2008“ in Dortmund oder beim neonazistischen 1.Mai-Aufmarsch im tschechischen Brünn,[6][7] bei dem 650 Neonazis aus mehreren Ländern zusammenkamen. Küssel ist auch Mitglied und Schriftführer der rechtsextremen Wiener Akademischen Ferialverbindung Das Reich [8].

Am 17. Oktober 2010 wird Gottfried Küssel erneut von der Polizei einvernommen, nachdem er zuvor in einer Bar mit drei Kameraden unter anderem Naziparolen gerufen hatte, den Hitlergruß gezeigt hat und die Lokalbesitzerin aus Venezuela geschlagen hatte.[9] Zwei Wochen später fand im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die neonazistische Website alpen-donau.info die größte Polizeiaktion gegen die neonazistische Szene Österreichs seit den 90er Jahren statt. Am 30. Oktober 2010 wurden in mehreren Bundesländern 18 Wohnungen durchsucht und Computer, Laptops, Speicherkarten, Mobiltelefone, Gewehre, Kalaschnikows, Munition, Messer und Schlagringe, sowie NS-Devotionalien sichergestellt. Eine der Hausdurchsuchungen fand bei Gottfried Küssel statt. [10].

Anfang 2011 wurde Gottfried Küssel als einer der Redner einer geplanten neonazistischen Demonstration "Fremdarbeiterinvasion stoppen –Arbeitsplätze zuerst für Deutsche" am 1. Mai 2011 in Heilbronn angekündigt, die von Jungen nationaldemokraten und der regionalen Neonaziszene organisiert wird [11].

Einzelnachweise

  1. Michael Schmidt: Heute gehört uns die Strasse. Der Inside-Report aus der Neonazi-Szene. Düsseldorf–Wien 1993, S. 61
  2. a b Tobias Haas: Gottfried Küssel und die VAPO – Auch der BFJ hat seine Vorbilder
  3. doew.at
  4. Heribert Schiedel: Der rechte Rand. Extremistische Gesinnungen in unserer Gesellschaft. Wien 2007, S. 228
  5. „Heil Deutschland, Heil Europa“ – Fest der Völker in Jena
  6. dokmz.wordpress.com
  7. dokmz.wordpress.com
  8. [1]
  9. Neonazis schlagen in Latino-Bar auf Venezolanerin ein (dokumentationsarchiv)
  10. dokumentationsarchiv-Artikelsammlung
  11. [2]