Pest

hochgradig ansteckende Infektionskrankheit
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Dieser Artikel befasst sich mit der Pest als Krankheit, andere Bedeutungen unter Pest (Begriffsklärung)


Die Pest (lat. pestis: Seuche), auch als Schwarzer Tod bekannt, ist eine hochgradig ansteckende Krankheit, die durch das Bakterium Yersinia pestis übertragen wird. Bei der Übertragung spielt der Rattenfloh Xenopsylla cheopsis eine Rolle, dieser Parasit wechselt von infizierten Nagern, wie z.B. der Wanderratte oder der Hausratte auf den Mensch über.

Die Pest ist in erster Linie eine Krankheit von wildlebenden Nagetieren. Sie kann von diesen auf den Menschen (Zoonose), aber auch von Mensch zu Mensch übertragen werden.

Arten

Man unterscheidet drei Erscheinungsformen der Pest: Beulenpest, Lungenpest sowie die Pestsepsis.

Beulenpestythfgg

Bei der Beulenpest, auch Bubonenpest genannt, erfolgt die Ansteckung gewöhnlich durch den Biss von Rattenflöhen, die die Erreger von infizierten Nagetieren beim Blutsaugen mit aufgenommen haben. Wenn ein Floh seinen Wirt wechselt und einen Menschen beißt, überträgt er die Bakterien auf ihn. Der Name Beulenpest stammt von den stark geschwollenen Lymphknoten (Beulen) am Hals, in den Achselhöhlen und in den Leisten. Die Inkubationszeit liegt bei 2-6 Tagen, die Sterblichkeitsrate bei unbehandelten Patienten beträgt 30-75 Prozent.

Lungenpest

Die Lungenpest kann sich im Verlauf der Beulenpest entwickeln, wenn die Erreger in die Blutbahn geraten (man spricht dann von einer sekundären Lungenpest), sie kann aber auch durch eine Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen werden (primäre Lungenpest). Die Krankheit verläuft heftiger, weil die Abwehrbarrieren der Lymphknoten durch direkte Infektion der Lunge umgangen werden. Die Inkubationszeit beträgt nur 1-2 Tage, die Sterblichkeitsrate liegt hier bei 95 Prozent.

Pestsepsis

Die Pestsepsis entsteht durch Infektion des Blutes. Dies kann sowohl durch Infektion von außen, z.B. offene Wunden, geschehen, wie auch als Komplikation aus den beiden anderen Formen, z.B. durch Platzen der Pestbeulen nach innen. Pestsepsis ist praktisch immer tödlich, in der Regel spätestens nach 36 Stunden. Heute kann durch die Behandlung mit Antibiotika die Sterblichkeit deutlich gesenkt werden.

Die Pestbakterien kommen auch heute noch in wilden Nagetierpopulationen im Kaukasus, Russland, in Südostasien, China, Süd- und Ostafrika, Mittel- und Südamerika sowie im Südwesten der USA vor. In Europa und Australien gibt es keine infizierten Tierpopulationen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtet von 1.000 bis 3.000 Pestfällen pro Jahr.

Geschichte

Die Pest wurde bereits im antiken Griechenland um 430 v. Chr. von Thukydides erwähnt. Später gab es die "Antoninische Pest" zur Zeit des Kaiser Antoninus Pius (138-161) und die "Justinianische Pest" zur Zeit Kaiser Justinians (527-565). Die "Justinianische Pest" hat wohl zum Misserfolg der Recuperatio Imperii beigetragen. Von da an gab es im 6.-8. Jahrhundert mehrere Pestausbrüche in Europa. Im Frühmittelalter scheint die Pest in Europa bis zum "Schwarzen Tod" ausgestorben gewesen zu sein.

1346 begann die als "Schwarzer Tod" in die Geschichte eingegangenen größte Pest-Pandemie seit der Antike auf der Halbinsel Krim. Die Tataren hatten die Stadt Kaffa belagert, als unter ihnen plötzlich die Pest ausbrach. Daraufhin schleuderten sie die Pesttoten mit Wurfmaschinen in die belagerte Stadt. Die Einwohner flohen mit Schiffen und brachten die Seuche nach Italien. Von dort aus breitete sie sich in den folgenden 5 Jahren über den See- und Landweg über ganz Europa aus. Man schätzt, dass etwa 25 Millionen Menschen, rund ein Drittel der damaligen Bevölkerung Europas, durch die Pest umkamen. Im Abstand von einigen Jahrzehnten kehrte die Pest in immer neuen Wellen wieder zurück, es verging kaum ein Jahr, in dem nicht irgendwo in Europa Pestopfer zu beklagen waren.

Der "Schwarze Tod" wütete nicht gleichmäßig, sondern ließ einige wenige Gebiet fast unberührt (große Teile Polens und Belgiens, Mailand), während er in anderen so stark zuschlug, das ganze Landstriche entvölkert wurden. Durch den plötzlichen Menschen- und Arbeitskräftemangel löste er soziale und kulturelle Veränderungen aus (Höhere Löhne, Landflucht, Wüstung, Religiöse Bewegungen, Geißlerzüge, Judenverfolgungen, "Sittenverfall"). Er wurde zum Sinnbild der Seuche schlechthin. Das Decamerone ist auf dem Hintergrund des "Schwarzen Todes" geschrieben worden. Der "Schwarze Tod" war einer der Gründe der Krise des 14. Jahrhunderts.

Um die Ansteckungsgefahr zu vermindern, wurden einlaufende Schiffe, auf denen man die Pest vermutete, für 40 Tage isoliert (Quarantäne, vom italienischen quaranta giorni = 40 Tage).

Anm.: Nach neueren Erkenntnissen kommt für diese Pandemie statt Yersinia pestis aber auch eine dem Ebola-Virus ähnliche Infektion in Frage.

Zu weiteren schweren Epidemien kam es 1665/66 in London mit etwa 100.000 Toten und 1678/79 in Wien. Die letzten Pestepidemien traten in Europa im 18. Jahrhundert auf. Die letzte Pandemie begann 1896 in Asien und kostete während der nächsten 50 Jahre weltweit rund 12 Millionen Menschenleben.

Vor der Erfindung der modernen Medizin fanden die Mensch Trost im Gebet. Der "Pestheilige" St. Rochus wurde intensiv verehrt. An vielen Orten zeugen Kirchen und andere Monumente von der Angst der Menschen und ihrem Wunsch nach Erlösung von der Pest.

Heute wird die Pest mit Antibiotika in hohen Dosierungen behandelt. Weiters gibt es eine Schutzimpfung.

Die Pest in Literatur und Kunst

Kaum eine andere Katastrophe prägte die kollektive Vorstellung von Machtlosigkeit, Untergang und Unglück in Europa so sehr wie der Schwarze Tod.

Die Pest als Epidemie hat sich als wesentlicher Faktor im Entstehen der Neuzeit erwiesen, indem sie der bereits taumelnden Gesellschaftsordnung des Mittelalters den letzten entscheidenden Stoß versetzte. Epochengleich mit dem Ende der großen Pestwelle von 1347 beginnt der Aufstieg der Hanse und der freien Städte, der Beginn der empirischen Wissenschaften und der Niedergang des Feudalismus - interessante Zusammenhänge lassen sich aufdecken.

Große Namen wie Samuel Pepys, Daniel Defoe, Tizian, Marc Aurel, Boccaccio, Petrarca, Edgar A. Poe, Perikles und sogar Moses und der Gott Apoll stehen mit dem jahrtausendalten Phänomen der Pest in unlösbarer Beziehung. Augenzeugenberichte, literarische Texte und Schilderungen aus der Zeit der großen Pestwellen stehen in bemerkenswertem Kontrast zu wissenschaftlichen Einsichten in den tatsächlichen Charakter der Krankheit - von den Ärzten am Hof König Heinrichs IV. von Frankreich bis hin zu Robert Koch.