Mit dem politischen Schlagwort TINA-Prinzip (auch Tina-Prinzip oder TINA-Syndrom) bezeichnen vorrangig Akteure der Globalisierungskritik, Kapitalismuskritiker und andere Angehörige der politischen Linken den verbreiteten Glauben an die Alternativlosigkeit einseitig auf den Markt ausgerichteter Politik. TINA ist ein Akronym und steht für There Is No Alternative. („Es gibt keine Alternative“). In Deutschland wurde der äquivalente Begriff „alternativlos“ in verschiedenen Zusammenhängen vor allem ab 2009 von Angela Merkel und anderen Mitgliedern der Bundesregierung verwendet.[1][2][3]
Ursprung
Der politische Slogan there is no alternative wurde von der britischen Premierministerin Margaret Thatcher oft verwendet, um ihre Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zu legitimieren, welche durch den Abbau des Sozialstaates und wirtschaftsliberale Reformen bei gleichzeitig konservativen Gesellschaftsvorstellungen geprägt war. (siehe hierzu: Thatcherismus).[4] Die Bekanntheit dieses Slogans für Thatchers Politik zeigte sich unter anderem darin, dass Claire Berlinski für die von ihr geschriebene Thatcher-Biographie diesen Slogan als Titel wählte.[5] Tina wurde bald als Spitzname für Thatcher gebraucht.[6]
Die mit dem Slogan behauptete Alternativlosigkeit sei aber nicht real, sondern nur ein propagandistisches Mittel, um Kritik in der Öffentlichkeit von vornherein zu delegitimieren und eine Diskussion zu unterbinden. Dementsprechend hat die Globalisierungskritikerin Susan George dem TINA-Prinzip den Ausruf „TATA!“ (There Are Thousands of Alternatives!, dt. Es gibt Tausende Alternativen!) entgegengestellt.[7] Spätestens nach dem Weltsozialforum in Porto Alegre wurde dem TINA-Paradigma der Alternativlosigkeit der Ausspruch „Eine andere Welt ist möglich“ entgegengestellt".[8]
In Deutschland wurde die Behauptung, Beschlüsse seien „alternativlos“, vor allem von Bundeskanzlerin Angela Merkel verwendet. Mit dieser Begründung waren unter anderem die Griechenlandhilfe, die Gesundheitsreform, das Bahnprojekt Stuttgart 21 und andere politische Entscheidungen gerechtfertigt worden.[9]
Im Januar 2011 wurde „alternativlos“ von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Unwort des Jahres 2010 gekürt.[10]
Siehe auch
Quellen
- ↑ N24, Merkel verteidigt Banken-Enteignungsgesetz, 18. Februar 2009
- ↑ Die Welt, Brüderle sieht keine Inflationsgefahr für den Euro, 28. November 2010
- ↑ Netzeitung, Für Merkel ist Afghanistan-Einsatz alternativlos, 02. Juli 2009
- ↑ Die Stunde der Verführer. In: Die Zeit. , abgerufen am 31. Oktober 2010.
- ↑ Claire Berlinski: There Is No Alternative: Why Margaret Thatcher Matters, New York 2010, ISBN 978-0-465-02027-0
- ↑ vgl. z.B. Alle scharen sich um TINA, in: DIE ZEIT Nr. 43/1981
- ↑ Another World Is Possible. In: The Nation Magazine. 18. Februar 2002, abgerufen am 31. Oktober 2010.
- ↑ so Oliver Nachtwey, Die globalisierte Revolte, S. 9. In: Christine Buchholz et al, Unsere Welt ist keine Ware. Köln 2002, S. 1-10
- ↑ Der Spiegel, "Alternativlos" ist das Unwort des Jahres, 18. Januar 2011
- ↑ Tagesschau, „Alternativlos“ ist das Unwort des Jahres, 18. Januar 2011
Weblinks
- „Eine durchaus problematische Redeweise“ – Interview im Deutschlandfunk mit Wolfgang Thierse und Herfried Münkler über den Begriff „alternativlos“ in der Politik, 26. Februar 2009
- Erich Hahn, Imperialismus, Politik und Ideologie (II). Alltagsideologie, Ideologiebedarf und Ideologieproduktion in Umbruchphasen des Kapitalismus, in: Z. 68/12.2006