Sukzession (Biologie)

Abfolge von Pflanzengesellschaften
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Sukzession = Nachfolge, Abfolge, Erbfolge, Thronfolge; (lateinisch succedere = nachrücken, nachfolgen). Adverb sukzessiv = allmählich. Englisch succession.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Sukzession in der Ökologie. Für weitere Bedeutungen siehe Sukzession (Begriffsklärung)


Sukzession (allgemein-biologisch)

In der Ökologie und Botanik versteht man unter Sukzession die Abfolge (Prozess) ineinander übergehender (System-)Zustände von Pflanzen- oder Tiergesellschaften (Biozönose) an einem Standort (räumliches Kontinuum) bei fortschreitender Zeit; mithin also auch die Änderung eines Ökosystems. Diese sukzessive Entwicklung führt, unter wechselndem Artenreichtum und bei abnehmender Änderungsrate, vom Initialstadium über verschiedene Stadien zu einer Klimaxgesellschaft. Dabei ändert sich das gesamte Gefüge zu einer optimalen Ausnutzung der Ressourcen (ökologisches Optimum). Die Stadien der Sukzession setzen meistens an einem beliebigen Stadium ein und laufen in verschiedenen Räumen gleichzeitig ab (z.B. auf brach liegenden Feldern, Wiesen, auf Ruinen und Trümmern ebenso). Frühe Stadien der Sukzession sind meistens instabiler und kurzlebiger als spätere Stadien. Eine wirklich genaue Vorhersage ist nicht moglich, um so mehr, da die Närstoff- und Schadstoffdeposition (Stickoxide u.a.) zu einer globalen Nivellierung (Vereinheitlichung) und Veränderung der Standortfaktoren führt.

Das Verständnis über die Sukzession und die Bildung von Klimaxstadien läßt sich z.B. in Landschaftsplanung und Naturschutz anwenden, wenn es darum geht, den gestörten Naturhaushalt -als Lebensgrundlage für den Menschen- wieder herzustellen und langfristig zu sichern.

Ablauf der Sukzession

Wird ein Ökosystem stark gestört, wie z.B. durch Hochwasser, Dürre oder Waldbrände, aber auch durch menschliche Eingriffe, kommt es zu einer langanhaltenden Veränderung in der Struktur und in der Artenzusammensetzung.Ausgehend von einem zerstörtem/gestörtem Ökosystem durchläuft die Sukzession verschiedene Stadien in einem räumlichen Kontinuum. Eine solche Störung verändert die Standortfaktoren. Ist die Störung so massiv, dass die vorherige Biozönose mitsamt ihrem Biotop nicht mehr existent ist (durch mechanische Zerstörung, und wie durch Abwandern oder Aussterben wegen veränderter Bedingungen), setzt das Initialstadium ein.

Mit fortschreitender Zeit werden die Populationen größer (Dichte nimmt zu), die Struktur ändert sich (Artenvielfalt nimmt zu).

Initialstadium und frühe Stadien

Im Initialstadium besiedeln Pionierarten unbesiedeltes Gebiet und bilden Pflanzengesellschaften (z.B. Ruderalvegetation, siehe auch Pflanzensoziologie). Ist die Störung durch Menschen entstanden, spricht man auch von Ersatzgesellschaften. Arten solcher Pioniergesellschaften besitzen im Gegensatz zu Arten der Klimaxgesellschaften eine größere Toleranz gegenüber extremen Standortfaktoren. Ihre Produktivität von Biomasse entspricht den armen Bedingungen.

Diese Pionierarten verändern wiederum die Standortfaktoren, z.B. durch Akkumulation (Ansammlung) von Stickstoff, anderen Nährstoffen und Humus, verändern Wasserhaushalt und Klima, wirken auf den Boden (siehe Pedogenese) und auf die Fauna (Gesamtheit der tier. Lebewesen). Die Sukzession verändert somit auch das Biotop und damit das Ökosystems.

Im Initialstadium und in frühen Stadien der Sukzession herrschen Arten mit hohem Fortpflanzungspotenzial, die r-Strategen, vor. R-Strategen reproduzieren sich quantitativ sehr stark. Sie reproduzieren sich schnell. Ihre Fähigkeit der Kolonienbildung, d.h. die Fähigkeit zur räumlichen Ausdehnung ihres Lebensraums (Habitat), ist hoch. Ihre Brutpflege wird gering gehalten oder erfolgt gar nicht. Dadurch besitzen die Nachkommen eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit im Wettbewerb.

In der Tierwelt sind dies z.B. Mücken. Bei den Pflanzen sind z.B. Rumex-Arten (Ampfer) r-Strategen. Sie erzeugen eine Vielzahl von Samen (richtiger: Früchte) nämlich zig-tausend, die "nackt" sind und über kein Nährstoffdepot oder andere Strategien zur Sicherung des Nachwuchses, wie z.B. der Weizen, verfügen.

Die Artenvielfalt von Initialstadien ist gering, die Individuenanzahl hoch. Die Produktion von Biomasse ist gering.

Folgestadien

Auf Grund der veränderten Standortfaktoren sind nun wiederum andere Arten in der Lage, dass veränderte Biotop zu besiedeln. Diese Arten sind anspruchsvoller (Klima, Wasser, Nährstoffe, etc.) und besitzen eine höhere Produktivität. Durch ihre ökologischen Strategien (v.a. Vermehrungsstrategien) haben sie ein höheres Durchsetzungsvermögen und verdrängen die Pionierarten. Auch die neuen Arten verändern ihrerseits die Standortfaktoren, und der Prozess geht weiter, eine nächste, anspruchsvollere und produktivere Gesellschaft übernimmt das Regiment.

In Folgestadien setzen sich mehr und mehr die k-Strategen durch. K-Strategen vermehren sich Quantitativ weniger stark, haben weniger Nachkommen. Diese Wenigen Nachkommen besitzen aber ein höheres Durchsetzungsvermögen im Überlebenskampf.

Viele Vögel und die meisten Säugetiere sind darunter, die lange Brutpflege betreiben, dadurch weniger Nachkommen erzeugen können, diesen aber bessere Startchancen verschaffen. K-Strategen der Pflanzenwelt sind Pflanzen, die qualitativ hochwertige Früchte erzeugen.

In späteren Stadien steigt die Artenvielfalt und die Produktion von Biomasse zunächst an.

Klimaxstadium

Das Klimaxstadium ist erreicht, wenn sich die Artzusammensetzung nicht mehr oder nur noch sehr geringfügig verändert. Man kann davon ausgehen, dass das Klimaxstadium auch die höchste Produktion an Biomasse betreibt, die auf diesem Standort möglich ist. Das Klimaxstadium verwertet seine Resourcen am effektivsten. Je nach Resourcen, je nach Klima, Boden- und Wasserverhältnissen bilden sich unterschiedliche Klimaxstadien aus. Die räumliche Ausbreitung der Klimaxgesellschaften ist dabei auch abhängig von der Dauer der ungestörten Sukzession.

Im Klimaxstadium herrschen schließlich hauptsächlich k-Strategen vor. Damit nimmt auch das Verhältnis von Reproduktion (Anzahl der Nachkommen) zu Produktion (Biomasse) ab. Die Fachwelt geht davon aus, dass die Artenvielfalt in Klimaxstadien generell gering ist (umstritten). Die Individuendichte der wenigen Arten, die sich durchgesetzt haben, ist hoch und entspricht ihrem Optimum. Klimaxstadien zeichnen sich durch eine sehr effiziente Nutzung der Ressourcen aus. Die Änderungsrate in der Artenzusammensetzung tendiert gen Null.

Dies ist ein theoretisches Hilfskonstrukt, wie unten weiter aufgeführt. Die Vorstellung starrer und vorhersagbarer Klimaxstadien wurde bereits mehrfach widerlegt und verworfen.

Klimaxgesellschaften/Klimaxstadien

Daher kann auch nicht abschließend geklärt werden, was "die" vorherrschende Klimaxgesellschaft ist. Nach weitverbreiteter Auffassung ist diese Klimaxvegetation in Mitteleuropa außer auf Extrem- und Ausnahmestandorten ein weitestgehend geschlosssener und artenarmer (Buchen)-Wald. Zumindest hat man nachweisen können, dass Mitteleuropa, nach Perioden anderer vorherrschender Vegetation, in den letzten 3000 Jahren hauptsächlich von Buchenmwäldern bedeckt war.

Moore bilden meistens Hochmoore als Klimaxstadium; Hochgebirgslagen, Watten bilden wiederum andere Klimaxstadien. Weitere Ausnahmen bilden u.a. azonale Waldgesellschaften, wie z.B. Auwälder, Bruchwälder.

Klimaxstadien sind keine starren Gebilde. Immer wieder hört man, Klimaxstadien seien vorherzusagen. Auch wenn von "Gleichgewicht" die Rede ist, widerspricht das der Komplexität der Ökologie und muss immer in die Dimension der Lebenszeit eines Menschen gebracht werden. "Klimaxstadium" ist demnach eher als fach-theoretischer Begriff bzw. Gedankenkonstrukt zu werten, der nur dem prinzipellen Verständnis helfen soll.

Im Gegensatz zu andersartigen Behauptungen in WIKIPEDIA ist diese Tatsache auch schon längst in der Ökologie etabliert, da viele Ökosysteme ohne Verjüngung durch Störungen sich nicht lange halten können. Z.B. benötigt der "Buchen-(Hallen-)Wald" immer wieder Störungen, da sonst lichtbedürftige junge Buchen nicht nachwachsen können. Ohne Störung verändert sich der Buchenwald (z.B.) innerhalb weniger Jahrhunderte zwangsläufig zu einer anderen Waldgesellschaft.

Megaherbivoren (=große Pflanzenfresser, Rinder, Wild). . Die Megaherbivorentheorie geht davon aus, dass Megaherbivoren einen erheblichen Einfluss auf die Vegetation haben. Der Fraß dieser Tiere hat nach dieser Theorie die flächendeckende, dichte Bewaldung verhindert. Die Theorie ist nach wie vor umstritten. (Anm. von "Brummfuss": Bei einem tieferen Verständnis der Ökologie liegt die Antwort eigentlich auf der Hand). Wenn die Megaherbivorentheorie dikutiert wird, muss zum Verständnis auch das Mosaik-Zyklus-Konzept betrachtet werden.

Die Mosaik-Zyklus-Konzept wird z.B. bei Auhagen, Axel, Jedicke und Scherzinger erwähnt (Quellenangabe leider unvollständig, vielleicht liefert sie jemand nach?). Sie geht von einer nicht einheitlichen, linearen Sukzession aus. Sie wendet die Erkenntnis an, dass Sukzessionreihen an einem beliebigen Stadium einsetzen und abbrechen können. Pioniergesellschaften sind eher selten anzutreffen. Sie geht von vielen kleinen Teilflächen von 100 bis 1000 m², einer mosaikartigen Struktur, aus, auf denen unterschiedlichste Sukzessionsstadien ablaufen und nennt plausiblere Gründe hierfür:

  • Insektengradation (massenhaftes Auftreten)
  • Natur-"katastrophen"
  • sukzessive Veränderung der Pflanzengesellschaft, wie oben beschrieben

Im Zusammenhang mit der Megaherbivorentheorie ergibt sich ein sehr plausibles Bild. Die theoretische Abwägung ist jedoch fast redundant, da Untersuchungen von Urwaldrelikten und archäologische Untersuchungen, aber auch Untersuchungen an existierender Vegetation, z.B. von Jedicke an montanen Bergmischwäldern und subalpinen Fichtenwäldern, und von anderen z.B. an tropischen Regenwäldern, eindeutige Ergebnisse geliefert haben.

Das Mosaik-Zyklus-Konzept beschreibt die ökologischen Vorgänge der Sukzession im Wald wesentlich wahrscheinlicher, da sie sich nicht nur auf Herbivore beschränkt, sondern mehrere mögliche Einflüsse der Fauna auf die Vegetation hervorhebt. Besonders Insekten, die wegen ihrer Reproduktionsstrategien (Massenhaftes Auftreten, "Plage", eher für großflächiges Beschädigen der Vegetation in der Lage sind als Megaherbivoren, deren Reproduktionszyklen wesentlich länger sind (z.B. wildlebende Rinder haben im der adulten Phase nur alle 1,2 bis 2 Jahre ein Kalb (Durchschnitt)).