Richard Schneider (Geistlicher)

deutscher Geistlicher (römisch-katholisch), im KZ Dachau inhaftiert
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Richard Schneider - katholischer Pfarrer - (*5. Januar 1893 in Hundheim bei Wertheim, † .......) wurde am 12.Juni 1921 zum Priester geweiht und war seit Mai 1930 in Beuggen, Dekanat Säckingen als Pfarrer tätig. Bereits vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war er mit der NSDAP in Konflikt geraten. Öffentlich hatte er geäußert, Hitler sei sowenig rasserein wie die Hunde in Karsau. Die NSDAP bezeichnete er als Partei der Faulenzer und Bankrotteure.

Dies trug ihm die nachhaltige Feindschaft lokaler NS-Größen ein. Bereits im Mai 1933 wurde er erstmals polizeilich verhört, weil ein Schüler wahrheitswidrig berichtet hatte, er habe im Unterricht gesagt, die Schüler sollten nicht zur "Dreck-HJ" gehen. Weitere Denunziationen schlossen sich zunächst ohne unmittelbare Wirkung an.

Richard Schneider vereitelte durch rechtzeitige Vermögensverlagerungen mehrfach Versuche der Partei, sich des Vermögens katholischer Vereine zu bemächtigen. Dem Verbot, einen kritischen Hirtenbrief des zuständigen Erzbischofs Conrad Gröber von der Kanzel zu verlesen, kam er durch vorzeitiges Verlesen zuvor. Publizistische Angriffe der NS-Presse und NS-Redner wies er öffentlich zurück, wobei er in geeigneten Fällen die Angreifer als vorbestrafte Kriminelle entlarvte. 1939 nahm er zum Ärger der Partei im Pfarrhaus einen Regimentskameraden aus dem 1.Weltkrieg, einen getauften Juden auf.

Mit Ausbruch des 2.Weltkrieges verschlechterte sich die politische Situation der Pfarrei u.a. dadurch, dass teilweise einheimisches, zur NSDAP eher fern stehendes Personal, insbesondere Lehrer und an der nah gelegenen Grenze zur Schweiz tätige Grenzbeamte durch überzeugte Parteianhänger und SS-Angehörige ersetzt wurden. Das Verbot der Gestapo, mit den zum Kriegsdienst eingezogenen Angehörigen der Pfarrei brieflich Kontakt aufzunehmen, umging Richard Schneider, indem er den Soldaten Päckchen schickte.

Seine Versuche, 2 abtrünnige Kinder wieder für die Christenlehre zu gewinnen, führten zu seiner Verhaftung am 7. September 1940 durch die Gestapo. Ohne dass gegen ihn strafrechtliche Vorwürfe erhoben oder gar ein Strafverfahren durchgeführt worden wäre, wurde er bis zu seiner Überführung in das KZ Dachau im Waldshuter Gefängnis festgehalten. Am 22. November 1940 kam er in Dachau an. Was ihn dort erwartete, war ihm bewusst.

Zunächst wurde er dem "Strafblock 17" zugeteilt, dessen Insassen zum Tode bestimmt waren, und welcher deshalb auch die "Todeskompanie" genannt wurde. Damals gehörten diesem Block fünfzehn Geistliche, darunter auch 2 evangelische, an.

Zur Arbeit mussten die Gefangenen mit völlig unzureichender Bekleidung bei jedem Wetter in knöcheltiefes Wasser stehen und Sand und Kies ausheben. Schwere Erkrankungen waren die alsbaldige Folge. Eine Behandlung wurde verweigert. Richard Schneider entging dieser planmäßigen Vernichtung nur knapp, weil am 11. Dezember 1940 ein sogenannter Priesterblock, der vom übrigen Lager zunächst durch Stacheldraht und Wachen abgegrenzt war, eingerichtet worden war. Hier waren die Bedingungen etwas besser.

Am 23. Dezember 1940 wurde Richard Schneider wegen der im Strafblock zugezogenen schweren Erkrankung im Krankenblock aufgenommen. Dort sah er, wie Kranke durch übergroße Dosen Gift, durch Luftembolien oder Einspritzen von Benzin getötet wurden. Nachdem er sich einigermaßen erhohlt hatte, kam er wieder in den Priesterblock.

Am 24. Juni 1942 entkam er durch Zufall der ihm als einem von 300 Geistlichen zugedachten Ermordung in einem Vergasungswagen. Dem im Sommer 1942 einsetzenden hunger- und krankheitsbedingten Massensterben entging Richard Schneider, weil er einem Sonderkommando, der sog. "Plantage" zugeteilt wurde. Dieses Kommando unterstand Franz Vogt. Dadurch konnte er sich den ansonsten (insbesondere polnischen) Priestern zugedachten tödlichen "medizinischen" Experimenten des Tropenmediziners Prof.Dr. Klaus Schilling durch Ansteckung mit Malaria/Vergiftung oder Dr. Sigmund Rascher durch Unterkühlung oder Unterdruck entziehen.

Am 29. März 1945 wurde Richard Schneider - gesundheitlich schwer gezeichnet - kurz vor der am 29. April 1945 erfolgten Befreiung des KZ durch die allierten Streitkräfte entlassen. Erzbischof Conrad Gröbers vielfältige Versuche, Richard Schneider aus den Fängen der Gestapo zu befreien, waren bis dahin völlig vergeblich gewesen und meist gar nicht beantwortet worden. Irrtümlich hatte man Richard Schneider bereits für ermordet gehalten.

Literatur

  1. Bericht des Pfarrers Richard Schneider über seine Erlebnisse im Konzentrationslager Dachau, Freiburg Diözesanarchiv 1970,24-51
  2. Ott, Hugo; Einleitung und Vorbemerkung zu den nachfolgenden Erlebnisberichten und Dokumentationen von KZ-Priestern der Erzdiözese Freiburg, aaO S. 1-23