Lawrenti Pawlowitsch Berija (russisch Лавре́нтий Па́влович Бе́рия, translit. Lavrentij Pavlovič Berija; * 17. März/29. März 1899 in Mercheuli, Gouvernement Sochumi, Georgien; † 23. Dezember 1953 in Moskau, nach anderen Angaben am 26. Juni 1953) war ein sowjetischer Politiker. Von 1938 bis 1953 war er Geheimdienstchef der UdSSR.
Leben
Lawrenti Berija entstammt der Volksgruppe der Mingrelen. Er wurde als Sohn einer armen Bauernfamilie in Abchasien geboren. Im Jahre 1917 schloss er sich als Schüler an der Polytechnischen Schule in Baku den Bolschewiki an.
Er arbeitete zunächst als Spion im Untergrund. Im Jahr 1921 wurde er Mitglied der außerordentlichen Kommission Tschreswytschainaja Kommissija (Tscheka), des Inlandsgeheimdienstes der Kommunistischen Partei. Bereits 1926 wurde Berija zum georgischen Chef des GPU, der Nachfolgeorganisation der Tscheka ernannt. Im Oktober 1932 wurde er Vorsitzender der Kommunistischen Partei in der Transkaukasischen Republik.
1937 ermordete er die Familie Nestor Lakobas, des Vorsitzenden der abchasischen Kommunistischen Partei. Lakoba war 1936 auf Einladung Berijas in die transkaukasische Hauptstadt Tiflis gereist war und wenige Tage später angeblich an Herzversagen gestorben. Er wurde anschließend des Verrats bezichtigt, sein Bruder Micheil zum Tode verurteilt, seine Frau in Untersuchungshaft zu Tode gefoltert und der 14jährige Sohn Rauf in einem Gefängnis erschossen.
Im Juli 1938 geriet er im Zuge der Stalinschen Säuberungen selbst ins Visier des damaligen Chefs des NKWD (Nachfolgeorganisation des GPU), Nikolai Iwanowitsch Jeschow. Berija, der vor der drohenden Verhaftung gewarnt wurde, konnte durch seine Kontakte unmittelbar bei Josef Stalin vorsprechen und ihn von seiner Loyalität überzeugen. Stalin soll ihn später "meinen Himmler" genannt haben.
Am 24. November 1938 wurde er Chef des Geheimdienstes NKWD. Die stalinistischen Säuberungen wurden von ihm weiter betrieben. Im Juni 1941 wurde er nach dem deutschen Angriff auf die UdSSR Mitglied im fünfköpfigen staatlichen Verteidigungskomitee.
Er beaufsichtigte im Jahr 1944 die Verschleppung von rund 500.000 Tschetschenen und Inguscheten aus Tschetschenien nach Kasachstan und Kirgisistan, bei der, während der mehrwöchigen Deportationen, mehrere 10.000 Menschen durch Hunger und Typhus in geplantem Völkermord ums Leben gebracht wurden.
Unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde Berija von Stalin zum Verantwortlichen für den Bau einer sowjetischen Atombombe gemacht.
Am 29. August 1949 konnte die erste sowjetische Plutoniumbombe gezündet werden. Bis zu seinem gewaltsamen Tod fungierte Berija von nun an als Kommandeur der sowjetischen Atomwaffen-Einheiten des Innenministeriums.
Nach dem Tod Stalins konnte sich Berija allerdings nicht lange in seiner Position halten. Am 2. Juni 1953 setzte er sich bei einer Sitzung des Politbüros für die Wiedervereinigung Deutschlands auf Basis von Neutralität und Demokratie (wie in Österreich vorab experimentiert) ein. Daraufhin wurde Berija vorgeworfen, diese Initiative und auch andere vergleichbaren Aktivitäten nur als Mittel zu seiner eigenen Machtergreifung durchgeführt zu haben. Die Kollegen Berijas im Führungsapparat und in Militärkreisen waren sich seiner diktatorischen Anspüche als Chef des NKWD bewusst. Lawrenti Berija wurde daraufhin bei der Sitzung des Zentralkomitees der KPdSU unter Vorsitz von Nikita Chruschtschow am 26. Juni 1953 verhaftet. Alle seine Anhänger verloren ihren Einfluss und wurden sogar eingesperrt.
Bei dem gegen Berija durchgeführten geheimen Prozess vor einem besonderen Tribunal des Obersten Gerichtshofs wurde am 23. Dezember 1953 das Todesurteil ausgesprochen und noch am gleichen Tage durch Erschießen vollstreckt.
Sein Sohn behauptet jedoch, sein Vater sei bereits am 26. Juni in seiner Dienstwohnung erschossen worden, er selbst habe den Abtransport der Leiche gesehen, die Verhaftung und der Prozess seien inszeniert gewesen.
Berija war mit Nino Gegetschkori verheiratet und hatte einen Sohn, Sergo.
Literatur
- Vladimir F. Nekrassow (Hrsg.): Berija. Henker in Stalins Diensten. Ende einer Karriere. Ed. q, Berlin 1992, ISBN 3-928024-69-8
- Viktor Knoll, Lothar Kölm (Hrsg.): Der Fall Berija: Protokoll einer Abrechnung; das Plenum des ZK der KPdSU, Juli 1953; stenographischer Bericht. Aufbau Taschenbuch, Berlin 1993, ISBN 3-7466-0207-6
- Amy W. Knight: Beria : Stalin's first lieutenant. Princeton Univ. Press, Princeton 1993, ISBN 0-691-03257-2
- Sergo Lavrentevic Beria: Beria, my father: inside Stalin's Kremlin. Duckworth, London 2001, ISBN 0-7156-3062-8
Schriften
- Lavrentij P. Berija: Zur Geschichte der bolschewistischen Organisationen in Transkaukasien. Dietz, Berlin 1950
- Georgij M. Malenkov, Lavrentij P. Berija, Vjaceslav M. Molotov: Reden auf der Trauerkundgebung am Tage der Beisetzung von Josef Wissarionowitsch Stalin auf dem Roten Platz in Moskau: 9. März 1953. Dietz, Berlin 1953
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Berija, Lawrenti Pawlowitsch |
ALTERNATIVNAMEN | Лаврентий Павлович Берия (russisch) |
KURZBESCHREIBUNG | 1938-1953 sowjetischer Geheimdienstchef |
GEBURTSDATUM | 29. März 1899 |
GEBURTSORT | Sochumi, Georgien |
STERBEDATUM | 23. Dezember 1953 |
STERBEORT | Moskau, Russland |