Systematik (Biologie)
Systematik (v. griech.: systematikos = geordnet) ist ein Fachgebiet der Biologie, insbesondere der Botanik und Zoologie. In der Systematik werden die Lebewesen klassifiziert, in dem sie in ihrer Vielfalt beschrieben und auf Grund definierter Merkmale zu Gruppen zusammengefasst und diese Gruppen (Taxa) in einem hierarchischen System angeordnet werden.
Geschichte
Aristoteles ordnet die ihm bekannten Lebewesen in einer Stufenleiter (Scalae Naturae) nach dem Grad ihrer “Perfektion”, also von primitiven zu höher entwickelten. Er führt für einzelne Gruppen Bezeichnungen ein, die heute noch Verwendung finden (Coleoptera, Diptera). In der Antike wurde beispielsweise die Wuchsform (Kraut, Staude, Strauch, Baum) oder Lebensweise (Nutztier, Wildtier, Wassertier) als Einteilungskriterium benutzt.
Carl von Linné benutzte Blütensymmetrien, um Pflanzen zu klassifizieren, und erstellte damit ein System, das auch heute noch in vielen Bereichen gängig ist.
Er begründet die binäre Nomenklatur in seinem Werk Systema Naturae (1735). Hauptzweck dieses Systems ist ein rasches und eindeutiges Bestimmen eines gefundenen Individuums. Grundkonzept ist dabei die typologische Definition der Art, das heißt die Reduzierung der Merkmalsfülle auf einige wenige Schlüsselmerkmale und die Abstrahierung von den Variationsmöglichkeiten innerhalb einer Art auf einen Typus („idealistische Morphologie“). Seine Gruppierung ergibt somit ein künstliches System.
Evolutionstheorie
Seit dem Aufkommen der Evolutionstheorie ist man bestrebt, dieses künstliche System in ein natürliches System umzubauen, das die Abstammungsverhältnisse (Phylogenetik) besser widerspiegelt. Dabei spielte zunächst die Homologisierung von Organen eine große Rolle. Seit den 70er Jahren untersucht man den Aufbau der Proteine, um daraus Hinweise auf den Verwandtschaftsgrad abzuleiten. Dazu werden nicht nur morphologische sondern auch physiologische, cytologische und ethologische Merkmale herangezogen. Vor allem wird die genetische Ähnlichkeit benutzt, um Verwandtschaftsbeziehungen direkt am Erbgut festzustellen.
Die Rolle der Systematik für das Verständnis der Geschichte der Organismen beschreibt bereits Charles Darwin in seinem Buch „Entstehung der Arten“: Wenn wir von dieser Idee ausgehen, dass das natürliche System, soweit es durchgeführt werden kann, genealogisch angeordnet ist … so verstehen wir die Regeln, die wir bei der Klassifikation befolgen müssen.
Taxonomie-Konzepte
Peter Ax setzt Taxonomie und Systematik gleich, Ernst Mayr unterscheidet die Systematik als Wissenschaft von der Vielgestaltigkeit der Organismen von der Taxonomie als Lehre von der Klassifikation der Organismen.
Entsprechend den unterschiedlichen theoretischen Ansätzen gibt es verschiedene Richtungen in der Systematik:
Phänetik (numerische Taxonomie)
Hier wird auf phylogenetische Annahmen verzichtet. Die Einordnung der Arten in das System erfolgt nur auf Grund messbarer Unterschieden und Ähnlichkeiten anatomischer Merkmale. Ursprüngliche und abgeleitete Merkmale werden nicht voneinander unterschieden. Die Phänetik ist in weiten Teilen durch die Kladistik abgelöst worden. Nichtsdestotrotz verwenden einige Biologen weiterhin phänetische Methoden wie Neighbour-Joining-Algorithmen, um eine genügende phylogentische Approximation zu erhalten, wenn die kladistischen Methoden rechnerisch zu aufwendig sind.
Phänetik sollte nicht mit Phonetik - der Lehre der menschlichen Laute - verwechselt werden.
Konsequent phylogenetische Systematik
Nach Willi Hennig werden die Taxa nur von Arten gebildet, die eine geschlossene Abstammungsgemeinschaft bilden. Zugelassen sind nur monophyletische Anordnungen. Der typologische und biologische Artbegriff wird als unzureichend abgelehnt, an seine Stelle tritt das phylogenetische Artkonzept. Es werden Arten zusammengefasst, die durch Synapomorphien (angestammte, gemeinsame Merkmale) charakterisiert sind und von Arten mit Autapomorphien (neu erworbenen Merkmalen) unterschieden. Eine Art hört dann auf zu existieren, wenn sie durch Artaufspaltung in zwei neue Arten übergeht. Als natürliches System ergibt sich ein dichotomes Kladogramm. (Näheres siehe Kladistik)
Beispiel:
Künftige Taxonomie aufgrund von DNA-Proben
Künftig sollen die Unterschiede der einzelnen Arten aufgrund von genetischen Vergleichen systematisch für alle bekannten Spezies erarbeitet werden. Man verspricht sich davon ein besseres Verständnis der Evolution ([1]).
Der Erfolg und Zweck einer rein genetischen Bearbeitung der Artenvielfalt ist jedoch umstritten. Die verschieden Artkonzepte sind nicht universell anwendbar, da es sich bei den Artkonzepten um, wenn auch empirische, so doch um Konstrukte handelt. Eine scharfe Trennung zwischen Arten durch genetische Methoden wird im Rahmen der bisher angewandten Artkonzepte vermutlich scheitern, da eine einheitliche Methode nicht über alle Taxa hinweg anwendbar ist. Ob sich ein rein genetisches Artkonzept durchsetzen wird, das Arten nach absolut messbaren genetischen Unterschieden kategorisieren lässt, ist genauso fraglich.
Klassische evolutionäre Klassifikation
Ernst Mayr legt das biologische Artkonzept seiner Systematik zu Grunde. Bei der Einordnung der Organismen wird sowohl das Ausmaß der Divergenz als auch die Verzweigungsreihenfolge berücksichtigt.
Beispiel: Zwar wird die Verzweigungsreihenfolge des phylogenetischen Systems anerkannt (Krokodile und Vögel haben einen jüngeren gemeinsamen Vorfahren als Vögel mit Echsen), der Erwerb des Vogelfluges wird aber als bedeutende Neuerung angesehen, die zu einer adaptiven Radiation führt. Entsprechend wird der Klasse Reptilia die Ordnung Crocodilia zugeordnet und Klasse der Vögel (Aves) gegenübergestellt, wodurch sich paraphyletische Taxa ergeben.
- 4. Klasse
- Reptilia
- 5. Klasse
- Aves
- 1. Ordnung
- Brückenechsen
- 2. Ordnung
- Squamata (Schuppenkriechtiere)
- 3. Ordnung
- Chelonia (Schildkröten)
- 4. Ordnung
- Crocodilia (Krokodile)
Nomenklatur der klassischen Systematik
Die Systematik in der Biologie (Taxonomie) ist eine 1735 von Carl von Linné eingeführte Systematik zur Einteilung der Lebewesen. Sie ist die historisch bedeutsamste Klassifikation und wird hier übersichtlich dargestellt.