Anleihe
Verzinsliche Wertpapiere (auch: Schuldverschreibung, Anleihe, Rentenpapier, Obligation) sind auf den jeweiligen Inhaber lautende Schuldverschreibungen. Der Käufer einer Schuldverschreibung (Gläubiger) besitzt eine Geldforderung gegenüber dem Emittenten (Herausgeber/Schuldner). Dieses Recht ist in einer Urkunde verbrieft. Diese Urkunde besteht aus Mantel und Bogen. Der Mantel verbrieft die Forderung des Gläubigers, der Bogen besteht aus Kupons, die zur Geltendmachung der Ertragsansprüche (z. B. Zinsen) dienen, und ggf. einem Erneuerungsschein (Talon).
Der Emittent, beschafft sich mit einer Anleihe auf dem Rentenmarkt der Effektenbörse Fremdkapital: Er erhält von den Käufern der Schuldverschreibungen Kredite, die zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückgezahlt werden müssen.
Rentenwerte können an der Effektenbörse jederzeit zum jeweiligen Kurswert ge- und verkauft werden.
Man unterscheidet Schuldverschreibungen nach ihren Herausgebern:
- Öffentliche Anleihen werden von Bund, Ländern und Gemeinden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften herausgegeben, z. B. Bundeswertpapiere. Bund und Länder finanzieren ihre Defizite im Bundeshaushalt über öffentliche Anleihen.
- Bankschuldverschreibungen und Pfandbriefe werden von Kreditinstituten emittiert, die sich dadurch ihre Mittel für die mittel- und langfristige Finanzierung ihres Kreditgeschäfts besorgen.
- Unternehmensanleihen
Anleihen können zu pari (=100 %), unter pari oder über pari ausgegeben werden. Unter bzw. über pari bedeutet, dass bei der Ausgabe einer neuen Anleihe ein Abschlag (Disagio) bzw. ein Aufschlag (Agio) festgelegt wird, um den der Ausgabepreis den Nennwert unter- bzw. überschreitet.
Mit einer Anleihe kann der Anleger zwei Arten von Erträgen erwirtschaften:
- In Form von Zinsen
- In Form von Wertsteigerungen
Die jeweilige Ausstattung einer Schuldverschreibung kann sehr verschieden ausfallen und ist den jeweiligen Anleihebedingungen zu entnehmen. Sie variieren insbesondere in der Laufzeit, Währung, Tilgungsart und Verzinsung.
Laufzeit
- kurzfristig (bis 4 Jahre)
- mittelfristig (4 bis 8 Jahre)
- langfristig (mehr als 8 Jahre)
Zinsen
Nullkuponanleihen
Diese Rentenpapiere haben keine Zinskupons. Der Ertrag wird hier ausschließlich durch die Differenz zwischen dem Rückzahlungskurs und dem Emissionkurs verdient. Deshalb werden Nullkupon-Anleihen mit einem hohen Abschlag (Disagio/unter pari) emittiert und bei Fälligkeit zu 100 % (pari) zurückgezahlt.
mit Zinskupon
- fester Nominalzins: Festzinsanleihen (Straight Bonds) haben eine feste Verzinsung während der gesamten Laufzeit.
- variabler Nominalzins: Anleihen mit variabler Verzinsung ([[Floater|Floating Rate notes]) werden in der Verzinsung während der Laufzeit angepasst. Meist orientiert sich dieser Zinssatz an den Geldmarktsätzen der LIBOR (London Interbank Offered Rate) oder dem europäischen Referenzzinssatz der EURIBOR (European Interbank Offered Rate).
- Stufenzinsanleihen: Bei solchen Anleihen steigt der Zins mit der Laufzeit, wobei die Zinstreppe bei Emission festgelegt wurde. Beispiel: Bundesschatzbriefe
- Step Up Kupon: Dabei orientiert sich die Höhe der Zinszahlung an den Ratungs von Ratingagenturen, meist an Moodys und Standard & Poors. Wird das Rating der Anleihe herabgestuft, so steigt der Zins, und umgekehrt.
Währung der Anleihe, Währungsrisiken
Die Nominalwährung ist die Währung, in der die Anleihe bei Endfälligkeit vom Emittenten zurück bezahlt wird. Die Kuponwährung ist die Währung, in der die Zinsen ausbezahlt werden. Bei fast allen Anleihen sind Kupon- und Nominalwährung identisch, jedoch gibt es einige Ausnahmen.
Aufgrund von Wechselkursänderungen schließt der Kauf einer Fremdwährungsanleihe ein Wechselkursrisiko ein. Fällt die Nominalwährung gegenüber der Heimatwährung des Käufers, so muss er Verluste einstecken, steigt die Nominalwährung gegenüber der Heimatwährung, so kassiert er Gewinne. Internationale Rentenfonds machen einen Gutteil ihrer Gewinne über Wechselkursspekulationen.
Börsenkurs, Kursbestimmung einer Anleihe
Die meisten Anleihen notieren in Prozent. Ein Kurs von 101,25 bedeutet also, dass der Käufer 101,25% des Nominalwerts der Anleihe beim Kauf zu bezahlen hat. Es gibt jedoch wenige Ausnahmen, die in Nominalwährung notieren (z. B. französische Wandelanleihen), ein Umstand, der auch in einschlägigen Publikationen bei der Renditeberechnung immer wieder übersehen wird und zu falschen Zahlen führt.
Der Kurs einer Anleihe wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Als Faustregel gilt: Steigende Zinsen haben fallende Kurse zur Folge, fallende Zinsen haben steigende Kurse zur Folge. Die Rendite von Anleihen gleicher Bonität und Restlaufzeit ist ungeachtet des Kupons immer gleich.
Beispiel: Zwei Verkäufer bieten eine Anleihe mit 2 Jahren Laufzeit an, der eine bietet 4% Zins, der andere 5%, und beide versprechen sie, bei Laufzeitende 100.- zurück zu zahlen. Der 4-Prozenter würde (ohne Zinseszinseffekte) 100+4+4=108.- bringen, der 5-Prozenter 100+5+5=110.-, falls beim Kauf jeweils 100.- bezahlt würden. Falls der Marktzins für zwei Jahre gerade bei 5% liegt, wird der 4-Prozenter aber nur für 98.- verkäuflich sein, damit er dieselbe Rendite wie der 5-Prozenter gibt. - Fällt nun der Marktzins um 1% auf 4%, so steigt der Kurs des 4-Prozenters auf 100, der des 5-Prozenters auf 102.
Direkte und indirekte Anleihen
- Direkte Anleihen werden vom Emittenten direkt an die Käufer gegeben. Die Kreditinstitute fungieren nur als Zeichnungsstellen.
- Bei indirekten Anleihen wird die gesamte Summe von einem Konsortium oder Syndikat, bestehend aus mehreren Banken, übernommen, welches nun seinerseits den Verkauf der Wertpapiere durchführt.
Anleihen werden entweder als Einzelurkunde mit bestimmtem Nennwert ausgegeben (effektive Stücke) oder als Sammelurkunde verbrieft. Die Sammelurkunde verwahrt die Deutsche Börse Clearing AG zur Girosammelverwahrung. Effektive Stücke können an den Käufer ausgeliefert werden. Bei den Sammelurkunden erhält er eine Gutschrift über das Miteigentum an dieser.
Besicherung von Anleihen
Anleihen werden nach folgender Besicherung unterschieden:
- Pfandbriefe sind durch Grund und Boden besichert.
- Schiffspfandbriefe sind durch Hypotheken auf Schiffe besichert und stellen eine Sonderform des Pfandbriefs dar.
- Staatsanleihen, z. B. Bundesanleihen, sind durch das Steueraufkommen und durch das Staatsvermögen (z. B. Grund, Immobilien, Beteiligungen) besichert.
- Unternehmensanleihen werden durch das Unternehmensvermögen (z. B. Maschinen, Immobilien) besichert
- Patronage bedeutet, dass ein Bürge für die Schulden einsteht (z. B. ein Mutterunternehmen für eine Tochter)
- nachrangige Anleihen sind ebenfalls durch das Unternehmensvermögen besichert, jedoch werden zuerst alle anderen Schuldner bedient und erst dann die Käufer nachrangiger Anleihen
Sonderformen von Anleihen
- Wandelanleihen: Dem Käufer wird das Recht eingeräumt, die Anleihe zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Verhältnis in Aktien des Emittenten umzutauschen.
- Optionsanleihen: Im Unterschied zur Wandelanleihe ist das Recht zum Kauf von Aktien des Emittenten separiert von der Anleihe. Das heißt, dass die Option auch separat gehandelt und ausgeübt werden kann.
- Reverse Convertibles sind Zins-ausschüttende derivate Produkte, wobei unterschieden wird in
- Aktienanleihen: bei denen die Rückzahlung vom Kurs einer Aktie abhängt
- Indexanleihen: bei denen die Rückzahlung vom Kurs eines Index abhängt
- sonstige exotische strukturierte Produkte: Der Rückzahlungsbetrag und / oder die Zinszahlung ist nicht fest vereinbart, sondern koppelt sich an den Stand einer bestimmten Größe (Preis- oder Aktienindizes)
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Andere Bedeutung des Wortes "Obligation": Siehe Obligation (Recht)