
Hinrichtungsart
Im Strafvollzug wird mit Galgen die Vorrichtung zur Hinrichtung durch Erhängen ("Tod durch den Strang") bezeichnet.
Dem Hinrichtungsopfer wird eine Schlinge um den Hals gelegt und anschließend der Boden unter den Füßen entzogen, so dass sein Hals sein gesamtes Eigengewicht trägt. Es stirbt infolge des Drucks, den der Strang beim Fall des Körpers bewirkt. Bewusstlosigkeit und Tod des Opfers werden verursacht durch
• Abschnürung der Blutversorgung des Gehirns bzw.
• Verletzung der (Hals-)Wirbelsäule bzw.
• Versperren der Atemwege (Ersticken).
Zeitpunkt der Ohnmacht und des Todeseintritts hängen dabei vom verwendeten Knoten und der Falltiefe des Opfers ab.
Geschichte
Das Erhängen gehört zu den ältesten Hinrichtungsarten. In früherer Zeit erfolgte die Tötung meist an Bäumen, wegen ihrer Stabilität oft an Eichen. In vielen Gegenden sind heute noch entsprechende Henker- oder Gerichtseichen bzw. -bäume bekannt.
Galgen im eigentlichen Sinn - also für das Hängen errichtete Gerüste - finden sich in Mitteleuropa seit der Regierungszeit Karls des Großen. Im Mittelalter nahmen die Hinrichtungen immer mehr den Charakter öffentlicher Schauspiele an. Das Leiden der Todeskandidaten wurde durch alle Arten der Folter in kaum vorstellbarer Weise gesteigert.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts bemühte man sich in Großbritannien, den Eintritt von Bewusstlosigkeit und Tod beim Erhängen zu beschleunigen. Dazu führte man den "langen Fall" (engl. long drop) ein: Der jeweilige Todeskandidat wurde gefesselt und mit der Schlinge um den Hals auf eine Falltür gestellt. Diese wurde geöffnet. Der Strick stoppte abrupt den anschließenden Sturz in die Tiefe, was eine tödliche Verletzung der Halswirbelsäule ("Genickbruch") herbeiführen sollte. Die notwendige Fallhöhe wurde zuvor in Abhängigkeit vom Gewicht des Opfers errechnet. Noch heute werden in manchen Ländern Hinrichtungen in dieser Weise vollzogen, so auch in einigen ehemaligen britischen Kolonien.
In den USA wandte man ebenfalls den "langen Fall" an. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurden dort jedoch vermehrt alternative Hinrichtungsarten angewendet (siehe Gaskammer und Elektrischer Stuhl). Seit 1976, dem Jahr der Wiedereinführung der Todesstrafe, wurden dort drei verurteilte Mörder gehängt (Stand Ende 2004).
In Großbritannien erfolgten Hinrichtungen am Galgen bis 1964. In diesem Jahr wurde dort die Todesstrafe ausgesetzt und später abgeschafft.
Im Deutschen Reich waren Todesurteile gegen Zivilisten lange Zeit ausschließlich durch Enthauptung vollstreckt worden. Doch ein Reichsgesetz von 1933 ermöglichte wieder Hinrichtungen am Galgen als weitere Todesart (siehe Weblink). In der Folge wurden bis 1945 zahlreiche Verurteilte erhängt, unter ihnen viele Widerstandskämpfer. Ein berüchtigtes Gefängnis, in dem seinerzeit auch Verurteilte am Galgen sterben mussten, war die Haftanstalt Berlin-Plötzensee.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs endeten etliche Kriegsverbrecher aus der Zeit des Nationalsozialismus am Galgen, darunter Verurteilte aus den Nürnberger Prozessen.
In Österreich war der Tod durch den Strang reguläre Hinrichtungsart, bis im Jahr 1919 die Todesstrafe im ordentlichen Gerichtsverfahren abgeschafft wurde. In der Zeit nach 1933 bis zum Ende des 2. Weltkriegs wurden jedoch wieder Hinrichtungen am Galgen vollzogen. Kriegsverbrecher wurden in diesem Land unter alliierter Gerichtsbarkeit bis zum Jahr 1955 gehängt.
Noch heute ist der Tod am Galgen eine weit verbreitete Hinrichtungsart, besonders in afrikanischen und asiatischen Staaten (u. a. Ägypten, Iran, Japan, Kuwait, Malaysia und Singapur). Aus dem Iran wurde wiederholt über öffentliche Exekutionen berichtet.
Der einzige noch vorhandene Galgen in Deutschland befindet sich in Beerfelden im Odenwald (siehe Foto).
Siehe auch: Erhängen, Galgenvogel, Garotte, Henker, Henkersknoten, Todesstrafe
Weitere Wortbedeutungen
- Im Bau wird eine Hebevorrichtung für schwere Objekte oder Ladebrücke als Galgen bezeichnet.
- In der Musik wird der ausziehbare Mikrofon-Arm als Galgen bezeichnet.
- Beim analogen Filmschnitt wurden die einzelnen Filmstreifen auf sog. Galgen aufgehängt.
- Es existiert ein einfaches Wortspiel mit dem Namen Galgenmännchen oder auf englisch hangman.
Weblinks
- http://www.realknots.com/knots/noose.htm Eine englische Seite mit verschiedenen Knoten, die für das Erhängen verwendet werden.
- http://www.documentarchiv.de/ns/lexvl.html Deutsches "Reichsgesetz über Verhängung und Vollzug der Todesstrafe" (29. März 1933)