Haber-Bosch-Verfahren

großindustrielles chemisches Verfahren zur Synthese von Ammoniak
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Das Haber-Bosch-Verfahren, benannt nach dessen Entwicklern Fritz Haber und Carl Bosch, dient der synthetischen Herstellung von Ammoniak aus den Elementen Stickstoff und Wasserstoff. Um die Reaktion technisch nutzbar zu machen, wird ein Gasgemisch aus Wasserstoff und Stickstoff an einem Katalysator aus Eisen, ein so genannter Eisenoxidmisch-Katalysator aus Eisen(II/III)-Oxid Fe3O4, K2O, CaO, Al2O3 und SiO2 bei etwa 200 bar Druck und 500°C zur Reaktion gebracht.

Chemische Reaktion:

Synthesebedingungen

Die optimalen Reaktionsparameter wurden bestimmt auf:

  • Druck: 200-300 bar
  • Temperatur: 400-500°C
  • Mengenverhältnis Stickstoff : Wasserstoff = 1 : 3
  • Verwendung eines Eisen(II/III)-Oxid Fe3O4, K2O, CaO, Al2O3 und SiO2 - Katalysators zur Reaktionsbeschleunigung


Durch den eingesetzten hohen Druck wird eine Verschiebung des chemischen Gleichgewichtes in Richtung des Ammoniaks erreicht. Dies ist nötig, um eine ausreichende Ausbeute zu erhalten und das Verfahren wirtschaftlich sinnvoll betreiben zu können.

Der Energieeintrag in die Reaktion (durch die hohe Temperatur erreicht) wird benötigt um die Aktivierungsenergie (trotz Katalysator noch hoch) der Reaktion wegen der Dreifachbindung des Stickstoffmoleküls zu überwinden. Die Ammoniaksynthese ist exotherm (-96kJ); die hohe Temperatur wirkt also der Synthese von Ammoniak entgegen und verringert deshalb die Ausbeute (Prinzip von Le Chatelier). Das Prinzip von Le Chatelier wird jedoch genutzt, indem man das Ammoniak laufend aus dem Reaktionsprozess isoliert, entfernt und durch Frischgas ergänzt.

Der Volumenanteil   im Gasgemisch beträgt rund 17,6 %.

Der für die Reaktion nötige Wasserstoff wird heute meist durch teilweise Oxidation von Erdgas erschlossen, der Stickstoff wird wie schon im ursprünglichen Verfahren direkt aus der Luft entnommen, wobei der störende Sauerstoff zunächst durch Oxidation mit Wasserstoff zu Wasser umgebildet und dann abgeschieden wurde, heute jedoch bei der Fraktionierung der flüssigen Luft abgetrennt wird.

Moderne Ammoniakanlagen erzeugen bereits mehr als 3000 Tonnen pro Tag in einer Produktionslinie.

Aufgrund der hohen Druck- und Temperaturverhältnisse bei der Synthese des Ammoniaks entfallen ca. 3 % des Weltenergieverbrauchs auf das Haber-Bosch-Verfahren.

Geschichte und Bedeutung

Die wesentlichen wissenschaftlichen Leistungen zur Realisierung dieses Verfahrens waren:

  1. die Untersuchung der zugrundeliegenden chemischen Reaktion (Haber, Nernst)
  2. die systematische Suche nach geeigneten Katalysatoren (Alwin Mittasch)
  3. die technische Realisierung im großen Maßstab, wobei zum Teil vollkommen neue Lösungen entwickelt werden mussten (Carl Bosch, Fritz Haber)


Das Haber-Bosch-Verfahren wurde durch die BASF im Jahr 1910 zum Patent angemeldet, ein zuvor eingereichtes fehlerhaftes Patent von Haber zum selben Thema wurde zeitgleich zurückgezogen.

Für die gesamte Entwicklung wurden mehrere Nobelpreise vergeben, z. B. 1918 der Nobelpreis für Chemie an Fritz Haber sowie 1931 für Carl Bosch (zusammen mit Friedrich Bergius), und zwar erstmalig für eine technische Umsetzungsmethode.

Der entstandene Ammoniak kann beispielsweise im Ostwaldverfahren zu Salpetersäure oder zu Düngemittel (Reaktion mit CO2 zu Harnstoff) weiterverwendet werden. Salpeter hat eine große Bedeutung für die Rüstungs-Industrie, weshalb auch sehr schnell starkes Interesse am Aufbau einer großtechnischen Produktion bestand, die unter anderem in Leuna und Bitterfeld durch die BASF und nach Fusion im deutschen Großkonzern der IG Farben errichtet und betrieben wurde.

Durch den nun in großen Mengen verfügbaren Stickstoffdünger ergab sich Bedarf zu umfangreichen landwirtschaflichen Forschungen, um nach dem Prinzip der Minimum-Tonne die optimalen Dünger-Mengen je nach Boden und Pflanzenart zu bestimmen. Durch zunehmenden Düngemittel-Einsatz konnte die weltweite landwirtschaftliche Produktion deutlich gesteigert werden, was einen weiteren herausragenden, wenn nicht gar den wichtigsten Aspekt der Erfindung des Haber-Bosch-Verfahrens darstellt.

Ein weiterer, nicht unerwünschter Nebeneffekt war die Synthese von kriegstechnisch wertvollem Ammoniumnitrat zur Herstellung von Sprengstoff. Da das Deutsche Reich von natürlichen Stickstoffquellen (v. a. Guano, abgelagerter Vogelkot aus der Region Südpazifik) durch Seeblockade abgeriegelt war, erschloss sich nun eine Möglichkeit, Munition und Sprengstoffe weiterhin höchst effektiv herzustellen.

Literatur

  • Robert Schlögl: Katalytische Ammoniaksynthese - eine "unendliche Geschichte"? Angewandte Chemie 115(18), S. 2050 - 2055 (2003), ISSN 0044-8249

Siehe auch

Portal Chemie,