Manfred Günther (Psychologe)
Manfred Günther (* 1948 in Bochum) ist ein deutscher Sozialpädagoge, Jugendhilfe-Autor, Dozent und Schulpsychologe. Er lebt seit 1970 in Berlin.
Leben
Nach dem Studium der Publizistik, Philosophie und Psychologie bei Heckhausen und Kanfer in Bochum und bei Holzkamp und Jaeggi in Berlin arbeitete Günther zunächst als Tutor für Didaktik; er ergänzte ein Lehramtsstudium (Arbeitslehre / Wirtschaft) sowie Weiterbildungen in Gesprächsführung und Verhaltenstherapie. 1977 wurde er Heimpsychologe und Therapeutischer Leiter in einem heilpädagogischen Haus der Diakonie. Später machte Günther berufsbegleitend das Kleiber-Studium 'Psychosoziale Versorgung' und zertifizierte sich in Trennungs- / Scheidungsmediation, in Allgemeiner Mediation sowie in Pädagogischem Rollenspiel. Zwischenzeitlich verbrachte er ein Sabbatical in den USA und in Lateinamerika unter anderem mit einem freiwilligen Arbeitseinsatz in Nicaragua. Heute arbeitet Günther im Berliner Kultusministerium als Notfallpsychologe[1] / Gewalt an Schulen[2] - zuständig für den City-Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und als Weiterbildungsdozent im SFBB.[3] Er ist Mitglied der Vereine Archiv der Jugendkulturen sowie Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe und lebt mit seiner Tochter im Schweizer Viertel Berlin-Lichterfelde.
Leistungen
Günther entdeckte 1979 Ferrainolas Glen Mills School nahe Philadelphia[4] und hospitierte in der Verbundberatungsstelle The Bridge in Boston. Nach 1982 gestaltete er über 15 Jahre mit 'Joker' eine Konzept[5]-Jugendberatung in West-Berlin[6] mit angeschlossenem Wohnprojekt für Heranwachsende. 1986 prägte Günther den Begriff der Jugendhilfestation und gründete den LAK Jugendberatung und Wohnen, den er bis 1997 leitete. Als Interessenvertreter von Heranwachsenden lieferte er 1989 einen Entwurf zum § 41 Kinder- u. Jugendhilfegesetz, Art. 1, und formulierte Positionen, die z.T. in das Berliner AG KJHG eingingen.[7] Expertenauftritte in Rundfunk und TV des Landes folgten. Günther erhielt über 40 Lehraufträge; er publizierte neben Monografien, Fachbuchartikeln oder Kongressbeiträgen bis heute gut zwei Dutzend Zeitschriftenaufsätze und dazu Rezensionen.[8] Im Rahmen von Dienstreisen erkundete er psychosoziale Projekte in Aarhus, New York, Stuttgart, Montreal, Trappeto / Palermo, Wien, Istanbul, Bekescsaba und Bern.
Das Kultusministerium Brandenburg beauftragte Günther mit der Entwicklung des Curriculums Zertifikatskurse Jugendsozialarbeit.[9] Zur Umsetzung der Verwaltungsreform wurde er dann kurzzeitig als Koleiter der integrierten Ämter für Psychologische und Medizinische Dienste engagiert. Nach dem Amoklauf von Erfurt wechselte Günther wegen des Expertisenauftrags[10] der Ministerpräsidentenkonferenz Ächtung von Gewalt und Stärkung der Erziehungskraft von Familie und Schule in die dem Innenministerium zugeordnete Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention, war dort auch Redenschreiber von Rudolf Egg[11] und Gesprächsleiter des Bundes-AK Jugendsozialarbeit - Polizei[12] sowie der Bund-Länder-AG Häusliche Gewalt und Schule.[13] Günther war in der 12. Wahlperiode Mitglied des Landes-Jugendhilfeausschusses und von 1992 bis 2000 Kurator der Stiftung Pestalozzi-Fröbel-Haus. In den 1990ern engagierte er sich als Vorstand bei den Trägervereinen Humanistischer Verband Deutschlands, Berlin und Aktion 70.
Schriften
- Behavior Modification Techniques zur Kontrolle von Schülerverhalten. Berlin 1974.
- Disziplinierte Schüler durch Verhaltensmodifikation, in: Ulich (Hrsg.): Wenn Schüler stören, München 1980, ISBN 3-407-25071-1.
- Wiederabdruck in: Moll-Strobel (Hrsg.): Die Problematik der Disziplinschwierigkeiten im Unterricht. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983, ISBN 3-534-08308-3.
- Halb Berlin hält sich für jugendlich. sowie Psycho. In: Stattbuch 4. Berlin 1989, ISBN 3-922778-20-8.
- Jugendliche im Berliner Psychodschungel. Berlin 1987, ISBN 3-925399-03-8.
- Das Berliner AG KJHG. Änderungsvorschläge der Fraktion Bündnis 90/Grüne(AL)/UFV. (mit Pulz u. Schruoffeneger), 1994.
- Rechte junger Menschen. Jugendaufbauwerk (Hrsg.), Berlin 1997.
- Fast alles, was Jugendlichen Recht ist.[14] Berlin 2003, ISBN 3-924041-23-7.
- Kooperation Jugendhilfe und Polizei bei der Gewaltprävention. In: Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen, Franz Streng (Hrsg.): Entwicklungen im Jugendstrafrecht. Erlangen 2005.
- Wörterbuch Jugend - Alter. Illustrationen: Stuttmann.[15] Berlin 2010, ISBN 978-3-935607-39-1.
Empirie (Erhebungen)
- Repräsentativstudie zum Freizeitverhalten junger Menschen in Berlin-Wilmersdorf. (mit Kersten), 1984.
- Psychodiagnostik, ambulante Therapie und Unterbringung in heilpädagogischen oder klinischen Einrichtungen. Eine Untersuchung über Indikationsprobleme bei Jugendlichen mit psychischen Störungen in psychosozialen Diensten. Berlin 1986.[16]
- Zur Situation der Erziehungs- und Familienberatungsstellen in Deutschland. (mit Braunert), Bonn 2005.[17]
Ausgewählte Aufsätze
- Alternative Konzepte für delinquente und 'nichtbeschulbare' Jugendliche in den USA. In: Sozialpädagogik. 23, 1981.
- Psychosoziale Auswirkungen von Arbeitslosigkeit auf Jugendliche. In: Jugend - Beruf - Gesellschaft. Heft 4, 1981.
- Hilfen für junge Volljährige nach SGB VIII § 41. In: Jugendhilfe. Heft 8, 1993.
- Prävention durch Sport. In: Forum Kriminalprävention. Heft 2, 2006.[18]
- Primärprävention und Erziehungskompetenz. Grenzen der EFB-Bemühungen beim Zuvorkommen von Gewalt (mit Braunert) In: Jugendhilfe. Heft 2, 2008.
- Schulentwicklung: Fachpolitische Ziele und Gewaltpräventionsarbeit in Berlin. In: Forum Kriminalprävention. Heft 2, 2010.
- Zur Situation der schulischen Krisenintervention in den Bundesländern. In: Forum Kriminalprävention. Heft 4, 2010.
Lehraufträge (Auswahl)
- 2011 Jugendhilferecht (Vorlesung m. Seminar) Hochschule Magdeburg-Stendal
- 2009-2011 Jugendhilfe und Schule, Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg im Jagdschloss Glienicke
- 2006-2007 Beratungs- und Interventionsmethoden, Humboldt Universität Berlin, Institut für Rehabilitationswissenschaften
- 2002 Jugendhilferecht und Behördenstruktur, Akademie für Gesundheits- und Sozialberufe und Verwaltungsakademie Berlin
- 1999-2002 Hauptseminar Jugendrecht, Freie Universität Berlin, Institut für Sozialpädagogik
- 1996-2000 Jugendhilferecht: Hilfen zur Erziehung in Berlin, Alice-Salomon-Hochschule Berlin (ASH, vorm. ASFH)
- 1996-1998 Sozialstrukturen/Rechtsgrundlagen/Jugendhilferecht, Qualifizierungsreferat des Jugendaufbauwerks Berlin
- 1995-2004 Update Rechtsgrundlagen/Leistungen/Behördenzuständigkeit sowie Systemische Mediation, Sozialpädagogische Fortbildungsstätten SenBWF Berlin
- 1995 Neue Formen und Rechtsgrundlagen der Berliner Jugendhilfe (Seminar) sowie Verhaltensmodifikation und Selbstregulationstechniken (Vorlesung), ASFH
- 1993-1994 Beratungshilfen für Jugendliche und Heranwachsende in schwierigen Lebenssituationen, SFW Brandenburg
- 1988-1989 Psychosoziale Arbeit mit Kindern und Jugendlichen: Handlungskompetenz, Diagnostik, Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin (FHSS)
- 1979-1982 Psychologie, FHSS
- 1976-1978 Therapeutische Konzepte in der alternativen Heimerziehung, Technische Universität Berlin, Institut für Sozialpädagogik
- 1975 Verhaltensmodifikation, Pädagogische Hochschule Berlin, Fachbereich Psychologie
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Angst vor möglichem Amoklauf. auf: welt.de 12. Mai 2010.
- ↑ Amok-Alarm an Schule - Prüfungen fallen aus. auf: morgenpost.de 12. Mai 2010.
- ↑ SFBB-Jahresprogramm 2011
- ↑ Die Glen Mills Schools, Pennsylvania, USA. Eine Expertise beim Deutschen Jugendinstitut (DJI), darin Bibliographie S. 215, gesehen 1. Juni 2010 (PDF)
- ↑ Konzept Joker, auf mg-joker.de, gesehen am 14. Juni 2010 (PDF)
- ↑ kein geringerer als John Peel (BFBS) sendete dem Joker-Leiter zum 10-Jährigen Geburtstagsgrüße und Teenage Kicks
- ↑ Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG KJHG Berlin) auf berlin.de, gesehen am 26. Mai 2010 (PDF)
- ↑ Rezensionsbeispiel "ZuRecht finden"
- ↑ Curriculum 'Jugendsozialarbeit', auf mg-joker.de, gesehen 2. Juni 2010 (PDF)
- ↑ Strategien der Gewaltpraevention im Kindes- und Jugendalter, 5.: Unterrichtung über den Stand der Gewaltprävention in der BRD auf dji.de, gesehen 30. Mai 2010 (PDF)
- ↑ Gewaltfreie Erziehung, Rudolf Egg, DFK-Vorstandsvorsitzender, Europäische Fachtagung vom 20.-21. Oktober 2005 in Berlin, auf bmfsfj.de, gesehen am 22. Mai 2010
- ↑ Förderung von Vernetzung und Kooperation insbesondere durch Aus-, Fort- und Weiterbildung am Beispiel von Polizei und Jugendsozialarbeit in der Gewaltprävention (Bericht des Arbeitskreises des Deutschen Forums für Kriminalprävention). Bonn, Dezember 2004, auf kriminalpraevention.de, gesehen am 22. Mai 2010 (PDF)
- ↑ Prävention von häuslicher Gewalt im schulischen Bereich. Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe. auf BMFSFJ.de Service, Publikationen, gesehen am 14. Juni 2010
- ↑ Publikationen. gesehen am 11. September 2010 auf www.hvd-berlin.de
- ↑ Blick ins Buch. gesehen am 11. September 2010 auf rabenstueck.de
- ↑ die Veröffentlichung dazu - siehe: "Bücher und Broschüren" (5. /1987)
- ↑ Erhebung zur Situation der Erziehungs- und Familienberatungsstellen. Bonn, Mai 2005, auf kriminalpraevention.de, gesehen am 22. Mai 2010 (PDF)
- ↑ Die Rolle und Wirkung des Sports in der Kinder- und Jugendgewaltprävention. , gesehen am 11. September 2010 auf kriminalpraevention.de
Personendaten | |
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NAME | Günther, Manfred |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Sozialpädagoge, Jugendhilfe-Autor und Schulpsychologe |
GEBURTSDATUM | 1948 |
GEBURTSORT | Bochum |