Geoffrey Basil Spicer Simson

britischer Seemann und Afrikaforscher, Hydrograph
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Geoffrey Basil Spicer Simson (* 15. Januar 1876 in Hobart in Tasmanien;[1]29. Januar 1947 in Courtenay (British Columbia), Kanada[2]) war ein Angehöriger der Royal Navy, der während des Ersten Weltkrieges die Vormachtstellung der Deutschen auf dem Tanganjikasee zu brechen suchte.

Vor dem Ersten Weltkrieg

Geoffrey Basil Spicer Simson war eines von zahlreichen[3] Kindern des Ehepaares Frederick Simson und Dora, geb. Spicer. Frederick Simson hatte in der Marine gedient, dann in Indien als Händler gelebt und seine Frau in Le Havre kennen gelernt. 1874 waren die Spicer Simsons nach Tasmanien gezogen, um eine Schafzucht zu betreiben. Fünf Jahre später kehrten sie nach Frankreich zurück. Die Kinder besuchten Schulen in England. Der älteste Sohn, Theodore, wurde Künstler, der jüngste, Noel, schlug die Militärlaufbahn ein.

Geoffrey Basil Spicer Simson selbst begann seine Marinekarriere im Alter von vierzehn Jahren: 1890 trat er seinen Dienst auf dem Schulschiff Britannia an. Er diente später auf Schiffen auf dem Mittelmeer und dem Pazifik. 1901 diente er in der North Borneo Boundary Commission, zwischen 1905 und 1908 war er an der ersten hydrographischen Untersuchung des Jangtse beteiligt und von 1911 bis 1914 mit der Erforschung des Gambiaflusses beschäftigt. Doch durch seine prahlerische Art und die Angewohnheit, seinen mit Schlangen und Schmetterlingen tätowierten Körper zur Schau zu stellen, machte er sich wenig Freunde. Auch unterliefen ihm bisweilen schwerwiegende Fehler. 1905 hätte er fast ein U-Boot versenkt, ein andermal setzte er sein Schiff auf Grund. Bei einer von Spicer Simson verschuldeten Schiffskollision starb ein Mensch. So ging es mit seiner Karriere nur zögerlich vorwärts. Am 19. Februar 1896 wurde er in seinem Rang als Unterleutnant der königlichen Flotte bestätigt.[4] 1912 heiratete er Amy Elizabeth Baynes-Reed, die aus British Columbia stammte und ihn nach Gambia begleitete. 1914, beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges, war er in Ramsgate stationiert. Die HMS Niger, ein Schiff, für das er zuständig war, wurde vor seinen Augen von den Deutschen torpediert und sank. Spicer Simson hatte sich zum Zeitpunkt der Torpedierung in Damengesellschaft in einem Hotel aufgehalten. Doch 1915 wendete sich das Blatt.

 
Die Kingani auf dem Tanganjikasee

Mit Wirkung vom 26. Dezember 1915 wurde er vom Lieutenant-Commander zum Commander befördert.[5] Dies hatte vermutlich seinen Grund im Gefecht von Lukuga, in dem der deutsche Zollkreuzer Kingani erbeutet wurde. Die Voraussetzungen dazu hatte Spicer Simson geschaffen: Er war mit 38 Jahren der dienstälteste Leutnant der Royal Navy, als er einen ungewöhnlichen Auftrag erhielt. Die deutschen Schiffe auf dem Tanganjikasee sollten bekämpft werden. Am 21. April 1915 hatte sich ein Mann namens John Lee beim Oberkommandanten der Flotte, Sir Henry Jackson, gemeldet und vorgeschlagen, den Tanganjikasee unter britische Herrschaft zu bringen. Deutsch-Ostafrika wurde zu diesem Zeitpunkt von deutschen Schutztruppen und Askaris unter Paul von Lettow-Vorbeck gegen Großbritannien und Belgien verteidigt. Ende 1914 hatten sie einen Vorstoß der Briten bei Tanga verhindert. Ihre Flotte auf dem Tanganjikasee bestand zu diesem Zeitpunkt aus dem Zollkreuzer Kingani und dem ehemaligen Postdampfer Hedwig von Wissmann. Daneben gab es noch einige kleinere Boote, etwa die Peter, die der Gesellschaft zur Schlafkrankheitsbekämpfung gehörte. Lees Plan sah vor, diese deutschen Schiffe außer Gefecht zu setzen und so den britischen und belgischen Truppen die Gelegenheit zu geben, die Deutschen zurückzudrängen. Dazu aber mussten britische Boote zum Tanganjikasee geschafft werden.[6] Diesen Auftrag erhielt Geoffrey Basil Spicer Simson.

Spicer Simsons Einsatz im Ersten Weltkrieg

Aus dem deutschen Kaiserreich war der Dampfer Hedwig von Wissmann in zerlegtem Zustand nach Afrika transportiert und an seinem vorgesehenen Einsatzort montiert worden. Spicer Simson, der bislang in Afrika hauptsächlich auf dem Gambiafluss unterwegs gewesen war, sollte diese ungewöhnliche Methode, Schiffe zu transportieren, nachahmen und zwei Schnellboote auf dem Landweg über die Mitumba-Kette zum Tanganjikasee bringen. Die beiden etwa 13 Meter langen Boote mit den Namen Mimi und Toutou - die englischen Namen Dog und Cat waren abgelehnt worden - wurden in England demontiert, dann nach Kapstadt verschifft und mit der Bahn und Booten weiter nach Elisabethville transportiert. Von dort aus sollte Spicer-Simson sie auf dem Landweg in das 160 Meilen entfernte Albertville bringen. Ihm standen dafür Träger und dampfgetriebene Zugmaschinen zur Verfügung. Über die widrigen Bedingungen des Unternehmens berichtete er 1917 und bezeichnete es dabei als puren Wahnsinn, die Boote auf diese Weise transportieren zu lassen. Dennoch war das Unternehmen erfolgreich: Ende Juni 1915 kamen die beiden Boote in Kapstadt an. Es folgten 2300 Meilen Eisenbahnfahrt bis Elisabethville, dann 150 Meilen auf der Straße bei Höhenunterschieden von 4000 Fuß, eine weitere Eisenbahnfahrt, ein Transport auf dem Lualaba und schließlich noch eine Fahrt bis zum Hafen von Lukuga, der in belgischer Hand war. Am 23. Dezember konnten die Boote auf dem Tanganjikasee in Gebrauch genommen werden und drei Tage später waren sie an der Aufbringung der Kingani beteiligt.

Die Kingani war das erste deutsche Schiff, das die Briten im Ersten Weltkrieg erbeuteten. Sie wurde von der Mimi angegriffen und beschossen, wobei der Kapitän und zwei Schützen getötet wurden. Das sinkende Schiff wurde von den Briten in den Hafen geschleppt, repariert und als Fifi wieder in Dienst genommen.[7] Auch das Maskottchen der Deutschen, eine als Proviantvorrat getarnte Ziege, übernahmen die Briten und zogen ihm eine englische Uniform an. Die Hedwig von Wissmann wurde im Februar 1916 beschossen und versenkt.

 
Die ehemalige Graf Götzen

Im Februar 1916 wurden die Briten dann mit einem weitaus größeren Schiff, der Graf Götzen, konfrontiert, das ebenfalls in zerlegtem Zustand nach Afrika gelangt war. John Lee hatte wahrscheinlich von diesem Schiffsbau und -transport der Deutschen gewusst, dies aber bei seinem Besuch in London verschwiegen. Die Graf Götzen war den beiden Schnellbooten Spicer Simsons überlegen. Doch schon nach dem ersten Einsatz auf dem Tanganjikasee versenkten die Deutschen dieses Schiff, um es nicht in die Hände der Feinde fallen zu lassen, die inzwischen auf dem Land Gewinne gemacht hatten. Später wurde die Graf Götzen von den Belgiern gehoben, sank 1920 erneut, wurde nochmals gehoben und wieder einsatzfähig gemacht.[8]

Nach dem Ersten Weltkrieg

Geoffrey Basil Spicer Simson wurde von Eingeborenen am Tanganjikasee in Steinstatuen verewigt. Weil er in Afrika gerne im Rock auftrat, den ihm seine Frau genäht hatte, wurde er als Bauchtuch-Gott bezeichnet. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete er 1919 bei den Friedensverhandlungen von Versailles als Übersetzer, 1922 war er an einer Reportage für den National Geographic über Mimi und Toutou beteiligt, später beschäftigte er sich mit hydrographischen Arbeiten. Obwohl er tropenkrank aus Afrika zurückgekehrt war, erreichte er ein hohes Alter. Seinen Lebensabend verbrachte er in British Columbia.

Ein Album mit Bildern und Notizen von den Gambia-Expeditionen 1911 und 1912 ist erhalten geblieben und befindet sich in der Bibliothek der Cambridge University.[9] Eine Fetischfigur, die offenkundig Geoffrey Basil Spicer Simson darstellt, befindet sich im Nationalmuseum von Daressalam. Sie trägt einen Rock, ist augenscheinlich tätowiert und mit einem Fernglas ausgerüstet. Die Schnellboote Mimi und Toutou gelten als verschollen, die Fifi wurde nach dem Ersten Weltkrieg versenkt.[10]

Die Versenkung der Kingani wurde 1951 mit John Huston verfilmt. Giles Foden schrieb 2004 das Buch Die wahre Geschichte der 'African Queen', in dem er Ungenauigkeiten der Hollywood-Version richtigstellte. Ein weiterer Tatsachenroman über die Seekämpfe auf dem Tanganjikasee stammt von Alex Capus und trägt den Titel Eine Frage der Zeit.

Einzelnachweise

  1. http://www.nationalarchives.gov.uk/documentsonline/details-result.asp?Edoc_Id=7892069
  2. http://www.warfare.it/documenti/spicer.html
  3. In vielen Quellen ist von fünf Kindern die Rede, nach [1] waren es jedoch acht Geschwister.
  4. http://www.london-gazette.co.uk/issues/26816/pages/411
  5. http://www.london-gazette.co.uk/issues/29427/pages/181
  6. http://www.nytimes.com/2005/04/10/books/chapters/0410-1st-foden.html?pagewanted=print
  7. http://www.london-gazette.co.uk/issues/30182/supplements/7070
  8. http://www.sueddeutsche.de/auto/schiff-fahrt-in-afrika-heikle-mission-am-tanganjikasee-1.1018520-3
  9. http://janus.lib.cam.ac.uk/db/node.xsp?id=EAD%2FGBR%2F0115%2FY30447D
  10. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-70131131.html