Fußverkehr
Kleiner geschichtlicher Rückblick
Straßen waren von jeher für alle Verkehrsarten bestimmt. Dort, wo es allerdings Konflikte mit dem Fuhrwerks- oder Reiterverkehr gab, wurden schon frühzeitig Gehwege eingerichtet. Bekannt ist das Bild von Pompeji. Straßen waren von vielfältigen Nutzungen geprägt. Neben Transport fanden Handel, Handwerk und Kommunikation auf der Straße statt, die Straße war eine Erweiterung des Wohn- und Arbeitsraums.
Je enger der Straßenraum und je mehr Verkehr sich darin abspielte, um so größer sind die Konflikte. Schon 1563 bat das Parlament in Frankreich den König vergeblich, er möge Fahrzeuge auf den Pariser Straßen verbieten. Auch ohne Kraftfahrzeug war es für Fußgänger nicht unproblematisch, wie Goethe eine Kutschfahrt durch Neapel beschreibt: „Der Fahrende schreit unaufhörlich „Platz! Platz!“, damit Esel, Holz oder Kehricht Tragende, entgegenrollende Kalessen, lastschleppende oder frei wandelnde Menschen, Kinder und Greise sich vorsehen, ausweichen, ungehindert aber der scharfe Trab fortgesetzt werde.“ (Goethe, Johann Wolfgang von; Italienische Reise. Köln 1998, S. 208)
Der Konflikt war aber auch eine Auseinandersetzung zwischen Ober und Unten, denn in den Kutschen saß die Herrschaft. Die Aufklärung und Französische Revolution war auch eine Emanzipation der Fußgänger, der Blütezeit der Fußreisen und des Flanierens. Im Paris von 1789 gab es die Idee einer Republik der Fußgänger. Der Bürgersteig war Teil des Rufes nach Bürgerrechten und der Emanzipation des Bürgertums (deswegen heißt es auch Bürgersteig).
Die Verdrängung der Fußgänger von der Straße setzte aber erst durch das Aufkommen des Automobils ein. „Von allen Seiten, an jedem Ort und zu jeder Zeit fährt die Huppe des Automobils in der Großstadt auf Ihre Opfer los.“ (Pidoll, Michael Freiherr von; Der heutige Automobilismus. Ein Protest und Weckruf. Wien 1912, S. 1) Die für die damaligen Verhältnisse und der Nutzungsmischung der Straßen hohen Geschwindigkeiten (erlaubt waren 1910 in Preußen 15 km/h) führten zu zahlreichen Unfällen. In Berlin mit gerade einmal 5613 Automobilen ereigneten sich von Oktober 1910 bis Ende September 1911 insgesamt 2851 Automobilunfälle, von denen 67 tödlich verliefen.
Mit dem Aufkommen des Automobils setzte die „Eroberung der Straße“ durch das Kraftfahrzeug ein. Fußgänger wurden durch lokale Verordnungen immer mehr von der Fahrbahn verdrängt. 1934 wurde dann mit der Reichs-Straßenverkehrsordnung erstmals für das gesamte Reichsgebiet eine einheitliche Regelungen über den Straßenverkehr erlassen. „Ist eine Straße für einzelne Arten des Verkehrs erkennbar bestimmt (Fußweg, Radfahrweg, Reitweg), so ist dieser Verkehr auf den ihm zugewiesenen Straßenteil beschränkt, der übrige Verkehr hiervon ausgeschlossen.“ Innerhalb von wenigen Jahrzehnten hatte sich das Auto durchgesetzt; Fußgänger durften nur noch den ihnen zugewiesenen Teil der Straße benutzen Die Zielsetzung der Reichs-Straßenverkehrsordnung war in der Präambel beschrieben: „Die Förderung des Kraftfahrzeugs ist das vom Reichskanzler und Führer gewiesene Ziel, dem auch diese Verordnung dienen soll.“
Mit der steigenden Motorisierung nach dem Krieg - 1953 gab es wieder knapp 1,2 Mio. Personenkraftfahrzeuge - wurde in der neuen Straßenverkehrsordnung 1953 die Möglichkeit zum Gehwegparken explizit aufgenommen, um, wie es in der Begründung heißt, die bisher in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortete Frage des Parkens auf Gehwegen nun gesetzlich zu regeln. In der Neufassung der StVO 1970 wurde dann noch die Möglichkeit zu einem gemeinsamen Rad- und Fußweg aufgenommen. Fortschritte waren 1964 die Einführung des Zebrastreifens in die StVO, die Errichtung von Fußgängerzonen (in eng begrenzten Revieren) und die Einführung der verkehrsberuhigten Zonen.
(Auszug aus: Schmitz, Andreas; Über Normen, Richtlinien und Verordnungen. In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen - ILS; Zu Fuß mobil. Dortmund 2000)
Straßenverkehrsrechtliche Regelungen (Deutschland)
Benutzung der Gehwege
In § 25 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) ist die Gehwegbenutzung für Fußgänger geregelt: „Fußgänger müssen die Gehwege benutzen. Auf der Fahrbahn dürfen sie nur gehen, wenn die Straße weder einen Gehweg noch einen Seitenstreifen hat.“ Allerdings dürfen sie andere Fußgänger nicht durch sperrige Gegenstände oder das Mitführen von Fahrzeugen behindern. Hierzu heißt es in Abs. 2: „Fußgänger, die Fahrzeuge oder sperrige Gegenstände mitführen, müssen die Fahrbahn benutzen, wenn sie auf dem Gehweg oder auf dem Seitenstreifen die anderen Fußgänger erheblich behindern würden.“
Die Benutzung der Gehwege durch Fahrzeuge ist nicht erlaubt. Dies ergibt sich aus § 2 StVO: „Fahrzeuge müssen die Fahrbahn benutzen...“. Unter Fahrzeuge fallen auch Fahrräder. Auch das Parken auf Gehwegen ist nicht erlaubt.
Eine Ausnahme gibt es für Kinder mit Fahrrädern. Kinder bis zum vollendeten 8. Lebensjahr müssen, ältere Kinder bis zum vollendeten 10. Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Auf Fußgänger ist dann besondere Rücksicht zu nehmen.
Nicht als Fahrzeug bezeichnet werden „besondere Fortbewegungsmittel“ (§ 24 StVO). Hierunter fallen Schiebe- und Greifrollstühle, Rodelschlitten, Kinderwagen, Roller, Kinderfahrräder und ähnliche Fortbewegungsmittel wie Personen mit Inline-Skatern. Diese müssen, wenn nichts anderes geregelt ist, die Gehwege benutzten.
Straßenbaurichtlinien (Deutschland)
Im Jahr 2002 wurden von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen – FGSV – die „Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen – EFA 2002“ herausgegeben.
Gehwege
Die Wege für Fußgänger innerorts lassen sich folgendermaßen einteilen:
- selbständig geführte Fußwege oder nicht befahrbare Wohnwege
- Fußgängerbereiche (Fußgängerzone) in Straßen und auf Plätzen
- straßenbegleitende Gehwege
- Verkehrsberuhigte Bereiche (siehe Verkehrsberuhigter Bereich)
Literatur
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen – FGSV; Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen – EFA 2002. Köln 2002
siehe auch:
Wandern Spaziergang Mobilitätskultur Gehweg Fußgängerüberweg
Weblinks
- Arbeitsgruppe Fußverkehr
- Fuss e.V
- Fussverkehr Schweiz
- Begegnungszonen (Schweiz)
- Stadt Zürich: Mobilitätskultur
- Wanderbares Deutschland: Informationen vom Deutschen Wanderverband