Philipp Baum (* 20. November 1849 in Schwabenheim; † 3. November 1886 ebenda) war ein deutscher Architekt.
Leben
Philipp Baum wurde als Sohn eines Bauern geboren. Sein Großvater Georg war in den 1830er Jahren Adjunkt der Gemeinde Schwabenheim und der Vater war 1850 Polizei-Kommissär, Beigeordneter und Mitglied des Gemeinderates sowie von 1853 bis 1868 Bürgermeister der Gemeinde Schwabenheim. Er war bis zu seinem Tode der Höchstbesteuerte der Gemeinde. Er besuchte in Schwabenheim die evangelische Volksschule. Baum starb relativ jung im Alter von 37 Jahren im Wohnhaus seines Bruders Friedrich Baum in Schwabenheim. Zum Wintersemester 1871/72 und dem II. Semester 1872 bei der Bauschule der Polytechnische Schule in Darmstadt hat Baum sich eingeschrieben und jeweils ein Eintrittsgeld von 25 Gulden gezahlt. Nach dem Adressenverzeichnis der Hochschule in Darmstadt, das 1885 aufgestellt wurde, hat Baum lediglich diese zwei Semester dort studiert. Er wird in diesem Verzeichnis als Architekt und in Mainz wohnhaft geführt. Anschließend setzte er seine Studien in Wien und Stuttgart fort. Danach machte er ausgedehnte Studienreisen in Europa. Welche Examina er abgelegt hat ist nicht bekannt.
Nach dem Abschluss seines Studiums und seiner Studienreisen ging Baum wohl nach Prag, um an dem Projekt Schloss Stern auf Bílá hora zu arbeiten. 1874 sollen Falke und Baum die Pläne für den Mosaik- und Keramikfußboden gemacht haben und 1877 gab Baum das Buch Schloss Stern mit 40 Tafeln in sehr hoher Qualität heraus. Anschließend richtete er in Mainz ein Atelier für Architektur und Kunstgewerbe ein. Laut Adress-buch der Stadt Mainz unterhält er seit 1881 ein Atelier in der Mainzer Oberstadt, Linsenberg 3. Neben seiner Architekturarbeit lag nun der Schwerpunkt auf den kunstgewerblichen Arbeiten. So ergab sich die Zusammenarbeit Baums mit der Firma Villeroy & Boch in Mettlach. Salzgeber schreibt hierzu:
„Das Bedeutendste in dieser Richtung war jedoch der im Sinne eines reichen Barocco komponierte Boden für die riesige Stiftskirche zu Einsiedeln in der Schweiz, das an Größe und Eigenart in der ganzen neueren Kunstindustrie seinesgleichen nicht hat.“
Wiederholte Ausstellungen seiner Zeichnungen brachten ihm Anerkennung in Fachkreisen. Wäre er nicht Architekt geworden, hätte er auch Maler werden können. Aber auch seine Architekturarbeiten kamen nicht zu kurz. Im Rahmen der Stadterweiterung von Mainz über die Große Bleiche und die Kaiserstraße hinaus projektierte er mehrere Stadtpalais. Bis auf eines sind alle beim Feuersturm auf Mainz durch die alliierten Bomberverbände untergegangen.
Werk
Seine erste Arbeit
Nach seinem Studium war die Teilnahme an der Renovierung des Lustschlosses Stern bei Prag. Baum muss längere Zeit dort gearbeitet haben, denn er gab 1877 beim Verlag E. A. Seemann in Leipzig das Buch Schloss Stern bei Prag heraus.
Aus den Auftragsbüchern der Firma Villeroy & Boch
Symbolfiguren 4 Jahreszeiten
Villa Schifferdecker in Heidelberg Der Entwurf war für den Fabrikanten Dr. Paul Schifferdecker (Portland-Zement, heute Heidel-berger Zement AG) vorgesehen. Das Haus befindet sich im Stadtteil Neuenheim (Neuenheimer Landstraße 101-103).
Rosette 4 Elemente für ein Gebäude in Dresden
Der Auftrag wurde von der Firma Villeroy & Boch erteilt und 1886 ausgeführt. Wahrscheinlich war das Werk für ein firmeneigenes Gebäude in Dresden bestimmt. Die Firma Villeroy & Boch gründete 1856 in Dresden eine Niederlassung. Aufgrund der Expansion der Firma wurden die Fabrikanlagen ständig erweitert.
Rundfries Fische
Die Firma Villeroy & Boch erteilte den Auftrag für ein Wasserbassin ein Rundbogenfries mit Fischen zu entwerfen.
Dortmund Liebfrauenkirche
In dieser Kirche wurde ein Mosaik mit St. Georg und dem päpstlichen Wappen verlegt.
Bogenfelder für die Villa Rebentisch
Die besagte Villa wurde 1883 von dem Architekten und Baumeister Carl August Rebentisch (1846 – 1890) errichtet und bis zu seinem Tod selbst bewohnt. Es stand in der Spohrstraße 13 A und wurde im 2. Weltkrieg zerstört.
Wappen für den Kriegsminister
Bei Seiner Exzellenz handelt es sich um den Preußischen Kriegsminister Paul Bronsart von Schellendorff. Über den Verbleib des Werkes ist nichts bekannt.
Podest Vögel mit Ornament
Dieses Stiftmosaik wurde 1883 für die Villa Gattel von Edmund Bloch, Mettlach in Auftrag gegeben.
Wallfahrtskirche in Einsiedeln
Im Auftragsbuch der Firma Villeroy & Boch wird der Auftrag als Detailzeichungen Päpstlich-, Cardinals- und Bischofswappen, große Rosette mit 12 Himmelszeichen, 4 Planeten, Tag und Nacht, Belag Gnadenkapelle bezeichnet. 1884 erhielt Baum vom Statthalter des Klosters, Pater Raphael Kuhn, den Auftrag zusammen mit dem Dompräbanten Schneider für die Kloster-kirche in Maria Einsiedeln in der Schweiz, den Fußboden mit Stiftsmosaik und Keramikplatten der Firma Villeroy & Boch mit den o. g. Details neu zu gestalten. Auch hat er das Pilasterornament im Windfang und Windfangumgang gestaltet.
Weibliche Figur mit Schrift "Qui si sana" in Bad Oeynhausen
Qui si sana bedeutet: hier wird man gesund. Der Begriff findet in Kurorten vielfache Verwendung für Hotels und Badeeinrichtungen 1883 bis 1885 wurde in Bad Oeynhausen von Architekt Gorgolewski ein neues Badhaus (Bad-haus IV, heute Badhaus II genannt) errichtet.
Fries und Skizze St. Paulin Trier
Nach Mitteilung des katholischen Pfarramtes St. Paulin in Trier vom 03. Juli 2001 sind von dem Fries und dem 1.800 qm großen Plattenbelag nichts mehr vorhanden.
Kirche St. Gudula in Rhede
Es wurde der gleiche St. Georg verlegt wie in der Liebfrauenkirche in Rhede. Die Ausführung des Werkes erfolgte nach Baums Tod.
Kleiner Adler mit Eckverzierungen
1887 erhielt Baum von einem Seidel den Auftrag einen keinen Adler mit Eckverzierungen für Stiftmosaik zu entwerfen.
Mausoleum auf der Rosenhöhe bei Darmstadt
In den 1880er Jahren erhielt er vom Großherzog von Hessen den Auftrag, den Fußboden und die sonstige Ausschmückung im Mausoleum auf der Rosenhöhe bei Darmstadt zu gestalten.
Neubau Würzburger in Mannheim
In den handschriftlichen Unterlagen des Firmenarchivs der Firma Villeroy & Boch ist Baum mit einem weiteren Werk erwähnt. Es handelt sich um die Ausschmückung eines Unternehmergebäudes in Mannheim.
Gebäude im Rahmen der Mainzer Stadterweiterung:
Mehrere Stadtpalais, die im Rahmen der Stadterweiterung von Mainz, errichtet wurden, trugen seine Handschrift. Welchen Leistung er dabei vollbrachte, kann man an dem einzigen überkommenen Haus in der Kaiserstraße 35 erkennen. Es wurde 1883/84 im Stil der Neorenais mit großer Formenvielfalt des Historismus errichtet. Der Bauplan trägt das Datum 2. Juli 1883. Als Bauherr wurde Georg Panizza genannt. Es steht heute unter Denkmalschutz. Das Landesdenkmalamt beschreibt das Haus wie folgt: Im Erdgeschoß Torfahrt mit dem originalen zweiflügeligen Türblatt und reichem schmiedeeisernem Gitter erhalten. Die Beletage durch große Ädikulafenster und Blendbalusterbrüstungen hervorgehoben, der mittige Kastenerker reich dekoriert mit Säulenordnung und Beschlagwerk. Das abschließende Geschoß ist durch kleine, gekuppelte Rundbogenfenster und eine reich geschmückte Frieszone als Mezzanin charakterisiert. Die Mittelachse wird durch einen Giebel mit Obeliskenaufsätzen überhöht. In der Torfahrt Pilastergliederung und Fußboden, das Treppenhaus mit bunter Verglasung, filigranem Treppengeländer und zugehörigen Türen erhalten. Das Wohnhaus ist architektonisch anspruchsvoll ausgebildet und mit hoher handwerklicher Qualität ausgeführt worden und wurde 1889 in der Architektonischen Rundschau dargestellt.
Nekrolog
Die Zeitschrift Kunstchronik veröffentlichte einen Nekrolog.
Neben seinen praktischen Zielen war er mit Neigung früh schon in kunstwissenschaftlicher Richtung thätig und bewährte u. a. seine Befähigung auf diesem Gebiete durch eine vorzügliche Publikation des durch Anlage und malerische Ausstattung berühmten Schlosses Stern bei Prag. Seit seiner Niederlassung in Mainz beschäftigen ihn in erster Linie kunstgewerbliche Arbeiten, wozu ihm seine Beziehungen zu der Großindustrie von Villeroy und Boch in Mettlach dauernd Gelegenheit boten. Eine Reihe fein empfundener und geschmackvoller Leistungen entstanden daraus; namentlich waren Entwürfe unter Benutzung antik-römischer Vorbilder für Mosaikböden mit entschiedenem Glück von ihm bearbeitet worden. Das Bedeutendste in dieser Richtung war jedoch der im Sinne eines reichen Barocco komponierte Boden für die riesige Stiftskirche zu Einsiedeln in der Schweiz, ein Werk, das an Größe und Eigenart in der ganzen neueren Kunstindustrie seines gleichen nicht hat. Studienlandreisen nach Italien, sowie nach Belgien, Hollland und England förderten ebenso wohl Baums künstlerische Durchbildung, wie sie ihm Gelegenheit boten, eine fülle der herrlichsten Studien aus allen Gebieten anzusammeln. Baum war Meister in einer feinen, geschmackvollen, ja geradezu entzückenden Wiedergabe von Baudenkmalen, namentlich aber von malerischen, dekorativen und kunstgewerblichen Einzelheiten. Was er in dieser Richtung geschaffen, kann geradezu als treffliches Studienmaterial für Kunstinstitute gelten. Wiederholte Ausstellungen seiner Reisefrüchte brachten ihm die verdiente Anerkennung dafür und bahnten ihm zugleich den Weg zu vielseitiger Thätigkeit. Auch in Darmstadt wurden ihm dekorative Aufgaben von Belang, u. a. im Mausoleum auf der Rosenhöhe übertragen. Eine ausgebreitete Wirksamkeit ergab sich für ihn mit der hiesigen Stadterweiterung. Eine Reihe von Neubauten knüpfen sich an seinen Namen: markige Durchbildung der Architektur verbindet sich darin mit flott behandelten Detail und malerischer Gesamthaltung. Zuletzt kehrte er in der sein komponierten Fassade des Hauses Falk-Ring am Boulevard zu der vornehmen Einfachheit einer Florentiner Renaissance zurück und schloß – leider – und damit frühzeitig seine schöpferische Thätigkeit. Unter schweren Siechtum erlahmte seine Kraft, da er kaum die Schwelle des Mannesalters überschritten hatte. Neben seiner künstlerischen Begabung, die sich vorwiegend in gefälliger Darstellung äußerte, erwarb ihm die die seine, harmlose Art seines Wesens die Gunst und Zuneigung in den weitesten Kreisen. Was er geschafften, trägt durch und durch den Stempel einer feinempfindenden Natur: Jeder seiner Leistungen wird darum auch ein Denkmal seiner Sinnesart und seines Strebens bleiben. (Darmst. Ztg.)
Literatur
- Adressen-Verzeichnis der ehemaligen Studierenden der höheren Gewerbeschule, der technischen Schule, sowie der polytechnischen Schule, bezw. Technischen Hochschule zu Darmstadt. Darmstadt 1885.
- Philipp Baum: Schloss Stern bei Prag. Verlag E. A. Seemann, Leipzig 1877.
- Gottfried Braun: Schwabenheim an der Selz. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Gemeinde Schwabenheim, Schwabenheim 2000.
- Gottfried Braun: Schwabenheimer Lagerbuch aus dem Jahre 1800. In: Heimatbeilage, Blätter für Kultur und Heimatpflege, Beilag zum Amtsblatt der Verbandsgemeinde Gau-Algesheim, Nr. 1/1998.
- Das Mettlacher Tonstift-Mosaik im Dienste der Kunst. (Werbeschrift der Firma Villeroy & Boch, nach 1935.)
- Margit Euler: Studien zur Baukeramik von Villeroy & Boch 1869–1914. (Teil 1: Fliesen aus der Mosaikfabrik in Mettlach.; Teil 2: Terrakotten aus der Terrakottafabrik in Merzig.) Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Bonn 1994.
- Jakob von Falke: Schloss Stern. K.K. Central-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst und Historischen Denkmale, Wien 1879.
- Georg Haupt: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Darmstadt. Roether, Darmstadt 1954.
- Baldur Köster: Bad Oeynhausen. Ein Architekturmuseum des 19. Jahrhunderts. Hirmer, München 1985.
- Kunstchronik, Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe, N. F. 1/ 1888/1889, Spalten 87 und 107.
- Kunstwerk aus Stein, das die Jahrhunderte überdauert. (Werbeblatt der Firma Villeroy & Boch mit dem Mosaikteppich der Gnadenkapelle der Stiftskirche Maria Einsiedeln, um 1935.)
- Mettlach. Eine Stätte christlicher Kunst. (Werbeschrift der Firma Villeroy & Boch, 1935.)
- Georg Holzher: Einsiedeln. Kloster und Kirche Unsrer Lieben Frau. Von der Karolingerzeit bis zu Gegenwart. Schnell und Steiner, Regensburg 2006.
- Mosaik-Fabrik von Villeroy & Boch in Mettlach: Verzeichnis der grösseren öffentlichen Bauten, in welchen Mettlacher Mosaik- und Wand-Platten, Verblender sowie Stiftsmosaiken (musivische Arbeiten) in Glas- und Thonwürfel ausgeführt worden sind.
- Museum of Czech Literature, The Hvezda, Summer Pavilion, a National Cultural Monument 1. Category. (Faltblatt des Museums für tschechische Literatur) Prag 2000.
- Joachim Salzgeber: Hundert Jahre Einsiedler Kirchenboden. In: Maria Einsiedeln, Benediktinische Monatszeitschrift, Offizielles Organ der Wallfahrt, Heft 11, 1984.
- Allgemeines Künstlerlexikon. K. G. Saur, München 2001.
- Angela Schumacher, Ewald Wegner: Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 2.1: Stadt Mainz, Stadterweiterungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Düsseldorf 1986.
- Sprechsaal, Officielle Zeitschrift für den Verband keramischer Gewerbe, 22. Jahrgang, Nr. 34 (vom 22. August 1889)
- Peter Springer: Das Kölner Dom-Mosaik. Ein Ausstattungsprojekt des Historismus zwischen Mittelalter und Moderne. Verlag Kölner Dom, Köln 1991.
- The House of Villeroy & Boch 1748, Alt Mettlach. Die Ästhetik einer neuen Zeit. (Prospekt der Firma Villeroy & Boch, 2000.)
- Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Band 3. E. A. Seemann, Leipzig 1910, S. 77.
Personendaten | |
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NAME | Baum, Philipp |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt |
GEBURTSDATUM | 20. November 1849 |
GEBURTSORT | Schwabenheim |
STERBEDATUM | 3. November 1886 |
STERBEORT | Schwabenheim |