Louis François I. de Bourbon, prince de Conti

französischer Adliger
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„Mon cousin, l’avocat“ nannte Ludwig XV. seinen Cousin Louis-François de Bourbon, Prince de Conti (im 18. Jahrhundert auch „Conty“ geschrieben) nicht ohne Ironie. Als Prinz von Geblüt vertrat er die Werte und Vorstellung des französischen Hochadels par excellence. Als talentierter und ehrgeiziger Mann versuchte er, sich auf allen Gebieten mit dem König zu messen. Von seinen Zeitgenossen als „stolz, liebenswürdig, ambitioniert“ und gleichzeitig als „Frondeur, ein Gourmand, faul, nobel und liederlich“ (Prince de Ligne 1990, S. 479) charakterisiert, verkörperte Conti wie kein zweiter die Paradoxien der Aristokratie im ausgehenden Ancien Régime. Ehrgeizig und machthungrig, suchte er die ständige Konfrontation mit Ludwig XV. Sein Engagement auf Seiten des Parlaments gegen die absolute Macht des Königs ging einher mit einem ausgeprägten Interesse für die Kunst und Wissenschaft: Der Prinz baute in den 1760er und 1770er Jahren eine der umfangreichsten Kunst- und Kuriositätensammlung seiner Zeit auf, die den Ansprüchen eines heutigen Museums entsprochen hätte. Die über Tausend Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen der Sammlung Conti umfaßten die wichtigsten italienischen, französischen und nordischen Künstler vom 16. bis 18. Jahrhundert. Unzählige natürliche und technische Objekte vereinten die Kulturtechniken der Zeit mit dem Wissensdurst eines Mannes der Aufklärung.

Louis-François de Bourbon, prince de Conti (1717-1776)

Louis-François de Bourbon gehörte dem Haus Conti an, dem Rang nach dritten Zweig der Bourbonen. Wie seine Cousins aus dem Haus Condé und d’Orléans, war auch der Prince de Conti ein engagierter Kämpfer für die Sache der Aristokratie gegen eine zu starke Stellung des Königs. Er sollte in ihren Augen nur ein primus inter pares sein, der den Großen des Landes Mitsprache im Regierungsgeschäft geben sollte. In der Vorstellung von Teilen der Hocharistokratie hätten die Parlamente als souveräne Gerichtshöfe die königlichen Entscheidungen zu kontrollieren. Die Konflikte zwischen König, Aristokratie und Parlamenten waren angelegt mit dem Aufstieg des Monarchen zum absoluten Herrscher. Die seit dem Scheitern der fronde princière und der fronde parlementaire im 17. Jahrhundert geschwächte Aristokratie gewann in der Folge der Regence an neuem Selbstbewußtsein. Besonders nach dem Tod des regierenden Kardinals Fleury 1743 hatte Ludwig XV. Schwierigkeiten, die princes frondeurs und das sich auf die lois fondamentales des Königreiches berufenden Parlamente zu zügeln. Der Prince de Conti gehörte als Pair dem Parlament von Paris an. Bis zum Jahr 1756 besaß Conti das Vertrauen sowohl des Königs als auch des Parlaments, so daß er zwischen den beiden Konfliktparteien vermitteln konnte. Nach seinem endgültigen Bruch mit Ludwig XV. zu Beginn des Siebenjährigen Krieges wurde er einer der einflußreichsten Opponenten des Monarchen.

Bis in die 1740er Jahre kämpfte der junge Prinz als gefeierter Kriegsheld auf den Schlachtfeldern Europas. Jung, ehrgeizig und talentiert suchte er nach dem Ausscheiden aus der Armee nach neuen Aufgaben, die seinen Ambitionen entsprachen. Ludwig XV. schätzte seinen Cousin wegen seiner Fähigkeiten und fürchtete ihn ob seines politischen Ehrgeizes. Wie bereits für Contis Großvater François-Louis de Bourbon, der von Ludwig XIV. als politische Bedrohung empfunden wurde, sollten Contis Ambitionen mit dem polnischen Thron befriedigt werden. Um die Wahl zum König in der Nachfolge August III. zu sichern, installierte Ludwig XV. Ende der 1740er Jahre ein geheimes Informantennetzwerk parallel zum regulären diplomatischen Dienst. Der secret du roi unter Contis Leitung war ein europaweites Spionagesystem, das zum Ziel hatte, den Prinzen bei den europäischen Mächten und in Polen als neuen König durchzusetzen. Die besondere Stellung am Hofe als enger Vertrauter des Monarchen und ministre sans portefeuille zog Conti die Gegnerschaft Madame de Pompadours zu. Die zu ihrem Kreis gehörenden Männer wie der Kardinal de Bernis betrieben eine Politik, die den Interessen Contis entgegengesetzt war. Durch geschickte Intrigen der Pompadour wurde der Prinz aus den Verhandlungen im Vorfeld Umkehrung der Allianzen herausgehalten. Der König wußte um die Ablehnung dieser Politik durch seinen Cousin und beriet sich nicht weiter mit ihm. Die Vorenthaltung hoher militärischer Aufgaben zu Beginn des Siebenjährigen Krieges führte 1756 zum endgültigen Bruch zwischen Conti und Ludwig XV.

Conti verließ daraufhin Versailles und führte fortan das Leben eines rebellischen Aristokraten in Paris. Louis-François de Bourbon galt als einer der brillantesten Köpfe der parlamentarischen Opposition zu Ludwig XV. Anders als die meisten seiner Cousins von Geblüt war er bekannt für seine „éloquence mâle et persuasive“ (Capon 1907, S. 164). Seine gewandte Rede ergänzte er durch ausgezeichnete juristische und politische Kenntnisse. In seiner politischen Aktivität unterstreichte er immer die Notwendigkeit des Machtausgleichs zwischen König, Adel und Parlament. Er suchte jede Gelegenheit, um gegen die Monarchie zu agitieren. Zum Beispiel spielte die Protektion der Jansenisten um Adriaen Le Paige eine ebenso wichtige oppositionelle Rolle wie der Aufbau einer gemeinsamen Front der Prinzen von Geblüt gegen den König nach der Exilierung und der Auflösung des Parlaments 1770 durch Maupeou. Auch nach der Wiedereinsetzung des alten Parlaments durch Ludwig XVI. 1774 kritisierte er die neue königliche Politik – dieses Mal gegen die Physiokraten um Turgot, zu dessen Sturz Conti beigetragen hat. Aus seinem Mini-Versailles im Temple suchte der Prinz in den 1760er und 1770er Jahren jede Möglichkeit, die königliche Autorität zu schwächen.

--Stern89 10:42, 14. Mär 2004 (CET)


Literaturhinweise:

Musée d'Art et d'Histoire Louis-Senlecq, L'Isle-Adam (Hg.). Les Trésors des princes de Bourbon Conti, Paris: Somogy Edition d'Art 2000 (Austellungskatalog Musée d'Art et d'Histoire Louis-Senlecq, L'Isle-Adam)


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