Steuersünder-CD

Speichermedium, welches gestohlene Datensätze von Bankkunden enthält
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Der Begriff Steuersünder-CD (verkürzt auch Steuer-CD) ist ein mediales Schlagwort für optische Speichermedien, welche Datensätze von Bankkunden enthalten, die dem deutschen Fiskus zum Kauf angeboten werden.

In den bisherigen Fällen lagen die Banken dabei in Steueroasen wie der Schweiz oder in Liechtenstein. Der Diebstahl der Kundendaten steht in den Steueroasen unter Strafandrohung. Der Erwerb der Steuersünder-CDs durch den deutschen Fiskus dient der Strafverfolgung von Steuerhinterziehern. Eine Steuersünder-CD ist ein Sachbeweis im Sinne der Strafprozessordnung (StPO). Ein Beweisverwertungsverbot nach dem Strafprozessrecht besteht nach herrschender Auffassung nicht. Zuständige Strafverfolgungsbehörde für Steuerhinterziehung (strafbar gem. § 370 der Abgabenordnung) ist die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts bzw. die Staatsanwaltschaft, während die Steuerfahndung den Sachverhalt lediglich ermittelt.

Nachdem in den Medien Verkaufangebote weiterer Steuersünder-CDs bekannt wurden, gehen bei deutschen Finanzämtern regelmäßig Selbstanzeigen ein, in der Hoffnung auf die strafbefreiende Wirkung gemäß § 371 der Abgabenordnung (AO). Die Selbstanzeige hat in jedem Fall strafmindernde Wirkung. Ob die Selbstanzeige auch strafbefreiende Wirkung haben darf, ist allgemein umstritten, denn gemäß § 371 Absatz 2 AO entfällt die Strafbefreiung, sobald das Finanzamt die Steuerhinterziehung bereits vor Eingang der Selbstanzeige entdeckt hat.

Bis Ende 2010 hat der Kauf der CDs mit Daten von Bankkunden in Liechtenstein und der Schweiz ein paar Millionen Euro gekostet, aber 1,8 Milliarden Euro an Steuernachzahlungen eingebracht. Nach Einschätzung von Experten wird die Praxis des Steuer-CD Ankaufs die Steuermoral auf Dauer steigern.[1]

Das Bundesverfassungsgericht hat im November 2010 die Nutzung der Daten solcher Datenträger bei der Strafverfolgung erlaubt. So können die von Informanten angekauften Informationen über mutmaßliche Steuerhinterzieher in Ermittlungsverfahren verwendet werden. Es käme nicht darauf an, ob der Ankauf der Daten ursprünglich rechtmäßig war (2 BvR 2101/09). [2] In der Urteilsbegründung hieß es: „Der ‚Datendiebstahl‘ sei der Bundesrepublik Deutschland nicht zuzurechnen. Selbst wenn völkerrechtliche Übereinkommen umgangen worden sein sollten, sei dies unschädlich, weil sich aus der Verletzung eines völkerrechtlichen Vertrages, der keine persönlichen Rechte gewähre, kein Verwertungsverbot ergebe. Im Übrigen sei das möglicherweise völkerrechtswidrige Geschehen (‚Datendiebstahl‘ und Ankauf der ‚gestohlenen‘ Daten) abgeschlossen gewesen; durch die Benutzung der Daten in dem Ermittlungsverfahren gegen die Beschwerdeführer würden die Übereinkommen nicht erneut beeinträchtigt.“ [3] Weiter sind „Beweismittel, die von Privaten erlangt wurden, selbst wenn dies in strafbewehrter Weise erfolgte, grundsätzlich verwertbar, so dass allein von dem Informanten begangene Straftaten bei der Beurteilung eines möglichen Verwertungsverbotes von vornherein nicht berücksichtigt werden müssen.“[4]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Der Spiegel: Lukrative Steuer-CDs, Staat kassiert 1,8 Milliarden Euro von Steuersündern Spiegel Online vom 18. Dezember 2010
  2. Karlsruhe erlaubt Nutzung, n-tv.de vom 30. November 2010
  3. BVerfG, 2 BvR 2101/09 vom 9.11.2010, Absatz-Nr. (1 - 62) auf bundesverfassungsgericht.de, abgerufen am 30. November 2010
  4. Pressemitteilung Nr. 109/2010 vom 30. November 2010, bundesverfassungsgericht.de