Nikon F

Kleinbild-Spiegelreflexkamera von Nikon
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. März 2004 um 23:43 Uhr durch Arne List (Diskussion | Beiträge) ("manche Fotografen" - realistischer). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Nikon F ist ein klassischer Fotoapparat der 60er Jahre, eine Kleinbild-Spiegelreflexkamera, die als Prototyp aller danach folgenden professionellen Kameras dieses Typs gilt.

Nikon F (schwarz) in der Grundausstattung mit einfachem Prismensucher, Baujahr 1969

Die Nikon F wurde 1959 vorgestellt und 1971 von der technisch sehr ähnlichen Nikon F2 abgelöst, welche den weltweiten Durchbruch des japanischen Herstellers Nikon im professionellen Kleinbildsektor auch in Europa markierte. Schon vorher war die F ein "Geheimtipp", aber keineswegs ein "Exot", sondern besonders in Japan und den USA als Profi-Kamera für den harten Einsatz akzeptiert.

Zwar hat die Nikon F nur mit einer wirklichen Weltneuheit aufzuwarten (dem 100%igen Sucherausschnitt), aber sie vereint dennoch alle bis dahin bekannten Fortschritte erstmals in einem Modell.

Auch nach Jahrzehnten lässt sie sich problemlos einsetzen. Die Grundausstattung mit einfachem Prismensucher ohne Belichtungsmesser wirkt für heutige Verhältnisse spartanisch, aber sie funktioniert, und alle heutige Objektive mit dem F-Bajonett können weiter verwendet werden.

Vorgeschichte

Die Nikon F baut auf folgenden Innovationen anderer Hersteller auf:

Im Stammbaum des eigenen Hauses baut sie technisch auf der Messsucherkamera Nikon SP auf, welche heute zu einem sehr begehrten Sammlerobjekt gehört. Der Ruf der SP als Alternative zu Leica und Contax liegt in den von Nikon gefertigten Objektiven begründet, welche für beide Kameratypen hergestellt wurden. Die S-Serie verwendete selber das Contax-Bajonett. Man kann die Nikon F in vielfacher Hinsicht als eine SP mit Spiegelkasten und größerem Bajonett (durch das notwendig größere Auflagemaß) bezeichnen.


Motor und Langfilmmagazin

Zur Nikon F gab es einen speziellen Motorantrieb, den F-36, der nicht zuletzt dafür verantwortlich war, dass sie sich als Profikamera sehr schnell etablieren konnte. Er wurde zum Vorbild für die Mitbewerber auf dem Kameramarkt. Mit dem F-36 sieht die Nikon F nur unwesentlich anders aus als heutige Profikameras. Er hatte bereits ein angebautes Batteriefach (zunächst externe Stromversorgung) und einen Handgriff mit Auslöser. Der F-36 schafft eine Bildfrequenz von bis zu 5 Bildern in der Sekunde, was selbst heute noch keine Selbstverständlichkeit ist.

Neben dem F-36 gab es auch den Motor F-250, mit einem integrierten Langfilmmagazin für 250 Aufnahmen. Diese Version wurde u.a. von der NASA mit in den Weltraum genommen (wie auch die entsprechende Nachfolgemodelle der F).

Die Rückwand

Eine Eigenheit der Nikon F ist ihre Rückwand. Wurde jene bei späteren Kamera-Modellen aufgeklappt, so wird sie hier nach unten abgezogen. Dafür befindet sich in der Bodenplatte ein versenkbarer Entriegelungshebel. Die Rückwand wird also zusammen mit der Bodenplatte abgebaut.

Der Fotograf hält beim Filmwechsel plötzlich zwei Teile in der Hand und ist "in Action" vor eine zusätzliche Herausforderung gestellt: "Mit welcher Hand den Film einlegen?".

Der Motor hat eine eigene Kamerarückwand, da er die Bodenplatte ersetzt, welche ja bei der normalen Rückwand Bestandteil ist, so dass er also auch komplett abgebaut werden muss, wenn man einen Film wechseln will. Besonders hierbei kann es zu Beschädigungen der Führungsschlitze am Kameragehäuse kommen. Ein Verkanten muss unbedingt vermieden werden. Das Nachfolgemodell F2 hatte dann die heute gebräuchliche - und komfortablere - aufklappbare Rückwand.

Unten an der Bodenplatte lässt sich die Filmempfindlichkeit einstellen. Dies hat aber nur den einzigen Sinn, dass der Fotograf sich erinnern kann, welche Filmempfindlichkeit er beim Belichtungsmesser (extern oder Photomic) einstellen muss. Es ist also eine reine Gedächtnisstütze ohne irgendeine technische Funktion.

Wechselsucher

Charakteristisch und wegweisend für die gesamte bis heute gebaute F-Serie ist das System von Wechselsuchern. Zum Wechseln der Sucher gibt es einen etwas schwer zu bedienenden kleinen Knopf an der Rückseite des Kameragehäuses. Erst 1980 mit der Nikon F3 wurde das deutlich besser gelöst.

Die Grundversion hatte einen Prismensucher, und es gab zusätzlich nur einen Lichtschachtsucher als Alternative. Daneben bemühte sich Nikon, immer modernere Belichtungsmesser in spezielle Sucher einzubauen, die sogenannten Photomics welche ab der zweiten Generation TTL-Belichtungsmessung ermöglichten.

Die Nikon Photomic FTN war das letzte Modell der Nikon F. Die damaligen Photomics funktionieren allerdings nicht mit den heutigen AF-Objektiven. Der Fotograf greift also besser gleich zum Handbelichtungsmesser und dem einfachen Prismensucher und hält so auch die bis heute leichteste Urversion der kompletten F-Serie in der Hand.

 
Matte Seite der selben Scheibe
 
Standard-Mattscheibe Typ A mit Schnittbildindikator

Die Wechselsucher der Nikon F2 passen ebenso an die F, wie auch deren Mattscheiben. Hier muss nur das vordere Typenschild abgeschraubt werden, was aber unkomplizert ist, weil die Schrauben sichtbar an der Außenseite sind (siehe auch Foto). Die Photomics der F2 funktionieren an der F allerdings nicht, da sie eine Stromversorgung seitens der Kamera erwarten. Ein Batteriefach sucht man am eigentlichen Kameragehäuse der F vergebens.

Mechanik

Da die Nikon F eine rein mechanische Kamera ist, wird der Verschluss nach heutigen Maßstäben "ungenau" gesteuert (kein Schwingquarz "zählt" bei ihr die Dauer einer 1/1000 Sekunde).

Als Verschluss dient bei der Nikon F ein äußerst langlebiges Titan-Rollo, welches auch nach Jahrzehnten seinen Dienst tut. Die kürzeste Verschlusszeit ist 1/1000 Sekunde, die Biltzsynchronzeit beträgt 1/60 s.

Auslöser

Der Auslöseknopf liegt - damals konstruktionsbedingt - ungewöhnlich weit hinten ungefähr auf Höhe der Filmebene. Für den Drahtauslöseranschluss wird noch die heute nicht mehr übliche Leica-Glocke verwendet. Es gibt aber Adapter für "normale" Drahtauslöser.

Neben der normalen B-Einstellung für Langzeitbelichtungen, gibt es auch die für professionelle Kameras typische T-Einstellung, welche den Verschluss erst wieder schließt, wenn - hier: - das Rad um den Auslöseknopf gedreht wird. Diese Einstellung erspart den Drahtauslöser mit seiner Feststellschraube für die übliche B-Einstellung.

Spiegelvorauslösung

Weiter verfügt die Nikon F über eine Spiegelvorauslösung, ein weiteres Merkmal für die Profiklasse. Für heutige Maßstäbe unprofessionell ist allerdings seine Funktion: Wenn man die Spiegelvorauslösung einstellt (hierzu gibt es einen Drehknopf seitlich des Bajonetts), klappt der Spiegel erst nach der nächsten Aufnahme hoch und verbleibt in dieser Stellung. Der Fotograf "verschenkt" also eine Aufnahme.

Allerdings lässt sich dieses Manko umgehen, indem man den Auslöser nur halb eindrückt. Der Spiegel wird dann hochgeklappt, und der Verschluss nicht ausgelöst.

Selbstauslöser

Wie schon auf dem Foto zu erkennen, verfügt die F über einen Selbstauslöser. Dieser wird interessanterweise nicht über den normalen Auslöser gestartet, sondern hat einen eigenen kleinen Auslöserknopf, der beim Drehen des Hebels freigelegt wird. Unter anderem an der Bauweise des Selbstauslösers im Detail erkennt man die jeweilige Modellgeneration.

Springblende

Als moderne Kamera verfügt die Nikon F zusammen mit den für sie gebauten Objektiven über eine Springblenden-Funktion, die gleichzeitig mit dem Verschlussablauf wirksam wird.

Darüberhinaus "kommunizieren" die Objektive älterer Bauart mit dem Belichtungsmesser im Photomic-Sucher. Hierfür dient die Nikon-typische (und heute nicht mehr verbaute) "Gabel" am Blendenring. Nach Einführung der Ai-Objektive 1977 wurde dieses Verfahren obsolet.

Weitere Entwicklung in der Geschichte

Alle diese Ausstattungsmerkmale gehören immer noch zum heutigen Standard für professionelle Spiegelreflexkameras. Verbesserungen in der weiteren Entwicklung der Fotoindustrie waren im Wesentlichen nur die Verschlusssteuerung durch Microcomputer (und damit die präzisere Einhaltung der Zeiten und Ermöglichung der Belichtungsautomatik) und die Verkürzung der minimalsten Verschlusszeit.

Im Hause Nikon: Ersteres wurde 1980 bei ihrer elektronisch gesteuerten "Enkelin", der Nikon F3 verwirklicht. Zweiteres schon 1971 mit der 1/2000 Sekunde bei der Nikon F2 später in der FM-Familie mit einer mechanischen 1/4000 Sekunde (am bekanntesten: Nikon FM2) und dann 1988 mit der 1/8000 Sekunde bei der Nikon F4 (vorher schon bei der F801), die dann gleichzeitig den Schritt in das Autofokus-Zeitalter markiert, den manche Fotografen bis heute nicht gegangen sind.

Sammelobjekt und heutiger Einsatz

Altersbestimmung

An den ersten beiden Zahlen der Seriennummer erkennt der Sammler das Baujahr einer Nikon F. Allerdings ist es genau genommen das Baujahr der Gehäuse-Oberkappe. Wurde die mal in einer Reparatur ausgewechselt, so sagt sie nichts mehr über das Baujahr der eigentlichen Kamera aus.

Da die Nikon F allerdings im Laufe ihrer Bauzeit auch immer in Details verändert wurde, kann man am Grundgehäuse in jedem Fall den Zeitraum eingrenzen, aus dem es stammt.

Funktionsprüfung

Die Nikon F ist äußerst robust gebaut, daher gibt es nur wenige Schwachstellen, die in die Jahre gekommene Modelle aufweisen können. Das eine sind die oben bereits erwähnten Führungsschlitze für die abnehmbare Rückwand. Sind sie beschädigt, kann das Lichteinfall bedeuten.

Da die Bedienung der F denkbar übersichtlich ist, ist ein mechanischer Funktionscheck "in Augenscheinnahme" schnell erledigt. Lässt sich der Auslöser weich auslösen, hat das Titan-Rollo des Verschlusses keine Dellen und Löcher und wackelt auch kein Objektiv an ihr, muss dann nur noch mit eingelegtem Film überprüft werden, ob sie die Verschlusszeiten einigermaßen gleichmäßig einhält. Besitzt man bereits Nikon-Objektive oder welche von Fremdherstellern mit F-Bajonett, so kann man diese alle verwenden. Es ist zu prüfen, ob die automatische Springblende funktioniert. Dafür sollte die Betätigung der Abblendtaste reichen.


Gebrauchtmarkt

Die F wurde sowohl in schwarz, als auch verchromt angeboten. Die schwarzen Gehäuse sind seltener, und ein unbeschädigter und nicht überpinselter Lack ist meist nur bei Exemplaren zu finden, die von der Vitrine in die Vitrine wandern. Die Funktionalität der schwarzen F wird davon nicht beeinträchtigt, und je beschädigter der Lack ist, desto weniger kann der Verkäufer für sie verlangen. Das darunter hervorscheinende Messing der Gehäuseoberkappe, des Suchers und der Bodenplatte verleiht ihr eine vielleicht beim Fotografen erwünschte Patina.

Durch ihre hohe Stückzahl und damalige Verbreitung sind die Gebrauchtpreise erstaunlich moderat und siedeln deutlich unter denen aller ihrer direkten Nachfolger der F-Serie und sogar der FM-Familie. Exemplare mit Photomic-Sucher können das doppelte kosten wie solche ohne ihn (also nur in der Grundausstattung mit Prismensucher als "reine" Nikon F). Der Differenzbetrag reicht für die Anschaffung eines professionellen modernen Handbelichtungsmessers, wenn man denn auch mit ihr fotografieren will. Sie eignet sich nämlich als leichte "analoge Begleiterin" einer digitalen Spiegelreflex mit dem gleichen F-Bajonett, oder auch als Zweitgehäuse für eine ihrer analogen Nachfahrinnen.

Der Motor F-36 ist alleine nur äußerst selten zu finden. Für den Anbau an eine F, muss diese - wie schon immer - vom Hersteller selber modifiziert und für jede Kamera-Motor-Kombination mechanisch abgestimmt werden. Dieses Manko wurde mit Einführung der F2 überwunden, und seit der F3 "hakt" der Motor auch nicht mehr bei falsch eingestellter Serienbildfunktion und zu langen Belichtungszeiten. Das ist bei der F mit Motor ein mechanisches Problem, welches zusätzlich beachtet werden muss.

Nicht mehr funktionierende Exemplare der Nikon F dienen nicht nur als Ersatzteillager für andere Exemplare, sondern auch für die Messucherkameras der historischen (viel selteneren und begehrteren) S-Serie, welche über weite Teile baugleiche Elemente (z.B. den Verschluss) aufweist.

Kompatibilität mit Blitzgeräten

Wie auch ihre Nachfolgemodelle F2 und F3 hat sie keinen normalen Blitzschuh, sondern einen für die damaligen F-Modelle typischen eigenen Blitzanschluss über der Rückspulkurbel. Es gab aber einen Adapter, und es passt auch derjenige, welcher für die F2 hergestellt wurde. Blitzautomatik bietet diese rein mechanische Kamera natürlich nicht. Studio- und Stabblitzgeräte können selbstverständlich über den Kabelanschluss ausgelöst werden.