Herzkatheteruntersuchung

medizinische Untersuchung
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Die Herzkatheteruntersuchung ist eine minimalinvasive medizinische Untersuchung des Herzens über einen Katheter, der über venöse oder arterielle Adern der Leiste, der Ellenbeuge oder über das Handgelenk eingeführt wird. Je nach Untersuchungsziel werden unterschiedliche Stellen im Herzen bzw. in den Herzkranzgefäßen angesteuert. Die Lage des Zieles bestimmt auch die Wahl des Zugangs, man spricht vom Rechtsherzkatheter, wenn der Bereich der rechten Herzkammer untersucht werden soll, entsprechend vom Linksherzkatheter bei der Untersuchung der linken Herzkammer.

Blick in ein Herzkatheterlabor
Blick in ein modernes Herzkatheterlabor

Die Rechtsherzkatheteruntersuchung wird eher selten, die Linksherzkatheteruntersuchung häufiger durchgeführt, vor allem um bei der Koronarangiographie die Herzkranzgefäße sichtbar zu machen und möglicherweise im Rahmen einer Ballondilatation aufzudehnen. Die Rechtsherzkatheterisierung wurde zuerst von Werner Forßmann durchgeführt. Forßmann wurde hierfür einer der drei Nobelpreisträger für Medizin des Jahres 1956. Die Linksherzkatheterisierung verbindet sich mit den Namen der Amerikaner Charles Dotter, Mason Sones, Melvin P. Judkins und der Deutschen Andreas Roland Grüntzig und Eberhard Zeitler. Auch die elektrophysiologische Untersuchung (EPU) des Herzens wird ähnlich wie ein Rechtsherzkatheter durchgeführt.

Durchführung der Katheterisierung

 
Rechtsherzkatheter

Zur Einführung des Katheters wird die Einstichstelle lokal betäubt. Eine Narkose wird für gewöhnlich nicht angewendet, es wird aber oftmals ein Beruhigungsmittel verabreicht. Da bei der Untersuchung gelegentlich der Katheter gewechselt werden muss, wird zunächst eine Schleuse in das Blutgefäß eingeführt, die erst bei Ende der Untersuchung wieder entfernt wird. Die Schleuse dient als flexible Führungsschiene, durch deren Inneres der Katheter in das Blutgefäß gleiten kann, wobei gleichzeitig die Einstichstelle abgedichtet wird. Nun wird ein Führungsdraht eingeführt. Seine Spitze besteht aus sehr weichem Material, so dass die Gefahr der Beschädigung des Inneren der Blutgefäße möglichst gering ist. Da der Draht in der Regel aus Metall ist, ist er gut bei einer Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen zu sehen, daher kann der Kardiologe die Position des Drahtes sehr gut beobachten, wenn er ihn durch das Blutgefäß zum Herzen hin vorschiebt. Da das Herz selbst und die Blutgefäße jedoch mitunter nur schwer erkennbar sind, kann es notwendig werden, dass der Kardiologe die Blutgefäße durch Gabe von Kontrastmittel kurzzeitig sichtbar macht, was vom Patienten bisweilen als sich mit dem fließenden Blut ausbreitendes Wärmegefühl wahrgenommen wird. Das Kontrastmittel wird über den Katheter eingebracht.

Der Führungsdraht selbst verläuft durch das Innere des Katheters und dient der Wegfindung des Katheters. Da die Spitze des Katheters normalerweise gebogen ist, muss der Katheter über den Führungsdraht zum Herzen gleiten. Der Draht hält die gebogene Spitze des Katheters gerade, so lange sich der Draht im Inneren des Katheters befindet. Wird der Draht dann stückweise herausgezogen, nimmt die Katheterspitze wieder ihre ursprüngliche gebogene Form an. Durch wiederholtes Vorschieben und Zurückziehen von Draht und Katheter kann der Kardiologe gezielt "abbiegen" und sich an die gewünschte Stelle vorarbeiten, was bei der Untersuchung der Herzkranzgefäße besonders interessant ist - schließlich muss hierbei die richtige Abzweigung "getroffen" werden, um weiter voran kommen zu können. Je nach anvisierter Stelle werden unterschiedlich gebogene Formen verwendet. Daher werden während der Untersuchung oftmals mehrere Katheter benötigt, um an den Zielpunkt zu gelangen.

Am Zielpunkt angelangt, kann die eigentliche Untersuchung durchgeführt werden.

Nach der Untersuchung werden Führungsdraht und Katheter entfernt und die Einstichstelle z. B. durch einen Druckverband verschlossen. Da es sich bei der geöffneten Ader in der Regel um ein größeres Blutgefäß handelt, ist es unbedingt notwendig, den Verband an Ort und Stelle zu belassen und die Anweisungen des Pflegepersonals zu befolgen.

Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten

Datei:Hk coronary bionerd.jpg
Koronarangiografie: Darstellung der Arteria coronaria sinistra im LAO cranial.
Datei:Hk coronary big bionerd.gif
Koronarangiografie: Darstellung der Arteria coronaria sinistra im RAO.
Datei:Hk lv big bionerd.gif
Ventrikulografie

Folgende Untersuchungsarten sind im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung üblich:

  • Allgemein:
  • Rechtsherzkatheter: Druck-, Sauerstoff- und Temperaturmessung im rechten Herzen mit und ohne Belastung
  • Linksherzkatheter
    • Druck- und Sauerstoffmessung in der Aorta und in der linken Herzkammer
    • Ventrikulografie: Sichtbarmachen der linken Herzkammer durch Kontrastmittel
    • Koronarangiografie: Kontrastdarstellung der Herzkranzgefäße

Es besteht darüber hinaus eine Reihe von Behandlungen, die unmittelbar an die Herzkatheteruntersuchung gekoppelt sind:

Risiken und Komplikationen

In Zentren mit Erfahrung ist die Herzkatheteruntersuchung komplikationsreich. Die Mortalität lag 2009 bei 1,04 % (4.352 von 418.847 Patienten mit Koronarangiographie (ohne percutuna Koronarintervention. (Quelle: Offizielle deutsche Statistik aller Herzkatheteruntersuchungen durch das Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen. Qualitätsreport 2009. Auftraggeber: Gemeinsamer Bundesausschuss. S. 43)

Vergleichsweise häufig sind Probleme im Bereich der Gefäß-Punktionsstelle. Hier kann es zu Nachblutungen oder Ausbildung von Gefäßanomalien (AV-Fistel, Aneurysma spurium) kommen. Sehr selten muss hier gefäßchirurgisch behandelt werden.

Die Strahlenbelastung ist für den Patienten vernachlässigbar, das Personal muss sich wegen der täglichen Belastung u.a. mit Bleimänteln schützen.

Kontrastmittel

Allergische Reaktionen auf das Kontrastmittel (Juckreiz der Haut, Schwellungen, Luftnot) kommen selten vor, können durch Gabe von entsprechenden Medikamenten aber sofort behandelt werden. Ist eine solche Kontrastmittelallergie im Vorfeld bekannt, werden die entsprechenden Medikamente prophylaktisch gegeben.

Da das verwendete Röntgenkontrastmittel schädlich für die Nieren ist, sollte bei bestehender Einschränkung der Nierenleistung eine entsprechende Vorbereitung durchgeführt werden. Um die Belastung durch das Kontrastmittel zu minimieren, werden diese Patienten möglichst auf einer biplanen Anlage (2 Röntgenröhren) mit der Möglichkeit zur Dokumentation von zwei Ansichten pro Kontrastmittelgabe untersucht. Evtl. wird auf ein Laevokardiogramm verzichtet. Die Notwendigkeit einer zeitweiligen oder dauerhaften Dialyse ist extrem selten.

Bei Patienten mit einer Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose) kann das im Kontrastmittel enthaltende Jod zu einer Thyreotoxikose führen. Entsprechend wird vor der Untersuchung die Schilddrüse laborchemisch untersucht und ggf. Medikamente vor und einige Tage nach der Untersuchung gegeben.

Literatur

Hrsg.: AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH Göttingen: Qualitätsreport 2009. Göttingen, August 2010. (www.sqg.de)