Duell

heute gesetzeswidriger Zweikampf mit tödlichen Waffen
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Ein Duell (lat.: duellum) ist ein freiwilliger Zweikampf mit gleichen, potenziell tödlichen Waffen, der von den Kontrahenten vereinbart wird, um eine Ehrenstreitigkeit auszutragen. Das Duell unterliegt traditionell festgelegten Regeln. Das Duell ist heute in den meisten Ländern verboten und wird zur Austragung von Streitigkeiten - im Gegensatz zur Vergangenheit - nicht mehr geduldet.

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Original Duellpistolen von Ferdinand Lassalle

Geschichte und Grundlagen des Duells

Die historischen Wurzeln des Duells gehen zurück bis auf den gerichtlichen Zweikampf bei den Germanen und das mittelalterliche Gottesurteil. Nachdem der ritterliche Zweikampf des Mittelalters bedeutungslos geworden war, verbreitete sich das neuzeitliche Duell seit dem Ende des 15. Jahrhunderts zunächst in Italien und Frankreich und dann über ganz Europa. Wie viele Menschen im Duell ihren Tod fanden, läßt sich nur sehr schwer ermitteln, aber allein zwischen 1594 und 1610 starben in Frankreich achttausend Adlige und Offiziere in Duellen. Während das Duell in England schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts außer Gebrauch kam, hielt es sich in Kontinentaleuropa bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts.

Als Zweck des Duells galt es, für eine wirkliche oder vermeintliche Beleidigung Genugtuung (Satisfaktion) zu erhalten bzw. zu geben. Dabei ging es nicht darum, wer im Zweikampf „siegte“, sondern ausschließlich darum, dass beide Duellanten durch die bloße Bereitschaft, sich um ihrer „Mannesehre“ willen zum Kampf zu stellen und dafür Verletzung oder Tod zu riskieren, ihre persönliche Ehrenhaftigkeit unter Beweis stellten bzw. wiederherstellten. Unabhängig von seinem Ausgang hatte das Duell zur Folge, dass die Beleidigung als „gesühnt“ galt und beide Beteiligten in ihren Augen und im Urteil der Gesellschaft wieder als „Ehrenmänner“ angesehen wurden.

Nicht jedermann war zur Teilnahme an diesem gesellschaftlichen Ritual berechtigt. Als „satisfaktionsfähig“ galt ursprünglich nur, wer das Recht zum Waffentragen hatte, d.h. Adlige, Offiziere und Studenten. Die wachsende politische, wirtschaftliche und soziale Bedeutung des Bürgertums im 19. Jahrhundert hatte zur Folge, dass schließlich auch Bürgerliche als satisfaktionsfähig betrachtet wurden, sofern sie der „besseren“ Gesellschaft angehörten und bereit waren, sich deren „Comment“, d. h. ihren ungeschriebenen Verhaltensregeln, zu unterwerfen. Die objektiven Kriterien für diese Zugehörigkeit waren nicht klar abgegrenzt, wurden aber jedenfalls durch ein akademisches Studium oder den Erwerb eines Reserveoffiziersgrades erfüllt. Das Duellwesen war also immer auch Ausdruck eines elitären Standesdenkens, das sich nach „unten“ dadurch abzugrenzen versuchte, dass man allein den Angehörigen der „höheren Gesellschaftskreise“ das dazu erforderliche „feinere Ehrgefühl“ zuschrieb.

Ideologische Grundlage des Duellwesens war das Festhalten an der zumindest im 19. Jahrhundert längst anachronistisch gewordenen Vorstellung eines „ritterlichen“ Standes freier, waffentragender Männer, die sich und ihre Ehre selbst verteidigen können und müssen, ohne zu einer staatlichen Obrigkeit Zuflucht zu nehmen. Die Ehre, um die es hier ging, war daher nicht nur persönliche Ehre, sondern zugleich Standesehre: Wer zu diesem Stand gehören wollte (als Adliger, Offizier, Student oder von diesen Gruppen gesellschaftlich akzeptierter Angehöriger des Bürgertums), war nicht nur berechtigt, sondern sozial verpflichtet, Angriffe auf seine Ehre abzuwehren, entweder, indem er Zurücknahme oder Entschuldigung erlangte, oder – wenn das verweigert wurde oder die Beleidigung zu schwer war – indem er den Beleidiger zum Duell forderte. Entzog er sich dieser Verpflichtung, wurde er von seinen Standesgenossen gesellschaftlich geächtet und als ehrlos betrachtet. Umgekehrt führten als unehrenhaft betrachtete Verhaltensweisen auch zum Verlust der Satisfaktionsfähigkeit.

Am ausgeprägtesten war diese Verpflichtung bei Offizieren, die z.B. im Deutschen Reich und in Österreich-Ungarn mit ihrer Entlassung rechnen mussten, wenn sie ein Duell verweigerten. Begründet wurde das damit, „er habe nicht das richtige Ehrgefühl und darum seine Pflicht als Offizier verletzt.“. Hier wirkte sich die Tatsache aus, dass das preußische und österreichische Offizierskorps in besonders hohem Maße vom Adel dominiert wurde und sich daher in der Strenge seiner Ehrbegriffe deutlich von den bürgerlichen Zivilisten abzuheben suchte, teilweise so sehr, dass diese von Offizieren generell nicht als satisfaktionsfähig angesehen wurden.

Dieser gesellschaftliche Ehrenkodex war stärker als die gesetzlichen Verbote des Duells, die überall galten, wenn auch in unterschiedlicher Schärfe. So war im deutschen Reichsstrafgesetzbuch von 1871 der Zweikampf mit tödlichen Waffen von vornherein als Sondertatbestand mit geringerer Strafandrohung definiert, nämlich mit Festungshaft (einer besonderen Form der Freiheitsstrafe, die im Gegensatz zur Gefängnisstrafe nicht als entehrend galt) zwischen drei Monaten und zehn Jahren. Bei der praktischen Durchsetzung dieser Verbote zeigte sich jedoch, dass die Angehörigen der (Militär-)Gerichtsbarkeit und der Regierungen sich dem zugrunde liegenden Ehrenkodex selbst verpflichtet fühlten: Duellanten wurden häufig überhaupt nicht gerichtlich verfolgt, wenn überhaupt, nur sehr milde bestraft oder nach kurzer Strafverbüßung begnadigt. Im heutigen Strafrecht wird das Duell nicht mehr gesondert behandelt, sondern unterliegt den allgemeinen Strafvorschriften über gefährliche Körperverletzung bzw. Totschlag.

Duelle waren im 19. Jahrhundert nicht ungewöhnlich. Nach modernen Schätzungen fochten etwa 25% der Adligen mindestens einmal im Leben ein Duell aus. Häufig wurde dabei aber eher der Form Genüge getan, indem man z.B. bei Pistolenduellen Bedingungen vereinbarte, die eine Verwundung eher unwahrscheinlich machten, oder sich gar bemühte, den Gegner nicht wirklich zu treffen. Man schätzt, dass es nur in einem von sechs Duellen zu ernsthaften Verletzungen und nur in einem von vierzehn Duellen zum Tod eines Kontrahenten kam. Berühmte Duellopfer waren z.B. der US-amerikanische Politiker Alexander Hamilton (1804), der russische Dichter Alexander Puschkin (1837) und der Arbeiterführer Ferdinand Lassalle (1864).

Das Duell war spätestens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in der Öffentlichkeit heftig umstritten. Entsprechend seiner standesmäßigen Verankerung kamen Ablehnung und Kritik vor allem von liberaler und sozialistischer Seite, aber auch die katholische Kirche verurteilte das Duell. Obwohl Adel und Offizierskorps an der Idee des Duells festhielten, ging die Zahl der tatsächlich ausgefochtenen Duelle bis zum Beginn des ersten Weltkriegs beständig zurück. Infolge der gewaltigen gesellschaftlichen Umwälzungen nach dem Ersten Weltkrieg (Zusammenbruch der Monarchien, Durchsetzung demokratischer Ideen, Verlust der gesellschaftlichen Bedeutung des Adels, Demilitarisierung) verschwand das Duell danach sehr schnell. In Frankreich, Italien und Südamerika wurden ganz vereinzelt noch nach dem Zweiten Weltkrieg Duelle ausgefochten, die aber meist mehr Showcharakter hatten. Belächelt, aber auch vielfach kritisiert wurde ein 2004 zwischen dem Wiener FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und einem Salzburger Arzt ausgefochtenes Duell mit stumpfen Klingen.

Ablauf und Regeln des Duells

Im Laufe des 18. und besonders des 19. Jahrhunderts bildeten sich allmählich immer detailliertere Regeln für die Durchführung eines Duells heraus, die zunächst mündlich tradiert, schließlich aber auch schriftlich fixiert wurden. Die bekanntesten Kodifikationen von Duellregeln sind der irische „Code Duello“ von 1777, der „Essai sur le duel“ des Comte de Chateauvillard von 1836 und als umfassendstes Werk der 1891 (2. Aufl. 1897, 3. Aufl. 1912) erschienene „Duell-Codex“ des österreichischen Fechtmeisters und Offiziers Gustav Hergsell.

Auslöser des Duells war immer eine Beleidigung der Mannesehre. Als solche galt jede öffentliche Verächtlichmachung, z. B. durch direkte verbale Beleidigung oder Herabsetzung, indirekte üble Nachrede, tätlichen Angriff, aber auch Verletzung der Ehre oder sexuellen Integrität von Frauen, die in der Obhut des Beleidigten standen (vor allem die Ehefrau, aber auch Schwester, Tochter, Verlobte).

Es wurde zwischen leichten, mittleren und schweren Beleidigungen unterschieden; bei leichten (z. B. einer unbedachten unhöflichen Bemerkung, die als beleidigend aufgefasst werden konnte), genügte in der Regel eine Entschuldigung, während bei schweren Beleidigungen (z. B. einem Schlag ins Gesicht) ein Duell unvermeidlich war.

Der Beleidigte forderte den Beleidiger zum Duell, und zwar nicht persönlich, sondern durch einen oder (meistens) zwei Sekundanten, die er unter seinen Standesgenossen wählte. Offiziere mussten zuvor einen „Ehrenrat“ oder ein „Ehrengericht“ anrufen, das den „Ehrenhandel“ prüfte, einen gütlichen Ausgleich herbeizuführen suchte und nur in schweren Fällen die Zustimmung zum Duell gab und dann in der Regel auch die Bedingungen festlegte. Die Forderung musste innerhalb von 24 Stunden nach der Beleidigung ergehen oder nachdem der Beleidigte davon erfahren hatte. Die Sekundanten verhandelten mit den Sekundanten des Beleidigers über die Möglichkeit einer friedlichen Beilegung oder, wenn das nicht möglich war, über die Einzelheiten der Durchführung des Duells. Übliche Duellwaffen waren Säbel und Pistole. Ungewöhnliche Waffen oder Bedingungen bedurften der Zustimmung beider Seiten, ansonsten konnte der Beleidigte die Waffen und die Bedingungen bestimmen.

Wegen des offiziellen Duellverbots wurden die Vorbereitungen möglichst geheim gehalten und Duelle meist in den frühen Morgenstunden an abgelegenen, einsamen Orten durchgeführt. Außer den Duellanten waren ein Arzt und die beiderseitigen Sekundanten, eventuell auch noch ein Unparteiischer anwesend, der gemeinsam mit den Sekundanten über die ordnungsgemäße Durchführung wachte. Die Waffen mussten für beide Kämpfer genau gleich sein. Als Pistolen benutzte man ausschließlich einschüssige Vorderladerwaffen, die mit Schwarzpulver und bleiernen Rundkugeln im Kaliber 12 bis 17 mm geladen wurden. Die Treffergenauigkeit dieser Waffen, die oft noch glatte, nicht gezogene Läufe hatten, war nur gering; andererseits waren Verletzungen durch die großkalibrigen Geschosse schwer und führten oft noch Tage nach dem eigentlichen Duell zum Tode. Die Schärfe der Bedingungen (und damit die Gefährlichkeit des Duells) hing von der Schwere der Beleidigung ab. Bei Pistolenduellen variierten die Zahl der Schusswechsel (1, 2 oder 3) und die festgelegte Entfernung, die zwischen 15 und 50 Schritten (ca. 11-37 m) liegen konnte. Bei Säbelduellen wurde entweder bis zur ersten blutenden Wunde oder bis zur Kampfunfähigkeit gekämpft. Mit beiderseitiger Zustimmung konnten auch schärfere Ausnahmebedingungen vereinbart werden, bis hin zum Extremfall des sprichwörtlich gewordenen „Sich über das Sacktuch schießen“. Hierbei hielten die Duellanten ein Taschentuch an den diagonal gegenüberliegenden Enden fest und schossen gleichzeitig, wobei aber nur eine Pistole geladen war.

Literatur

  • Christoph Fürbringer: Metamorphosen der Ehre. In: R. van Dülmen (Hrsg.) Armut, Liebe, Ehre. Frankfurt/M. 1988, S. 186 ff., S. 211.
  • Ute Frevert: Ehrenmänner. Das Duell in der bürgerlichen Gesellschaft. dtv Wissenschaft 4646, München 1991 (1995), ISBN 3-423-04646-5

Siehe auch: Duell (Begriffsklärung), Satisfaktion, Triell, Amerikanisches Duell.