Gustav Landauer

Theoretiker und Aktivist des Anarchismus in Deutschland
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Gustav Landauer (* 7. April 1870) in Karlsruhe; † 2. Mai 1919 in München-Stadelheim).

Der Sozialist und Anarchist G. Landauer wird als zweites Kind eines jüdischen Schuhwarenhändlers geboren. Er besucht in Karlsruhe das Gymnasium und studiert in Heidelberg, Berlin und Straßburg Germanistik und Philosophie. In seinen späteren Werken zeigt sich der bleibende Einfluß von Goethe und Tolstoi. Aber auch der Philosophie Fichtes und Proudhons sowie den anarchistischen Theorien Bakunins und Kropotkins fühlt er sich Zeit seines Lebens verbunden. Bekannt wird er als Übersetzer von Shaekespeare-Texten. Gemeinsam mit seiner zweiten Frau Hedwig Lachmann überträgt er auch Werke von Oskar Wilde, u.a. "Das Bildnis des Dorian Gray", ins Deutsche.

Im Frühjahr 1889 trifft er in Berlin erstmals seinen Förderer und späteren langjährigen Freund, den deutsch-jüdischen Schriftsteller und Philosophen Fritz Mauthner. In Berlin tritt er im April 1891 auch der ein Jahr vorher gegründeten Freien Volksbühne bei und bekennt sich zum Friedrichshagener Künstlerkreis.

Im Februar 1892 wird G. Landauer Mitglied des "Vereins Unabhängiger Sozialisten" sowie des Herausgeberkollegiums ihres Presseorgans "Sozialist. Organ der unabhängigen Sozialisten". In dieser Zeitschrift veröffentlicht G. Landauer eine Reihe von Artikeln zu Fragen der Kunst, aber auch kritische Anmerkungen zu politischen Themen sowie den ökonomischen Auffassungen von Karl Marx und Eugen Dühring.

Im Oktober 1892 wird er gemeinsam mit Freunden aus der Literatengruppe der "Jungen", die häufig auch im "Verein Unabhängiger Sozialisten" tätig waren, Mitbegründer der Neuen Freien Volksbühne.

Ende 1892 heiratet Gustav Landauer die Schneiderin Margarethe Leuschner.

Im Juli 1893 spaltet sich der "Verein Unabhängiger Sozialisten". Als ein führender Vertreter des anarchistischen Flügels des Vereins, beendet Landauer im Juli desselben Jahres seine Mitarbeit an der Zeitschrift "Sozialist", dessen letzte Nummer im Januar 1895 erscheint.

Auf dem Internationalen Sozialistischen Arbeiterkongress der II. Internationale in Zürich tritt Landauer im August 1893 als Delegierter der Berliner Anarchisten für einen "anarchistischen Sozialismus" ein. Gegen die anarchistische Minderheit nimmt der Kongress, an dem 411 Delegierte aus 20 Ländern teilnehmen, eine Resolution an, die sich für die Teilnahme an Wahlen und die politische Betätigung in den Parlamenten ausspricht. Die Anarchisten werden aus der II. Internationale ausgeschlossen.

Im Oktober 1893 wird Landauer erstmals verhaftet und wegen der "Aufforderung zum Ungehorsam gegen die Staatsgewalt" zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, die im Dezember auf neun Monate ausgedeht werden. Die Haft verbüßt er im Gefängnis von Sorau. 1895 scheitert Landauer mit dem Versuch, sich in der Schweiz eine gesicherte Existenz aufzubauen. Er kehrt nach Berlin zurück, wo er unter sehr dürftigen materiellen Verhältnissen sein Leben in einem Kreis von Künstlern, Literaten, Theaterleuten und Kritikern fortsetzt.

In Berlin gibt er unter dem Titel "Sozialist - Anarchistische Monatsschrift" zwischen 1895 und 1899 erneut eine Zeitschrift heraus.

1899 trifft Landauer erstmals mit seiner späteren zweiten Frau, der 1865 geborenen Lyrikerin und Sprachlehrerin Hedwig Lachmann zusammen. Im September 1899 entscheiden sich beide für einen längeren gemeinsamen Aufenthalt in England, bei dem Landauer ein enges freundschaftliches Verhältnis zu dem russischen Anarchisten P.A. Kropotkin aufbaut. Hier wird auch die geinsame Tochter von H. Lachmann und G. Landauer, Gundula, geboren. 1902 kehren beide nach Berlin zurück.

1903 erreicht G. Landauer die Scheidung von seiner ersten Frau um im gleichen Jahr H. Lachmann zu heiraten. 1906 wird ihre zweite gemeinsame Tochter Brigitte geboren.

Von 1909 - 1915 gibt er in Berlin die Zeitschrift "Der Sozialist" heraus, die als Organ des 1908 von G. Landauer gegründeten "Sozialistischen Bund" gilt. Zu den ersten Mitgliedern zählen Erich Mühsam und Martin Buber. Als politische Organisation bleibt der Bund bedeutungslos. In dieser Zeit schreibt Landauer selbst 115 Artikel für die Zeitschrift zu Themen von Kunst, Literatur und Philosophie, aber auch zu Fragen der Tagespolitik. In dieser Zeitschrift veröffentlicht Landauer in größerem Umfang eigene Übersetzungen von Texten des französischen Philosophen und anarchistischen Theoretikers Pierre-Joseph Proudhon. Eine Verschärfung der Zensur führt zur Einstellung der Zeitschrift.

1914 läßt sich Landauer nicht von der Kriegsbegeisterung mitreißen, sondern bekämpft von anarchistischen und pazifistischen Positionen aus den Krieg vom ersten Tag an.

Die zunehmende materielle Not während des Krieges veranlassen G. Landauer und seine Familie Berlin zu verlassen und sich in der Nähe von Ulm, in Krumbach, anzusiedeln. Hier stirbt am 21.Februar 1918 Hedwig Lachmann an Lungenentzündung. Ihr Tod erschüttert Landauer tief.

In einem Brief vom 14. November 1918 lädt Kurt Eisner G. Landauer zur Teilnahme an der Revolution ein: "Was ich von Ihnen möchte, ist, daß Sie durch rednerische Betätigung an der Umbildung der Seelen mitarbeiten". Landauer wird Beauftragter für Volksaufklärung in der ersten Räterepublik des Freistaates Bayern unter Ministerpräsident Kurt Eisner.

Von konterrevolutionären Soldaten wird er am 1. Mai 1919 in München verhaftet und einen Tag später im Zuchthaus Stadelheim ermordet.

Nachdem die Nazis 1933 an die Macht gekommen waren, zerstörten sie sein 1925 errichtetes Grabmal, schickten seine sterblichen Überreste der jüdischen Gemeinde von München und stellten ihr das in Rechnung.


"Es gilt jetzt, noch Opfer anderer Art zu bringen, nicht heroische, sondern stille, unscheinbare Opfer, um für das rechte Leben Beispiel zu geben." G. Landauer in "Aufruf zum Sozialismus"

Ausgewählte Schriften:

1893 Der Todesprediger, Roman;

1903 Meister Eckharts mystische Schriften (übersetzt von G. Landauer);

1903 Macht und Mächte, Erzählung;

1907 Die Revolution, Essay;

1911 Aufruf zum Sozialiismus;


Ein wichtiges Zeitzeugnis findet sich in:

Martin Buber (Hrsg.), Gustav Landauer - Sein Lebensgang in Briefen, 1929


Aufsätze von G. Landauer nebst einem Essay von Arnold Zweig sowie einer biographischen Skizze von G. Hendel (auf diese wurde im o.g. Text Bezug genommen) finden sich in:

Gustav Landauer, Der werdende Mensch. Aufsätze zur Literatur, Leipzig und Weimar, 1980.


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