Säugling

Kind im ersten Lebensjahr
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Einleitung

Als Säugling bezeichnet man ein Kind im ersten Lebensjahr. In dieser Zeit wird es häufig mit der Muttermilch gestillt. Wegen dem Saugreflex wird es Säugling genannt.
Während der ersten sieben Tage heißt es "Neugeborenes". Ab dem zweiten Lebensjahr heisst es "Kleinkind".

Für das erste Lebensjahr gibt es typische Entwicklungsphasen. Die Toleranzbreite wird mit zunehmendem Alter größer.
Entwicklungsdefizite können durchaus kurzfristig aufgeholt werden.<Auffällige oder langfristige Abweichungen sollten immer ärztlich abgeklärt werden. Sie sind Gegenstand der Pädiatrie.

Sensomotorische Entwicklung

Mit sensomotorischer Entwicklung ist die dynamische Wechselwirkung von Empfindungen (über Sinnesreize) und reaktiver Bewegung (über das neuromuskuläre Zusammenspiel) gemeint. Die aktuelle Forschung geht davon aus, dass der Mensch in seinem ersten Lebensjahr auf ein immanentes Lernprogramm zurückgreift, dass es ihm ermöglicht, eine kontinuierliche Entwicklung von der Geburt bis zum aufrechten Stand zu vollziehen.

Die ersten Tage

Sofort nach der Geburt erfolgt eine Überprüfung der Vitalfunktionen nach der APGAR-Skala (Neugebornen-Screening). Überprüft werden Atmung, Puls, Hautfarbe, Muskeltonus und einige Primitivreflexe im Abstand von 1, 5 und 10 Minuten.
Gesund befundene Kinder werden ins Neugeborenen-Zimmer verlegt. Risikofälle werden beobachtet, pathologische Kinder kommen auf die Intensivstation.

Die normale Atemfrequenz liegt bei etwa 40/min., der Puls im Mittel bei 120/min.
Das Durchschnittsgewicht beträgt 3400g. Bei unter 2500g spricht man von einer Mangelgeburt (häufig bei Frühgeburten).
Durch die Anpassung kommt es in den ersten Tagen zu einem Gewichtsverlust von bis zu 300g, nach einer Woche steigt es wieder.
Die Anpassungsmechanismen betreffen die Atmung, die Wärmeregulation, das Herz-Kreislauf-System, den Verdauungstrakt, die allgemeine Durchblutung und die Auseinandersetzung mit der Schwerkraft.

Der erste Monat

Auffallend - aber normal - sind unkoordinierte Massenbewegungen, die schiefe Körperhaltung (Asymmetrie) und die sogenannte Moro-Reaktion (Streck- und Umklammerungsreflex bei plötzlichen Geräuschen).

auf den Rücken liegendauf dem Bauch liegend
Kopf zur Seite gedreht, nach hinten gestrecktzur Seite gedreht, nach hinten gestreckt
Wirbelsäule konvex zur Gesichtsseitegroßbogig (Kastensitz), Schwerpkt: Brustbein
Arme in U-Halte, Hand gefaustet, Daumen verstecktunter dem Körper, keine Stützfunktion
Beine leicht gebeugt und gespreizt, Bodenkontaktzum Bauch gezogen
Verhalten Körperkontakt u. Streicheln beruhigen, Schreien bei Unbehagen

Der zweite Monat

Die Massenbewegungen sind noch dominant, Balancierversuche gegen die Schwerkraft führen zum Tonuswechsel der Muskulatur --> das Kind streckt "alle Viere von sich" (Dystonie).
Nach 6 Wochen sollte der Daumen frei sein.

auf den Rücken liegendauf dem Bauch liegend
Kopf zur Seite gedreht, ab der 6. Wo. fixieren möglichzur Seite gedreht, kann kurz bis 45° angehoben werden
Wirbelsäule weniger AsymmetrieSchwerpkt: untere Rippen / Nabel
Arme Hand-Hand-KoordinationUnterarmstütz, Handgelenk in Mittelstellung
Beine werden ab und zu abgehobenHüfte und Knie gehen in Streckung
Verhalten wird aufmerksamer, betrachtet - lauscht - hört zu, zufälliges Greifen, Vokalisieren

Der dritte Monat

Die Massenbewegungen sind durch die zunemende Gehirnreife abgebaut. Reflexartige Körperhaltungen sind von der Kopfstellung abhängig (tonische Reflexe). Der Kopf kann alleine ohne dem Rumpf gedreht werden.
Das Tragen der Beine (Rückenlage) und der Ellbogenstütz (Bauchlage) sollten "aktiv" sein, also kein "Durchhängen".

auf den Rücken liegendauf dem Bauch liegend
Kopf Mittelstellung und selektive Kopfdrehung möglichwird außerhalb der Stützfläche gedreht
Wirbelsäule Gewicht wird Richtung Schulter verlagertSchwerpkt: Unterbauch / Symphyse
Arme Hand-Hand-Mund-Koordination, Zufallsgreifensymmetrischer Ellbogenstütz
Beine rechtwinkliges Tragen der Beine möglichMittelstellung der Gelenke, selektive Fußbeweglichkeit
Verhalten aufmerksam, betrachtet - hört zu - kann Stimmen unterscheiden, zufälliges Greifen, Lachen, Quietschen, Blaslaute

Der vierte Monat

Die Primitivreflexe und die tonischen Reflexe werden abgebaut. die Hirnreife ermöglicht ein selektives Bewegen des Kopfes, des Rumpfes und der Extremitäten gegeneinander. Es beginnt die sogenannte "geh- und stehlose Zeit" (Abasie und Astasie).

auf den Rücken liegendauf dem Bauch liegend
Kopf selektive KopfdrehungGewichtsverlagerung nach hinten bei Kopfdrehung
Wirbelsäule beginnende Rotation, versucht sich zu drehenEinzelellbogenstütz, selektiven Drehen der Wirbel<örper möglich
Arme gleichseitiges gezieltes Greifen (split brain)Eizelellenbogenstütz
Beine Fuß-Fuß-Koordinationreziprokes Bewegen der Beine
Verhalten Farbensehen ist möglich, es werden mehr Reize aufgenommen, spielt mit seiner Sprache

Der fünte Monat

Es beginnt die Stehbereitschaft. Dazu entwickeln sich die "Körperstellreaktionen", d.h. der Körper beginnt, den Kampf gegen die Schwerkraft zu gewinnen, und neue Bewegungen koordiniert einzuüben.
Dies beginnt mit dem eigenständigen Umdrehen, das bis zum siebten Monat voll entwickelt sein sollte.
Die Kopfbeweglichkeit und -kontrolle ist abgeschlossen.

auf den Rücken liegendauf dem Bauch liegend
Wirbelsäule volle Beweglichkeit der Wirbel gegeneinander, Drehung möglichDrehen bis zum Einzelellbogenstütz
Arme Greifen über die Körpermitte zur anderen Seiteintensives Spielen im Einzelellenbogenstütz ("kleiner Gartenzwerg")
Beine Beinlängendifferenzierung für das Drehen (ein Bein anziehen)Übernahme von Stützfunktion in Seitlage
Verhalten Wiederholen von gleichen Spielmustern (schütteln, schlagen

Der sechste Monat

In der Rückenlage wird die Entwicklung mit der Hand-Hand-Fuß-Koordination abgeschlossen.
Die Umgebungsreize motivieren das Kind, die Welt in einer "höhern Etage" zu erkunden. Es dreht sich auf den Bauch, um den Handstütz zu erarbeiten.

auf dem Bauch liegend
Schwerpunkt Handwurzel, Oberschenkel
Arme Stütz auf Handinnenfläche, Schwimmbewegungen bei Abbruch
Beine noch keine Belastung der Füße
Verhalten Erzählt, wenn es alleine ist, beginnt Namen zu verstehen (Mama, Papa...)

Der siebte Monat

Aus der Bauchlage heraus beginnen die ersten Fortbewegungsversuche zur Erkundung der Umgebung.

  • Robben --> Vorwärtsziehen mit gebeugten Armen, mit oder ohne Beinbeteiligung, um etwas vor sich zu erreichen. Auffällig wären steife Streckungen der Arme oder Beine.
  • Pivoting --> Kind macht eine Kreiselbewegung in Halbseitenlage (Einzelellbogenstütz), um etwas neben oder hinter sich zu erreichen. Auffällig wären Seitenunterschiede.

Die Hand greift im Zangengriff, Gegenstände werden von einer in die andere Hand übergeben ("Bimanuelle Koordination").
Der Aktionsradius wird erweitert, es ahmt viel nach, verweigert durch Kopfschütteln, klatscht bei Freude.

Der achte Monat

Die Stehbereitschaft sollte voll entwickelt sein, d.h. beim Hinstellen soll es bewußt Gewicht mit den Beinen übernehmen.
Das Krabbeln wird vorbereitet: Aus dem Vierfüßlerstand fällt es zurück in den Fersensitz und stößt sich wieder nach vorne ("Rocking").
Das Spielen auf der Seite wird mit gestreckten Arm gemacht, um höher zu kommen ("großer Gartenzwerg").

Es deutet mit dem Zeigefinger auf Gegenstände. Die Hand fasst mit dem "Pinzettengriff".
Es legt Gegenstände und schiebt Hindernisse beiseite, um andere zu greifen/erreichen.
Das Kind wiederholt seine erlernten Fähigkeiten nicht nur, jetzt passt es sie veränderten Situationen an (Wenn-Dann-Denken).
Es zeigt Suchverhalten, nimmt die Decke von etwas Verstecktem weg ("Objektpermanenz²)
Es beginnt zu "Fremdeln" (Unterscheidung: bekannt <-> unbekannt).

Der neunte Monat

Das Krabbeln wird koordinierter.
Das Kind nimmt verschiedene Sitzpositionen ein: Langsitz, Seitsitz, Fersensitz, Zwischenfersensitz oder Hürdensitz (ein Bein gebeugt, das andere gestreckt).
Auffällig wäre eine Beschränkung auf eine Position, bzw. eine bevorzugte Seite beim Seit- und Hürdensitz.
Sozialverhalten wie im achten Monat.

Zehnter bis zwölfter Monat

Das Kind beginnt sich aufzurichten.
Es zieht sich mit den Armen zunächst in den Einbein-Kniestand, dann beginnt es, sich mit dem Bein hochzustemmen.
Um entfernte Gegenstände zu erreichen, geht es erst im gestützten Seitwärtsgang ("Küstenschifffahrt"), bevor es lernt, frei zu laufen.
Dabei verringert es allmählich seine Unterstützungsfläche (von breitbeinig bis hüftbreit): Die Gleichgewichtsreaktionen müssen noch ausgebildet werden.

Es kennt Personen und Gegenstände aus dem täglichen Umgang mit ihren Namen. Es beginnt sinngemäße Sätze zu bauen ( "Gib mir...!", Wo ist...?").

Siehe auch

Portal Medizin - Mutter-Kind-Kuren - Säuglingsfürsorge - Kinderkrankheiten - Schwangerschaft - Schwangerschaftsberatung