Unternehmensübernahme 1. Allgemeine Definition: Eine Unternehmensübernahme wird definiert als das Erlangen von Kontrolle über ein Unternehmen. Unter Kontrolle kann die Befugnis zur Festlegung der Ziele und Bestimmung der Geschäftspolitik verstanden werden. Aus den marktwirtschaftli-chen Prinzipien der Autonomie und des Privateigentums ergibt sich, dass die Kon-trolle den Eigentümern zusteht. Zwar können sich die Eigentümer angestellter Geschäftsführer bedienen, die unter Umständen sehr frei über die Unternehmens-ressourcen bestimmen können, dennoch ist die Kontrolle, die von diesen Personen ausgeübt wird, nur derivativer Natur. Es wird hier insofern auf die originäre Kon-trolle, die durch das Eigentum am Unternehmen vermittelt wird, abgestellt. Für den Erwerb des Eigentums an einem Unternehmen sind grundsätzlich zwei juristische Wege gangbar. Zum einen kann der Eigentumsübergang durch Einzelübertragung aller Vermögensgegenstände und Schulden erfolgen. Diese Möglich-keit des Erwerbs wird in der Literatur auch als asset-deal bezeichnet. Daneben besteht die Möglichkeit, Beteiligungsrechte an dem Rechtsträger des Unterneh-mens zu erwerben. Das Unternehmen ist im deutschen Rechtssystem nicht selbst-ständig rechtsfähig, kann also nicht selbst Träger von Rechten und Pflichten sein. Es bedarf hierfür eines Rechtsträgers, der Inhaber aller Vermögensgegenstände und Träger aller im Unternehmen begründeten Verpflichtungen ist. Rechtsträger können insbesondere Kapitalgesellschaften, aber auch Personengesellschaften sein. Für diese Form der Übertragung hat sich der Begriff share-deal eingebür-gert. Im Gegensatz zum asset-deal, bei dem das Eigentum an den einzelnen Ver-mögensgegenständen wechselt, bleibt der Eigentümer an diesen Gegenständen beim share-deal also unverändert, nämlich beim Unternehmensträger. Lediglich die Eigentumsverhältnisse bezüglich des Unternehmensträgers ändern sich. Damit eine Übernahme vorliegt, müssen die mit der Beteiligung am Träger ver-bundenen Rechte allerdings ausreichen, um sich bei Interessendivergenzen gegen die anderen Miteigentümer durchzusetzen.
2. Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft 2.1. Stimmrechtsquote Grundsätzlich kann auch ein in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betriebe-nes Unternehmen mittels Einzelübertragung der Vermögensgegenstände über-nommen werden, praktisch bedeutsam ist bei diesem Unternehmenstypus jedoch nur der asset deal. Bei einer Übernahme einer Aktiengesellschaft mittels Beteili-gungserwerb stellt sich die Frage, wie hoch die quotale Beteiligung sein muss, damit ihr Inhaber die Kontrolle über die Gesellschaft erlangt. Da mit verschieden hohen Beteiligungsquoten ein jeweils unterschiedlicher Umfang von Einfluss-möglichkeiten einhergeht, sind grundsätzlich verschiedene Abstufungen denkbar. In der Literatur werden als Kontrollquoten etwa die hundertprozentige Beteili-gung, die Eingliederungsbeteiligung ( 95 %), die Dreiviertelmehrheit ( 75 %), die Mehrheitsbeteiligung ( > 50 %) oder die Sperrminorität ( > 25 %) genannt. Die genannten Quoten stellen aktienrechtlich fixierte Grenzen dar, die für be-stimmte wesentliche Entscheidungen der Hauptversammlung mindestens notwen-dig sind. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es für eine Reihe von Entschei-dungen bereits genügt, wenn der genannte Prozentsatz am bei der Beschlussfas-sung vertretenen Kapital erreicht wird, so dass im Einzelfall auch schon ein gerin-gerer Anteil am gesamten Grundkapital ausreicht, um eine geplante Maßnahme durchzusetzen. So eröffnet z.B. eine Mehrheit von ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals die Möglichkeit des Abschlusses eines Beherrschungsvertra-ges, mit dem die Aktiengesellschaft einem anderen Unternehmen weisungsgebun-den unterstellt wird. Die einfache Mehrheit in der Hauptversammlung ermöglicht u.a. die Besetzung des Aufsichtsrates, welcher wiederum den Vorstand bestellt. Daneben ist zu berücksichtigen, dass für zahlreiche Hauptversammlungsentschei-dungen in der Satzung abweichende Kapitalmehrheiten bestimmt werden können. Das Vorliegen von Kontrolle stellt im betrachteten Fall also keinen binären Zu-stand dar, sondern ein Kontinuum an mehr oder minder starken Einflussmöglich-keiten des Kontrollinhabers. Welche Quote im Endeffekt erreicht sein muss, damit von Übernahme gesprochen werden kann, ist nicht allgemeingültig zu beantwor-ten, sondern ist vom Zweck der Betrachtung abhängig. Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz z.B. definiert Kontrolle allge-meingültig als das Halten von 30 % am Grundkapital. Begründet wird dies u.a. damit, dass bei dieser Beteiligungsquote unter Berücksichtigung der üblichen Hauptversammlungspräsenzen börsennotierter deutscher Unternehmen in den meisten Fällen eine Hauptversammlungsmehrheit bestehe. Als ausschlaggebende Kontrollintensität wird also offenbar für alle denkbaren Fälle diejenige angesehen, die durch eine Hauptversammlungsmehrheit vermittelt wird, und auch die Um-setzung der Kontrollintensität in eine Quote am Grundkapital erfolgt durch eine Pauschalbetrachtung. 2.2 Technik des Beteiligungserwerbs Hinsichtlich der Technik des Beteiligungserwerbs an einer börsennotierten Akti-engesellschaft kann zunächst danach differenziert werden, ob die Aktien an der Börse oder außerbörslich erworben werden. Für den Fall des außerbörslichen Er-werbs wird zwischen individuell ausgehandelten Käufen und öffentlichen (Über-nahme-)Angeboten unterschieden. • Der Beteiligungerwerb im Rahmen des Börsenhandels setzt ein entspre-chendes Angebot von Aktien an den Wertpapierbörsen voraus. Da die im übli-chen Verkehr börsentäglich umgesetzten Aktien nur einen geringen Bruchteil des gesamten Aktienbestandes ausmachen, wird man davon ausgehen können, dass der Aufbau einer größeren Beteiligung nur über einen längeren Zeitraum möglich ist. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn der Erwerb still-schweigend erfolgen soll. So wird in der möglichen Geheimhaltung der Er-werbsabsicht bei gleichzeitigem sukzessiven Erwerb häufig ein Mittel zur Bewältigung von möglichen Widerständen gegen die geplante Übernahme ge-sehen (sog. creeping-takeover). Denkbar ist jedoch auch die öffentliche Mit-teilung eines Erwerbsplanes. • Ein zweiter grundsätzlicher Weg für den Beteiligungserwerb besteht in Indi-vidualvereinbarungen mit den derzeitigen Aktionären. Wegen der damit verbundenen Informations- und Verhandlungskosten erscheint dieser Weg nur dann sinnvoll, wenn hierdurch größere Beteiligungen von einzelnen Großakti-onären oder Aktionärsgruppen erworben werden können (Paketkauf). Dabei sind mitunter deutlich über dem aktuellen Börsenwert liegende Preise zu zah-len. Die Differenz zum Börsenwert wird in der Literatur vielfach als Paketzu-schlag oder Kontrollprämie bezeichnet. Sofern das zu erwerbende Paket groß genug ist, kann allein durch den Paketkauf die Kontrolle erworben werden. • Als dritte elementare Möglichkeit des Beteiligungserwerbs ist ein öffentliches Angebot zu sehen. Hierunter soll die öffentliche Offerte eines Bieters an die Aktionäre des zu übernehmenden Unternehmens verstanden werden, deren Aktien zu festgelegten Konditionen außerhalb des Börsenhandels innerhalb einer gewissen Frist zu erwerben. Als öffentlich ist das Angebot anzusehen, wenn es sich an eine Vielzahl von potenziellen Verkäufern wendet. Wenn die angestrebte Beteiligung zum Kontrollerwerb ausreicht, soll auch von Über-nahmeangebot gesprochen werden. Auch bei Übernahmeangeboten ist davon auszugehen, dass ein über dem aktuellen Aktienkurs liegender Preis geboten bzw. bezahlt werden muss. Die Differenz kann wiederum als Kontrollprämie interpretiert werden. Die drei beschriebenen Formen des Aktienerwerbs können auch in vielfacher Weise miteinander kombiniert werden. So ist z.B. denkbar, dass ein Übernehmer zunächst anonym Käufe an der Börse tätigt und erst nach Erreichen einer kleine-ren Beteiligung oder wenn die Übernahmeabsicht ruchbar wird, ein öffentliches Übernahmeangebot macht. Parallel dazu könnten – sofern vorhanden – Pakete von einzelnen Großaktionären außerhalb der Börse gekauft werden. 3. „Feindliche“ Übernahme Häufig werden Übernahmen danach unterschieden, ob sie „freundlich“ oder „feindlich“ durchgeführt werden. Unter einer „feindlichen Übernahme“ (auch „unfriendly-Takeover“, „hostile Takeover“) versteht man eine solche, die nicht im Einvernehmen mit dem Management der Zielgesellschaft verwirklicht wird, ent-weder weil eine Verständigung nicht erreicht werden konnte oder weil dies gar nicht erst versucht wurde. Als „freundlich“ wird eine Übernahme demgegenüber bezeichnet, wenn sie in Abstimmung mit dem Management der zu übernehmen-den Gesellschaft, ggf. sogar mit dessen Hilfe, durchgeführt wird. Diese gängige Begriffsverwendung ist als ausgesprochen problematisch zu be-zeichnen. Die im allgemeinen Sprachgebrauch negative Belegung des Begriffes „feindlich“ ordnet eine Übernahme ohne Beteiligung oder gegen den Willen des Vorstandes der Zielgesellschaft von vornherein als etwas Unerwünschtes oder Schädliches ein. Dabei ist es insbesondere fraglich, ob die Interessen des Mana-gements für eine derartige Einordnung ausschlaggebend sein können. Für eine ablehnende Haltung dieser Personengruppe können vielerlei eigene Interessen ausschlaggebend sein, insbesondere wohl die Angst vor dem Verlust der eigenen Position. Dass eine derartige nicht mit dem Management konsentierte Übernahme gegenüber den Aktionären, also den Unternehmenseignern, als „feindlich“ einzu-stufen ist, kann jedenfalls nicht pauschal gesagt werden. Aus diesem Grund spre-chen Teile der Literatur in diesem Zusammenhang auch statt von „feindlicher“ von einer „unkoordinierten“ Übernahme