Grammatischer Wechsel

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Unter dem Grammatischen Wechsel wird der Wechsel der Konsonanten f-b, d-t, h-g und s-r bei verwandten Wörtern oder bei Flexionsformen eines Wortes verstanden.

Beispiele:

Hefe - heben
leiden - gelitten
ziehen - gezogen
gewesen - sie waren

Ähnliche Phänomene gibt es auch in anderen Sprachen, etwa dem Finnischen („Stufenwechsel“).

Das Vernersche Gesetz

Der Grammatische Wechsel ist ein sprachhistorisches Phänomen, das in der germanistischen Linguistik für eine Entwicklung von der Indogermanischen zur Germanischen Sprachstufe steht. In der Ersten (Germanischen) Lautverschiebung werden die Tenues p, t, k des Indogermanischen zu germanisch f, þ, h. Da im Germanischen ebenso wie im Indogermanischen der freie Wortakzent vorherrschte, konnte die Betonung von Wörtern sowohl auf der Kernsilbe als auch auf der Flexionsendung liegen. So konnten unter bestimmten Bedingungen die stimmlosen Reibelaute zu stimmhaften lenisiert (erweicht) werden.

Karl Verner hat dies 1877 erstmals erklärt. Das Vernersche Gesetz lautet:

Die nach der germanischen Lautverschiebung vorhandenen vier stimmlosen Spiranten f, h, þ, s sind zu den entsprechenden stimmhaften Spiranten b, g, d, z erweicht in stimmhafter Nachbarschaft, wenn der unmittelbar vorhergehende Vokal nicht nach der ursprünglichen indogermanischen Betonung den Hauptton trug.

Grammatischer Wechsel im Mittelhochdeutschen

Die lautliche Entwicklung setzte sich fort, so dass hier den germanischen stimmlosen und stimmhaften Reibelauten folgende Alternanzen (Wechsel) folgen:

  • h - g
  • d - t
  • f/v - b
  • s - r

Die Alternanz in Wörtern, die einen gemeinsamen Stamm haben, heißt grammatischer Wechsel. Im Mittelhochdeutschen und später wird dieser Wechsel jedoch durch Ausgleich beseitigt. Wichtig ist er zur Unterscheidung der Stämme von starken Verben.

Beispiel

Der Wechsel von h-g im Mittelhochdeutschen:

zîhe "ich zeihe", zêch - zigen, gezigen, dazu zeigen; ziuhe, zôch - zugen, gezogen.