Mainzer Schinken

Räucherschinken aus Mainz
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Der Mainzer Schinken war eine Bezeichnung der Metzger in und um Mainz für einen nach einem bestimmten Rezept hergestellten Schinken. Noch bis zum Ersten Weltkrieg exportierte Mainz ihn, unter dem französischen Namen Jambon de Mayence, als Delikatesse in die Markthallen von Paris. Es darf jedoch angenommen werden, dass die Bezeichnung Mainzer, ähnlich wie Bayonner, lediglich als Herkunftsbezeichnung für Schinken der Region um Mainz, also Rheinhessen oder auch der rechtsrheinischen Teile des Kurstaats - Rheingau - diente, wobei die zentrale Logistik zur Vermarktung jeweils über den Hauptort organisiert wurde.

Mainzer Schinken

Das Kochbuch "Sauerländische Küche" ISBN 978-3-89836-671-7 erläutert folgenden Ursprung: Der Ursprung des Jambon der Mayence findet sich im Sauerland. Diese waldreiche Region hatte bis ins ausgehende 19. Jahrhundert eine Monokultur an Eichenwäldern die erst mit dem aufkommenden Hüttenwesen ein Ende fand. Die Sauerländer Schweine aber, wurden zur Eichelmast in die Wälder getrieben. Diese beweglichen, ihre Nahrung selbst suchenden Schweine waren kleiner und magerer als die heutigen Hausschweine. Ihr Schinken jedoch war weit über die Landesgrenzen Westfalens hinaus berühmt und wurde bis nach Frankreich exportiert. Dies geschah jedoch zu napoleonischen Zeiten von Mainz aus, sodass der Sauerländer schinken als Jambon de Mayence bezeichnet wurde. Diese Bezeichnung für einen luftgetrockneten Qualitätsschinken lebt bis heute auf der französischen Speisekarte fort. Es handelt sich demnach um einen Westfälischen Schinken.

Die Fütterung des Gargantua (Lithographie von Daumier)

Von François Rabelais wird diese Spezialität in seinem mehrbändigen humoristischen Romanzyklus um die beiden Riesen Gargantua und Pantagruel, mit dem Bayonner Schinken qualitativ gleich gestellt.

„À côté des revenus du prince-électeur, ne nous laissez pas oublier les jambons de Mayence, car nous sommes à la source. Neben den Besitztümern des Kurfürsten laßt uns nicht die Mainzer Schinken vergessen, denn wir sind an der Quelle

Les Sansculottes bei der Einnahme von Mainz 1792

Die Bezeichnung Mainzer Schinken taucht auch in einem Werk von Erckmann-Chatrian auf: La Taverne du jambon de Mayence, und auch in Satire III von Nicolas Boileau.

Zeitweise erreichte der Mainzer Schinken eine solche Beliebtheit, dass er als generische Bezeichnung (jambon de Mayence) für alle deutschen Schinkensorten in Frankreich verwendet wurde. [1]

„Die Bereitung von Schinken, Cervelatwürsten u. dgl. zu Mainz … verdient, weil sie ins Große geht und einen erheblichen Ausfuhrartikel bildet, nicht unerwähnt zu bleiben.“

Vaterländische Berichte für das Großherzogthum Hessen und die übrigen Staaten des Deutschen Handelsvereins, Veröffentlicht 1835

In Frankreich wird der Jambon de Mayence nach wie vor als Kinder- bzw. Marschlied besungen vergleichbar dem deutschen Lied Ein belegtes Brot mit Schinken.

Un jambon de Mayen-ce, V'là qu'ça commen-ce déjà bien !

Nous allons fair-re boban-ce, A ce festin il ne manquera rien car j'aperçois... Deux jambons de Mayence

etc...

Ein Rezept zur Herstellung des Mainzer Schinkens wurde vor einiger Zeit in einem Archiv in Metz wiederentdeckt und wird jetzt von einem Mainzer Metzger, Mitglied der Bruderschaft der Ritter der Blutwurst, als traditionelle Spezialität vermarktet. Der Schinken reift 9 Monate.

Laut der Oeconomischen Encyclopädie von Johann Georg Krünitz war die Rezeptur für den Mainzer Schinken allgemein im süddeutschen Raum verbreitet. Die Schinken wurden danach zunächst mit Salpeter (gemeint ist wohl Pökelsalz) eingerieben. Nach einer Woche Pökelzeit wurden sie in Weingeist gelegt und dann in Wacholderrauch geräuchert. „Durch diese Zubereitung bekommt das Fleisch nicht nur im Innern eine sehr schöne Röthe, sondern auch einen vortrefflichen Geschmack, auch werden sie beinahe oder fast so hart wie Holz.“[2]

Einzelbelege

  1. Artikel Schinken in Meyers Konversationslexikon Vierte Auflage, 1885-1892
  2. Artikel Schinken in der Oeconomischen Encyclopädie von Krünitz

Literatur

"Sauerländische Küche", Komet Verlag, 2007, ISBN 978-3-89836-671-7

Westfälischer Schinken