Entwicklung des Comics

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Der Comic ist eine Erzählung in mehreren aufeinander bezogenen Bildern. Die Anfänge dieser sequenziellen Kunst - die eigentlich eine Literatur ist - lassen sich bis ins Alte Ägypten zurückverfolgen.

Fälschlicherweise (weil dem ein inzwischen überholter Informationsstand zugrunde liegt) wird die Veröffentlichung von Hogan's Alley (später The Yellow Kid) von Richard F. Outcault in älteren Sekundärwerken als Beginn der modernen Comicgeschichte genannt - in erster Linie wegen der Verwendung von Sprechblasen und dem Phänomen der Stehenden Figur. Unumstritten ist, dass der Comic mit dem überwiegenden Einsatz von Sprechblasen (seit Anfang des 20. Jahrhunderts) eine neue Qualität erreichte. Die Beziehung zwischen Bild und Text (Dialogtext) intensivierte sich seither, ohne dass deswegen ältere Formen der Bild-Erzählung (z. B. mit Untertexten) verschwanden.

Vorzeit

Datei:Lascaux.jpg
Abbildung aus der Höhle von Lascaux
 
Ägyptische Darstellung aus Bildern und Hieroglyphen
 
Szenen auf der Trajansäule

Zuweilen liest man in der Literatur, der Comic sei bereits in der Höhlenmalerei praktiziert worden. So gebe es in der Chauvet-Höhle an der Ardèche in Frankreich die Zeichnung eines Tieres, dessen Körperumrisse mit mehreren Umrandungen versehen wurde; das deute auf Bewegung hin. Diese Interpretation geht sicher zu weit. Und selbst wenn mehrere Umrandungen Bewegung andeuten, haben wir immer noch keine Sequentialität im Sinne des Comic vorliegen.

Die ersten heute bekannten Formen eines Comic stammen aus Ägypten. Allerdings muss man sich hüten, allein aus der Tatsache, dass die Ägypter eine Bilderschrift verwendeten, auf den Erzählcharakter dieser Schrift in Form eines Comic zu schließen. Es gibt aber ägyptische Bilddarstellungen, die ohne Zweifel Comic-Charakter haben. Ein Beispiel ist der Papyrus des Hunefer (ca. 1300 vor Christus), der das sogenannte Wägen des Herzens zeigt und Handlung in einer zeitlich gestaffelten Bildfolge vorführt.

Die römische Kultur nahm die Kunst der Bild-Erzählung erst spät auf. 113 n. Chr. veranlasste der Herrscher Trajan eine Beschreibung eines Feldzuges um eine Steinsäule. Diese Säule war 33 m hoch, das Steinrelief 200 m lang und umfasst 155 Einzelszenen, die durch Stilmittel wie Bäume voneinander getrennt wurden (eine Vorwegnahme der Bildstege).

Mittelalter

 
Bild aus dem Teppich von Bayeux
 
Seite aus dem Evangeliar Heinrichs des Löwen mit Spruchbändern

Wegen fehlender Beispiele ist die Frühgeschichte des Comic nicht linear nachvollziehbar. Sequentielle Bild-Erzählungen finden sich in Byzanz, seit dem 9. Jahrhundert auch in der französischen Buchmalerei.

Häufig wurden Kirchen mit Fresken, Wand- oder Glasmalereien versehen, die religiöse Motive enthielten und nicht selten auch verschiedene Szenen einer Geschichten beschrieben. Auch in so ungewöhnlichen Materialien wie Stein (Tympanon am Straßburger Münster ca. 1300) und Teppichen (z. B. Freiburger Passionsteppich 1520) wurden Geschichten erzählt. Der bekannteste und ein sehr früher Bildteppich ist der Teppich von Bayeux (Ende 11. Jh.), der von der Schlacht bei Hastings handelt.

Seit dem 12. Jahrhundert erschienen auch Bildillustrationen, in denen die dargestellten Personen mit gesprochenen Texten in Form von Spruchbändern dargestellt wurden – Vorläufer der Sprechblasen. Die abgebildete Seite aus dem Evangeliar Heinrichs des Löwen (Ende 12. Jh.) funktioniert mit ihrem wechselseitigen Dialogtext bereits wie ein moderner Comic.

Zunehmend stieg der Bedarf an Schreibern, die sich nicht mehr nur in Klostern befanden. Höfische Literatur entstand, das Papier fand seinen Weg nach Europa, im 15. Jahrhundert wurde der Holzschnitt erfunden. Danach entstanden erste Blockbücher, die Bilder und Texte vereinten.

In Japan entstand im 16. Jahrhundert eine Tradition japanischer Holzschnitte, die Vorbild einer Reihe grotesker Zeichnungen des japanischen Künstlers Katsushika Hokusai im 19. Jahrhundert waren, vergleichbar mit den Grotesken da Vincis. Hokusai nannte sie Manga. Diese Bezeichnung findet noch heute Anwendung für Comics im japanischen Stil.

Einführung des Buchdrucks

Durch die Einführung des Buchdrucks und deren professionellen Vertriebs durch Johannes Gutenberg wurden Bilder und Texte zunächst wieder getrennt, später gelang der Einblattdruck, der als ein Vorgänger des Bilderbogens anzusehen ist. So wurde schließlich die thematische Beschränkung auf höfische und biblische Geschichten aufgehoben, die narrative Erzählung setzte sich durch. Da der größte Teil der Bevölkerung immer noch aus Analphabeten bestand, wurde die Handlung immer noch mittels Bilder transportiert. Auch geschriebene Bücher enthielten bis zu 100 Holzschnitte, die die Handlung nacherzählten, konnten aber nur wenige Leser erreichen. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts bestand im gesamten deutschsprachigen Raum die Schulpflicht.

Die Gattung des Bilderzyklus erlaubte Künstlern wie Albrecht Dürer, Hans Holbein der Jüngere erstmals Bilder zu vertreiben, die eine Handlung darstellten. Am bekanntesten und einflussreichsten war der Brite William Hogarth (1697 bis 1764), der Themen des modernen Lebens behandelte, wie etwa Armut und Prostitution, von dem es sogar ein Werk mit Interpretationen gab, das der für seine Aphorismen bekannte Georg Christoph Lichtenberg verfasste.
Rudolph Töpffer verwendete ab 1827 erstmals ein und dieselbe Person für seinen Bildroman Histoire de M. Vieuxbois mit über 200 Bildern und ließ jedes als Resultat des davor geschehenen wirken. Jedes Bild versah er zudem mit einigen Textzeilen. Gleichzeitig benutzte er erstmals Stilmittel, um Bewegungen oder Musik zu visualisieren. Dieses Prinzip beeinflusste viele Zeichner überall in Europa.

siehe auch