Anomie

in der Soziologie Zustand fehlender oder schwacher sozialer Normen, Regeln und Ordnung
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. Januar 2004 um 16:54 Uhr durch 195.126.74.67 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Anomie bedeutet

  1. Gesetzlosigkeit, Gesetzeswidrigkeit. Ursprünglich war der Begriff, (v.a. in England) ein Ausdruck für das Brechen religiöser Gesetze.
  2. Soziologie: Zustand geringer sozialer Ordnung


Der Begriff wurde von Emile Durkheim in die Soziologie eingeführt. Der Rückgang von religiösen Normen und Werten führe unweigerlich zu Störungen und zur Verringerung sozialer Ordnung: Gesetz- und Regellosigkeit seien dann nicht mehr in der Lage, die gesellschaftliche Integration zu gewährleisten. Diesen Zustand nannte Emile Durkheim Anomie (griechisch anomía: Gesetzlosigkeit), die beim Individuum zu Angst und Unzufriedenheit führen müsse, ja sogar zur Selbsttötung führen könne (anomische Selbsttötung). Den Begriff entwickelte er um die pathologischen Auswirkung der im Frühindustrialismus schnell sich entwickelnden Sozial- und Arbeitsteilung zu beschreiben. Die damit einhergehende Schwächung der Normen und Regeln für die Allokation von Waren führt zu einem verschärften Wettbewerb um die steigenden Prosperitätsgewinne.

Robert K. Merton hat den Begriff verfeinert indem er die Regeln näher beschreibt, deren Fehlen zu Anomie führt:

  • kulturelle Ziele als Wünsche und Erwartungen der Menschen einer Gesellschaft
  • Normen, welche die Mittel vorschreiben, die die Menschen zur Realisierung ihrer Ziele anwenden dürfen
  • Die Verteilung dieser Mittel

Als Anomie wird nunmehr eine Dissoziation zwischen kulturellen Zielen und dem Zugang bestimmter Schichten zu dazu notwendigen Mitteln beschrieben. Dadurch Schwächt sich die Bindung an Mittel und Ziele.

Gegenwärtig führt vor allem die Relativierung kultureller Mittel durch Pluraslisierung zum Problem der Orientierungs- und Verhaltensunsicherheit, der Individualisierung und gesellschaftlichen Desintegration.