Richard Brautigan (* 30. Januar 1935 in Tacoma, Washington, † September 1984 in Bolinas, Kalifornien war ein US-amerikanischer Schriftsteller.
Brautigan gilt als einer der Hauptvertreter des amerikanischen Westküsten-Underground der 60er und 70er Jahre. Größte Beachtung fand sein 1967 erschienener Roman Forellenfischen in Amerika (Trout Fishing in America), dessen gleichermaßen poetischer wie kulturpessimistischer Ton vielfach als Abgesang auf den amerikanischen Traum gewertet wird. Daneben Romane und Gedichtbände, auf Deutsch unter anderem Die Abtreibung (The Abortion, 1971), Sombrero vom Himmel (Sombrero Fallout, 1976), Willard und seine Bowlingtrophäen (Willard and his Bowling Trophies, 1975), Träume von Babylon (Dreaming of Babylon, 1977), Ein konföderierter Genal aus Big Sur (A Conferderate General from Big Sur, 1964), Ende einer Kindheit (So the Wind Won't Blow it all Away, 1982), Das Hawkline Monster (The Hawkline Monster, 1974), Japan bis zum 30. Juni (June 30th, June 30th; 1977), Die Pille gegen das Minenunglück von Springhill (The Pill versus the Springhill Mine Desaster, 1968).
Brautigan geriet nach seinem Tod fast völlig in Vergessenheit. In den 90er Jahren war ein kleines Brautigan-Revival zu beobachten. Brautigan war bisher kaum Gegenstand der literaturwissenschaftlichen Forschung. Zuletzt erschienen ist eine Biografie seiner Tochter.
Themen Die Tatsache, dass im Werk Brautigans nur schwer ein thematischer Schwerpunkt erkennbar ist, ist von der Kritik vielfach als Beleg für seine Beliebigkeit, sein schriftstellerisches Leichtgewicht und somit seine literarische Zweitrangigkeit gewertet worden. Tatsächlich nutzt Brautigan die Handlungsstränge meist als Kulisse für das, allerdings höchst originelle, Abarbeiten persönlicher Eindrücke, Seelennöte und innerer Haltungen. Damit liegt er im Trend des radikal subjektiven Gestus seiner Zeit. Zugleich lehnt er, anders als seine von den Beats und später den Hippies geprägte Umwelt, ein offenes politisches Engagement in seinen Texten ab. Seine Romane greifen in oft ironischer und parodierender Weise Genres der amerikanischen Populärkultur auf und sezieren diese sprachlich und thematisch (Beispiele sind die Verarbeitung von Western-Topoi in The Hawkline Monster, sowie von Hard-Boiled- und Film Noir-Elementen in Dreaming of Babylon).
Zu Themen seiner Romane und Gedichte werden häufig absurd-tragische Liebesgeschichten, Sex sowie auch das Schreiben selbst. Die oft radikale und schonungslose Selbstbespiegelung wird immer wieder humorvoll-lakonisch durchbrochen und gleitet so nie ins bloß innerliche ab. In späteren Werken kommt eine starke Affinität für die japanische Kultur, auch in Form der Imitation der japanischen Haiku-Dichtung, zum Vorschein.
Sprache Eines der Haupthemen der Dichtung Brautigans ist die Sprache selbst. Die Leichtigkeit und scheinbare Einfachheit des Tons ist das Ergebnis systematischer Reduktion des Ausdrucks unter konsequenter Konzentrierung und Verdichtung der inhaltlichen Substanz. In seinen Gedichten erinnert dies bisweilen an die Methodik und Ausdrucksform der Imagist Poets. Wichtigstes Stilmittel seiner Prosa wie Lyrik ist die Analogie, die zur Beschreibung sinnhafter Zusammenhänge oft abstrakte und mehrfach verschachtelte Gedankenbrücken zum Gemeinten baut. Das Sprachspiel verliert dabei selten den vergnügt-augenzwinkernden Duktus. Die hohe Qualität seines sprach-experimentellen Stils zeigt sich in der spurlosen Leichtigkeit seiner Texte und der Tatsache, dass seine Reduktionsarbeit nie zum Manierismus absinkt. Brautigan zeichnet sich durch erhebliche sprachliche Treffsicherheit und Vielseitigkeit aus.
Leben Brautigan wird in die Great Depression hingeboren, stammt aus kleinen Verhältnissen und verlebt eine unstete, von vielen Ortswechseln und Armut geprägte Jugend. Ende der 50er Jahre kommt er mit literarischen Kreisen in San Francisco in Kontakt. Hier erste Publikationen in Off-Beat-Magazinen im Kreis der City-Lights-Literaten. Mit seinen Roman- und Gedichtbänden wird er in den späten Sechzigern zu einer kleinen Ikone der Hippie-Generation. 1967 amtiert er als "Poet in Residence" am California Institute for Technology. Mehrere Japan-Reisen. Konnte in den späten Siebzigern nicht an seine früheren Erfolge anknüpfen, was ihn zunehmend verbitterte. Lebte zuletzt zurückgezogen und alkoholabhängig in Bolinas, Kalifornien. Im September 1984 beging er Selbstmord, aufgefunden wurde er am 25. Oktober 1984.
Deutsche Übersetzung Brautigans Gesamtwerk liegt auf Deutsch in der kongenialen Übersetzung Günter Ohnemus vor, ist aber derzeit vergriffen. Die Werke erschienen als Reihe sowohl bei rororo als auch, in aufwendigerer Ausstattung, bei Eichborn.