Go (jap.: 囲碁 Igo, chin.:圍棋 Wei-chi, kor.: 바둑 Baduk) ist ein strategisches Brettspiel für zwei Spieler.
Go ist ein sehr altes Spiel, stammt aus China und ist vor allem in Ostasien populär. Im Gegensatz zu Schach spielen die besten Go-Computerprogramme bislang nicht stärker als gelegentliche Hobby-Spieler.
Ziel des Spiels ist das Erobern möglichst großer Gebiete. Gebiete zählen als erobert, wenn sie vollständig von eigenen Steinen umschlossen sind und sich höchstens "gefangene" Steine des Gegners darin befinden.
Die Grundidee des Go lässt sich so veranschaulichen: Zwei Kriegsherren versuchen, ein Gebiet untereinander aufzuteilen, indem sie zuerst Wachposten aufstellen und diese dann durch eine Kette von Palisaden verbinden. Das Ziel ist nicht, den Gegner vollständig zu eliminieren, sondern sich bei dem Verteilungsvorgang geschickter anzustellen.
Der besondere Reiz und zugleich die besondere Schwierigkeit bei der Gebietsaufteilung liegt darin, dass Steine in gegnerische Stellungen eindringen und unabhängige Positionen aufbauen können. Dies zu erreichen, bzw. zu verhinden verlangt das ganze taktische Können des Spielers. Erlangen die eigenen Steine in einem fremden Einflussbereich den Status der Unschlagbarkeit (= "Leben"), dann ist dieses potentielle Gebiet völlig oder teilweise vernichtet. Erlangen sie ihn nicht, wird aus dem Einflussbereich des Gegners festes "Gebiet", und die eingedrungenen Steine gehen als "Gefangene" in den Besitz des Gegners über.
NB: In der abgebildeten Beispielpartie sind die schwarzen Steine rechts oben Gefangene im weißen Gebiet, während die umschlossenen weißen Steine in der Mitte und am unteren Rand von Schwarz gefangen wurden.
Geschichte
Go ist eines der ältesten Brettspiele, die heute gespielt werden, laut chinesischen Legenden soll es bereits vor 4000 Jahren erfunden worden sein. Gesicherte Hinweise auf die Existenz des Spiels sind immerhin 2500 Jahre alt. In Japan wurde Go zusammen mit dem Buddhismus vor knapp 1500 Jahren eingeführt, und erreichte dort eine besondere Blüte. Daher ist es hierzulande unter seiner japanischen Bezeichnung besser bekannt als unter seinem ursprünglichen chinesischen Namen Wei-chi. Außerdem sind die Namen Igo in Japan, und Baduk in Korea gebräuchlich. Die Regeln dieser drei großen Go-Nationen unterscheiden sich nur unwesentlich in der Frage der Berechnung des Ergebnisses. Die grundlegenden Spielregeln sind die selben. In jüngerer Zeit ist es in China und vor allem in Korea zu einem regelrechten Go-Boom gekommen, der dazu geführt hat, dass Japan seine ehemalige Vormachtstellung bei internationalen Tournieren verloren hat.
Seit seiner Einführung in Europa und Nordamerika vor gut 100 Jahren hat das Spiel auch außerhalb Asiens an Beliebtheit gewonnen. Kenner bezeichnen es mitunter als anspruchsvoller als Schach. Der Schachweltmeister Emanuel Lasker, selbst einer der Pioniere des europäischen Go, bemerkte: "Wenn es im Universum noch irgendwo intelligente Lebewesen gibt, dann kennen sie vielleicht Schach, höchstwahrscheinlich jedoch Go."
Ein Indiz für die Komplexität des Spiels lässt sich aus den geringen Erfolgen der Go-Computerprogrammierung ableiten. Obwohl Programmierer auf der ganzen Welt versuchen, Go im Computer zu implementieren, und viele Software-Unternehmen mit sehr attraktiven Preisgeldern winken, ist es bis heute niemandem gelungen, ein Programm für das 19x19-Brett zu schreiben, das mit einem fortgeschrittenen Spieler konkurrieren kann.
Die Regeln in Kürze
(Dies sind die japanischen Regeln, nach denen auch in den meisten europäischen Ländern gespielt wird.)
Spielmaterial und Zugfolge:
- Das Spielfeld besteht aus 19 horizontalen und 19 vertikalen Linien, die ein Gitter von 361 Schnittpunkten bilden. Auf diese Schnittpunkte werden die Steine gesetzt. Beide Spieler, Schwarz und Weiß genannt, verfügen über eine entsprechend hohe Anzahl an gleichförmigen Steinen in der entsprechenden Farbe. Ein Stein kann nicht mehr verrückt werden, es sei denn, er wird vom Gegner geschlagen. Das Brett ist zu Beginn leer, die Spieler setzen ihre Steine abwechselnd. Zur Abkürzung der Partie oder zum Erlernen des Spiels kann man auch kleinere Spielbretter (13x13, 9x9) verwenden. Es gelten dabei ansonsten die üblichen Regeln.
- Schwarz beginnt; anschließend führen beide Spieler abwechselnd einen Zug oder Satz aus. Dabei platziert ein Spieler einen Stein seiner Farbe auf einen beliebigen leeren Schnittpunkt, oder er passt, worauf der andere Spieler erneut ziehen darf. Wenn beide Spieler passen, ist das Spiel zu Ende. Gesetzte Steine können nicht mehr bewegt werden, es sei denn, sie werden vom Gegner "geschlagen".
Wie werden Steine geschlagen?
- Ein einzelner Stein kann geschlagen werden, wenn die vier benachbarten Schnittpunkte, die ihn horizontal und vertikal umgeben, von gegnerischen Steinen besetzt sind. Diese benachbarten Punkte nennt man auch die Freiheiten eines Steins (diagonal benachbarte Punkte zählen nicht als Freiheiten!). Ein Stein wird also geschlagen, wenn er "keine Freiheiten" mehr hat. Um nicht geschlagen zu werden, bzw. um mehr Freiheiten zu bekommen, kann sich ein Stein mit einem anderen "verbinden".
- Steine der gleichen Farbe sind verbunden, wenn sie auf vertikal oder horizontal benachbarten Schnittpunkten liegen. Man spricht auch von einer Kette. Diagonal benachbarte Steine bilden noch keine Kette. Eine Kette von zwei Steinen besitzt sechs Freiheiten. Auch Ketten können geschlagen werden, wenn sie alle Freiheiten verlieren.
- Verliert eine Kette die letzte Freiheit, wird sie geschlagen und vom schlagenden Spieler aufbewahrt (unabhängig davon, ob durch diesen Zug eigene Steine die letzte Freiheit verlieren; entscheidend ist, dass sie nach dem Entfernen der gefangenen gegnerischen Steine noch über Freiheiten verfügen).
- Besonderheit Brettrand: Steine dürfen auch entlang der umgebenden Randlinie des Brettes gesetzt werden, verfügen dort allerdings über weniger Freiheiten. Ein einzelner Stein am Brettrand hat 3 Freiheiten, ein Stein in der Ecke 2.
Leben und Tod:
- Eine Gruppe von Steinen kann dann sicher vor dem Geschlagenwerden bewahrt werden, wenn sie mindestens zwei "innere" und "unabhängige" Freiheiten umschließt. Man spricht auch von "zwei Augen". Eine Gruppe mit zwei Augen lebt und kann nicht mehr geschlagen werden.
- Begründung: Wenn eine Gruppe von Steinen zur Gänze von feindlichen Steinen umgeben ist (= keine "Außenfreiheiten" besitzt), und nur einen einzigen freien Punkt (= Innere Freiheit") einschließt, so kann der Gegner einen Stein auf diese letzte Freiheit der Gruppe setzen. Die Gruppe ist damit geschlagen und wird von Brett genommen. Umschließt die Gruppe aber noch einen zweiten leeren Punkt (der dem ersten Punkt nicht "benachbart" sein darf"), so würde ein gegnerischer Stein hier selbst beim Setzen all seine Freiheiten verlieren, ohne dem Gegner die letzte Freiheit zu nehmen. Ein solcher Zug wird als Selbstmord bezeichnet und ist verboten. Da also jeder Versuch eine Gruppe mit "zwei Augen" zu schlagen zum "Selbstmord" der angreifenden Steine führen würde, ist sie vor allen Angriffen sicher und "lebt".
Fangen und Schlagen:
- Eine Gruppe, die von gegnerischen Steinen umschlossen ist, und keine Aussicht auf "Leben"(d.h. in der Regel keine zwei Augen) hat, gilt als "gefangen". Gefangene Steine müssen nicht unbedingt "geschlagen", d.h. vom Brett genommen werden, es sei denn, die umgebenden Steine sind selbst von der Gefangennahme bedroht.
Ko-Regel:
- In bestimmten Situationen wird ein einzelner Stein ("A") so geschlagen, dass der schlagende Stein ("B") selbst nur noch eine Freiheit besitzt und daraufhin wieder geschlagen werden könnte. Dieser dritte Stein läge dann auf der gleichen Stelle wie A und könnte von einem vierten Stein wieder auf B geschlagen werden, etc. Eine solche Situation bezeichnet man als Ko-Stellung.
- Um in einer Ko-Stellung eine Wiederholung ad infinitum zu vermeiden, gibt es die sog. Ko-Regel, die in diesem Fall einen Zwischenzug verlangt. Konkret: Schlägt ein Stein genau einen anderen Stein und könnte dieser Stein sofort wieder geschlagen werden ohne dass dabei ein weiterer Stein geschlagen wird (d.h. wenn nach diesem Zurückschlagen wieder die gleiche Stellung wie vor dem ersten Satz auf dem Brett entstehen würde), so muss der Gegner einen Zwischenzug einschalten. Wird dieser Zug beantwortet, darf er Zurückschlagen. Der Gegener hat allerdings auch die Wahl, "das Ko zu decken", d.h. den schlagenden Stein durch eine feste Verbindung, etc. vor dem Geschlagenwerden zu sichern.
Spielende:
- Das Ende des Spiels ist erreicht, wenn beide Spieler der Meinung sind, ihre Punktzahl nicht mehr verbessern zu können. In einem solchen Fall kann man passen. Wenn beide Spieler hintereinander gepasst haben, endet die Partie.
- Die Spieler einigen sich nun darauf, welche noch auf dem Brett befindlichen Steine gefangen sind, d.h. geschlagen werden könnten, wenn der Gegner es nur wollte. Dieses Schlagen wird nicht wirklich ausgeführt, da man dabei eigene Gebietspunkte zusetzen würde. Statt dessen werden diese Steine einfach vom Brett genommen und zu den bereits geschlagenen Steinen gelegt.
- Die Punktzahl eines Spielers errechnet sich aus der Anzahl der durch Steine der eigenen Farbe umschlossenen Schnittpunkte und der im Laufe des Spiels gefangenen gegnerischen Steine. Der Spieler mit der höheren Punktzahl gewinnt das Spiel. Die Höhe des Gewinns ist nicht entscheidend. Ein Sieg um einen Punkt ist gleichwertig mit einem Sieg um hundert Punkte.
Begriffe der Strategie und Taktik
Gebiet und Einfluss
- Gebiete entstehen in der Regel aus zunächst locker abgesteckten Einflussbereichen.
- Gebiete lassen sich am leichtesten in der Nähe der Ecke und des Randes erobern (der Rand des Brettes zählt mit als Grenze!), daher beginnt man im allgemeinen mit einem Zug "in der Ecke".
Eröffnung
- Das Eröffnungsspiel ist bei fortgeschrittenen Spielern durch die Anwendung von Ganzbrettmustern (Fuseki) und Eck-Eröffnungsformeln (Joseki) geprägt. Fuseki und Joseki lassen sich mit der Eröffnungstheorie im Schach vergleichen und werden beständig weiterentwickelt.
Verbindungen
- Die eigenen Steine sollten am Anfang nicht zu nahe aneinader gesetzt werden, aber doch so, dass sie im Fall eines "Angriffs" fest verbunden werden können. Es gilt: Sind die gegnerischen Steine weit weg, kann ich mehr Platz zwischen meinen Steinen lassen, sind sie nahe, sollten auch meine Steine nahe aneinander gesetzt werden.
Angriff und Verteidigung
- Versucht man, eine gegnerische Gruppe zu umschließen (= Angriff), so sollte man das locker tun und direkten Kontakt (Nahkampf) mit den gegnerischen Steinen vermeiden. Muss man sich hingegen verteidigen, so spielt man den Gegner unmittelbar an. Faustregel: Direktes Anspielen (= Berührung der Steine) stärkt den Gegner. Und: Wenn Du schwach bist, suche den Nahkampf.
"Gute Form" und "Tesuji"
- Es gibt lokale Formationen, die sich als effektiv erwiesen haben; man spricht von "guter Form". Nichtsdestotrotz kann jederzeit auch ein taktisch begründeter Nichtstandardzug (Tesuji) optimal sein.
Einstufung und Rangsysteme
Alle Go-Spieler, die in Klubs spielen, erhalten üblicherweise einen Rang, der u.a. zur Orientierung bei der Wahl eines neuen Gegners dient. Es gibt
- "Meisterränge", die als Dan bezeichnet werden; ein 1. Dan ist der niedrigste Meisterrang, ein 7. Dan für Amateure (in Japan selten auch der 8. Dan) der höchste.
- "Schülerränge", Kyu genannt, unter denen der 1. Kyu der höchste Rang ist.
Anfänger werden in der Regel als 20. bis 30. Kyu eingestuft.
Die Rangsysteme in Amerika, Europa und Asien sind gegeneinander leicht verschoben, der Spielstärkeunterschied zwischen den jeweiligen Rängen ist aber stets der gleiche. Er bemisst sich nach einem festgesetzten System von Vorgabesteinen zur Ausgleichung des Stärkeunterschieds.
Wenn zwei Gospieler unterschiedlichen Ranges aufeinander treffen, wird aus dem Rangunterschied eine Vorgabe bestimmt: Ein 5 Dan gegen einen 1 Dan ergibt eine Vorgabe von 4 Steinen. Das bedeutet, dass der (schwächere) 1 Dan Spieler mit den schwarzen Steinen spielt und 4 Steine auf dem Brett platzieren darf, bevor sein Gegner den ersten Zug macht. In China ist es üblich, dass der schwächere Spieler sich aussuchen darf, wo er diese Vorgabesteine plazieren möchte. In Japan werden die Vorgabesteine auf feste Punkte gelegt, die auf dem Go-Brett etwas dicker gezeichnet sind.
Bei einem Unterschied von einem Rang beginnt der schwächere Spieler, bei gleichstarken Spielern erhält der Nachziehende (Weiß) im Voraus einige Gebietspunkte, Komi genannt, um den Vorteil des ersten Zuges auszugleichen. Als Standard-Komi haben sich in letzter Zeit 6,5 Punkte etabliert, früher wurden meist 5,5 Punkte gegeben. Die Wahl des Komi (und damit der Spielbewertung) ist aber kein fester Bestandteil der Speilregeln und kann (z.B. bei von einem Tournierveranstalter) frei gewählt werden.
In den drei führenden Go-Nationen, China, Korea und Japan gibt es jeweils eigene Rangsysteme für professionelle Spieler, die nur Dan-Ränge kennen, aber nicht auf dem oben erwähnten Vorgabe-System basieren. Ein 1. Profi-Dan in Japan entspricht in etwa einem 7. Dan bei den Amateuren.
Computergo
In bedeutend höherem Maße als Schach verlangt Go intelligente Problemlösungsstrategien. Im Schach kann man ersatzweise mit einer simplen oder verfeinerten Brute-Force-Methode sehr gute Erfolge erzielen. Im Go scheint das auf den ersten Blick an der größeren Variantenvielfalt zu scheitern (die unvorstellbar hohe Anzahl verschiedener Stellungen, die auf einem 19-mal-19-Punkte-Brett möglich sind: 4.63x10170, im Schach: "nur" 1043). Der wirkliche Grund ist allerdings tiefliegender, sonst wären Go-Programme auf kleinen Brettern viel stärker: die Bewertungsfunktion für eine Stellung ist von unvergleichlich höherer Komplexität als im Schach.
Daher muss die Stellung beim Go in Teilprobleme zerlegt werden, diese müssen analysiert und die gewonnen Ergebnisse logisch miteinander verknüpft werden. Mustererkennung spielt eine wichtige Rolle. Besonders schwierig ist die gleichzeitige Beachtung von lokalen und globalen Gesichtspunkten.
An dieser Aufgabe sind alle Programme bisher mehr oder weniger kläglich gescheitert. Der Weltmeister 2002, The Many Faces of Go, spielt entgegen eigener Angaben etwa einen 16 Kyu. Der Weltmeister 2003, Gnu-Go (freier Download auf http://www.gnu.org/software/gnugo/gnugo.html ), spielt zwar deutlich besser, ist aber immer noch so schlecht, dass er als Trainingspartner für stärkere Spieler nicht geeignet ist.
Interessant ist das Programm GoTools (von Thomas Wolf, http://lie.math.brocku.ca/GoTools/applet_de.html ), das sich allerdings auf das Lösen idealisierter Teilstellungen beschränkt. Bei bestimmten Stellungstypen kann dieses Programm menschliche Analyseleistungen bei weitem übertreffen. Für das Ziel des spielstarken Go-Programms ist damit jedoch fast nichts gewonnen, da diese idealisierten und in sich abgeschlossenen Stellungen in der Praxis eine relativ geringe Rolle spielen.
Weblinks
- Deutscher Go Bund
- Europäische Go-Föderation, auf englisch
- Österreichischer Go Verband
- Schweizerischer Go-Verband
- Deutscher Go-Index (viele Links)
- Go-Spielen und Go-Spieler im Internet
- Sensei's Library, ein großes englischsprachiges Wiki, der sich mit Go befasst
- www.BrettSpielWelt.de - Go auf für Anfänger online siehe auch BSW
- Pok's Go Space - Notes on Go in Austria