Polazk

Stadt in Belarus
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Polazk (weißrussisch Полацк/Polazk oder Полацак/Polazak, russisch Полоцк/Polozk, polnisch Połock) ist die älteste Stadt Weißrusslands. Sie liegt im Norden des Landes an der Düna im Bezirk Witebsk und ist Hauptstadt des Kreises Polozk. Die Bevölkerungszahl beträgt 86.800 Einwohner (2004). Im frühen Mittelalter war Polozk Zentrum eines von drei Fürstentümern auf weißrussischem Gebiet, die aus der Kiewer Rus hervorgingen und die vom heutigen Weißrussland als Vorläuferstaaten angesehen werden. Westlich von Polozk liegt die große Trabantenstadt Nawapolazk.

Geschichte

Der alte ostslawische Name Polotesk leitet sich vom Fluß Polota ab, der nahe der Stadt in die Düna mündet. Die Wikinger verballhornten den Namen zu Palteskja oder Paltejsborg.

Polozk ist eine der ältesten Städte der alten Rus. Schon im Jahre 862 wird es zusammen mit Murom und Beloozero erwähnt. Die nordischen Sagen beschreiben sie als die bestbefestigte Stadt der ganzen Rus.

Zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert entwickelte sich das Fürstentum Polozk zu dem wichtigsten Machtzentrum auf weißrussischem Gebiet, neben dem weniger wichtigen Turaw im Süden. Mehrmals verteidigte es seine Selbständigkeit gegenüber anderen Zentren der Kiewer Rus und wurde zur politischen Hauptstadt und Bischofssitz. Von hier aus wurden die baltischen Untertanenländer im Westen kontrolliert. Der mächtigste Herrscher war Fürst Wseslaw Brjatschislawitsch(1044 bis 1101).

Seit 1307 war Polozk Teil des Großherzogtums Litauen, angeblich das wichtigste Handelszentrum des Staates. Im Jahre 1498 wurde der Stadt das Magdeburger Recht verliehen. Mit der Verwaltungsreform Anfang des 16. Jahrhunderts wurde eine Wojewodschaft Polozk gegründet. Stefan Batory errichtete hier ein Jesuitenkollegium, dessen erster Rektor Piotr Skarga wurde. Iwan der Schreckliche eroberte Polozk 1563, mußte es aber 15 Jahre später wieder zurückgeben. Mit dieser Eroberung begann allerdings der Niedergang der Stadt; nach der Ersten Polnischen Teilung sank sie zu einem Provinznest des Russischen Reiches ab.

Kultur

Die Sophienkathedrale (1044-1066), die ihre Parallelen in den Sophienkathedralen von Kiew und Nowgorod (und letzten Endes in der Hagia Sophia von Konstantinopel) hatte, unterstreicht den herrschaftlichen Anspruch der Fürsten von Polozk. Das mittelalterliche Gebäude wurde allerdings im 18. Jahrhundert durch eine Barockkirche ersetzt. Das St.-Euphrosyne-Kloster enthält noch Bauteile des 12. Jahrhunderts, aber auch eine große neobyzantinische Kathedrale des Architekten Konstantin Thon. Ehemals bestanden in Polozk auch die Jesuitenkirche und die römisch-katholische Nikolaus-Kathedrale.

Im 12. Jahrhundert wirkte in Polozk die Nonne und Schriftstellerin Euphrosyne von Polozk (Преподобная Евфросиния Полоцкая) (1120-1173), die Klöster errichten ließ, Bücher übersetzte und Literatur und Kunst förderte (etwa das "Euphrosynenkreuz" des Polozker Handwerkers Lazarus Bohscha, das im 2. Weltkrieg verlorenging, und die kirchenslawischen Predigten und Schriften des Bischofs Kyrill von Turaw, 1130-1182). Sie verstarb bei einer Pilgerreise nach Jerusalem. Ihre Gebeine wurden zunächst im Höhlenkloster Kiew (Киево-Печерский монастырь) aufbewahrt, im Jahre 1910 aber nach Polozk überführt. Euphrosyne von Polozk gilt als Schutzheilige der Weißrussen.

Der erste Drucker Weißrußlands, Francysk Skaryna, wurde um 1490 in Polozk geboren. Er druckte die erste Bibel in ostslawischer Sprache (in Altruthenisch) 1517, nur wenige Jahrzehnte nach Gutenbergs Bibeldruck und wenige Jahre nach der ersten tschechischen Bibel (1506).

Im September 2003 wurde im Zuge der Zehnten "Tage der weißrussischen Literatur ein Denkmal für den weißrussischen Buchstaben Ў enthüllt, der in keinem anderen kyrillischen Alphabet vorkommt.

Verschiedenes

Ein Krater auf dem Mars trägt den Namen Polozk.

Siehe Geschichte Weißrusslands, Goldenes Zeitalter (Weißrussland)