Gesetzliche Rentenversicherung (Deutschland)

Zweig der Sozialversicherung zur Alterssicherung von Beschäftigten in Deutschland
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. März 2004 um 20:51 Uhr durch Southpark (Diskussion | Beiträge) (dopplerhinweis). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Dieser Artikel bezieht sich auf die deutsche Rentenversicherung. Für die Schweizer Rentenversicherung siehe: Alters- und Hinterlassenenversicherung


Dieser Artikel scheint inhaltlich dem Artikel Rente (Altersvorsorge) zu gleichen. Scheuen Sie sich nicht, die beiden Artikel inhaltlich an der aus Ihrer Sicht geeigneteren Stelle zusammenzubringen. Kommentieren Sie dann bitte auf der Seite Wikipedia:Artikel zum selben Thema den Doppeleintrag als erledigt! -- southpark 19:51, 9. Mär 2004 (CET)



Die gesetzliche Rentenversicherung (RV) in Deutschland ist Bestandteil (Versicherungszweig) der gegliederten Sozialversicherung. Sie findet ihre Grundlage im Sozialgesetzbuch Sechstes Buch SGB VI) in der Fassung vom 19.2.2002 (BGBl. I S. 754).

Die RV im SGB VI bildet zusammen mit den anderen gesetzlichen Altersversorgungsformen (Alterssicherung der Landwirte, berufsständische Pflichtversorgung der verkammerten freien Berufe) eine der drei Säulen des deutschen Alterssicherungssystems, neben der betrieblichen/überbetrieblichen/tariflichen Altersversorgung (zweite Säule) und der auf privater Vorsorge aufbauenden Versorgung (gefördert im Rahmen der sog. „Riester-Rente“). Eine Sonderversorgung besteht für die Beamten der öffentlichen Hand.

Träger der Rentenversicherung

Träger der RV sind:

  1. Für Angestellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Berlin,
  2. für Arbeiter die derzeit 22 Landesversicherungsanstalten (LVA), sowie die Seekasse in Hamburg und die Bahnversicherungsanstalt in Frankfurt (Main);
  3. für die im Bergbau Beschäftigten die Knappschaftsversicherung Bundesknappschaft in Bochum.

Die Bundesknappschaft ist zugleich Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung der im Bergbau Beschäftigten und neuerdings für die Versicherung der geringfügig Beschäftigten (Minijobs) zuständig; Seekasse und Bahnversicherungsanstalt führen neben der Arbeiter- auch die Rentenversicherung der Angestellten im Auftrag der BfA durch; die Veranlagung der selbständigen Künstler und Publizisten, für deren Leistungen die BfA zuständig ist, erfolgt bei der Künstlersozialkasse als besonderer Abteilung der Unfallkasse des Bundes in Wilhelmshaven.

Die Träger der RV werden, wie alle übrigen Träger der Sozialversicherung, im Verhältnis 50:50 durch Vertreter der Arbeitgeber und der Versicherten selbstverwaltet. Die Versicherten bestimmen durch Briefwahl ihre Vertreter. Die Träger stehen unter staatlicher Rechtsaufsicht. Die Organisationsstruktur der Träger der RV wird in jüngerer Zeit als reformbedürftig angesehen.

Versicherte

In der RV sind alle abhängig beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich Auszubildender mit erstmaliger Aufnahme der Arbeitstätigkeit pflichtversichert (Zwangsversicherung); darüber hinaus bestimmte Gruppen von Selbständigen (Landwirte, Handwerker, Künstler und Publizisten, Küstenfischer und –schiffer, Seelotsen, Hausgewerbetreibende). Daneben ist für Selbständige, die nicht pflichtversichert sind eine freiwillige Versicherung möglich.

Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung

Versicherte Risiken der RV sind Alter (die sog. "Rente"), verminderte Erwerbsfähigkeit (Invalidität) und Tod.

Leistungen der RV sind somit Rentenzahlungen auf Grund eines dieser Risikofälle (Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten an Witwen/Witwer, Waisen sowie den vorletzten Ehegatten bei Kindererziehung).

Voraussetzung für die Rentengewährung sind die Erfüllung von allgemeinen und besonderen Wartezeiten (mindestens fünf Jahre), bei der Altersrente das Erreichen des Renteneintrittsalters (mindestens 60. Lebensjahr); Regelaltersrente ohne Abschläge wird bei Renteneintritt ab dem 65. Lebensjahr gewährt.

Berechnung der Rentenhöhe

Die Höhe der Altersrente wird nach der Rentenformel berechnet. Diese ist im Sozialgesetzbuch normiert. Sie berechnet sich aus der Multiplikation der im Laufe des beitragspflichtigen Erwerbslebens kumulierten Entgeltpunkte (Entgeltpunkt ist die Verhältniszahl des persönlichen Arbeitsentgeltes zum Durchschnittsentgelt eines Kalenderjahres) mit dem sich jährlich in Abhängigkeit der Entwicklung der Bruttolöhne und demographischer Veränderungen anpassenden aktuellen Rentenwert, gegebenenfalls mit Abschlägen bei Inanspruchnahme vor dem 65. Lebensjahr.

Besonderheiten bestehen in der Knappschaftsversicherung (Rentenversicherung der Bergleute). Der soziale Solidargedanke der RV kommt u. a. in der Berücksichtigung von Zeitabschnitten ohne Beitragsleistung (z. B. Kindererziehungszeiten, Zeiten zwischen Eintritt der Erwerbsminderung und vollendetem 60. Lebensjahr) zum Ausdruck.

Darüber hinaus erbringen die Träger der RV auch Leistungen im Rahmen der medizinischen und beruflichen Rehabilitation zur Wiederherstellung bzw. Verbesserung der Erwerbsfähigkeit (versicherungfremde Leistungen).

Pflichteinzahlungen in die Rentenversicherung

Grundsätzlich wird die RV finanziert durch Beiträge, die je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen werden (Ausnahmen: in der Knappschaftsversicherung trägt der Arbeitgeber zwei Drittel des Beitrags; Selbständige tragen den Beitrag allein (Besonderheiten in der Künstlersozialversicherung); Besonderheiten für geringfügig Beschäftigte) sowie verschiedene Bundeszuschüsse (etwa ein Viertel der Gesamtfinanzen) und sonstige Einnahmen.

Die Finanzierung erfolgt nicht im Kapitaldeckungs- sondern im umstrittenen Umlageverfahren Dabei werden laufende Rentenausgaben auf die derzeitigen Beitragszahler umgelegt Generationenvertrag). Der Beitragssatz wird als Prozentsatz vom Bruttolohneinkommen (Arbeitsentgelt) bis zur Beitragsbemessungsgrenze erhoben, bei Selbständigen vom Erwerbseinkommen; er ist für die Angestellten- und die Arbeiterrentenversicherung gleich hoch, für die Knappschaftsversicherung höher.

Historische Entwicklung und heutige Situation

Die RV wurde erstmals eingeführt im Rahmen der Bismarck’schen Sozialgesetzgebung zum 1.1.1891 (RGBl. 1889 I S. 97); wesentliche Reformschritte waren 1911 die Einführung der Hinterbliebenenrenten sowie die Einbeziehung der Angestellten in die RV, 1957 der Übergang zum System der Umlagefinanzierung sowie der dynamischen Koppelung der Rentenhöhe an die Bruttolohnentwicklung, 1972 die Einführung der flexiblen Altersgrenze sowie seit 1992 der Versuch der Sicherung des von demographischer Entwicklung und wirtschaftlicher Stagnation bedrohten Systems (Rentenproblem).

Literatur

  • H. Grüner / G. Dalichau, Gesetzliche Rentenversicherung. Kommentar, Heidelberg (Loseblatt)
  • K. Hauck et al., Sozialgesetzbuch – SGB VI. Kommentar, Berlin (Loseblatt)
  • R. Kreikebohm (Hrsg.), SGB VI. Kommentar, 3. Aufl., München 2003
  • H.-W. Lueg / B. v. Maydell / F. Ruland (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung, 5 Bde., Berlin (Loseblatt)
  • B. Schulin (Hrsg.), Handbuch des Sozialversicherungsrechts. Bd. 3 Rentenversicherungsrecht, München 1999; Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (Hrsg.)
  • Handbuch der Rentenversicherung, Neuwied 1990.