Dieter Hildebrandt

deutscher Kabarettist (1927–2013)
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Dieter Hildebrandt (* 23. Mai 1927 in Bunzlau, Niederschlesien) ist ein deutscher Kabarettist, Schauspieler und Buchautor.

Dieter Hildebrandt auf der lit.Cologne 2007

Leben

Hildebrandt wurde als Sohn eines Beamten (Oberlandwirtschaftsrat) geboren. Ab 1943 war er Luftwaffenhelfer, kurz vor Kriegsende wurde er noch zur Wehrmacht eingezogen. Im Jahr 1945 wurde seine Familie aus Schlesien vertrieben und ließ sich in Windischeschenbach in der Oberpfalz nieder. In Weiden holte Hildebrandt 1947 das Abitur nach und begann 1950 ein Studium der Literatur- und Theaterwissenschaften sowie der Kunstgeschichte an der Universität München. Hildebrandt hatte begonnen zu promovieren, brach jedoch 1955 ohne Abschluss ab, als sein Doktorvater emeritiert wurde.[1] Nachdem seine erste Frau Irene Mendler, mit der er zwei Töchter hat, im August 1985 nach langem Leiden an Krebs verstarb, heiratete er die Kabarettkollegin und Schauspielerin Renate Küster.

Wirken als Schauspieler und Kabarettist

Während seines Studiums arbeitete er zur Finanzierung im von Erich Kästner mitgegründeten Kabarett Die Kleine Freiheit als Platzanweiser. Er entdeckte dabei sein Interesse an der Schauspielerei und schloss 1953 die Prüfung der Schauspieler-Genossenschaft ab. 1955 gründete er mit Kommilitonen das Kabarett „Die Namenlosen“, dessen Aufführungen in Schwabing auf seine Skripte zurückgingen. 1956 war er gemeinsam mit Sammy Drechsel an der Gründung der Münchner Lach- und Schießgesellschaft beteiligt. Dort gelang ihm sowohl als Texter als auch als Schauspieler der Durchbruch. 1964 spielte er die Rolle des Doktor Murke in der Verfilmung der satirischen Erzählung Doktor Murkes gesammeltes Schweigen von Heinrich Böll. Das Drehbuch zu diesem Film stammte auch von Dieter Hildebrandt. .

Von 1972 bis 1979 moderierte er die ZDF-Sendung Notizen aus der Provinz. Von 1980 bis 2003 hat er sich mit der Kabarettsendung Scheibenwischer, diesmal in der ARD, einen Namen gemacht. Der letzte Scheibenwischer mit Dieter Hildebrandt als festem Besetzungsmitglied wurde am 2. Oktober 2003 im Rahmen einer großen Gala gefeiert, an der auch andere bekannte Kabarettisten wie Bruno Jonas teilnahmen. Nach Hildebrandts Abtritt übernahm Jonas gemeinsam mit Mathias Richling und Georg Schramm die programmatische Leitung der Sendung. Nachdem Schramm und andere den Scheibenwischer aus konzeptionellen Gründen verlassen hatten, kam es zur offenen Auseinandersetzung mit dem seit Anfang 2009 als Hauptakteur der Sendung agierenden Richling. Hildebrandt untersagte Richling die Weiterverwendung des Titels "Scheibenwischer". Hintergrund waren Richlings Pläne, auch sogenannte "Comedians" in die Sendung einzuladen. Hildebrandt hegt hingegen eine Abneigung gegen diese Form der Unterhaltung und wollte das politische Kabarett erhalten. Mario Barth bezeichnete er in einem Interview als "abgrundtief dumm".[2] Richling warf dem SPD-Mitglied Hildebrandt daraufhin vor, nur "parteipolitische Kabarett" aufführen zu können.[3]

1985 trat er zusammen mit Werner Schneyder auf Einladung in der Leipziger Pfeffermühle auf. Vorher schrieb er mit ihm mehrere preisgekrönte Kabarettprogramme (u. a.: Talk täglich), die von 1974 bis 1982 durch ganz Deutschland und Österreich tourten.

2010 ist Hildebrandt mit der Fortsetzung der Fernsehserie Kir Royal beschäftigt, in der er schon in der ersten Staffel aus dem Jahr 1986 eine Hauptrolle spielte.

politisches Engagement

Hildebrandt ist langjähriges Mitglied der SPD. 1976 spielte er in einem Wahlwerbespot für die Partei mit. Heute unterstützt er eine Kampagne zur Aussetzung des "Sanktionsparagraphen" 31 des SGB II ("Hartz IV"). [4]

Debatte um NSDAP-Mitgliedschaft

In der Ausgabe vom 30. Juni 2007 berichtete das Nachrichtenmagazin Focus, Hildebrandt sei als Mitglied der NSDAP registriert gewesen.[5] Hintergrund war der Fund von Mitgliedsanträgen in der Mitgliederdatei der NSDAP, die (unvollständig) durch das Bundesarchiv aus dem Berlin Document Center übernommen wurde. Neben Hildebrandt fanden sich auch Anträge von Martin Walser und Siegfried Lenz. Hildebrandt bestritt einen wissentlichen Aufnahmeantrag in die NSDAP. Michael Buddrus, Historiker am Institut für Zeitgeschichte bezweifelte, dass Personen ohne deren Wissen in die NSDAP aufgenommen wurden. Norbert Frei und Götz Aly wiesen allerdings daraufhin, dass man über die Aufnahmepraxis in den lokalen Sektionen der NSDAP zu wenig wüsste, um ein abschließendes Urteil fällen zu können.[6]
In der Ausgabe 08/2007 der Zeitschrift Cicero nahm Hildebrandt ausführlich Stellung zu den Ereignissen zwischen 1943 und 1945 und seiner angeblichen NSDAP-Mitgliedschaft.[7] Dort schrieb er unter anderem: „Als Mitglieder dieser Partei hätten wir keinerlei Vorteile gehabt. In diesen aufgelösten Zeiten gab es ein solches Kalkül überhaupt nicht mehr. Es ging nur noch ums Überleben.“

Auszeichnungen und Ehrungen

 
Stern für Dieter Hildebrandt auf dem Walk of Fame des Kabaretts in Mainz

Werke (Auswahl)

Film und Fernsehen

Radio

  • Klassik-Pop-et cetera (28. Januar 2006), beim Deutschlandfunk, zum wiederholten Male Moderation von „Klassik-Pop-et cetera“
  • Der Anbieter. Zur Plage der Nation. 1995, Hörspiel nach dem gleichnamigen Roman. Produktion SFB, SR. Regie: Lutz Volke. Mit Dieter Hildebrandt als Erzähler und Dr. Knut Schnabel, Dieter Mann als Dr. Walter Wanzek. (Quellen: DRA-Archiv, Hörspiele in der ARD 1995, rbb-Archiv, SR-Archiv)

Einzelnachweise

  1. sueddeutsche.de: Ich finde Sex an sich schon komisch, Interview vom 23. Mai 2007
  2. Mario Barth ist abgrundtief dumm. In: Süddeutsche Zeitung. 8. Oktober 2010, abgerufen am 30. Oktober 2010.
  3. „Hildebrandt kann nur parteipolitisch“ Focus, Nr. 12, 16. März 2009
  4. Bündnis für ein Sanktionsmoratorium
  5. Focus Online: Historiker-Streit nach mutmaßlichem NSDAP-Outing, 2. Juli 2007
  6. All diese Karteikarten der NSDAP. In: FAZ. 2. Juli 2007, abgerufen am 30. Oktober 2010.
  7. Cicero.de: Ich war dabei! Aber ganz anders, 2007