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Dilma Rousseff

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Dilma Rousseff
Dilma Rousseff

Dilma Vana Rousseff (* 14. Dezember 1947 in Belo Horizonte) ist eine brasilianische Wirtschaftswissenschaftlerin und Politikerin (Partido dos Trabalhadores). Am 1. Januar 2011 wird sie als Präsidentin Brasiliens vereidigt; für dieses Amt wurde sie bei der Präsidentschaftswahl am 3. und 31. Oktober 2010 gewählt.

Leben

Dilma Rousseff wurde 1947 in Belo Horizonte als Tochter von Pedro Rousseff und dessen zweiter Ehefrau Dilma Jane Silva geboren. Ihr Vater stammt aus Bulgarien, wo er aktives Mitglied der Kommunistischen Partei war. 1929 floh er zunächst nach Frankreich und siedelte später nach Südamerika um, wo er sich schließlich in Brasilien niederließ; nach seiner Auswanderung änderte er seinen Geburtsnamen Pétar Russéw in Pedro Rousseff. Er war ein enger Freund der bulgarischen Dichterin und Literaturnobelpreisträgerin Elisaweta Bagrjana.[1]

Da ihr Vater als Anwalt und Unternehmensvertreter in Brasilien erfolgreich war, wuchs Dilma Rousseff in solidem Wohlstand in Belo Horizonte auf.[2] Nach dem Schulbesuch studierte sie zunächst an der Universidade Federal de Minas Gerais Volkswirtschaft, brach dieses Studium aber ab, als sie sich im bewaffneten Widerstand gegen die seit 1964 regierende Militärregierung engagierte (siehe Politik);[3] 1973 wurde sie offiziell durch die Universität exmatrikuliert.

Nach Verbüßen einer Haftstrafe wegen ihrer Untergrundtätigkeit zog Dilma Rousseff nach Porto Alegre. Sie nahm ihr Studium an der Universidade Federal do Rio Grande do Sul wieder auf und schloss 1977 ab. Anschließend arbeitete sie bei der Fundação de Economia e Estatística - FEE, einer Organisation des Bundesstaates Rio Grande do Sul. Ab 1978 studierte sie einen Masterstudiengang in Volkswirtschaft an der Universidade Estadual de Campinas, den sie jedoch genauso wie ihre Promotionsvorhaben nicht abschloss.

Ab Mitte der 1980er Jahre war Dilma Rousseff in unterschiedlichen Funktionen in der Regierung Brasliens tätig (siehe Politik).

Dilma Rousseff war zweimal verheiratet, zunächst mit dem Journalisten Cláudio Galeno de Magalhães Linhares, später mit Carlos Franklin Paixão de Araújo, mit dem gemeinsam sie ihre einzige Tochter Paula bekam. Seit 2000 ist Dilma Rousseff von ihrem zweiten Ehemann getrennt. Bis 1999 trug Dilma Rousseff den Nachnamen ihres ersten Ehemanns Linhares, bis sie ihren Mädchennamen wieder annahm.


Politik

Aktivitäten im Widerstand gegen die Militärdiktatur

Dilma Rousseff begann gegen Ende ihrer Schulzeit, sich für die politische Situation ihres Landes zu interessieren, das seit 1964 eine Militärdiktatur war. Über eigene Beschäftigung mit sozialistischen und marxistischen Theorien sowie den Journalisten Cláudio Galeno Linhares, den sie später heiratete, kam sie Ende der 1960er Jahre zur Partido Socialista Brasileiro und schloss sich dort dem Comando de Libertação Nacional an, das für den bewaffneten Kampf gegen die Militärdikatur eintrat.

Dilma Rousseff war innerhalb der Guerillaorganisation vor allem mit Agitation befasst, war aber zumindest passiv auch an gewalttätigen Aktivitäten beteiligt. Ab 1969 lebte sie im Untergrund und ging nach Rio de Janeiro. Über Carlos Franklin Paixão de Araújo kam sie zur marxistisch-leninistisch geprägten Guerillaorganisation VAR Palmares. Nach einigen Aussagen soll sie eine der Anführerinnen der Organisation gewesen sein, sie bestreitet dies allerdings selbst.[4]

Im Januar 1970 wurde Dilma Rousseff in Sao Paulo, wo sie mittlerweile im Auftrag ihrer Organisation lebte, verhaftet. Nach ihrer Aussage wurde sie im Gefängnis 22 Tage am Stück gefoltert.

1972 wurde Dilma Rousseff aus dem Gefängnis entlassen. Sie zog nach Porto Alegre, wo Carlos Araújo seine Haftstrafe verbüßte. Während sie dort studierte und arbeitete, engagierte sie sich für die einzige legale Oppositionspartei Movimento Democrático Brasileiro, war allerdings nicht Mitglied der Partei. Mit ehemaligen Mitstreitern aus der VAR Palmares traf sie sich regelmäßig zu Diskussionsrunden.

Politische Karriere nach der Militärdiktatur

Nach der Zulassung weiterer politischer Parteien in Brasilien gründete Dilma mit weiteren die Partido Democrático Trabalhista (PDT). Sie arbeitete als Beraterin der PDT-Abgeordneten im Parlament von Rio Grande do Sul. Ab 1985 war sie in der Stadtregierung von Porto Alegre für die Finanzen zuständig. Das Amt gab sie 1988 auf, als ihr Ehemann Carlos Araújo als Bürgermeister kandidierte. 1989 war sie kurzzeitig Generaldirektorin des Stadtrates, wurde aber entlassen.

Ab 1990 war sie Präsidentin des Amtes für Wirtschaft und Statistik (Fundação de Economia e Estatística, FEE) von Rio Grande do Sul. 1993 bis 1994 war sie Ministerin des Bundesstaates für Energie und Kommunikation. Anschließend kehrte sie zur FEE zurück.

Ab 1998 war Dilma Rousseff erneut Energieministerin in Rio Grande do Sul. Nach Streitigkeiten in ihrer Partei um die Regierungsbeteiligung trat sie 2000 mit anderen Mitgliedern der PDT zur Partido dos Trabalhadores über, die zu dieser Zeit den Gouverneur des Bundesstaates stellte.

Nach dem Wahlsieg Lula da Silvas bei der Präsidentschaftswahl 2002 wurde sie zur Energieministerin der Bundesregierung ernannt. Im Juni 2005 wechselte sie in das Amt der Kabinettschefin. In beiden Ämtern verfolgte Dilma Rousseff eine auf Wachstum und Stärkung der Industrie ausgerichtete Politik und war damit mitverantwortlich für den Rücktritt von Marina Silva als Umweltministerin der Bundesregierung, die ihre Gegenkandidatin im Präsidentschaftswahlkampf 2010 wurde. Im März 2010 trat sie im Zuge ihrer Präsidentschaftskandidatur vom Amt der Kabinettschefin zurück.

Präsidentschaftswahl 2010

Bei der Präsidentschaftswahl 2010 durfte Lula nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren. Er schlug seiner Partei Dilma Rousseff als Kandidatin vor. Im Februar 2002 wurde sie von der PT offiziell nominiert.[5] Es war ihre erste Kandidatur überhaupt für ein politisches Amt.

Dilma Rousseff galt im Wahlkampf als spröde und dogmatisch.[6] Zu Beginn des Wahlkampfes lag sie deutlich hinter ihrem Gegenkandidaten José Serra zurück. Durch die starke Unterstützung Lulas konnte sie jedoch in den Umfragen stark zulegen. Ab Juli 2010 führte sie deutlich vor Serra, zeitweise lag sie klar über 50 Prozent. Bei der Wahl am 3. Oktober 2010 verfehlte sie jedoch mit 46,9 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit und damit die Wahl direkt im ersten Wahlgang deutlich. Die Stichwahl am 31. Oktober gewann sie mit etwa 56 Prozent der Stimmen allerdings klar. Sie wird damit am 1. Januar 2011 die erste Präsidentin ihres Landes.[7]

Commons: Dilma Rousseff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. ДИЛМА РУСЕФ Е ДЯСНАТА РЪКА НА ПРЕЗИДЕНТА ИГНАСИО ЛУЛА ДА СИЛВА
  2. http://www.welt.de/die-welt/politik/article10038754/Brasiliens-unbekannte-Praesidentin.html
  3. http://www.welt.de/die-welt/politik/article10038754/Brasiliens-unbekannte-Praesidentin.html
  4. Die Passage bezieht sich auf die entsprechende in der englischsprachigen Wikipedia, die unter anderem folgende Quellen zitiert: "Ex-guerrilheira é elogiada por militares e vista como "cérebro" do grupo." Folha de S. Paulo (29.222): Caderno A - Brasil; "Aos 19, 20 anos, achava que eu estava salvando o mundo." Folha de S. Paulo (29.222): Caderno A - Brasil.
  5. http://derstandard.at/1266541113870/Lulas-umstrittene-Nachfolge-Favoritin
  6. http://www.welt.de/die-welt/politik/article10038754/Brasiliens-unbekannte-Praesidentin.html
  7. Tribunal Superior Eleitoral: Eleições 2010. Divulgação de Resultados