Reinhard Spitzner

deutscher Richter und Schriftsteller
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. Oktober 2010 um 11:41 Uhr durch Docspitz (Diskussion | Beiträge) (Literatur: Titel verlinkt und ergänzt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Reinhard Spitzner (* 27. April 1863 in Dresden; † 9. Februar 1922 ebenda; vollständiger Name: Justus Friedrich Reinhard Spitzner; Pseudonym: Reinhard Volker) war ein deutscher Richter, Schriftsteller, Genealoge und Kunstfreund.

Leben

Reinhard Spitzner wuchs in einem gutbürgerlichen und bildungsbeflissenen Elternhaus in Dresden-Loschwitz auf. Sein Vater war der praktische Arzt und Porzellansammler Carl Spitzner, seit 1862 verheiratet mit der Fabrikantentochter Adele geb. Just aus Sebnitz. Reinhard war das erste von fünf Kindern und der erste Sohn aus dieser Ehe. Von Ostern 1874 bis Ostern 1882 besuchte er das Gymnasium in Dresden-Neustadt. Den sich nach dem Abitur anschließenden Militärdienst absolvierte er beim Leibgrenadier-Regiment Nr. 100, aus dem er als Oberleutnant der Landwehr verabschiedet wurde.

 
Dr. Reinhard Spitzner

Am 26. April 1883 immatrikulierte sich Reinhard Spitzner erstmals an der Universität Leipzig für ein Studium der Rechtswissenschaft, wechselte jedoch schon zum Sommersemester des folgenden Jahres nach Heidelberg, wo er zugleich Lehrveranstaltungen in Geschichte, Kunstgeschichte und Philosophie belegte. Wieder nach Leipzig zurückgekehrt, setzte er ab dem 27. Oktober 1884 sein rechtswissenschaftliches Studium fort und bestand am 4. Juli 1887 die Erste juristische Staatsprüfung mit der Note "gut". Noch im gleichen Jahr vertiefte er sein Philosophiestudium in Berlin. Am 7. Februar 1891 promovierte Reinhard Spitzner in Leipzig mit einem strafrechtlichen Thema zum Dr. iur.

Nach dem sich anschließenden Referendariat in Dresden und Döbeln, der Ablegung der Zweiten juristischen Staatsprüfung am 15. Dezember 1894 und einer kurzzeitigen Tätigkeit als Assessor am Landgericht Dresden sowie im sächsischen Justizministerium wurde er per 1. Mai 1895 zum Richter am Landgericht seiner Heimatstadt ernannt, dessen 1. Strafkammer er angehörte.

Reinhard Spitzner, der am 23. Juli 1898 in Dresden die zwölf Jahre jüngere Hedwig Maria Klothilde Balke (* 15. Oktober 1875 in Niederschönhausen; † nach 1943) heiratete und mit ihr als einziges Kind die Tochter Annemarie Flora Clementine Spitzner (* 31. Mai 1899 in Dresden; † 6. August 1934 in Warmbrunn) hatte, trat ab 1899 unter dem Pseudonym Reinhard Volker auch als Schriftsteller hervor. In Anerkennung der geleisteten Dienste empfing er am 15. Mai 1916 den königlich-sächsischen Albrechts-Orden. Er verstarb 1922 als Landgerichtsrat im Dienst. Seine Witwe lebte noch Anfang der 40er Jahre in Loschwitz im Hause Schevenstraße 10 b, wo sie zeitweise ein "Töchterheim" betrieb.

Leistungen

Die Tätigkeit als Richter im königlich-sächsischen Staatsdienst war nur eine Seite der gesellschaftlichen Wirksamkeit des Dresdner Juristen, denn "in seinem schönen Heim auf den Loschwitzer Bergen versammelte und förderte er oft künstlerische Talente Dresdens". Aber nicht nur als Kunstfreund und lokaler Kunstförderer, sondern auch als Erzähler, Lyriker und Illustrator gelangte er ab 1899 unter seinem gewählten Pseudonym "zu Bedeutung und Anerkennung".

Das zu seinen Lebzeiten veröffentlichte literarische Werk, das sich auf den Zeitraum von 1899 bis 1918 erstreckt und vor allem in dem Münchener Verlag Braun & Schneider sowie in "Deutsche Dichtung", "Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben", "Der Türmer. Monatsschrift für Gemüt und Geist", "Die Gesellschaft. Münchener Halbmonatsschrift für Kunst und Kultur" und im "Simplicissimus" erschien, zeichnet sich im Allgemeinen "durch feines Empfinden und Sinn für Humor und Satire aus". Demgegenüber fallen seine national-konservativen Kriegsgedichte, wie sie in "Das größere Deutschland. Wochenschrift für deutsche Welt- und Kolonialpolitik" abgedruckt wurden, literarisch deutlich ab.

Reinhard Volker, der nach dem Ersten Weltkrieg verstummte, verfasste über 70 Erzählungen, Gedichte, Liedertexte, Glossen und Fabeln. Der Schwerpunkt seines literarischen Schaffens lag dabei im Zeitraum 1903/05; die erste selbständige Publikation erschien im Jahre 1908 mit "Gottes Teppich. Märchen und doch nicht Märchen". Eine "größere Anzahl Arbeiten" gelangte nach seinem Tode nicht mehr zur Veröffentlichung. Der Verbleib dieser Manuskripte ist nicht bekannt.

Reinhard Spitzner, dessen Bruder Karl Spitzner als Bergbeamter tätig war, begründete ferner zu Beginn des 20. Jahrhunderts zusammen mit dem Dresdner Rechtsanwalt und Notar Franz Georg Spitzner (* 28. Juli 1871 in Dresden; † 1. November 1935 in Dresden) die systematische Erforschung der Geschichte der evangelisch-lutherischen Familie Spitzner aus dem Vogtland. Der gemeinsame direkte Vorfahre der beiden Dresdner Juristen und Familienforscher war Pfarrer Johann Adam Spitzner (* 4. April 1650 in Blankenhain, † 16. April 1723 in Blankenhain), dessen Vater Balthasar Spitzner (* 23. März 1609 in Auerbach/Vogtl.; † 2. April 1681 in Blankenhain), ebenfalls Pfarrer, ein handschriftlicher Familienstammbaum zugeschrieben wird. 1936, nach dem plötzlichen Tode von Georg Spitzner, veröffentlichte der anverwandte Erich Weise (* 14. Juli 1873 in Reichenberg; † 19. Dezember 1945 in Radeberg), Rechtsanwalt in Radeberg, die Forschungsergebnisse der beiden Genealogen im Auftrag des Familienverbandes unter dem Titel "Familienchronik des Geschlechtes Spitzner".

Werke

Juristische Werke

  • Verleitung zum falschen Eide und intellektuelle Urkundenfälschung: §§ 160 und 271 (272, 348 Abs. 1, 349) des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich, Diss. iur. Leipzig 1891

Literarische Werke

  • Lied, in: Deutsche Dichtung 26 (1899), S. 237
  • Goldregen, in: Deutsche Dichtung 26 (1899), S. 256
  • Kreuz im Walde, in: Deutsche Dichtung 26 (1899), S. 290
  • An meiner Seite, in: Deutsche Dichtung 27 (1899/1900), S. 26
  • Rote Spur, in: Deutsche Dichtung 27 (1899/1900), S. 94
  • Swinegels Brautfahrt, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 4 (1899) 33, S. 528 (online)
  • Der Götze, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 4 (1899) 37, S. 595 (online)
  • Die gute Freundin, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 4 (1899) 41, S. 664 (online)
  • Die Schafe, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 4 (1899) 41, S. 665 (online)
  • In Florenz, in: Die Gesellschaft. Münchener Halbmonatsschrift für Kunst und Kultur 16, I (1900), S. 103
  • Die Erdmännchen, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 5 (1900) 1, S. 8 (online)
  • Die Reisegenossen, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 5 (1900) 2, S. 30 (online)
  • Die Birke, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 5 (1900) 6, S. 95 (online)
  • Germania spricht, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 5 (1900), S. 876 (online)
  • Vom Engelchen, das sich schwarz gemacht hatte, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 6 (1901) 12, S. 181 ff. (online)
  • Aus dem Tagebuch eines Verkannten, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 6 (1901) 14, S. 219 (online)
  • Der süße Junge, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 6 (1901) 52, S. 866 (online)
  • "Raus!": Eine altgriechische Legende, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 7 (1902) 34, S. 564 (online)
  • Häseler-Marsch. Ein altes Lied mit neuem Text, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 8 (1903) 32, S. 586 (online)
  • Assyrisches Wiegenlied, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 8 (1903) 32, S. 586 (online)
  • Eine Fabel, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 8 (1903) 34, S. 612 (online)
  • Die Beißerchen, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 8 (1903) 36, S. 650 (online)
  • Gedanken, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 8 (1903) 37, S. 670 (online)
  • Die Mama, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 8 (1903) 46, S. 837 (online)
  • Splitter, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 8 (1903) 47, S. 856 (online)
  • Splitter, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 8 (1903) 51, S. 948 (online)
  • Nächtliche Wanderung, in: Der Türmer. Monatsschrift für Gemüt und Geist 6, I (1903/04), S. 670
  • Ein paar Sprüchlein für Frauen, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 9 (1904), S. 4
  • Bolidische Bedrachtung ännes säch'schen Badrioden, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 9 (1904), S. 195
  • Die saure Gurke. Eine Fabel, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 9 (1904), S. 818
  • Die große Frage, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 9 (1904), S. 869
  • Die Bibis, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 9 (1904), S. 901
  • John Bull, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 9 (1904), S. 931
  • Die verpaßte Stunde, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 9 (1904), S. 931
  • John Bull und die Hereros, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 9 (1904), S. 950
  • Das glückliche Deutschland. Die französische Kammer beschloß Abschaffung der Theatercensur, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 9 (1904), S. 995
  • Mädchenseele, in: Der Türmer. Monatsschrift für Gemüt und Geist 7, II (1904/05), S. 751
  • Der Bär und die brummende Telegraphenleitung, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 94
  • Splitter, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 303
  • Der neue Stern, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 313
  • Die kleinen Mädchen, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 366
  • In der Bar, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 532
  • Fröschlein, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 800 a
  • Das Detmolder Ständchen, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 901
  • Die Amnestie in Russland, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 914 b
  • Für Ordenslustige, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 937
  • Der arme Zar, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 942
  • Splitter, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 968
  • Englisches Wiegenlied, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 995
  • Spezialitäten, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 10 (1905), S. 1008 a
  • An Hohenthal, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 11 (1906) 6, S. 115 (online)
  • Schnadahüpfl, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 11 (1906) 9, S. 185 (online)
  • Fromme Wünsche, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 11 (1906) 10, S. 209 (online)
  • Splitter, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 11 (1906), S. 968
  • Gedenkfeiertage und Kalendertyrannei, in: Der Türmer. Monatsschrift für Gemüt und Geist 8, II (1906/07), S. 236 ff.
  • Stets die Gleichen, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 12 (1907) 44, S. 986 (online)
  • Gottes Teppich. Märchen und doch nicht Märchen. Mit Zeichnungen von Artur Johnson. A. Hoffmann & Co., Berlin 1908
  • Frau Gräfin, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 13 (1908) 5, S. 106 b (online)
  • Warnung vor Italien (Von einem sächsischen Patrioten), in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 13 (1908) 23, S. 538 b (online)
  • Der Popanz, in: Der Türmer. Monatsschrift für Gemüt und Geist 12, II (1909/10), S. 732
  • Der angefrorene Heinrich, in: Simplicissimus 14 (1909/10), S. 649
  • Wunderliche Welt. Allerhand für nachdenkliche Leute, Braun & Schneider, München 1910
  • Warnung, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 15 (1910) 6, S. 134 (online)
  • Die Tafel, in: Der Türmer. Monatsschrift für Gemüt und Geist 13, I (1910/11), S. 674
  • Der Igel: ein fröhliches Buch, München (um 1912)
  • Der heilige Zorn: Kriegslieder, Eymann, Loschwitz 1915
  • Trotz Tod und Teufel: Deutsche Lieder, in: Das größere Deutschland. Wochenschrift für deutsche Welt- und Kolonialpolitik 1916
  • Die tugendhafte Adele, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 23 (1918) 20, S. 362 (online)
  • Der rote Apfel, in: Jugend. Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 23 (1918) 25, S. 458 (online)
  • Brautlied, o.O. o.J. (vor 1919)
  • Cis-Moll. Lieder, München o.J.

Literatur

  • Adreßbuch für Dresden und Vororte 1932. Auf Grund amtlicher Unterlagen bearbeitet und herausgegeben von der unter Verwaltung des Rates zu Dresden stehenden Dr. Güntzschen Stiftung. Adreßbuchverlag der Dr. Güntzschen Stiftung, Dresden 1932, S. 768 (online)
  • Erich Weise (Hg.): Familienchronik des Geschlechtes Spitzner. C. Heinrich, Dresden-Neustadt 1936, S. 58 f. und 65
  • Hubert Herkommer/Konrad Feilchenfeldt (Hg.): Deutsches Literatur-Lexikon. K. G. Saur, 3., völlig neu bearbeitete Auflage, Bd. 26, Zürich/München 2006, Sp. 247