Mit Atheismus wird die weltanschauliche Grundhaltung des Nichtglaubens an Gott bezeichnet. Atheismus kann mit der Verneinung der Existenz eines Gottes oder mehrerer Götter und allgemein transzendentaler Wesen einhergehen, muss es aber nicht. Anders gesagt, ein Atheist erklärt nicht primär "es gibt keinen Gott", sondern "ich glaube nicht an Gott". Glauben ist hier im Sinne von annehmen, vermuten, für wahr halten gemeint.
Definition
Etymologie und ursprüngliche Bedeutung
Der Begriff "Atheismus" leitet sich vom altgriechischen Adjektiv átheos (άθεος) ab und bedeutet wörtlich: ohne Gott. In seiner latinisierten Form taucht der Begriff wohl erstmals bei Cicero auf.
Der Begriff stammt etwa aus dem 5. bis 4. Jahrhundert v. Chr. Schon früh hatte die Bezeichnung die negative Bedeutung eines Mangels, eines "Fehlens des Glaubens an Gott".
Im deutschen Schrifttum erscheint das Wort in lateinischer Form ab Ende des 16. Jahrhunderts, ab Begin des 18. Jahrhunderts gilt es als eingedeutscht.
Die Bezeichnung átheos war lange Zeit ein Kampfbegriff, der von den Nichtgläubigen zunächst nicht übernommen wurde. Es handelte sich um eine abwertende Wortschöpfung, die von den sich als rechtgläubig Bezeichnenden gegen angeblich oder wirklich Ungläubige benutzt wurde. Atheismus wurde im Sinne von "gottlos" auf Anschauungen angewendet, die im Konflikt mit den etablierten Religionen standen. Vielfach wurden religiöse Strömungen mit eigenen neuen Gottesvorstellungen als atheistisch bezeichnet, beispielsweise wurden die ersten Verteter der großen monotheistischen Religionen des Christentums, des Islams und des Judentums jeweils von ihren polytheistischen Gegnern als Atheisten qualifiziert.
Modernes Begriffsverständnis
Heute wird die Bezeichnung "Atheismus" tendenziell weniger pejorativ verwendet. Im wissenschaftlichen Diskurs ist "Atheismus" ein wertneutraler Begriff. Sein direkter Gegenpart ist der Theismus.
Abgrenzung vom Agnostizismus
Der Agnostizismus (von griechisch a-gnoein, nicht wissen) betont, dass alles Überirdische für den Menschen nicht erkennbar sei. Agnostiker machen daher keine Aussagen über die Existenz oder Nichtexistenz transzendenter Wesenheiten. Atheisten lehnen dagegen den Glauben an Götter o.ä. ab oder vertreten die Auffassung, dass höhere Wesen nicht existieren. Diese beiden Formen des Atheismus sind nicht streng voneinander abzugrenzen.
Geschichte des Atheismus im Okzident
griechische und römische Antike
Im Okzident finden sich die frühesten Fragmente atheistischer Philosophie bei den griechischen Vorsokratikern. Die ideengeschichtliche Leistung der vorsokratischen Naturphilosophen besteht darin, dass sie sich nicht mehr mit einer Erklärung der Welt durch Mythen zufrieden gaben, sondern nach einem (stofflichen) Urgrund, einer Ursache (lateinisch: principium) für die Entstehung der Welt und ihrer beobachtbaren Phänomene (wie z.B. der Bewegung) fragten. Dieses Hinterfragen wird zu Recht als Beginn der westlichen Philosophie gesehen.
Kritias der Jüngere (*460; † 403 v. Chr.) sah die Religion als menschliche Erfindung, die der Aufrecherhaltung der moralischen Ordnung dienen sollte. Der gleichen Auffassung war Demokrit (*460; † 371 v. Chr.), einer der Begründer der Lehre der Atomistik. Diese erklärt die Welt auf rein materialistische Weise, das heißt ohne spirituelle, mystische oder religiöse Elemente, mit Hilfe kleinster, unzerstörbarer, ewig bestehender Atome und deren Bewegung.
In den philosphischen Systemen des Hellenismus wird die Existenz von Göttern zwar oft nicht explizit geleugnet, sie spielen aber keinerlei Rolle für das menschliche Leben. Die atomistische Lehre Demokrits wurde insbesondere von Epikur wieder aufgenommen und weiterentwickelt (Epikureismus). Epikur sah die Vermeidung von Leid und das Erstreben von Freude als Ziel und Sinn des Lebens. Auch er suchte also das Heil auf Erden, im Diesseits. Den Tod, der nicht zu fürchten sei, sah er als Ende des Lebens. Götter existierten zwar, sie interessierten sich aber nicht für das menschliche Leben.
Epikurs Lehre wurde später zum Hedonismus vergröbert und verfälscht. Dies und zahlreiche unzutreffende Unterstellungen seiner Gegner führten dazu, dass Epikur bis in die Neuzeit verpönt war. In christlicher Zeit galt er als der Antichrist schlechthin. Noch Dante Alighieri lässt Epikur in seiner "Göttlichen Komödie" (1307-1321) als "Erzketzer" in der tiefsten Hölle brennen. Heute ist die Forschung bemüht, das verfälschte Bild Epikurs vom historischen Epikur zu trennen.
Auch der Kynismus, deren berühmtester Vertreter Diogenes von Sinope (* ca. 400; † 325 v. Chr.) war, kann als atheistische Philosophie verstanden werden. Die Kyniker lehnten alle gültigen staatlichen, moralischen und religiösen Vorschriften ab und strebten durch Bedürfnislosigkeit zur Rückkehr zu einem natürlichen, 'animalischen' Leben.
In der römischen Antike wurden einige dieser griechischen Denktraditionen aufgenommen und teilweise weiterentwickelt, ohne dass radikal neue atheistische Konzepte entstanden wären. Die Zuordnung eines Denkers zum Atheismus ist aufgrund des oft dünnen Quellenmaterials häufig unsicher. Zudem trifft man häufig auf Denker, die zwar ein materialistisches Weltbild vertreten, gleichzeitig aber an die Existenz von Göttern glauben. Bis ins 2. Jahrhundert war der Epikureismus von großem Einfluss. Vertreter waren unter anderem Lukrez und Horaz. Auch dem von der Stoa beeinflussten Kaiser Mark Aurel, sowie dem Stoiker Seneca wird gelegentlich ein atheistische Haltung zugeschrieben.
Fazit
Insgesamt ist zu beachten, dass der Atheismus in der gesamten Antike ein Phänomen war, das sich auf eine kleine Minderheit zumeist Intellektueller beschränkte. In der Regel war in der Antike sowohl das private, als auch das öffentliche Leben von religiösen Vorstellungen durchdrungen.
Mittelalter
Im christlichen Mittelalter scheint es keinen theoretisch ausformulierten Atheismus gegeben zu haben. Allenfalls pantheistisch anmutende Weltanschauungen kleinerer Glaubensgemeinschaften wie die der Brüder und Schwestern des freien Geistes oder die Äußerungen einzelner 'Häretiker' werden bisweilen mit dem Atheismus in Verbindung gebracht. Zu beobachten ist jedoch seit dem 13. Jahrhundert eine zunehmende Kritik christlich-katholischer Glaubensinhalte. So wendeten sich beispielsweise Anhänger des Averroismus gegen die christliche Schöpfungs- und Seelenlehre.
Reformation
Die Reformation brachte zunächst keine Abkehr vom (christlichen) Glauben. Dennoch ist sie ein wichtiger Wendepunkt nicht nur in der Geschichte der Religion, sondern auch in der des Atheismus.
Durch die Reformation konnten sich mit den protestantischen Konfessionen erstmals Kirchen neben der katholischen etablieren, die zu stark waren, um dauerhaft unterdrückt werden zu können. Auf Dauer waren beide Seiten zur religiösen Toleranz gezwungen. Diese Entwicklung hin zur Toleranz sollte später auch Atheisten zugute kommen. Durch die auf die Reformation folgende Religionskriege diskreditierten sich die sich bekriegenden Kirchen in den Augen vieler selbst. Deutlich trat der Widerspruch zwischen öffentlich gepredigter christlicher Nächstenliebe und tatsächlichem Handeln der damaligen Kirchen beispielsweise in der offenkundigen Barbarei der Hugenottenkriege zutage. Bedeutsam ist auch, dass die katholische Kirche ihr bis dahin beinahe unantastbares Deutungsmonopol für die Auslegung der Bibel und damit beträchtlich an Autorität auch auf geistigem Gebiet verlor.
Politisch trug die Reformation entscheidend zur Emanzipation der Staaten aus der Bevormundung durch die Kirche bei, die sich nun vielfach um nun seinerseits im Landesherrentum und Absolutismus den Staaten unterordnen mussten. Diese Umkehr der Machtverhältnisse war eine zwingende Voraussetzung, um letztlich die Trennung von Kirche und Staat, den Laizismus, zu ermöglichen. Die dadurch garantierte Glaubensfreiheit weitete sich, auch wenn der Weg dorthin keineswegs ohne Repressionen verlief, schließlich auch zur Respektierung des Rechts auf Glaubenslosigkeit aus.
Aufklärung
Das Zeitalter der Aufklärung brachte den ersten theoretisch ausformulierten Atheismus der Neuzeit mit sich.
Berühmt geworden sind die "Pensées et sentiments" des französischen, katholischen Pfarrers Jean Meslier (1664-1729). Meslier hatte seine Gedanken in Form eines Testaments in nur drei Exemplaren hinterlassen. Er polemisiert darin gegen Kirche und Krone, die er als Ausbeuter und Unterdrücker der Armen sieht. Später wurde sein Werk vervielfältigt und im Geheimen unter anderen von Baron d'Holbach und Voltaire gelesen, welcher Mesliers Werk 1762 erneut veröffentlichte. Meslier schreibt darin in einer Maxime, die von der Französischen Revolution wieder aufgenommen wurde:
"Ich möchte, und dies sei der letzte und der sehnlichste meiner Wünsche, ich möchte dass der letzte der Könige erwürgt werde mit den Gedärmen des letzten Priesters."
Eine frühe öffentliche Leugnung der Existenz Gottes in der Neuzeit findet sich bei Baron d'Holbach (1723-1789) in seinem 1770 entstandenen Werk "Système de la nature". Baron d'Holbach sah in der Religion die größte Feindin der natürlichen Moral. 1782 verfasste der britische Physiker Matthew Turner (eventuell als Co-Autor) unter einem Pseudonym das atheistische Pamphlet „Answer to Dr Priestley's Letters to a Philosophical Unbeliever“
Auch Denis Diderot (1713–1784), einer der bekanntesten Philosophen der Aufklärung, vertrat in seinen kirchen- und religionskritischen Werken "Pensées philosophiques" (1746) und dem "Lettre sur les aveugles à l'usage de ceux qui voient" (1749) zunächst eine deistische, dann eine atheistische Position. Letzteres Werk brachte Diderot eine Haftstrafe ein.
Voltaire übte an den institutionellen Formen der Religion seiner Zeit pointierte Kritik. Ausserdem betrachtete er die unkritische Rezeption und Verehrung der Bibel als regressiv: „In hundert Jahren wird die Bibel ein vergessenes und unbekanntes Buch sein, sie wird nur noch als Rarität in den Rumpelkammern und Altertumssammlungen als Zeuge der Torheit früherer Geschlechter zu finden sein.“ Dennoch ging Voltaire in seiner Ablehnung der Religion nicht so weit wie d'Holbach oder Diderot. Er scheint vielmehr eine zwar religionskritische, doch deistische Position eingenommen zu haben.
Immanuel Kant
Gemäß Immanuel Kant (Kritik der reinen Vernunft) gibt es keinen Beweis für oder gegen die Existenz eines höchsten Wesens, der auf reiner Anwendung der menschlichen Vernunft beruht. Da Gott laut Kant rationalen Beweisen nicht zugäglich ist, hat er später in der Kritik der praktischen Vernunft einen "pragmatischen" Weg eingeschlagen, indem er den Glauben an ein höchstes Wesen als notwendig postuliert, da nur durch den Glauben an dieses höchste Wesen moralisches Handeln möglich werde. Diese These war umstritten und wurde von vielen Denkern abgelehnt. Seine Argumente gegen die Gottesbeweise hingegen beeinflussten die Entwicklung der Philosophie und der Logik.
Marxistischer Atheismus
Existenzialistischer Atheismus
Analytische Philosophie
In der im 20. Jahrhundert entwickelten Analytischen Philosophie wurden Fragen nach der Existenz oder Nichtexistenz von Göttern sowie metaphysische Fragen anfänglich als unsinnig, nicht behandelbar oder gar als irrelevant angesehen. Die zeitgenössische Analytische Philosophie beschäftigt sich indessen wieder ausführlich mit metaphysischen und, speziell, religionsphilosophischen Themen. Die Vertreter des positiven Atheismus glauben, im Gegensatz zu den Befürwortern des nur negativen Atheismus, nicht nur nicht, dass ein oder mehrere Götter existieren, sondern überdies, dass kein Gott existiert, welche rationale Überzeugung sich auf eine Reihe atheologischer Argumente stützt, die jeweils in die Schlussfolgerung der Nichtexistenz von Göttern münden. Anders gesagt reicht es für die Verteter des negativen Atheismus aus, dass keine Beweise für die Existenz eines Gottes existieren, oder propagierte Beweise widerlegt werden können, während die positiven Atheisten mit Hilfe der formalen Logik aktiv die Möglichkeit der Existenz Gottes auszuschließen versuchen. Wenn sich beispielsweise zeigen lässt, dass die dem Gott der drei monotheistischen Weltreligionen zugeschriebenen Eigenschaften semantisch widersinnig oder logisch widersprüchlich sind, dann kann es jenen Gott nicht geben, da logisch Unmögliches nicht wirklich sein kann. Der entscheidende Punkt ist nämlich, dass man zwar in modallogisch gültiger Weise von bloßer logischer Unmöglichkeit auf Unwirklichkeit schließen kann (z.B.: Wenn es unmöglich ist, dass es regnet, dann regnet es auch nicht.), aber nicht von bloßer logischer Möglichkeit auf Wirklichkeit (z.B.: Wenn es möglich ist, dass es regnet, dann heißt dies nicht unbedingt, dass es regnet.).
Die oft zu lesende Behauptung, man könne die Existenz von Göttern prinzipiell nicht rational behandeln, wird in der heutigen analytischen Philosophie nicht mehr uneingeschränkt vertreten. Demnach wäre der Versuch, die Möglichkeit der Existenz von Göttern rein apriorischen auszuschliessen, nur dann definitv zum Scheitern verurteilt, wenn es gelänge, eine konsistente und kongruente Charakterisierung des göttlichen Wesens darzulegen.
Es wurde auch der Versuch unternommen, die Existenz eines Gottes zu widerlegen, indem zwischen empirischen Aussagen über die Welt und den dem jeweiligen Gott zugeschriebenen Eigenschaften Widersprüche aufgezeigt werden. So griff beispielsweise J. L. Mackie das Theodizee - Problem im Rahmen der Analytische Philosoph auf und schlussfolgerte, dass die Existenz eine Gottes zwar nicht ganz auszuschliessen, aber doch sehr unwahrscheinlich sei. Beim Theodizee - Problem geht es um den Widerspruch zwischen dem "Übel in der Welt" und dem propagierten Gott, der allmächtig, allwissend und allgütig sei. Das Problem wurde bereits vor mehr als 2000 Jahren erkannt und formuliert.
Atheismus in verschiedenen Erscheinungsformen
Heute stellt sich im westlichen Kulturkreis der Atheismus in einer Vielzahl von Ausrichtungen dar: Beispielsweise sind die Freidenkerbewegung, der Humanismus und der Existenzialismus eng mit dem Atheismus verbunden.
Sozialismus , Kommunismus und Anarchismus sind zum großen Teil atheistisch geprägte Weltanschauungen. Philosphische Erscheinungsformen des Atheismus sind Materialismus und philosophischer Naturalismus. Auch der Nicht-Glaube infolge Naivität wird dem Atheismus zugerechnet.
Atheismus und Politik
Da die Trennung von Staat und Kirche erst ein relativ neues Phänomen ist, kamen Atheisten in der Geschichte immer wieder auch mit den politischen Autoritäten in Konflikt. Auf Atheismus stand in vielen Staaten gar die Todesstrafe. So galt in der Antike die Leugnung der jeweiligen Staatsgötter und die oftmals damit einhergehende Weigerung, ihnen zu opfern als direkt gegen den Staat gerichteter Akt und wurde dementsprechend geahndet. Selbst unser heutiges Strafgesetzbuch enthält den Gotteslästerungsparagraphen). Um sich vor Anfeindungen zu schützen, gaben Atheisten daher nicht selten vor, Deisten bzw. Pantheisten zu sein.
Auf der anderen Seite konnte der Atheismus seit dem 20. Jahrhundert, zumindest in seiner marxistischen Ausprägung, aber auch selbst zur Staatsdoktrin werden. In Albanien wurde 1967 ein totales Religionsverbot ausgerufen und das Land bezeichnete sich als ersten "atheistischen Staat". Auch im sogenannten Ostblock wurde der Atheismus befördert, während Religiösität zumeist zumindest argwöhnisch betrachtet wurde, oft auch mit Nachteilen verbunden war.
Eine staatliche atheistische Politik ist hierbei vom Laizismus zu unterscheiden, welcher der Religion neutral, nicht aber feindlich gegenüber steht.
Atheismus und Religion
Atheistische Züge in östlichen 'Religionen'
Die frühesten Formen des Atheismus finden sich in alten Religionen Indiens und Chinas. Diese können jedoch ebenso als philosophische Systeme gesehen werden, da in Ihnen die Vorstellung eines Gottes keine Rolle spielt und sie daher nicht recht in das westliche Konzept der Religion passen.
Diesen atheistischen Formen von 'Religion' sind zwei der ältesten philosophischen Systeme indischen Denkens zuzurechnen, der Jainismus, sowie der Samkhya (beide entstanden ca. im 6. Jh. v. Chr.).
Auch die ursprünglichen Lehre Buddhas, die am getreuesten von der buddhistischen Schule des Hinayana übernommen wurde, trägt agnostische oder atheistische Züge. Sie kennt kein Jenseits und erklärt die Welt auf materialistische Weise ohne spirituelle oder mystische Elemente. Götter werden zwar erwähnt, jedoch sind sie weder für die Schöpfung der Welt, noch für eine mögliche Erlösung verantwortlich und zudem dem irdischen Kreislauf unterworfen. Diese Form des Buddhismus beschäftigt sich beinahe ausschließlich mit dem Weg zur Erlösung aus dem Kreislauf aus Leben und Tod (Samsara). Sie kann daher mit dem französischen Autor Louis de la Vallée-Poussin eher als philosophische Disziplin denn als Religion bezeichnet werden, was auch dazu passt, dass der Buddhismus stets mit anderen Religionen kompatibel war. Andere Schulen des Buddhismus, wie der heute weit verbreitete Mahayana-Buddhismus, ergänzten den ursprünglichen Buddhismus später mit zahlreichen religiösen Vorstellungen, so dass er seine atheistische Ausrichtung oft verlor.
Der Daoismus, der im 4. Jh. v. Chr. in China entstand, negiert die Existenz einer Schöpfergottheit.
Pantheismus
Im pantheistischen (griechisch: Allgottlehre) Gotteskonzept nimmt die Alleinheit des Universums die Schöpferrolle ein. Gott und Natur sind gewissermaßen identisch. Da es im Pantheismus keinen persönlichen Gott gibt, wurde und wird der Pantheismus, sowohl von Theisten als auch von Atheisten, manchmal als ein hinter einer religiösen Sprache versteckter Atheismus betrachtet.
Der Philosoph Arthur Schopenhauer (1788-1860) nannte den Pantheismus eine "Euphemie für Atheismus". Er kritisierte: "Ein unpersönlicher Gott ist gar kein Gott, sondern bloß ein missbrauchtes Wort, ein Unbegriff, eine contradictio in adjecto, ein Schiboleth für Philosophieprofessoren, welche, nachdem sie die Sache haben aufgeben müssen, mit dem Worte durchzuschleichen bemüht sind." ("Parerga und Paralipomena I", 1. Teilband, S. 131 im Diogenes-Taschenbuch)
Der Pantheismus hingegen betrachet sich selbst als religionsphilosophische Lehre und rechnet sich nicht zum Atheismus.
Christlicher Atheismus
In den 1960ern bildete sich in den USA eine Gruppe von radikalen Theologen, welche unter dem Schlagwort "Gott ist tot" einen christlichen Atheismus proklamierte. Vertreter dieser Richtung sind der Theologe Thomas J. Altizer (The Gospel of christian atheism, 1966)), William Hamilton (Radical Theology and the Death of God, 1966), Paul van Buren (The secular meaning of the Gospel,1963) oder Gabriel Vahanian (The death of God, 1961).
Der "Tod Gottes", also die Unmöglichkeit in der modernen Welt rational an einen Gott zu Glauben, sei, so beispielsweise J. Altizer, eine gute Nachricht, da sie den Menschen von einem transzedenten Tyrannen befreit habe. Die sekuläre Botschaft der Evangelien beziehe sich gemäss Paul van Buren allein auf den "Befreier" Jesus von Nazareth. Während der Glaube an einen (jenseitigen) Gott abgelehnt wird, steht bei den „christlichen Atheisten“ die ethisch-moralische Botschaft Jesu, die rein auf das Diesseits bezogen wird, im Mittelpunkt.
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich auch eine Verknüpfung von Atheistismus und Christentums entwickelt, die sich explizit auf das Schweigen Gottes zur Vernichtung von Millionen von Juden durch deutsche Nationalsozialisten bezieht. Die deutsche Theologin Dorothee Sölle ist die bekannteste Vertreterin dieser Richtung.
Religiöse Züge in atheistischen Ideologien
Der Fakt, dass Atheisten nicht an Götter glauben, bedeutet nicht zwangsläufig, dass sich bei bekennenden Atheisten in Vergangenheit und Gegenwart nicht auch (pseudo-)religiöse Aspekte betrachten ließen. Angeführt wird hier oft der Stalin-Kult in der Sowjetunion, oder die Jugendweihe in der ehemaligen DDR, die ursprünglich als Ersatz-Ritual gedacht war, hierbei jedoch eigene Kult-Handlungen entstehen ließ.
Atheismus und Wissenschaft
In der wissenschaftlichen Erforschung der Welt stellte sich schon frühzeitig ein Dilemma heraus: Die Theorie, A folgt aus B und B folgt aus nichts, weil B von Gott gemacht wurde, brachte bezüglich B keinen Erkenntnisgewinn. Im Gegenteil, man mußte sich neben den Gedanken zu B nun auch noch Gedanken zu Gott machen. Man hatte also de facto eine zusätzliche Unbekannte in der Rechnung. Die Alternativen, den Forschungsprozess abzubrechen und auf weitere Erkenntnisse bezüglich B zu verzichten, oder die Existenz Gottes in Frage zu stellen, waren je nach historischem Hintergrund beide unangenehm. Die Lösung: Unabhängig von der Religiösität oder Areligiösität der beteiligten Wissenschaftler wird unterstellt, dass die "Gotteshypothese" kein zulässiges Explanans, d.h. kein legitimer Faktor bei der ursächlichen Erklärung wissenschaftlicher Phänomene sei. Diese forschungspraktische Grundhaltung wird als methodologischer oder pragmatischer Atheismus bezeichnet und ist etablierte wissenschaftliche Praxis.
Praktischer Atheismus
In den Industrieländern des Westens gehören heutzutage viele Menschen nominell und auch organisatorisch zu den Kirchen, glauben aber weder an die zentralen Glaubensinhalte des Christentums (sofern überhaupt bekannt), noch richten sie ihr Leben danach aus. Sie sind also in ihrer Lebenspraxis Atheisten. In Abgrenzung zum theoretisch-philosophisch reflektierten Atheismus wird diese Lebensweise oft als praktischer Atheismus bezeichnet.
Der praktische Atheismus beschränkt sich nicht auf westliche Länder. So bezeichnet sich beispielsweise China als atheistischer Staat. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein großer Teil, wenn nicht die Mehrheit der atheistischen Bevölkerung Chinas Religionen nicht aus theoretischen Erwägungen ablehnt, sondern dass Religion für sie aus historischen Gründen keine Rolle spielt.
Die tatsächliche Zahl der praktischen Atheisten ist schwer abzuschätzen. Geht man aber davon aus, dass z.B. die Besuchsrate katholischer Gottesdienste bei ca. 15% der Gläubigen liegt (Stand 2003), liegt es nahe, dass ein großer Teil der nominellen Christen heute praktische Atheisten sind.
Atheismus und Moral
Den Anhängern des Atheismus wird, oft auch subliminal, unterstellt, dass mit dem Fehlen des Glaubens an Gott auch die Verneinung moralischer Werte einhergehe. Dem ist jedoch nicht so. Davon abgesehen, dass es keine wissenschaftlichen Untersuchungen darüber gibt, die diese Hypothese bestätigen würden, können moralische Prinzipien durchaus objektiv geltende Vorschriften darstellen, die von der menschlichen Vernunft entdeckt oder aufgestellt werden und nicht von göttlichem Wollen abhängen, wie Kant darlegte.
Eine noch konsequentere Trennung von Moral und Theismus stellt die Auffassung dar, die John Leslie Mackie in seinem Buch Ethik ausführt, mämlich dass Moral an den Prozess der biologischen Evolution gekoppelt ist und ein Ergebnis des gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses sei. Hieraus folgt, dass die menschliche Moral auch dann Bestand haben werde, wenn Religionen in Verfall geraten.
Berühmte Vertreter des Atheismus
- Douglas Adams
- Michail Bakunin
- Hans Blumenberg
- Franz Buggle
- Luis Buñuel
- Auguste Comte
- Richard Dawkins
- Denis Diderot
- Paul Dirac
- Friedrich Engels
- Ludwig Feuerbach, siehe auch Projektionstheorie
- Sigmund Freud
- Ernst Haeckel
- Heinrich Heine (allerdings nicht mehr in seiner Spätphase)
- Fritz Erik Hoevels
- Paul Heinrich Dietrich von Holbach
- Wladimir Iljitsch Lenin
- Ernst Mach
- Mao Tse-Tung
- Karl Marx
- Jean Meslier
- Friedrich Nietzsche
- Karl Popper
- Bertrand Russell
- Jean-Paul Sartre
- Karl-Heinz Weger
Literatur
Nachschlagewerke
- Gordon Stein (Ed.): The encyclopaedia of unbelief. (Vols. 1-2). Prometheus, New York 1985, ISBN 0-87975-307-2. DAS Nachschlagewerk zum Thema
Literatur zum Atheismus
- Franz Buggle: Denn sie wissen nicht, was sie glauben. 2. Auflage. Alibri.: Aschaffenburg 2004. (Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Gott der Bibel.)
- Karlheinz Deschner: Abermals krähte der Hahn; Eine kritische Kirchengeschichte . 4.Auflage. btb im Goldmann Verlag, o.O. 1996, ISBN 3-442-72025-7.
- Heinz Fastenrath: Abiturwissen: Religionskritik. Klett Verlag, Stuttgart 1993. (Ein Abriss atheistischer Grundpositionen. Feuerbach, Marx, Nietzsche, Sartre.)
- Ludwig Feuerbach: Das Wesen der Religion. Hegner-Bücherei: o.O. 1965
- Sigmund Freud: Massenpsychologie und Ich-Analyse: Die Zukunft einer Illusion. Fischer (Tb.): Frankfurt 1993. (Religion als Zwangsneurose?)
- Norbert Hoerster (Hsg.): Religionskritik; Arbeitstexte für den Unterricht. Stuttgart: Reclam 1984. (Sehr empfehlenswert.)
- John Leslie Mackie: Das Wunder des Theismus: Argumente für und gegen die Existenz Gottes. Stuttgart: Reclam. 1985. (R. Ginters, Übers.; Orig. ersch. 1982; das einflussreichste anti-theistische Werk nach 1945)
- Fritz Mauthner: Der Atheismus und seine Geschichte im Abendland Nachdruck bei Georg Olms, Stuttgart: 1985 (überaus umfangreiches Werk, gilt gemeinhin als wichtigster Text zum Thema Atheismus)
- Georges Minois: Geschichte des Atheismus: Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Böhlaus Nachfolger: o.O. 2000, ISBN 3-7400-1104-1. (umfassendes Buch zur Geschichte des Atheismus],
- Karl-Heinz Weger: Religionskritik. O.V., o.O.: 1991, ISBN 3-222-11999-6. (Viele Originaltextstellen aus grundlegenden Werken des Atheismus)
Atheismus-kritische Literatur
- Wolfgang Cramer: Gottesbeweise und ihre Kritik – Prüfung ihrer Beweiskraft. Frankfurt am Main: 1967.
- C. S. Lewis: Pardon, ich bin Christ. Gießen: 2002. (C.S. Lewis, Professor für englische Literatur und Philosoph, kritisiert den Atheismus auf Grundlage der Logikphilosophie)
- Thomas von Aquin : Summe der Theologie (deutsch-lateinische Ausg.; hrsg. v. kath. Akademikerverband). Salzburg: 1934.
- Thomas von Aquin: Summe gegen die Heiden (Summa contra gentiles) (Lateinisch – Deutsch; hrsg. und übers. v. Karl Albert und Paulus Engelhardt unter Mitarbeit von Leo Dümpelmann). Darmstadt: 2001.
Literatur zum religiösen Atheismus
- Raimon Pannikkar: Gottes Schweigen: Die Antwort des Buddha für unsere Zeit. München: 1992.
- Dorothee Sölle: Atheistisch an Gott glauben. dtv, München: (1994).
siehe auch
Siehe auch: Agnostizismus, Religionskritik, Kirchenkritik, Bibelkritik Gegenteil: Theismus
Weblinks
- http://www.ibka.org/ - Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten
- http://www.atheismus-online.de/ - Verteidigung des Atheismus
- http://www.atheisten.org - Diskussionen zum Thema Atheismus
- http://www.atheismus-info.de/ - Einführung in den Atheismus