Sprachbau des Esperanto

grammatikalische, phonetische und lexikalische Aspekte von Esperanto
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Aussprache

Alles wird im Esperanto so geschrieben, wie es gesprochen wird, und umgekehrt. Das heißt, es gibt eine Eins-zu-eins-Korrespondenz zwischen Phonemen und Buchstaben. Betont wird immer die vorletzte Silbe. Beispiele:

  • lumo (= Licht) - Betonung auf dem u
  • abio (= Tanne) - Betonung auf dem i

Die Vokale sind immer mittellang und offen. Stoßen zwei Vokale zusammen, so sind sie immer getrennt auszusprechen (d.h. bilden zwei Silben):

  • biero (= Bier) - bi-e-ro (Betonung auf dem e)
  • praavo (= Urgroßvater) - pra-avo (Betonung auf dem zweiten a)

Es muss besonders auf die Aussprache von o und e geachtet werden: O immer offen, e immer offen ('ä'). Es darf auch am Wortende nie reduziert werden: eble muss wie äblä ausgesprochen werden.

Folgende Buchstaben des Esperanto-Alphabets weichen von der Aussprache im Deutschen ab:

  • b - behält die Stimmhaftigkeit auch im absoluten Silbenauslaut
  • c - immer wie dt. z in Zitrone
  • d - behält die Stimmhaftigkeit auch im absoluten Silbenauslaut
  • g - behält die Stimmhaftigkeit auch im absoluten Silbenauslaut
  • j - weniger frikativ als im Deutschen, wie ein helles "i", aber kurz und unsilbisch.
  • k - nicht aspiriert
  • n - in der Verbindugn ng oder nk wird n nicht velar
  • p - nicht aspiriert
  • r - am besten gerollt, auf jeden Fall immer gut hörbar (darf nicht verschluckt werden)
  • s - scharfes (stimmloses) s - wie dt. ß in weiß
  • t - nicht aspiriert
  • v - immer wie dt. w bzw. v in Vase
  • z - stimmhaftes s - wie im dt. Wort summen

Dann gibt es im Esperanto noch sechs Sonderzeichen.

  • ĉ - wie dt. tsch in deutsch
  • ĝ - wie dt. dsch in Dschungel
  • ĥ - wie dt. ch in lachen
  • ĵ - wie dt. J in Journal
  • ŝ - wie dt. sch in Schule
  • ŭ - entspricht Esperanto u, ist aber kürzer und bildet keine eigene Silbe. Es kommt wie j nur in Verbindung mit anderen Vokalen vor. Achtung: eŭ NICHT wie das deutsche eu in Scheune aussprechen, sondern als e mit einem kurz nachklingenden u.

Grammatik - Wortarten

Im Esperanto besteht der Zwang, bestimmte Wortarten äußerlich durch Suffixe kenntlich zu machen (ähnlich wie die Großschreibung von Substantiven im Deutschen). So enden Substantive im Prinzip immer auf -o. Wenn dem Substantivsuffix keine weiteren grammatischen Suffixe folgen, kann das -o ellidiert werden. Für die Betonung gilt die vokalische Endung aber weiterhin als vorhanden, so dass bei mehrsilbigen Worten eine unregelmäßige Betonung auf der Endsilbe eintritt. Adjektive enden auf -a. Die Adverbien zerfallen in zwei Klassen: aus anderen Wortarten abgeleitete Adverbien nehmen die Endung -e an, während ursprüngliche Adverbien nur in Ausnahmefällen die Endung -e annehmen. Wenn an Adverbien allerdings das auch für die Akkusativbildung verwendete Suffix -n antritt, muss auch bei ursprünglichen Adverbien vorher das Adverbialsuffix -e eingeschoben werden, z. B. morgaŭ, morgaŭ-e-n. Verben haben im Esperanto keine eigene charakteristische Endung, jedoch gibt es eine Anzahl von Verbalendungen, z. B. -i für Verben im Infinitiv. Für Pronomen, Präpositionen, Konjunktionen gibt es im Esperanto keine klassifizierenden Suffixe, jedoch werden abgeleitete Präpositionen häufig durch Adverb + Präposition oder Adverb + Akkusativ konstruiert. So kommt es auch zu Blähformen wie pere de für einfaches per oder kune kun als nuancierte Form für einfacheskun.

Mit Hilfe des Wortstammes telefon lassen sich die folgenden Worte bilden:

  • telefono - Telefon
  • telefona - telefonisch (Adjektiv) (telefona peto = telefonische Bitte)
  • telefone - telefonisch (Adverb) (telefone mendi = telefonisch bestellen)
  • telefoni - telefonieren

Es gibt keinen unbestimmten Artikel (Tie estas telefono. - Dort ist ein Telefon.) und einen bestimmten, der nicht gebeugt wird: la. Die Regeln zu Anwendung des bestimmten Artikels weichen teilweise vom Deutschen ab. (Tie estas la telefono. - Dort ist das Telefon.)

Die Mehrzahlendung (für Substantive und Adjektive) ist -j.

Beispiele:

  • la granda domo - das große Haus
  • la grandaj domoj - die großen Häuser

Esperanto kennt nur zwei Fälle: den Nominativ und den Akkusativ. Letzterer bekommt die Endung: -n. Treffen Pluralsuffix und Akkusativsuffix zusammen, wird zuerst das Pluralsuffix angehängt, dann das Akkusativsuffix. Im Gegensatz zu agglutinierenden Sprachen wie dem Türkischen sind Pluralsuffixe zwingend erforderlich, wenn die Menge des Gegenstands ungleich 1 ist, außerdem werden sowohl Pluralsuffix als auch Akkusativsuffix an alle Elemente der Nominalphrase angehängt.

Beispiele:

  • Mi vidas la grandan domon. - Ich sehe das große Haus.
  • Mi vidas la grandajn domojn. - Ich sehe die großen Häuser.
  • Bonan tagon! - Guten Tag!

(Im Deutschen sagt man ja auch nicht Guter Tag, sondern wir verwenden ganz unbewusst den Akkusativ, denn es heißt eigentlich Ich wünsche Dir einen guten Tag.)

Verben und Zeitformen

Die Endung für die Gegenwart ist -as, und zwar unabhängig von der Person.

  • esti - sein
  • mi estas - ich bin
  • vi estas - du bist
  • li, ŝi, ĝi estas - er, sie, es ist
  • ni estas - wir sind
  • vi estas - ihr seid
  • ili estas - sie sind

Das Präteritum endet auf -is, das Futur auf -os, der Konditional, der anders als im Deutschen keine Zeitstufe ausdrückt, auf -us und der Imperativ auf -u.

  • mi laboris - ich arbeitete
  • li legos - er wird lesen
  • mi studus - ich würde studieren, ich hätte studiert
  • Iru! - Geh!

Wer Feinheiten ausdrücken will, kann auch zusammengesetzte Zeitformen mit den Partizipien bilden (aber im normalen Sprachgebrauch kommt man zumindest im Aktiv mit den Grundformen aus).

Beispiele im Aktiv:

  • Mi estis skribinta. - Ich hatte geschrieben.
  • Mi estas skribinta. - Ich habe geschrieben.
  • Mi estos skribinta. - Ich werde geschrieben haben.
  • Mi estis skribanta. - Ich schrieb gerade. (ugs. Ich war gerade am Schreiben.)
  • Mi estas skribanta. - Ich schreibe gerade. (ugs. Ich bin gerade am Schreiben.)
  • usw.

Passiv:

  • La letero estas skribata. - Der Brief wird gerade geschrieben.
  • La letero estas skribita. - Der Brief ist gerade geschrieben worden.
  • La letero estas skribota. - Der Brief wird gleich geschrieben werden.
  • usw.

Die Wortbildung

Esperanto hat ein ausgeklügeltes System von Vor- und Nachsilben, aus denen man neue Wörter zusammensetzen kann. Eine kleine Auswahl soll hier kurz genannt werden:

mal- (drückt das Gegenteil aus)

  • bona - gut ; malbona - schlecht
  • granda - groß ; malgranda - klein

-in- (kennzeichnet das weibliche Geschlecht)

  • studento - Student, studentino - Studentin;
  • patro - Vater, patrino - Mutter

Wenn man ausdrücken will, dass Leute beiderlei Geschlechts gemeint sind, verwendet man die Vorsilbe ge-:

  • gepatroj - Eltern

-et- (Verkleinerung)

  • rivereto - Flüsschen, Bach (rivero - Fluss)

-eg- (Vergrößerung, Verstärkung)

  • riverego - Strom (rivero - Fluss)

-ej- (Ort)

  • laborejo - Arbeitsstätte (laboro - Arbeit)

Man kann auch mehrere Vor- und Nachsilben miteinander kombinieren.

  • fratineto - Schwesterchen (frato - Bruder, fratino - Schwester, frateto - Brüderchen)

Wichtige Wörter und Wendungen

  • ja - jes
  • nein - ne
  • Danke! - Dankon!
  • Entschuldigung! - Pardonon! (oder auch: Pardonu!)
  • Bitte! - Bonvolu!
  • Bitte! (als Antwort auf Danke!) - Ne dankinde! (wörtlich: Nicht dankenswert!)
  • Hallo! - Saluton!
  • Guten Tag! - Bonan tagon!
  • Wie geht's? - Kiel vi fartas?
  • Mir geht es gut/schlecht. - Mi fartas bone/malbone.
  • Gesundheit! - Sanecon! (oder auch nur: Sanon!)
  • Auf Wiedersehen! - Ĝis revido!
  • Ich verstehe nicht. - Mi ne komprenas.
  • Ich liebe dich! - Mi amas vin!

Auch wichtig: Zahlwörter

  • 1 - unu
  • 2 - du
  • 3 - tri
  • 4 - kvar
  • 5 - kvin
  • 6 - ses
  • 7 - sep
  • 8 - ok
  • 9 - naŭ
  • 10 - dek
  • 11 - dek unu
  • 12 - dek du
  • 20 - dudek
  • 21 - dudek unu
  • 30 - tridek
  • 40 - kvardek
  • 50 - kvindek
  • 100 - cent
  • 1000 - mil
  • 1985 - mil naŭcent okdek kvin
  • 2002 - dumil du

Ordnungszahlen werden mit der Endung -a gebildet (Adjektivendung).

  • la kvara domo - das vierte Haus

Literatur

  • Klaus Dahmann, Thomas Pusch: Esperanto Wort für Wort (Kauderwelsch Band 56). ISBN 3-89416-246-5

Siehe auch