Isenheimer Altar
Der Isenheimer Altar des Antoniterklosters in Isenheim ist das Hauptwerk von Matthias Grünewald und zugleich ein Hauptwerk deutscher Malerei. Seine Entstehungszeit ist unsicher; Er wurde vermutlich in den Jahren 1506 bis 1515 von Grünewald geschaffen und wird heute in Colmar im Musée d´Unterlinden aufbewahrt.

Hintergrund: Der Antoniter-Orden
Der Orden der Antoniter war um 1070 in Saint-Antoine en Viennose, einem kleinen Dorf zwischen Valence und Grenoble entstanden. Es ist ein sogenannter Bettelorden, zu dessen Aufgaben die Krankenpflege gehörte. Die Mönche nahmen sich besonders an der damals weitverbreitenden Mutterkornvergiftungen Erkrankten an. Die Vergiftung mit diesem Pilz, der das Getreide und zwar insbesondere Roggen befiel, löste stark brennende Schmerzen aus, die man zu der damaligen Zeit "Heiliges Feuer" oder Antoniusfeuer nannte. Ziel des Ordens war es, sich der zahlreichen Kranken anzunehmen, um so Heilung oder Schutz vom heiligen Antonius zu erbitten. In Pestzeiten wie beispielsweise während der Zeit des Schwarzen Todes nahmen die Antoniusspitäler auch diese Kranken auf.
Das Antoniterkloster in Isenheim im Elsaß lag an der alten Römerstraße Main-Basel, die von Pilgern sowohl auf ihrer Wallfahrt nach Sandiago de Compostela als nach Rom genutzt wurde. Der Isenheimer Altar war für die Kapelle des Spitals bestimmt. Kranke wurden zu Beginn ihrer medizinischen Behandlung vor den Altar geführt, da man hoffte, dass entweder der hl. Antonius ein Wunder wirken werde oder der Kranke zumindest geistlichen Trost aus der Betrachtung des Altars gewinnen würde. Nach mittelalterlicher Auffassung waren Meditationsbilder, zu denen auch der Isenheimer Altar zählte "quasi medicina": vom Bild konnte Heil und Gesundung ausgehen, wenn der Betrachter sich mit den auf den Bildern dargestellten Figuren identifizierte und dabei eine geistige Kräftigung erfuhr, die ihn körperlichen Schmerzen vergessen ließ.
Die Entstehungsgeschichte des Isenheimer Altars
Das Kloster in Isenheimer besaß bereits einen Wandelaltar, den sogenannten "Orliaco-Altar". Dieser Wandelaltar zeigte in geschlossenen Zustand auf den zwei Flügeln die Verkündigungsszene. Auf dem linken Flügel befand sich der Engel, auf dem rechten Maria. Im geöffneten Zustand sah man auf dem linken Flügel, wie Maria das Kind anbetete und auf dem rechten den Heiligen Antonius und Johann de Orliaco (Jean d'Orliaco in französischer Schreibweise) - den Klosterpräzeptor zur Entstehungszeit des Altars. Martin Schongauer hatte 1475 diese vier im Auftrag des Klosterpräzeptors gemalt. Im geöffneten Zustand rahmten die Flügel des Orliaco-Altars eine lebensgroße Schnitzplastik der Heiligen Jungfrau. Diese befindet sich heute im Louvre. Um 1485 beauftragte Orliaco bei Nikolaus Hagenauer die Schaffung neuer Plastiken für einen Altar. Der Kunsthistoriker Ziermann weist daraufhin, dass dies vermutlich deswegen geschah, weil man zu diesem Zeitpunkt den Orliaco-Altar bereits als altmodisch empfand.
Es ist unklar und aufgrund fehlender Dokumente vermutlich auch nicht mehr klärbar, wann Grünewald den Auftrag erhielt, die Gemälde dieses Altars zu schaffen. Ebenso ist bis jetzt rätselhaft geblieben, warum ausgerechnet Grünewald den Auftrag erhielt, für dieses Kloster in den Vogesen den Altar zu schaffen.
Die Konzeption des Isenheimer Altars
Der Isenheimer Altar ist ein sogenannter Wandelaltar - im Ablauf des liturgischen Kirchenjahres wurden die Flügel geöffnet, so dass diejenigen Bildteile gezeigt wurden, die zum jeweiligen Kultus paßten. Insgesamt besitzt der Altar drei Schauseiten; normalerweise hatten solche Wandelaltäre lediglich zwei Schauseiten. Im Zentrum des Altars befindet ein hölzerner Altarschrein. Gekrönt war der Altar mit einem filigran geschnitzten und vergoldeten Maßwerk.
Während bei der Stuppacher Madonna vor allem die Visionen der heiligen Birgitta von Schweden im Bildprogramm eine Rolle spielen, sind es hier die Visionen der Hildegard von Bingen.
Die erste Schauseite
Während der Advent- und Fastenzeit war der Altar geschlossen. Zu sehen war dann die Kreuzigungstafel, die von den Heiligen Antonius und Sebastian flankiert ist und die Pedrella mit der Beweinung Christi. Dieser Altarzustand wird die erste Schauseite genannt.
Mit einer Höhe von 269 Zentimeter und einer Breite von 307 Zentimeter ist die Kreuzigungstafel die größte Kreuzigung, die in der europäischen Malerei geschaffen wurde. Leicht nach rechts versetzt dominiert das Kreuz die mittlere Tafel; der Querholz des Kreuzes ist leicht gebogen und setzt sich elipsenförmige in den beiden Heiligenfiguren rechts und links fort. Die Gegenbewegung zur oberen Elipse bildet in der Pedrella der Leichnam Christi, dessen Oberkörper von Johannes leicht angehoben wird.
Die zweite Schauseite
Die Pedrella mit der Beweinung Christi ist auch dann zu sehen, wenn nach der ersten Öffnung der Altarflügel die zweite Schauseite zu sehen war. Sie erinnert dann auch während der festlichen Weihnachtszeit daran, dass der freudigen Geburt der Kreuzestod folgen wird.
Die zwei Heiligenbilder, die im ersten Schaubild die Kreuzigungsszene flankierten, sind von den auseinandergeklappten Flügeln des Mittelteils verdeckt. Der Blick wird dadurch frei auf das Mittelbild, das sogenannte "Engelskonzert" mit Madonna und Kind. Das Motiv der Madonna mit Kind griff Grünewald wenige Jahre später in der Stuppacher Madonna erneut auf.
Flankiert wird dieses weihnachtliche Mittelbild von der Verkündigung und von der Auferstehung.
Die dritte Schauseite
Nach der zweiten Öffnung wird der Kern des Wandelaltars freigelegt; die Schreinsplastik, die vermutlich von Nikolaus von Hagenau stammt. Er zeigt in vergoldeten Skulpturen die Heiligen Antonius, Augustinus und Hieronymus. Hieronymus ist mit dem Löwen dargestellt, den er heilte und wendet sich Antonius zu, der in der Mitte des Schreines thront. An den Seiten des Antonius erscheint ein barhäutiger Bürger, der einen Hahn opfert und ein Bauer, der ein Schwein darbringt. Augustinus erscheint im linken Feld des Schreins, weil auf ihn die Kloster-Regeln der Antoniter zurückgehen. Wie auf dem Orliaco-Altar ist auch hier Johann de Orliaco abgebildet, der diese 1505 vollendeten Plastiken stiftete.
In der Pedrella sind dann ebenfalls als Schnitzplastiken Christus und die Aposteln zu sehen. Diese sogenannte dritte Schauseite ist fast völlig der Verehrung des heiligen Antonius gewidmet. Diese dritte Schauseite wurde nur am 17. Januar, dem Namensfest des Heiligen ANtonius aufgeschlagen.
Die Seitenflügel des dritten Altars zeigen links das Wunder, das sich bei der Begegnung des Heiligen Antonius mit Paulus Eremita ereignete und rechts die Versuchung des Antonius.
Die Pedrella der ersten und zweiten Schauseite
Die von Grünewald gemalte Pedrella, die 67 Zentimeter hoch und 341 Zentimeter lang ist, ist bei den ersten zwei Öffnungen des Wandelaltars sichtbar. Sie wird in der Kunstgeschichte meist als "Beweinung" bezeichnet, weil hier eine Figur auftaucht, die keines der vier Evangelien während der Grablegung des toten Christus nennt: Der Jünger Johnnes beugt sich hier zu dem toten Christus und hebt den Oberkörper des auf ein weißes Leintuch gebetten Leichnam leicht an. Tief verschleiert und mit ineinander verschlungenen Händen sieht Maria dem Geschehen zu. Hinter ihr ist Maria Magdalena zu sehen .
Die Gemälde der ersten Schauseite
Der Heilige Antonius
Nachwirkung
Inspiriert von dem Isenheimer Altar hat Paul Hindemith 1935 eine Symphonie geschrieben, die den Titel "Mathis der Maler" trägt.
Bilder des Altars - Bitte stehen lassen, werden mit zunehmender Erweiterung in den Text eingebaut
Wikilinks
- Das Leben des Schaffers Isenheimer Altars ist ausführlich im Artikel Matthias Grünewald beschrieben.
- Weitere Wikiartikel zu Werken Matthias Grünewalds sind unter folgenden Links zu finden:
- Weitere Bildwerke Matthias Grünewalds findet man unter folgendem Link:
Weblinks
Weiterführende Literatur
- A.E. Buchrucker; Anmerkungen zur theologischen und symbolischen Deutung des Isenheimer Altars, (Teil I, II, III) in: DAS MUENSTER 41 (4) 1988: 269-276, 42 (1) 1989: 50-53, 42 (2) 1989: 127-130.
- Horst Ziermann, Erika Beissel; Matthias Grünewald, Prestel Verlag München, 2001, ISBN 15584-X
- Berta Reichenauer; Grünewald, Kulturverlag Thaur, 1992, ISBN 3-85395-159-7
Film
- Mathias Gruenewald und der Isenheimer Altar (1967)- Regisseurin: Georgia van der Rohe (Tochter von Mies van der Rohe)