Zum Inhalt springen

Reichsadler

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. September 2010 um 16:10 Uhr durch Munin2005 (Diskussion | Beiträge) (Die Reichsadler nach Ende Heiligen Römischen Reichs: Keine Erläuterungen zum Wappen im Artikel „Deutsches Kaiserreich“ daher Link auf Bundeswappen_Deutschlands#Deutsches_Kaiserreich gesetzt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Reichsadler nennt man den Adler der Staatsgebilde, die sich insbesondere in der Fortführung der Tradition des Römischen Reiches sahen. Das ganze Mittelalter über bis in das 20. Jahrhundert war der Adler das Sinnbild für die – aus römischer Tradition übernommene – kaiserliche Gewalt.

Herkunft und Bedeutung: spätrömische Adler

Wie die meisten europäischen Wappenadler leitet sich dieser Adler aus den römischen Feldzeichen, der Aquila ab, insbesondere für den Reichsadler gilt sein Bezug auf die herrschaftliche Gewalt – die kaiserzeitlichen römischen Caesaren selbst führten den Adler nicht als Emblem. Daneben ist der Doppeladler aber im kleinasiatischen Raum als dynastisches Zeichen seit dem 4. Jahrhundert verbreitet, die späten Herrschergeschlechter Ostroms nutzten den Adler sowie den Doppeladler. Vermutlich daher steht nach der Adler vormittelalterlich nicht territorial, sondern für ein Herrschergeschlecht[1], nach mittelalterlich-heraldischer Lesart aber primär für ein Territorium. In Bezug auf die Kaiser Ostroms wird der Adler – zuerst ein-, später allgemein zweiköpfig – europaweit Emblem der Kaisertümer, eine Identifikation mit den Dynastien selbst ist seltener, und erscheint ausgeprägt erst wieder im Kaisertum Österreich.[2]

Der Reichsadler des Heiligen Römischen Reichs

Die erste heraldische Darstellung des deutschen Adlers findet sich auf einer Münze Friedrich Barbarossas aus den Jahren 1172 bis 1190, die erste farbige Wiedergabe (schwarz in goldenem Feld) unter Kaiser Otto IV. (1198–1218). Schon um 1270 erscheint er im Siegel der Reichsstadt Kaiserswerth – von dort gewinnt er seine Rolle als königlich-kaiserliches Emblem und Wappentier auf Reichssturmfahne und Reichsbanner des Heiligen Römischen Reiches, und damit zum Symbol des Heiligen Römischen Reiches.[2]

Der Doppeladler geht auf Kaiser Sigismund und das Jahr 1433 zurück – in einer Übergangsphase symbolisiert der einfache Adler den römisch-deutschen König, der doppelköpfige den Kaiser. Außerdem dient er auf dem Reichsbanner als Bild, und knüpft damit an die gegen die islamisch-arabische Expansion gerichtete Tradition des Doppeladlers Ostroms an.[3]

Er wurde bald darauf als Quaternionenadler mit einer Auswahl an Wappen der Reichsstände (Quaternionen der Reichsverfassung) auf den Flügeln belegt. Der Adler trägt das Kruzifix auf der Brust, wenn er das Reich, und das Hauswappen des Herrschers, wenn er den römisch-deutschen Kaiser symbolisiert.[4]

Der Adler galt sowohl als kaiserliches Symbol und als Symbol des Reiches. Die Verwendung eines Adlers war daher auch immer ein Bekenntnis zu Kaiser und Reich, und wurde auch von den römisch-deutschen Kaisern oft verliehen. So sind Adlerwappen typisch für viele freie Reichsstädte, die Wert auf ihre Reichsunmittelbarkeit legten und sich keinem Fürsten unterwerfen wollten, und finden sich auch in Zunftwappen und anderem (vgl. Sonstige Verwendung des Doppeladlers)

Der Adler des Zarenreiches

Das Zarentum Russland und später das Russische Reich übernahmen mit dem kaiserlichen Doppeladler „das dritte Rom“ ab 1487. Ob es sich um eine direkte Übernahme oder aber vielleicht um ein Ehewappen von Ivan III. mit Sofia Palaiologos handelt, oder es über einen anderen Weg gewählt wurde, ist unklar.[5] Er findet sich heute im Staatswappen der Russischen Föderation wieder.

Die Reichsadler nach Ende Heiligen Römischen Reichs

Nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 ging der Adler über auf:

  • das Reich der Habsburger: Der Österreichische Adler, ein vom Quaternionenadler abgeleiteter Doppeladler mit den Wappen der Erblande belegt – schon vor dem Zerfall ab 1804 – für das Kaisertum Österreich, und ab 1867 die Österreichisch-Ungarische Monarchie. Erst hier findet eine Vereinigung des Reichsemblems mit dynastischen Symbolen und feudalem Eigentumsrechten statt.[6] Der heutige einköpfige Bundesadler Österreichs wurde 1919 aber bewusst in Distanz zum monarchischen Kaiseradler eingeführt; er leitet sich nicht von diesem, sondern von normalen Wappenadlern ab – während der nimbierte Doppeladler des Ständestaats 1934–1938 wieder einen ausdrücklichen Bezug zum römisch-deutschen Reichsadler nahm.
  • Im Deutschen Reich stellte der einköpfige Reichsadler – neben dem Preußischen Adler (seit 1701) – auch das Hoheitszeichen des Deutschen Kaiserreiches (1871–1918) dar. Als der Monarchie in Deutschland nachfolgende Staatsform führte die Weimarer Republik (1919–1933) den Reichsadler im Wappen.

Auch für Napoléon I. und Napoléon III. war der Napoleonische Adler in Übernahme der päpstlich zugesicherten Nachfolge der römische Cäsarenmacht Kennzeichnungssymbol der Heere.

Der Reichsadler im Nationalsozialismus

Zur Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945) wurde der Reichsadler des „Dritten Reichs“ – mit einen vollkommen anderen Erscheinungsbild als die kaiserlichen Adler – meist mit dem Hakenkreuz in Verbindung gebracht, oft auch mit einem, dem Liktorenbündel entlehnten Blitzbündel. Es wurden z. B. kleine und größere Statuen des Reichsadlers mit ausgebreiteten Schwingen gefertigt, der auf einem Siegerkranz mit eingraviertem Hakenkreuz stand. Noch heute kann man Gebäuden aus dieser Zeit begegnen, die mit diesem Adler geschmückt sind und lediglich das Hakenkreuz aus dem Kranz herausgemeißelt wurde.

Reichsadler und Parteiadler

Die Nationalsozialisten übernahmen 1933 den Reichsadler der Weimarer Republik und modifizierten ihn, indem sie einen Lorbeerkranz mit Hakenkreuz ergänzten. Die Blickrichtung des Adlers bestimmte dabei die Bedeutung:

  • Adler nach links blickend (vom Betrachter aus gesehen) war der Reichsadler/Staatsadler/Staatswappen,
  • Adler nach rechts blickend (vom Betrachter aus gesehen) war der Parteiadler/Parteiabzeichen.

Einzelnachweise

  1. Norbert Weyss: Der Doppeladler – Geschichte eines Symbols. In: Adler Heft 3, 1986, 78ff
  2. a b Weblinks: Diem, Entwicklung des Doppeladlers
  3. Diem, Doppeladler, Abschnitt Der byzantinische Verwandte
  4. Franz Gall: Zur Entwicklung des Doppeladlers auf den kaiserlichen Siegeln. In: Adler, Band 8, Heft 16/17, 1970, S. 281 ff.
  5. E. Kamentseva (Moskauer Staatliches Institut für Geschichte und Archive); N. Soboleva (Russische Akademie der Wissenschaften, Institut für Geschichte); zit. nach Vladimir Monakhov: Neue alte Farbe Russlands, oder Rückgabe des Adlers. Hrsg.: ГЕРАЛЬДИКА СЕГОДНЯ (sovet.geraldika.ru). 1. Februar 2003 (Webdokument [abgerufen am 17. September 2008] russ.: Новые-старые цвета России, или Как возвращали орла.).
  6. Diem, Doppeladler, Abschnitt Die Bedeutung für Österreich