Birkingen

Ortsteil von Albbruck, Baden-Württemberg, Deutschland
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Vorlage:Infobox Ortsteil einer Gemeinde

Birkingen ist ein Ortsteil der Gemeinde Albbruck im Landkreis Waldshut im Süden Baden-Württembergs.

Geographie

Birkingen liegt am Südrand des Schwarzwalds auf 478 m ü. NN und wird von Unteralpfen im Norden, von Birndorf im Westen, der Gemeinde Dogern im Süden und dem Ort Kuchelbach im Osten eingegrenzt. Das Landschaftsbild wird durch Wälder, Landwirtschaftlicher Nutzfläche und großer Obstplantagen geprägt.

Geschichte

Das am Albtal, oberhalb von Dogern gelegene Birkingen, wurde erstmals urkundlich im Jahre 814 als „Birchinga“ erwähnt.

Ortsgründung

Birkingen geht auf eine frühe Gründung der Alemannen zurück und bedeutet Dorf des Biricho – Birkingen bei den Angehörigen des Biricho. Dies verrät bereits die Endung des Ortsnamens „-ingen“. Die Alemannen begannen um 450 n. Chr. sich im Elsass niederzulassen. Immer wieder unternahmen sie Raubzüge über den Oberrhein bis nach Italien. Nach 497 als die Alemannen den Franken in der Schlacht bei Zülpich unterlagen, fiel das gesamte Alemannenland unter fränkische Herrschaft. Höhenlagen waren bevorzugte Standorte und so ist es wahrscheinlich, dass Birkingen wohl bereits zu jener Zeit von den Alemannen angelegt wurde.

Besitzverhältnisse

Alemannien wurde durch seinen autonomen Status im Frankenreich als Herzogtum in einem Gebiet gefestigt, das wohl größtenteils dem späteren Herzogtum Schwaben entspricht. Den weitaus autonomen Status den die Alemannen unter den Merowingischen Königen genossen versuchten nun die Karolinger im 8. Jahrhundert zu beseitigen was zu erneuten Zusammenstössen zwischen den Alemannen und Franken führte. Beim Blutgericht zu Cannstatt im Jahre 746 wurde nahezu die gesamte Führungsschicht der Alemannen ausgelöscht. Um einer Enteignungen durch die Karolinger zu entgehen vermachten viele ihren Besitz einem ihnen zugeneigten Kloster, welches ihnen im Gegenzug deren Besitz als Lehen mit einigen Auflagen wieder zurück gab. Das Kloster St. Gallen, welchem zunächst mehrheitlich rätische Mönchen angehörten, folgten im 8. und 9. Jahrhundert verstärkt alemannische Adelsfamilien und entwickelte sich somit als „Fluchtburg“ für den alemannischen Adel und dessen Besitz. Dieser Entwicklung verdanken wir die erste urkundliche Nennung Birkingens. Dabei vermachten am 28. Mai 814 das Ehepaar Nidhart und Gundbirc ihr Eigentum in Birkingen, nicht dem unter karolingischer Führung stehenden Kloster in Säckingen sondern dem den Alemannen freundlich gesinntem Kloster St. Gallen und verpflichteten sich für den weiteren Besitz dieser Güter Geldzins zu zahlen und einen Frondienst zu leisten. Die Freiheit der Leute wurde dabei nicht eingeschrängt, sie blieben Freie Leute und wurden nicht wie in anderen Fällen üblich, ebenfalls zu Leibeigenen.

Die Besitz- und Abgabenrechte gingen teils durch Gewalt, teils durch Kauf oder Tausch an andere über. So finden wir im 15. Jahrhundert neben diversen Klöstern auch Adelsgeschlechter wie die Herren von Griessen, die Herren zu Rappoltstein odere auch Markgraf Wilhelm von Hachberg-Sausenberg als Besitzer von Rechten und Verpflichtungen in Birkingen. Zu den besitzhabenden Klöstern in Birkingen gehörten das Kloster St. Gallen, das Kloster St. Blasien, das Kloster Königsfelden, der Damenstift Säckingen und die Deutschritter Kommende in Beuggen.

 
Bauernhaus aus dem 16. Jahrhundert (vermutlich der urkundlich häufig erwähnte „Schäferhof“)
 
Bauernhaus aus dem 16. Jahrhundert (vermutlich der urkundlich häufig erwähnte „Schäferhof“)

Die verzwickten Besitzverhältnisse sorgten mehrfach zu Auseinandersetzungen, so löste die Zehntabgabenverpflichtung bereits im Jahre 874 einen Streit aus. Dabei ließ Bischof Gebhard (von Konstanz) durch seinen Erzpriester Rihfried Erkundigungen einziehen, die er auf Ansuchen der Erben der Eigenkirche zu Birndorf im Albgau angehoben hatte. Dabei wurde festgestellt, dass die Dörfer Birndorf, Birkingen, Kuchelbach, Buch, Etzwihl und Hechwihl bereits zu Zeiten Kaiser Karls und Bischofs Egino (782-811) der Kirche in Birndorf zehntpflichtig waren. Nochmals wurde über den Zehnt in Birkingen am 8. April 1567 gestritten. Diesesmal ging es um den Korn- un Weinzehnten zu Birkingen. Streitparteien waren die Stadt Bern, als Nachfolger des Klosters Königsfelden, und der Deutsche Ritterorden in Beuggen. In Birkingen hatte Deutsche Ritterorden in Beuggen die Hälfte des Großzehnten, die andere Hälfte besaß der Rechtsnachfolger des Klosters Königsfelden, die Stadt Bern. Eine Ausnahme dabei bildete der Schäferhof. Dieser Hof schuldete den Großzehnten vollumfänglich dem Deutschen Ritterorden in Beuggen.[1] Wie undurchsichtig die Besitzverhälnisse wirklich waren zeigt dieser besagte Schäferhof, denn am 21. Februar 1741 taucht dieser Hof erneut auf, diesesmal beim Loskauf aus der Leibeigenschaft vom Damenstift Säckingen. Beuggen, der Zehntinhaber dieses Hofs wird dabei nirgendwo genannt.

1684 kaufte das Kloster St. Blasien den Königsfelder Hof, später umbenannt in Berner Hof, in Waldshut. An diesen Hof waren durch die Witwe des ermorderten König Albrecht von Habsburg, Elisabeth, geborene Gräfin von Tirol, die Einkünfte unter anderem zu Waldshut, Dogern, Kiesenbach, Gaiss, Eschbach, Birkingen, Kuchelbach und Bohland geknüpft, womit sie das Kloster Königsfelden ausgestattet hatte.

Aufstände gegen die Obrigkeit

Über Birkingen wird berichtet, dass dort eine Großzahl von Freibauern lebte. Mehrheitlich das Kloster St. Blasien versuchte sich durch seine zielgerichtete Machtpolitik dem Freibauerntum in seiner Nachbarschaft zu entledigen. Dies führte über Jahrhunderte hinweg zu Konflikten zwischen den Parteien. Der Zug gegen die Obrigkeit im Deutschen Bauernkrieg des Jahre 1525 unter dem Schwarzwälder Bauernführer Kunz Jehle fand großen Anklang in Birkingen. Eine Aufzeichnung aus dem Jahre 1532, die bis heute erhalten blieb und sich heute im Pfarrhaus von Dogern befindet, zeigt, dass sich unter den Anhängern viele aus der Pfarrei Birndorf am Sturm auf das Kloster beteiligten. Die Urkunde besagt: „Copie von 1532 – Anno 1525 sind aus der Pfarrei Bürdorf nach St. Bläsi gelaufen und haben grossen Schaden getan:

  • Antoni Waldkiller von hir Vogts Sohn
  • Caspar Meyer von hier
  • Hans Gäng von hier
  • Heini Fluom von hier
  • Marti Ratzinger von Schatenbürdorf (Schattenbirndorf)
  • Hanss Scheffer der jung von Bürkingen Vogts Sohn
  • Adam Schänk von Bürkingen
  • Andres Trändlin von Bürkingen der Jung
  • Andreas Leber von Bürkingen
  • Marx Mettenberger aus dem Chuchelbach (Kuchelbach)
  • Hans Pfeiffer aus dem Poland
  • Thoma Winkler von Buoch (Buch)
  • Baschli Eggert von Buoch (Buch)
  • Jörg Trändlin von Hächel der Jung (Hechwihl)
  • Peter Sur von Etzbel (Etzwihl)
  • Michel Tröndlin von Heite“ (Haide)

Auch bei den so genannten Salpetererunruhen im 18. Jahrhundert waren wieder zahlreiche Birkinger unter den Aufständigen, die selbst nach Niederschlagung des Aufstands und Auskauf aus der Leibeigenschaft an den alten Freiheiten festhielten. So sagt man heute, dass Josef Schupp der hier 1934 starb, der letzte Salpeterer gewesen sei, was formell gesehen jedoch unrichtig ist, da er kein Salpeterer sondern ein Anhänger der, nach dem in Birkingen geborenen Aegidius Riedmatter benannten Nachfolgebewegung, „Aegidler“ war.

Wappen von Birkingen

Die Grundfarbe des Wappen ist silber. Auf dem unteren Teil befindet sich der österreichische Blindenschild, auf dessen Oberrand eine grüne Tanne. Die Tanne steht für die frühere Zugehörigkeit zur Grafschaft Hauenstein. Der österreichische Blindenschild steht für die frühere Zugehörigkeit zu Vorderösterreich.

Wirtschaft und Infrastruktur

In Birkingen gibt es neben landwirtschaftlichen Betrieben einige mittelständische Handwerksbetriebe.

Verkehrsanbindung

Den rund fünf Kilometer entfernten Hauptort Albbruck erreicht man über die Verbindungsstraße K6589 zum Ortsteil Kiesenbach und von dort über die Kiesenbacher Straße.

Bauwerke

  • Salpetererhaus (Kellerhof)
  • Kapelle
  • Hof aus dem 16. Jahrhundert (vermutlich der in vielen Urkunden erwähnte Schäferhof)

Kellerhof - „Salpetererhaus“

 
Kellerhof oder „Salpetererhaus“ in Birkingen

1556 wurde in Birkingen das „Salpetererhaus“ erbaut. Ursprünglich diente dieses Haus als Kellerhof des Damenstift Säckingen der es vermutlich auch erbaute. Ob sich der Name von Kellerei (Amtsbereich) oder dem Namen des Bewohners herleitet ist nicht geklärt. Für letzteres spricht die oben erwähnte Zehntstreitigkeit zwischen Bern und Beuggen. Darin wird erwähnt, dass die Gerichtsverhandlung „in der Behausung des Michel Keller zu Birkingen“ durchgeführt wurde. Zu dieser heiklen Gerichtsverhandlungen erschienen „zur Beilegung von Irrsal, Unrichtigkeiten und Zank“ die Abgesandten der Stadt Bern, die Ratsherren Hans Sager Kasper Wyllading und Samuel Dillmann, Bernischer Hofmeister zu Königsfelden, die Interessen der Deutschordenskomtur wurden vertreten durch Hans Kasper von Jestetten zu Beuggen der Hans Mangold, Schultheis zu Säckingen sandte, Matthäus Winkler, Beuggischer Schaffner zu Rheinfelden und Balthasar Steiger, Beuggischer Schaffner zu Waldshut. Als Vertreter der Zehntpflichtigen erschienen Alteinungsmeister Hans und Andreas Scheffer, Michel Knecht, Hans Schlachter, Hans Schaupp alle von Birkingen, Konrad Ramschtauer, Antoni Waldkircher Mathis Schabeler und Hans Pfeiffer von Birndorf. Nach der Vielzahl der Beteiligten wurde diese Verhandlung vermutlich im Kellerhof abgehalten.

Zu den ersten Bewohnern des Kellerhofs gehörte Michael Knecht der aufgrund seines Amtes in Birkinen in manchen Urkunden auch den Übernamen „Keller“ trägt.

Die Vermutung, dass das Salpetererhaus von St. Blasien für deren Vogt gebaut wurde ist nicht richtig. St. Blasien hatte dafür den Fronhof in Birndorf der nur wenige Kilometer davon entfernt lag. Dazu kommt, dass St. Blasien erst im Jahre 1684 vom Nachfolger des Klosters Königsfelden, der Stadt Bern, umfangreiche Besitzungen in Birkingen erwerben konnte.

Der letzte Aufständige Birkinger, der dieses Haus bewohnte der Salpeter Joseph Schupp, der genau genommen gar kein Salpeterer war, starb hier am 26. August 1934. Von ihm trägt das Haus seinen heutigen Namen „Salpetererhaus“.

Hof aus dem 16. Jahrhundert

Gegenüber dem Kellerhof befindet sich ein alter, massiv gefertigter Hof. Bei diesem Hof handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um das Hauptgut der Familie Schäfer - dem "Schäferhof". Die erste urkundliche Erwähnung dieses Hofes, der wohl mitte des 16. Jahrhunderts erbaut wurde, findet sich im Jahre 1614. Dabei wurde eine Zinsverschreibung des Hauptguts der "hinterlassenen" Kinder des Michael Schäfer welche Christian Knecht zu entrichten hatte, zu Gunsten des Spitals zu Waldshut übertragen. Beim Loskauf aus der Leibeigenschaft des Damenstift Säckingen im Jahre 1741 wird der Schäferhof als einziges Gut namentlich und ausdrücklich erwähnt. Der Birkinger Schäferhof, der rund 80 Morgen (288 Hektar) an Äckern, Wiesen, Reben und Wald umfasste, war nicht, wie für die anderen Höfe in Birkingen üblich, dem Kloster St. Blasien Großzehntpflichtig sondern den der Deutschen Ordensritten in Beuggen. Dieser Hof war in Haupt- und Nebengüter unterteilt und über ganz Birkingen verstreut. Entsprechend dem Umfang des Gutes wurde das Gebäude des Hauptguts representativ in massivbauweise gefertigt. Die mächtige Westgibelwand wird durch eine weit ausladende Stützmauer gestützt. Die oberen Fenster der Gibelwand sind mit massiven Sandsteinfensterlaibungen umgeben die noch dem Originalzustand entsprechen, ebenso die kleinen Kellerfenster. Die drei Giebelfenster die sich im Erdgeschoss befinden wurden zu einem späteren Zeitpunkt vergrössert und entsprechen nichtmehr dem Originalzustand. Die Erdgeschossfenster gegen Süden hin sind weitgehend original. Die doppelte dreitilige spätgotische Fenstergruppe wurde lediglich leicht modifiziert indem die mittleren, normalerweise überlangen Fenster auf gleiche höhe gekürzt wurden. Der Haupteingang war vermutlich ursprünglich mit einem Rundbogen versehen der jedoch später in eine rechteckige Form umgebaut wurde.

Sehenswürdigkeiten und Kultur

 
Birkinger Wasserfälle

Ein reges Vereinsleben, ein lebendiges Miteinander und gutnachbarschaftliche Kontakte prägen den Alltag.

Sehenswürdigkeiten

  • Das spätgotische Salpetererhaus von 1556, in dem der letzte Salpeterer Josef Schupp 1934 gestorben ist.
  • Die Birkinger Wasserfälle, die über einen Wanderweg zu erreichen sind.

Regelmäßige Veranstaltungen

  • im Januar: Narrentreffen der Guggenmusik Salpeterer Pressband Birkingen
  • im Mai: 1. Mai Hock der Freiwilligen Feuerwehr Birkingen
  • im Juli: Beachparty der Guggenmusik Salpeterer Pressband Birkingen
  • im Dezember: Lieder- und Theaterabend des MGV Frohsinn Birkingen

Literatur

  • Franz Pfeiffer: Das Habsburg.-Oesterreichische Urbarbuch, Stuttgart 1850
  • Trudpert Neugart: Codex Diplomaticus Alemanniae Et Burgundiae Trans-luranae Intra Fines Dioecesis Constantientis, Band 1
  • Jakob Ebner: Geschichte der Ortschaften der Pfarrei Birndorf

Einzelnachweise

  1. Jakob Ebner: Geschichte der Ortschaften der Pfarrei Birndorf bei Waldshut am Hochrhein, S.46